LANDESSCHULRAT  FÜR  VORARLBERG


 


*800000_4893443*

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A-6901 Bregenz, Bahnhofstraße 12

http://www.lsr-vbg.gv.at

DVR: 0106879

Zahl: 800000.03/0013/2008

                       Bregenz, 05.05.2008

(Bei Antwortschreiben bitte anführen)

 

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

Minoritenplatz 5

1014 Wien

 

 

E-Mail: begutachtung@bmukk.gv.at

             begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

Sachbearbeiterin: Dr.  Christiane Peter

Telefon - DW: 05574 4960 610
Fax: 05574 4960 408

e-mail: office.lsr@lsr-vbg.gv.at

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird;

Begutachtungs- und Konsultationsverfahren – Stellungnahme

GZ. BMUKK-14.160/7-III/2/2008

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

der Landesschulrat für Vorarlberg nimmt gemäß § 7 Abs. 3 Bundesschulaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 240/1962 idgF., nach umfassender Beratung mit der zuständigen Schulaufsicht und den Schulen wie folgt Stellung:

 

Grundsätzliches:

Um das Niveau der Berufsreifeprüfung zu halten bzw. zu verbessern, sind qualitätssichernde Maßnahmen sinnvoll und wichtig. Es sollen Anforderungen gestellt werden, die sich an den regulären Reife- und Diplomprüfungen orientieren. Änderungen im Berufsreifeprüfungsgesetz sollen jedoch nicht dazu führen, die teilweise vorhandenen Vorurteile gegen die Berufsreifeprüfung im Sinne einer Nivellierung noch zu verstärken.

 

Im Einzelnen:

 

Zu Z. 1

§ 1 Abs. 1 Z. 10 - Zulassung:

Es widerspricht dem bisherigen Grundprinzip der Berufsreifeprüfung, Schulabbrecher ohne erfolgreichen Berufs- bzw. Ausbildungsabschluss zur Berufsreifeprüfung zuzulassen.

 

 

 

Die ursprüngliche Intention der Berufsreifeprüfung bestand darin, erfolgreichen und leistungsfähigen Absolventinnen und Absolventen der dualen Ausbildung einen Weg zur Matura zu eröffnen. Eine wesentliche Voraussetzung  bildet die Tatsache, dass der Zugang zur Berufsreifeprüfung bisher nur mit einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung möglich ist. Dass der Zugang nunmehr um den Kreis der Schulabbrecher erweitert wird, senkt das Niveau und wird  nicht befürwortet.

 

Zudem gibt diese Bestimmung auch ein falsches Signal an die regulären Schüler/innen, die Schullaufbahn nach 3 Jahren BHS abzubrechen und auf die vermeintlich einfachere Berufsreifeprüfung umzusteigen.

 

Zu Z . 2

§ 3 Abs. 1 Z. 1 – Deutsch-Matura:

Einen wesentlichen Aspekt der Berufsreifeprüfung stellt die Fähigkeit dar, sich schriftlich in Deutsch auf Maturaniveau entsprechend ausdrücken zu können. Eine zusätzliche mündliche Prüfung eröffnet nunmehr die Möglichkeit, eine negative Beurteilung der schriftlichen Deutsch-Arbeit mündlich ausgleichen zu können und somit eine positive schriftliche Leistung zu umgehen. In keiner Reifeprüfungsverordnung findet sich Deutsch als mündliches Pflichtfach. Insgesamt ist durch diese Maßnahme eine Senkung des Niveaus zu befürchten.

 

Zu Z. 3

§ 3 Abs. 3 Z. 2 – Projektarbeit im Fachbereich statt Klausur:

Das bisherige Prüfungsverfahren im Fachbereich hat sich bewährt und bedarf keiner Änderung. Die Einführung einer projektorientierten Arbeit statt einer Klausur im Rahmen des  Fachbereiches wird nicht befürwortet. Überdies ist damit zu rechnen, dass die Kandidat/innen mit der Projektarbeit ganzen für eine Klausur notwendigen Stoffgebieten ausweichen können (z.B. werden beim Fachbereich Betriebswirtschaftslehre/ Rechnungswesen/ Volkswirtschaftslehre vermutlich nur sehr wenige Projektarbeiten einen Bezug zu Rechnungswesen haben).

