Stellungnahme des Stadtschulrates für Wien vom 16. Mai 2008 zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsreifeprüfungs-gesetz geändert wird;

(000.012/0021-kanz0/2008)

 

Mit Verfügung des Amtsführenden Präsidenten gemäß § 7 Abs. 3 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 240/1962, wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

 

A) Zu einzelnen Bestimmungen

 

Zu § 3, Absatz 3, Ziffer 2

Der Begriff projektorientierte Arbeit, der alternierend mit Projektarbeit verwendet wird, ist aus bestehenden Reifeprüfungs - VO nicht bekannt. Es sind somit die Anforderungen und die Kriterien dieser Prüfungsform nicht transparent. Weiters ist anzumerken, dass lediglich an den technischen Schulen eine Diplomarbeit bzw. eine Klausurprüfung „Projekt“ vorgesehen ist, die im Rahmen der Reifeprüfung beurteilt wird. Alle anderen vergleichbaren Leistungen (Projektarbeit, fachspezifische Themenstellung) an den kaufmännischen Schulen bzw. humanberuflichen Schulen werden in die Beurteilung des 5. Jahrganges miteinbezogen, eine Vorgangsweise, die auf die BRP nicht umzulegen ist.

 

Zu § 4, Absatz 2, Ziffer 6

Die Vorgangsweise, dass der/die Kandidat/in die inhaltliche Abgrenzung des fachlichen Umfeldes vorgibt, entspricht nicht der Vorgangsweise der Abschluss- und Reifeprüfungen an höheren Schulen. Hier gibt der/die Prüfer/in das fachliche Umfeld vor.

Für den Fall, dass die Festlegung der Themenstellung und des fachlichen Umfeldes, wie im Gesetzesentwurf alternativ vorgeschlagen, erforderlichenfalls auch in Abstimmung mit dem Zulassungswerber im Zuge der Entscheidung über die Zulassung zur BRP erfolgen kann, hat sowohl einen administrativ komplizierten Zulassungsvorgang an den Schulen mit Externistenprüfungskommission als auch eine zusätzliche Belastung für die PrüferInnen bzw. ExpertInnen an diesen Schulen zur Folge; diese müssten nämlich sinnvollerweise bei der Anmeldung/Zulassung zur BRP, einem bisher von den PrüferInnen völlig losgelösten Vorgang, anwesend sein.

 

 

 

 

 

B) Allgemeine Anmerkungen

 

1. Die Verbesserungen durch eine Erhöhung der Zahl der Teilprüfungen vor Abschluss der Lehre und die Erstreckung der Höchstdauer der Vorbereitungszeit von 3 auf 5 Jahre wird als Qualitätssteigerung befürwortet.

 

2.      Weiters wird vorgeschlagen, dass Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Teilprüfungen an den Berufsschulen eingerichtet werden können; der Unterricht sollte auch durch besonders qualifizierte Berufsschul-lehrpersonen abgewickelt werden. Die Prüfung müsste vor einer Kommission, der für den Reifeprüfungsabschluss geprüfte Lehrkräfte angehören, abgelegt werden.

Um diesen Qualitätsschritt zu ermöglichen wird die Änderung des § 46 Abs. 3 SCHOG wie folgt vorgeschlagen:

Zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung sind interessierte Schüler nach Möglichkeit durch Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht, durch Freigegenstände und durch die Einrichtung von Lehrgängen zu fördern.

 

Begründung:

Die vorgeschlagenen Änderungen zum BRP-Gesetz ermöglichen einerseits nur auf der Ebene der Teilrechtsfähigkeit im BMHS-Bereich und andererseits an den Berufsschulen, nur über den Umweg der Landesverwaltung unter Mithilfe der Erwachsenenbildungseinrichtungen, die Organisation von Lehrgängen.

Der Einsatz von AHS-, BMHS-LehrerInnen und besonders qualifizierten Berufschullehrpersonen im Rahmen ihrer Lehrverpflichtung zur Unterrichtserteilung wird nicht geregelt.

Abschließend wird festgestellt, dass durch die Gesetzesänderung zum BRP (Entwurf) die Berufsschulen nicht verpflichtet werden können, ihr Unterrichtsangebot auf diese wichtige Zielgruppe zu erweitern, wenn der § 46 (SCHOG)  nicht entsprechend geändert wird. Es ist somit praktisch ausgeschlossen, dass besonders qualifizierte Berufsschullehrpersonen zur Unterrichtserteilung in Vorbereitungslehrgängen verpflichtet werden können.

Dies steht im krassen Widerspruch zu den aktuellen Berichten der Massenmedien, die den Themenkomplex "Lehre und Matura" mit den Aufgaben der Berufsschule verbinden.

 

 

Die Amtsführende Präsidentin

Dr. Susanne Brandsteidl e.h.