Amt der Steiermärkischen Landesregierung

 

 

 

Fachabteilung 1F

 

 

An das

Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst

Ballhausplatz 2

1014  Wien

è Verfassungsdienst und Zentrale Rechtsdienste

                                                                          


Tel.:  (0316) 877-2671
Fax:   (0316) 877-4395
E-Mail: fa1f@stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte
Geschäftszeichen (GZ) anführen

 

 

GZ:

FA1F-11.01-41/2007-41

Bezug:

603.363/0004/V/1/2008

Graz, am 3. Juni 2008

 

Ggst.:

Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird.

 


 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem mit do. Schreiben vom 12. März 2008 übermittelten Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, darf ergänzend zu der von der Landeshauptleutekonferenz in ihrer Tagung am 28. April 2008 beschlossenen „gemeinsamen Länderposition“ wie folgt Stellung genommen werden:

 

I. Allgemeines:

 

Die Steiermark möchte den in der gemeinsamen Länderposition vertretenen Standpunkt unterstreichen, dass nach dem Begutachtungsverfahren zwischen dem Bund und den Ländern auf politischer Ebene Verhandlungen geführt werden müssen, da durch den Entwurf vitale Bundesstaatsinteressen der Länder berührt werden.

 

Seitens der Steiermark darf weiters betont werden, dass eine Zustimmung zur Neuverteilung der Kompetenzen gemäß dem 3-Säulen-Modell – unbeschadet des Ausgangs von Verhandlungen über die konkrete Zuordnung der Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeiten – nur unter der Prämisse einer effektiven Mitwirkungsmöglichkeit der Länder in Frage kommen kann.

 


II. Zur Neuverteilung der Kompetenzen:

 

Die vorgeschlagene Neuverteilung der Kompetenzen gemäß dem 3-Säulen-Modell soll eine flexible Handhabung der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen ermöglichen. Dieses Konzept wird grundsätzlich begrüßt, weil damit die derzeitige Kompetenzzersplitterung und die daraus resultierenden Kompetenzstreitigkeiten entschärft werden können. Der vorliegende Entwurf ist aber diesbezüglich noch nicht optimal geeignet, dieses Ziel erreichen zu können. Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu sagen:

 

1. Zu Art. 10 Z. 12:

Der Umweltschutz wurde bisher als Querschnittsmaterie angesehen und war daher mehreren Kompetenztatbeständen zugeordnet. Nunmehr ist eine eigene Kompetenz „Umweltschutz“ vorgesehen. Der vorliegende Entwurf schafft allerdings keinen ganzheitlichen und einheitlichen Umweltschutzkompetenztatbestand. Den Erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, dass dieser Kompetenztatbestand um die umweltrelevanten Tatbestände in Art. 11 und 12 B-VG reduziert zu lesen ist und somit einzelne umweltrelevante Tatbestände davon ausgenommen sind („Boden-, Natur- und Landschaftsschutz“ sowie „Umweltverträglichkeitsprüfung“). Offen bleibt, ob und inwieweit der Umweltschutz weiterhin als Annexmaterie zu anderen Tatbeständen (beispielsweise Jagd und Fischerei, Raumordnung, Baurecht) bestehen bleibt.

 

Völlig unklar erscheint diese neue Kompetenzregelung beispielsweise im Hinblick auf „Lärm“. Bislang ist „Lärm“ kein eigener Kompetenztatbestand und gilt jedenfalls als Annexmaterie zu den jeweiligen Kompetenztatbeständen (Verkehrsrecht, Baurecht, Gewerberecht etc.). Es erhebt sich somit die Frage, ob „Lärm“ Teil des Kompetenztatbestandes Umweltschutz ist (und damit z. B. Lärmschutzwände an Straßen oder Aktionspläne zur Vermeidung von Verkehrslärm unter diese Zuständigkeit fallen) oder weiterhin lediglich als Annexmaterie (z. B. zu Art. 10 Abs. 1 Z. 9 Verkehrsrecht; Bundesstraßen oder Art. 11 Z. 9 Straßen) zu berücksichtigen ist.

 

Ebenso offen bleibt der Bereich „Umweltinformation“. Zum einen könnte dieser Bereich dem Tatbestand „Umweltschutz“ zugeordnet werden, zum anderen könnte er jedoch auch gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 8 der Novelle dem Bereich Auskunftspflicht unterstehen oder gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 9 als Angelegenheit betrachtet werden, die weder gemäß Art. 10 Bundessache noch gemäß Art. 11 Landessache ist.