 

Es ist damit zu rechnen, dass die Ablegung einer Teilprüfung, die das engere berufliche Umfeld betrifft, keine entsprechende Akzeptanz mehr finden wird, weil sich die

 

 

 

Rahmenbedingungen als zu kompliziert erweisen. Eine Bestimmung, die eine Wahl zwischen Klausur- oder Projektarbeit ermöglicht,  führt zur Senkung des Niveaus.

 

Die Möglichkeit, die Fachbereichsprüfung im Rahmen der Lehrabschlussprüfung zu absolvieren, wie es in den Prüfungsordnungen der 4- jährigen Lehrberufe vorgesehen ist, ist nicht zielführend. Im Fachbereich stellt die Berufserfahrung einen Qualitätsfaktor dar, der erst innerhalb einiger Jahre nach dem Lehrabschluss erworben werden kann. Zudem ist die Tatsache, dass eine Fachbereichsprüfung, die im Rahmen der Lehrabschlussprüfung abgelegt und negativ beurteilt wird, nicht wiederholt werden kann, nicht einsichtig und den Betroffenen unverständlich.

 

Zu Z. 5

§ 4 Abs.  2 – Zulassung:

Einen Vorschlag für die Themenstellung und die inhaltliche Abgrenzung des fachlichen Umfeldes der Projektarbeit bereits im Rahmen der Zulassung bei der Anmeldung zur Berufsreifeprüfung zu verlangen, ist zu früh. Zu diesem Zeitpunkt sind sich viele Kandidat/innen noch nicht im Klaren, welchen Fachbereich sie wählen werden. Bei der Wahl eines entsprechenden Themas kommt zudem der betreuenden Lehrperson eine beratende Funktion zu, die sie frühestens im Verlauf des ersten oder zweiten Kurssemesters erfüllen kann.

 

Zu Z . 6

§ 4 Abs. 3 – Ablegung der Teilprüfungen:

Hier wird eine bisher sinnvolle Ausnahme zur Regel gemacht und wiederum vom Prinzip abgerückt, dass die Zulassung zur Berufsreifeprüfung grundsätzlich an eine erfolgreiche Berufsausbildung geknüpft sein soll. Die bisherige Regelung ist ausreichend. Lehrlinge sollen sich in erster Linie auf ihre Berufsausbildung konzentrieren, ihre weitere Fortbildungsmöglichkeit bis hin zur Reifeprüfung soll als Ansporn und „Belohnung“ für eine erfolgreiche Berufsausbildung gesehen werden.

 

Die Möglichkeit, 3 Teilprüfungen vor Ablegung der Lehrabschlussprüfung ablegen zu dürfen, heißt, das Projekt Lehre und Berufsreifeprüfung parallel und gleichzeitig betreiben zu wollen.

 

 

Diese Möglichkeiten der Doppelbelastung werden nur einige wenige sehr gute Lehrlingen erfolgreich nützen können.

 

Es ist zu befürchten, dass das Signal, Lehre und Matura problemlos gleichzeitig in Angriff nehmen zu können, viele Lehrlinge zu früh mit Vorbereitungskursen beginnen lässt, die sie dann überfordert und demotiviert wieder abbrechen.

 

Finanzielle Auswirkungen:

Einen kostenfreien Zugang zu den Vorbereitungskursen zur Berufsreifeprüfung  zu ermöglichen hat zur Folge, dass neben den leistungsstarken Lehrlingen auch weniger engagierte und unmotivierte Lehrlinge in einer Unterrichtsgruppe zusammenfinden. Ein unter Umständen wenig förderliches Lernklima, frustrierte Lehrbeauftragte und eine hohe Dropout- Rate sind die Folge.

 

Eine Alternative wäre eine Refundierung der Kosten für die Vorbereitungskurse nach den jeweils positiv abgelegten Teilprüfungen. Dies wäre für viele Lehrlinge ein Ansporn und eine große Hilfe und wird befürwortet.

 

Bei den in den Erläuterungen angeführten 7,5 % der Lehrlinge, die die Möglichkeit einer Berufsreifeprüfung in Anspruch nehmen (Kärntner Modell), handelt es sich um jene Jugendlichen, die sich bisher  für das Projekt Lehre und Matura angemeldet haben. Realistisch gesehen wird die Absolventenzahl deutlich nach unten zu korrigieren sein und bei ca. 2 – 3 % der Lehrlinge liegen. Eine höhere Anzahl an Absolventen wird allenfalls nur durch reduzierte Anforderungen zu erreichen sein.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Amtsführenden Präsidenten

 

HR Mag. Dr. Evelyn Marte-Stefani

Landesschulratsdirektorin

 

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