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REPUBLIK ÖSTERREICH

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DATENSCHUTZRAT

 

DVR: 0000019

GZ BKA-817.332/0002-DSR/2008

An das

Bundeskanzleramt

Per Mail: I8@bka.gv.at

CC: alois.schittengruber@bka.gv.at

 

 

 

 

 

Betrifft:Bundesgesetz, mit dem das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007,

              das Arzneimittelgesetz und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden                         Stellungnahme des Datenschutzrates

 

Der Datenschutzrat hat in seiner 181. Sitzung am 5. Mai 2008 mehrheitlich mit einer Gegenstimme beschlossen, zu der im Betreff genannten Thematik folgende Stellungnahme abzugeben:

 

Wie in den Erläuterungen ausgeführt wird, werden von der WADA (World Anti - Doping Agency) u. a. die Regelungen über den internationalen Standard für Kontrollen einer Überarbeitung unterzogen. Nach Vorliegen der endgültigen Fassung wird eine weitere Novelle des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2007 erforderlich sein.

Das Büro Europarates (T-PD) war mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme (an das Anti-Doping-Committee) zur ADAMS-Applikation (Anti - Doping Administration and Management System) der WADA befasst wo insbesondere die Freiwilligkeit der Zustimmungserklärungen der Sportler in Frage gestellt wurde. Stattdessen wurde eine klare gesetzliche Regelung gefordert. In diesem Zusammenhang wird nunmehr offenbar die Aufnahme einer datenschutzrechtlichen Regelung in den World Anti Doping Code angedacht.    

Der Datenschutzrat regt daher an, dass sich Österreich bemüht, auf internationaler Ebene im Rahmen der Anti- Doping Bestimmungen eine datenschutzrechtliche Regelung zu schaffen, die der Europäischen Datenschutzrichtlinie RL 95/46/EG entspricht.

 

 

2.) Datenschutzrechtlich relevante Bestimmungen des gegenständlichen Entwurfes:

 

Zu Art. 1 Z 9 (§ 4 Abs. 2 Z 11):

Nach dem vorgeschlagenen § 4 Abs. 2 Z 11 soll die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung im Rahmen der ihr obliegenden „Information und Aufklärung der am Sport interessierten Öffentlichkeit und Akteure (Sportler, Betreuer, Sportfunktionäre usw.)“ auch über die von näher genannten Organisationen und Einrichtungen „verhängten Sperren unter Angabe der Namen der Betroffenen und Dauer der Sperre und deren Aufhebung mit den Gründen hierfür“ informieren. Dabei handelt es sich um personenbezogene Daten, die in den Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 fallen. Sofern dabei nicht nur über die Gründe für die Aufhebung, sondern auch über die Gründe für die Sperre informiert werden soll – der Gesetzeswortlaut ist insoweit unklar – und der Grund in einem positiven Analyseergebnis liegt, dürfte es sich dabei sogar um sensible Daten iS des § 4 Z 2 DSG 2000 handeln: Sperren von Sportlern wegen Dopings werden, schon weil das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 Doping als die Gesundheit beeinträchtigend ansieht, als Daten über ihre Gesundheit zu qualifizieren sein.

 

§ 1 Abs. 2 DSG 2000 bestimmt, dass die Verwendung von sensiblen („besonders schutzwürdigen“) Daten gesetzlich nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorgesehen werden darf, wenn gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festgelegt werden. Darüber hinaus darf – jede – Verwendung von Daten nur aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen vorgesehen werden, wobei ein zulässiger Eingriff in das Grundrecht nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art erfolgen darf.

 

Bei der namentlichen Veröffentlichung von gesperrten Sportlern und Betreuungspersonen handelt es sich um einen Eingriff „erheblichen Gewichts“ in das durch Art. 8 EMRK bzw. § 1 Abs. 1 DSG 2000 geschützte Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen (vgl. zur namentlichen Veröffentlichung von Bezügen nach dem BVG-Bezügebegrenzungsgesetz VfSlg. 17.065/2003), insbesondere wenn man davon ausgeht, dass dabei auch sensible Daten betroffen sind.