 

Solange keine Klarheit darüber besteht, welche Bereiche dieser neue Kompetenztatbestand umfassen soll, können die Auswirkungen für die Länder nicht abgeschätzt werden (abgesehen von der ziemlich klaren Verschiebung der Kompetenz „Luftreinhaltung für Heizungsanlagen“ an den Bund). Es wäre daher erforderlich, den Umfang dieses Kompetenztatbestandes zu konkretisieren, um ähnliche Diskussionen, wie sie im Zusammenhang mit der B-VG-Novelle 1988 betreffend die Luftreinhaltung stattgefunden haben, zu vermeiden.

 

2. Zu den Art. 11 und 12:

Der Entwurf listet die Kompetenzen der Länder in Art. 11 taxativ auf und verschiebt die bisher in der Kompetenz der Länder gelegene Generalklausel in die Dritte Säule. Mit dieser Verschiebung in die dritte Säule werden zum einen die derzeit bestehenden Länderkompetenzen eingeschränkt (weil sie nur ausgeübt werden können, wenn und soweit der Bund keine Regelung getroffen hat), zum anderen werden dadurch aber auch Unsicherheiten geschaffen.

 

Eine Durchsicht der derzeit existierenden Landesgesetze zeigt, dass einige nicht eindeutig einzelnen in Art. 10, 11 oder 12 erwähnten Kompetenztatbeständen zugeordnet werden können.

 

Dies betrifft beispielsweise die Gesetze betreffend Wetten (Totalisateure und Buchmacher), die Feuerpolizei, die Kehrordnung, Behinderten- und Pflegeangelegenheiten, Tanzschulen, Altstadterhaltung, Ortsbilderneuerung, Sportwesen, Sammlungen, Stiftungen und Fonds. Bei diesen auf Grund der bestehenden Generalklausel erlassenen Landesgesetzen ist es daher fraglich, ob sie unter die neue Generalklausel des Art. 12 Abs. 1 Z. 9 fallen oder ob einzelne dieser Gesetze nicht doch einem Tatbestand nach Art. 11 oder 12 Abs. 1 zuzurechnen wären. Als Beispiel sei der Bereich der „Feuerpolizei“ erwähnt, der einerseits dem Feuerwehrwesen oder dem Baurecht zugeordnet, andererseits aber auch als eigenständiger Kompetenztatbestand im Rahmen der neuen Generalklausel angesehen werden könnte. In diesen offenen Bereichen bedürfte es jedenfalls einer eindeutigen Klarstellung.

 

Ergänzend darf auch auf folgende Unsicherheiten bei einzelnen Kompetenztatbeständen im Zusammenhang mit bestehenden Landesgesetzen hingewiesen werden:

 

Der geplante Art. 11 Z. 1 bestimmt als Landeskompetenz „Landesverfassungsrecht“. Diese Landeszuständigkeit ist unzweifelhaft bei formellem Landesverfassungsrecht gegeben. Die Erläuterungen bringen aber nicht zum Ausdruck, ob damit auch materielles Verfassungsrecht gemeint sein soll. Beispielsweise sei auf das Kundmachungswesen verwiesen. Bislang gab es keinen Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber befugt ist, Regelungen über das Landesgesetzblatt sowie über sonstige Verlautbarungsmöglichkeiten zu schaffen. Auch in Zukunft muss das ein Bereich sein, der dem Landesgesetzgeber vorbehalten bleibt, und zwar in ausschließlicher Landeskompetenz. Ob das Kundmachungswesen allerdings unter Art. 11 Z. 1 zu subsumieren ist, bleibt offen. Unter den Tatbestand des Art. 11 Z. 14 (Organisation des Landes) wird es wohl nicht fallen.

 

Ähnliches gilt auch für Landesgesetze, mit denen Ehrenzeichen des Landes (Landesehrenzeichen, Ehrenring des Landes) geschaffen werden, die nicht einem speziellen Kompetenztatbestand (z.B. Feuerwehrwesen) zuzurechnen sind. Welcher Kompetenztatbestand des Art. 11 hier die Grundlage bilden könnte, ist offen.

 

Es zeigt sich somit, dass es Angelegenheiten gibt, die ausschließlich im Landesinteresse gelegen sind und daher aus sachlichen Gründen nicht in die Generalkompetenz der Dritten Säule fallen können. Für diese Fälle fehlt somit – wenn nicht Art. 11 Z. 1 oder Z. 14 in Betracht kommt - ein Landes-Auffangtatbestand.

