Vereinigung der Österreichischen Bundesvertretung Richter Richterinnen und Richter und Staatsanwälte in der GÖD
1016 Wien, Justizpalast 1016 Wien, Justizpalast
Stellungnahme
zum Entwurf eines Bundesgesetzes,mit dem
das Datenschutzgesetz 2000 abgeändert werden soll
(DSG-Novelle 2008)
I.) Allgemeine Bemerkungen:
Dem Datenschutz kommt als einem ganz wesentlichen Grundrecht besondere Bedeutung zu. Die Regelungen gestalten sich vor dem Hintergrund, dass das Grundrechtsbewusstsein gerade bei diesem Grundrecht in der österreichischen Bevölkerung wenig ausgeprägt ist und andererseits von Politik und Medien ein Klima weit überzogener Angst um Sicherheit erzeugt wurde besonders schwierig. Im vorliegenden Entwurf einer Novelle trifft dies vor allem auf die Regelung der Videoüberwachung zu, die in der vorgeschlagenen Form nach Ansicht der richterlichen Standesvertretung anzulehnen ist.
Auch das in den Erläuterungen postulierte Ziel einer sprachlich verbesserten Form der Darstellung des Grundrechts auf Datenschutz muss bei mehreren beabsichtigten Änderungen als nicht gelungen bezeichnet werden .Durch eine Vielzahl von Verweisungen ergibt sich eine deutliche Erschwernis der Les- und damit Anwendbarkeit der Gesetzesnovelle ( als Beispiele für viele : § 1 Abs 2, § 4 Abs 2, § 34 Abs 3 ). Zudem wird dadurch die Gefahr einer - gar nicht beabsichtigten- inhaltlichen Änderung des bestehenden Gesetzes in Kauf genommen.
II.) Zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu Z 10 (§ 1 ) :
Weshalb der bisher gesetzlich vorgesehene Datenschutz auf personenbezogenen Daten juristischer Personen ohne Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen derselben ersatzlos entfallen soll, bleibt kritisch zu hinterfragen.
Um die Schaffung von Gesetzeslücken zu vermeiden, wäre jedenfalls näher zu untersuchen, ob die angeführten gesetzlichen Regelungen des Gewerbe- bzw. Strafrechts ausreichenden Schutz bieten, oder nicht doch Fallkonstellationen denkbar sind, wo die Beibehaltung der bisherigen Regelung Abhilfe schaffen könnte.
Durch die aus Gründen der „sprachlichen Vereinfachung“ beabsichtigten Änderungen des Absatz 2 ergeben sich im Vergleich mit der bestehenden Gesetzeslage inhaltliche Änder-
ungen, weil dadurch der Auftraggeber – ohne die bislang erforderliche Zustimmung des Betroffenen - die Entscheidung über das Vorliegen „überwiegender berechtigter Interessen“ bei Verwendung der Daten treffen kann.
Es würde sich zur Rechtssicherheit empfehlen, einen klaren Abgrenzungskatalog der Zuständigkeit zwischen ordentlichen Gerichten und der Verwaltung zu schaffen.
Zu Z 11 (§ 2):
Ausdrücklich begrüßt wird die Beseitigung der Kompetenzzersplitterung durch Schaffung eines einheitlichen Datenschutzniveaus. Durch die Verschiebung auf Bundeskompetenz ist damit auch eine Signalwirkung verbunden.
Zu Z 16 ( § 4 Abs 1 Z 4 ):
Der neu verwendete Gesetzesbegriff „verwenden“ anstelle von „verarbeiten“ von Daten bleibt ob seiner grundlegend anderen, wesentlich weiteren Bedeutung in der Gesamtaus-
wirkung dieser beabsichtigten Änderung zu hinterfragen.
Zu Z 28 und Z 31 :
Der Entfall der Wortfolge „ sofern die Daten rechtmäßig ermittelt wurden „ hat zu jedenfalls zu unterbleiben.