 

Die Erläuterungen begründen die Veröffentlichung damit, dass zur wirksamen Umsetzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bekannt sein müsse, welche Personen (Sportlern, Betreuungspersonen) wegen eines Dopingvergehens gesperrt seien. Genannt werden die Verpflichtung von Sportorganisationen, wegen Dopings gesperrte und suspendierte Sportlern nicht zu Wettkämpfen und Meisterschaften zuzulassen und zu entsenden sowie gesperrte und suspendierte Betreuungspersonen nicht einzusetzen und zu Wettkämpfen zu entsenden (§ 18 Abs. 2 Z 4 lit. a, Abs. 4 und 5 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007), sowie die Verpflichtung von Sportlern, keine wegen Dopings gesperrte Betreuungspersonen heranzuziehen (§ 19 Abs. 1 Z 7 und Abs. 3 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007).

 

Es erscheint zweifelhaft, ob es zur Erreichung dieses Zwecks notwendig und angemessen ist, die genannten Daten allgemein (also auch gegenüber der Öffentlichkeit) bekannt zu machen, zumal derselbe Zweck (Information der von diesen Verpflichtungen betroffenen Sportveranstalter und Sportler) auch durch einen gelinderen – im Gesetz sogar vorgezeichneten – Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (vgl. 1 Abs. 2 letzter Satz DSG 2000) erreichbar erscheint, nämlich durch die Information lediglich der betroffenen Sportveranstalter und Sportler.

 

§ 15 Abs. 5 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 sieht vor, dass die Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen dem zuständigen Bundessportfachverband, der Österreichischen Bundes-Sportorganisation und den Landessportorganisationen zuzustellen ist (vgl. auch § 17 Abs. 7 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007). Sofern also sichergestellt ist, dass sich alle von den Verpflichtungen nach § 18 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 betroffenen Sportorganisationen, etwa im Wege der Einsicht, über eine Suspendierung oder Sperre von Sportlern und Betreuungspersonen informieren können, erscheint eine Information auch der Öffentlichkeit unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht notwendig und überschießend. Dasselbe gilt hinsichtlich der Information der Sportler in Hinblick auf ihre Verpflichtungen nach § 19 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007; ihre Information könnte etwa dadurch sichergestellt werden, dass sie sich beim Bundessportfachverband (siehe § 19 Abs. 2 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007) oder einer anderen geeigneten Stelle über die Sperre einer Betreuungsperson erkundigen können.

 

Sofern andere, gewichtige Gründe eine Information auch der Öffentlichkeit über die Sperre und die Gründe dafür notwendig machen, wären diese in den Erläuterungen anzuführen.

 

3. Zum derzeit geltenden Anti-Doping-Gesetz:

Legistisch etwas unklar geregelt ist nach wie vor die Verwendung von Daten im Rahmen des „Nationalen Testpools“ (§ 5 Anti-Doping-Bundesgesetz 2007). Die dort enthaltenen Datenarten können nur in Zusammenschau mit den § 19 und  18 Abs. 7 leg. cit. eruiert werden.  Die in § 19 Abs. 1 Z 8 enthaltene Zustimmungserklärung kann jedenfalls nicht als „freiwillige Zustimmung“ im Sinne des Datenschutzgesetzes und der RL 95/46/EG qualifiziert werden, da der Sportler dazu verpflichtet wird. Diese „Zustimmung“ dürfte daher in erster Linie Informationscharakter haben. Da die Verwendung medizinischer Daten in § 8 gesetzlich vorgesehen ist, scheint aber ohnehin eine andere Rechtsgrundlage gegeben zu sein als die Zustimmung (diese könnte im Gesetz durch eine adäquate „Information“ der Sportler ersetzt werden). 

Eine Überarbeitung dieser Unschärfen könnte angeregt werden, wobei sich die Frage stellt, ob dies im Rahmen der vorliegenden Novelle der Fall sein soll oder ob die weiteren Änderungen des World Anti-Doping Code abgewartet werden sollen.

 

 

 

 

7. Mai 2008

Für den Datenschutzrat

Der Vorsitzende:

WÖGERBAUER

 

Elektronisch gefertigt