 

Was die Kinderbetreuung betrifft, so sieht Art. 11 Z. 12 eine Länderkompetenz lediglich für Kindergärten und Horte vor. Der Bereich der übrigen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen wie etwa Kinderkrippen, Tagesmütter, Kinderhäuser, altersgemischte Gruppen, fiel bisher auf Grund des Art. 15 Abs. 1 B-VG in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder. Nunmehr wären diese Bereiche als zu Art. 12 Abs. 1 Z. 9 gehörig zu betrachten. Wegen des praktisch untrennbaren Zusammenhangs des gesamten Bereiches der Kinderbetreuung, der sämtliche Betreuungseinrichtungen beginnend von den Kinderkrippen über die Kindergärten bis letztlich zu den Horten umfasst, ist diese Zersplitterung nicht akzeptabel.

 

Art. 11 Z. 14 enthält hinsichtlich des Dienst- und Personalvertretungsrechtes der Landes- und Gemeindebediensteten teilweise eine Doppelregelung, teilweise einen Widerspruch zu Art. 21.

 

3. Zu Art. 12 Abs. 6:

Mit dieser Bestimmung soll eine generelle Bedarfskompetenz des Bundes für die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht eingeführt werden. Den Erläuterungen zu Art. 12 Abs. 6 folgend bezieht sich diese Bedarfskompetenz zunächst auf Bereiche, in denen Gemeinschaftsrechtsakte einer Umsetzung durch Bund und Länder bedürfen, dies gilt aber auch für gemeinschaftliche Rechtsakte, deren Regelungsgegenstand grundsätzlich Länderzuständigkeit ist.

 

Zwar gibt es zweifellos Fälle, in denen – bedingt durch die Komplexität des Inhalts einer umzusetzenden Richtlinie oder durchzuführenden Verordnung verbunden mit der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern – ein hoher Aufwand zur Herstellung eines gemeinschaftsrechtskonformen Zustandes notwendig ist. Der Regelfall der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch die Länder funktioniert allerdings komplikationslos. Dies spiegelt auch die regelmäßig erscheinende Statistik der Richtlinienumsetzung in der EU (zuletzt vom Dezember 2007) wider, in der Österreich im vorderen Mittelfeld hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der vollständigen Umsetzung liegt. Für jene Fälle, in denen sich die Umsetzung eines konkreten Gemeinschaftsrechtsakts tatsächlich als besonders problematisch erweist, wären auch „gelindere Mittel“ wie – um ein bereits diskutiertes Beispiel zu nennen – die Einführung von unmittelbar anwendbaren Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG denkbar. Eine allgemeine Bedarfskompetenz des Bundes für die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht erscheint angesichts der Dynamik des Gemeinschaftsrechts deutlich überschießend.

 

Zur Veranschaulichung wird auf die Rechtsetzung im Land Steiermark im Zeitraum 2006/2007 verwiesen. Von 269 im Landesgesetzblatt kundgemachten Rechtvorschriften dienten 61 (das sind rund 23 %) der unmittelbaren Umsetzung bzw. Durchführung von Gemeinschaftsrecht. Auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass der Bund flächendeckend von einer Bedarfskompetenz in diesem Bereich Gebrauch machen würde, muss doch darauf hingewiesen werden, dass allein mit der Schaffung dieser Möglichkeit langfristig eine markante Abschwächung der Landeszuständigkeiten verbunden sein kann, gegen die die Länder insbesondere bei Beibehaltung eines nur suspensiven Vetos keine Handhabe mehr hätten. Dies wird umso deutlicher, als die Formulierung der Bedarfskompetenz nur das – nicht vom VfGH nachprüfbare –  Ermessen des Bundesgesetzgebers zum Kriterium dafür macht, ob davon Gebrauch gemacht werden soll (vgl. VfSlg. 4124/1961).

 

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Art. 23d Abs. 5 B-VG ohnehin eine vorübergehende Devolution von  Landeszuständigkeiten an den Bund nach einer entsprechenden Feststellung durch ein Gericht im Rahmen der Europäischen Union vorsieht, sodass der Bund in problematischen Einzelfällen im Rahmen der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht bereits in  Landeszuständigkeiten eingreifen kann.

 

Darüber hinaus erscheint der in Art. 12 Abs. 6 zweiter Satz B-VG verwendete Begriff „Vorhaben“ klärungsbedürftig. Der Hinweis in den Erläuterungen, dass der Vorhabensbegriff „dabei umfassend zu verstehen“ ist und „jedenfalls über den geltenden Art. 11 Abs. 1 Z 7 B-VG hinaus[geht], da davon nicht bloß Vorhaben im Bereich des Umweltverträglichkeitsprüfungsrechts umfasst sind“, ermöglicht keine Spezifizierung des Begriffs „Vorhabens“.