Die in den Erläuterungen angeführten Gründe der „ Denkmöglichkeit für ein relevantes behördliches Verfahren“ ist gänzlich unbestimmt und würde nahezu jede Überwachungs-
maßnahme im wirtschaftlichen Bereich rechtfertigen !
Im Ergebnis könnten unrechtmäßig gewonnene Daten in behördlichen Verfahren verwendet
werden.
Zu Z 46 ( § 26 Abs 8) :
Die allenfalls dadurch intendierte Schaffung erweiterter Auskunftsrechte wird sich im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit an den bestehenden gesetzlichen Verfahrensregelungen zu orientieren haben.
Zu Z 60 ( § 32 Abs 7 ) :
Die geplante Regelung erscheint verfassungsrechtlich äußerst bedenklich.
Ausdrücklich verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 30 a DSG.
Es wäre wohl unbedenklich und völlig ausreichend, den Betroffenen t auf die bestehende Möglichkeit einer eigenen Anfrage an die DSK zu verweisen. Die Notwendigkeit der Schaffung einer weiteren Aufgabe für die Gerichte mit dem hier vorgeschlagenen Inhalt ist keinesfalls gegeben und sinnvoll Dazu kommt noch die notorische Tatsache der personellen Ressourcenknappheit der Gerichtsbarkeit. Hier müsste jedenfalls der Umstand zusätzlich notwendiger Richterplanstellen bedacht und auch bei den finanzielle Auswirkungen der Gesetzesnovelle transparent gemacht werden..
Zu Z 82 ( 9a.Abschnitt - Videoüberwachung) :
In Anbetracht der durch das Strafprozessreformgesetz und vor allem die jüngste Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes – teilweise sogar ohne richterlichen Vorabkontrolle – geschaffenen
Ermittlungsmaßnahmen auch und gerade in datenschutzrelevanten Bereichen, ist grundsätzlich bei gesetzlichen Regelungen im Bereich der Videoüberwachung größtmöglicher Schutz der Interessen möglicher Betroffener vorzusehen. In Zusammenhang mit den erwähnten Gesetzen werden mit der vorgeschlagenen Erlaubnis der Sammlung von Videodaten indirekt der Polizei weitere Mittel an die Hand gegeben, die teilweise auch ohne die Einschaltung eines Richters ausgebt werden können.
Zumindest sollten daher in sehr restriktiver Weise explizite und verständliche Regelungen über Auftraggeber, Ort, Zeit, Zweck und Rahmenbedingungen für eine zulässige Videoüberwachung geschaffen werden.
Dem Entwurf mangelt es auch an einer Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Auftraggebern einer Videoüberwachung. Während für öffentliche Auftraggeber ja jeweils in den entsprechenden Stammgesetzen Kompetenzen für den Einsatz zu definieren sind, bedarf der Einsatz durch Private schon im Datenschutzgesetz einer genauen und (als Einschränkung eines Grundrechts) enge Grenzen setzenden Determinierung. Dies erfüllt der Vorschlag nach Ansicht der richterlichen Standesvertretungen keinesfalls ausreichend.
Auch die vorgeschlagene Regelung welche an das „Überwachungsobjekt“ anknüpft, überzeugt nicht. Vielmehr sollte an den betroffenen Raum der Videoüberwachung angeknüpft werden, um so
eine unbeabsichtigte Überwachung einer Vielzahl von Personen zu vermeiden.
Die Weitergabe von Daten einer Videoüberwachung im Sinne des § 50 a Abs 5 scheint äußerst bedenklich, insbesondere die Weitergabe zu Zwecken des Fremdschutzes ( z.B. außerhalb des gerichtlichen Strafrechts ) ungenügend durchdacht und sollte beseitigt werden.
Die Begründung der Ausnahmen von der Meldepflicht überzeugen ebenfalls nicht und sollten ersatzlos entfallen.