 

4. Zu Art. 21:

Art. 14 Abs. 3 lit. d betreffend die fachlichen Anstellungserfordernisse für Kindergärtnerinnen und Erzieher im Dienst des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände  soll ersatzlos entfallen. Damit würde dieses aus Art. 21 bisher ausgenommene Dienstrechtssegment hinsichtlich der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz ausschließlich den Ländern zufallen. Das Landesausführungsgesetz wäre demnach allein maßgeblich, das Grundsatzgesetz verfassungswidrig. Die Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 41 enthält keinen Tatbestand, der auf eine solche Konstellation Rücksicht nimmt.

 

III. Zum Schulwesen:

 

Das Bemühen, eine umfassende Schulreform herbeizuführen, wird grundsätzlich begrüßt, wobei die geplante Umsetzung jedoch differenziert zu betrachten ist (siehe dazu insbesondere auch die Ausführungen zu den land- und forstwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen).

 

Positiv werden die Beseitigung der Parallelstruktur in der Schulverwaltung durch Wegfall der Schulbehörden des Bundes in den Ländern gesehen, ebenso die Einrichtung eines schulpartnerschaftlichen Beirates für schulische Angelegenheiten (Art. 81a Abs. 7) anstelle der bisherigen Kollegien der Bezirksschulräte und des Landesschulrates sowie die Übertragung der Schulangelegenheiten in das Amt der Landesregierung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung (Art. 106 Abs. 4).

 

Die Übertragung der Dienstgebereigenschaft für die jetzigen Landeslehrer an den Bund ist kein besonders gravierender Eingriff angesichts der Tatsache, dass der Bund schon bisher das Dienstrecht und die Stellenpläne der Landeslehrer vorgibt und je nach Bereich ganz oder teilweise für die Kosten der Landeslehrer aufkommt, und weiters angesichts der Tatsache, dass die Diensthoheit des Landes durch zahlreiche Mitwirkungsrechte der Bundesschulbehörden eingeschränkt ist.

 

Da die Ausgestaltung der verfassungsgesetzlichen Vorgaben auf einfachgesetzlicher Ebene erst später erfolgt, ergeben sich Unklarheiten bzw. Fragen:

 

-           Die Aufgabenfestlegung der geplanten Bildungsdirektion auf „Wahrnehmung der Angelegenheiten der Schulen“ lässt offen, ob damit auch der Vollzug des Lehrerdienstrechtes umfasst sein soll. So wäre etwa zu klären, wer die Bundeslehrer künftig anstellt, wie die Bestellung von Schulleitern erfolgt und wer für den Vollzug der gehalts-, pensions- und disziplinarrechtlichen Agenden verantwortlich zeichnet. In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen: Das Dienstrecht der Bundesbediensteten wird derzeit in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen. Das geht zwar aus der eigentlich abschließenden Aufzählung des Art. 102 Abs. 2 B-VG nicht hervor, ist aber – begründet mit historischen Argumenten - unbestritten. Falls das Dienstrecht der Bundeslehrer (somit der jetzigen Bundes- und Landeslehrer) künftig in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden soll, wäre dafür eine Rechtsgrundlage im B-VG erforderlich. Zu diesem Zweck wäre eine Klarstellung in Art. 102 Abs. 2 naheliegend, wonach Bundesdienstrecht weiterhin unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden kann. Auf dieser Basis müsste dann die Zulässigkeit der mittelbaren Bundesverwaltung für die die Vollziehung des Lehrerdienstrechts nicht mehr gesondert normiert werden, da sich diese dann aus Art. 102 Abs. 3 ergibt.

 

-           Im Hinblick darauf, dass die äußere Organisation der Schulen eine Art. 12 - Materie werden soll, scheint die wichtige Mitwirkung der Gemeinden als Schulerhalter von Pflichtschulen vorläufig gesichert, obwohl die verfassungsgesetzliche Festlegung des Schulerhalters entfallen soll. Ob dies so bleibt, hängt von der Ausgestaltung des Mechanismus der dritten Säule ab. Eine Lösung wird abgelehnt, bei der der Bund die Gesetzgebung und Vollziehung auch in Angelegenheiten der äußeren Organisation von Schulen gänzlich an sich ziehen kann.

-           Das derzeit bestehende Problem des Auseinanderklaffens der Lehrerstellenpläne mit den tatsächlichen Personalerfordernissen auf Grund der äußeren Schulstruktur sollte künftig keinesfalls mehr auftreten. Daraus ergibt sich, dass sich die erforderliche Zahl an Bundeslehrern an den auf Grund der regionalen Gegebenheiten zu setzenden schulorganisatorischen Maßnahmen (z.B. Erhalt von Kleinschulen im ländlichen Bereich) zu orientieren hat.

 

-           Die Art und Weise, wie künftig die Schulaufsicht bzw. das Schulmanagement an den einzelnen Schulen ausgeübt werden soll, ist gänzlich offen.

 

Die Einrichtung einer eigenen Bildungsdirektion beim Amt der Landesregierung samt Bestellungsmodus für den Bildungsdirektor/Bildungsdirektorstellvertreter widerspricht den sonstigen Gepflogenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und ist ein Eingriff in die Organisationshoheit der Länder. (So sind etwa auch im Bereich des Gewerbe- und Wasserrechtes nicht eigene „Direktoren“ mittels Verfassungsgesetz installiert.) Auch wenn davon auszugehen ist, dass auf Grund der umfassenden Vollzugsagenden im Bereich des Schulrechtes jedenfalls eine eigene Organisationseinheit im Amt der Landesregierung nötig sein wird, sollte die Gliederung und Bezeichnung dieser Organisationseinheit allein den Ländern überlassen bleiben.

Offen ist übrigens auch, was die Aufgabenfestlegung der Bildungsdirektionen auf „Wahrnehmung der Angelegenheiten der Schulen“ genau bedeutet. Ist hier der Schulbegriff des Art. 10 und 12 wörtlich zu nehmen? Oder ist er so weit, dass er auch das Lehrerdienstrecht umfasst? Dürften trotz der auf Schulangelegenheiten eingeschränkten Aufgabenfestlegung der Bildungsdirektion zusätzliche Aufgaben übertragen werden, die mit Bildung außerhalb von Schulen zu tun hat?

 

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass die in Artikel 2 vorgesehene Bereinigung des Bundesverfassungsrechts, auch was das Schulwesen betrifft, untrennbar mit der Ausgestaltung der betreffenden Bestimmungen in Artikel 1 zusammenhängt, und daher nur im Zusammenhalt mit diesem beurteilt werden kann, umso mehr, als auch wesentliche Kostentragungsregelungen darin enthalten sind.

 

Die Umsetzung der gegenständlichen Reform setzt die Gewährung entsprechender Übergangsfristen voraus. Eine sofortige Gesamtumstellung ließe sich rein verwaltungstechnisch nicht bewerkstelligen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Verlagerung der bisher von den Bundesbehörden geübten Tätigkeit zum Amt der Landesregierung zusätzliche Kosten für das Land mit sich bringt, umgekehrt jedoch eine Entlastung des Landes im Bereich der Mitfinanzierung der Berufsschullehrer und Land- und forstwirtschaftlichen Lehrer stattfindet. Entsprechende Anpassungen im Finanzausgleich wären somit auf Grund der neuen Lastenverteilung erforderlich.

 

Zum land- und forstwirtschaftlichen Schulwesen sei ergänzend Folgendes bemerkt:

 

Im Verfassungsentwurf ist eine Eingliederung des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Schulwesens in die erste Säule unter „Schulen“ vorgesehen. In den Erläuterungen zu Art 1 Z. 21 wird von der derzeitigen „doppelten Verwaltungsstruktur“ für das landwirtschaftliche Schulwesen gesprochen. Dies ist in der Steiermark nicht nachvollziehbar, Schulbehörde und Dienstbehörde ist die Landesregierung.

 

Der derzeitige Bestand eines eigenen land- und forstwirtschaftlichen Schulwesens auf Länderebene sollte nicht aufgegeben werden. Die vorhandenen Strukturen bieten ein hohes Maß an Flexibilität, um auf die regionalen Bildungserfordernisse der Land- und Forstwirtschaft gestalterisch reagieren zu können. Dies ist deshalb wesentlich, weil das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen inhaltlich eng mit dem Bereich Land- und Forstwirtschaft (zweite Säule) verbunden ist. Die Länderkompetenz auf diesem Gebiet sollte daher nicht an den Bund gehen, ebenso die Diensthoheit über die an diesen Schulen tätigen Lehrer.

 

IV. Sonstiges:

In Artikel 107 Abs. 1 fehlt bei den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern der Landeshauptmann.

 

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Landesamtsdirektor

 

 

(Dr. Gerhard Ofner)