Wien, am 21. Mai 2008

                                                                                                   BK 78/08

 

 

 

Betr.:       Entwurf zur zivil- und strafrechtlichen Regelung von Lebens-
                  partnerschaften; Begutachtungsverfahren – Stellungnahme

 

 

 

         Unter Bezugnahme auf das do. Schreiben vom 25. April 2008, GZ BMJ-B4.000/0013-I 1/2008, gibt das Generalsekretariat der Österreichischen Bischofs­konferenz zum Entwurf zur zivil- und strafrechtlichen Regelung von Lebens­part­nerschaften in offener Frist folgende Stellungnahme ab:

 

 

1.      Allgemeines

 

1.1    Grundsätzliches

Der Entwurf hat zum Ziel, die Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare, so­weit sie vor einer staatlichen Verwaltungsbehörde begründet wird, der Institution der Ehe möglichst gleichzustellen.

Dieses Ziel wird sowohl im Vorblatt als auch in den Allgemeinen Erläuterungen aus­drücklich angeführt. Darüber hinaus wird in den Erläuterungen ausdrücklich erwähnt, dass dieses Lebenspartnerschaftsgesetz zugleich Vorbildwirkung für eine nach Auf­fassung des BMJ notwendige Modernisierung des Ehegesetzes haben soll. Dies be­deutet, dass nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes das Ehegesetz dahin­gehend novelliert wird, dass die noch nicht vollständige Gleichstellung des Institutes der Ehe mit dem Institut der Lebenspartnerschaft durch eine Harmonisierung im dann zu novellierenden Ehegesetz erfolgen soll.

Die Punkte, die jetzt noch nicht übereinstimmen, sollen daher durch Anpassung des Eherechtes an das Lebenspartnerschaftsrecht beseitigt werden, die offenen Fragen der Möglichkeit der Adoption und der Möglichkeit der Anwendung von Fortpflanzungs­medizin auf Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Paare bleiben allerdings offen.

Das Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz lehnt den vorliegenden Entwurf ab. Nach dem Standpunkt der katholischen Morallehre (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche RZ 2358 und 2359) sind homosexuelle Menschen zur Keuschheit gerufen. Eine Lebenspartnerschaft, welche durch die ausdrückliche Einführung einer Treuepflicht die Sexualpartnerschaft der gleichgeschlechtlichen Lebenspartner voraus­setzt, muss daher seitens der Katholischen Kirche mit aller Entschiedenheit abgelehnt werden.

Darüber hinaus ist aber nach Ansicht des Generalsekretariates der Österreichischen Bischofskonferenz die Tendenz, eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft mit dem Institut der Ehe gleichzustellen, gesellschaftspolitisch verfehlt.

Wenn (daraufhin wird unten näher einzugehen sein) eine Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Lebenspartnerschaft ausnahmslos untersagt ist, während ein solches Diskriminierungsverbot dem Eherecht fremd ist, werden Ehe und Familie als Grundpfeiler der gesamten Gesellschaft gegenüber der Lebenspartnerschaft gleich­geschlechtlicher Paare diskriminiert und bagatellisiert.

Das Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz warnt vor einer Haltung, welche das Institut der Ehe, welches auf die Familiengründung hingerichtet ist und mit der Zeugung und der Erziehung der Kinder gesellschafts- und staatser­haltend wirkt, und aus diesen Gründen immer unter besonderem rechtlichen Schutz des Staates gestanden ist und steht, dieser Rolle entkleiden zu wollen.

Die Geschichte lehrt uns mehrfach, dass Gesellschaften, welche diesen Schutz von Ehe und Familie vernachlässigt haben, und zwar zugunsten einer permissiven Haltung zu allen Möglichkeiten menschlichen Zusammenlebens, auch in sexueller Hinsicht, dies mit ihrem Untergang bezahlen mussten.

 

1.2    Verfassungsrechtliche Bedenken

Wenn die Erläuternden Bemerkungen im Allgemeinen Teil von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Artikel 8 Absatz 1 EMRK ausgehen, so wird vom Bundesministerium für Justiz die Bestimmung des Artikel 12 EMRK zum Schutz der Familie, in welcher diese Partnerschaft ausdrücklich hetero­sexuell definiert ist, vollkommen übersehen.

Wenn Artikel 12 EMRK bestimmt: „Mit Erreichung des heiratsfähigen Alters haben Männer und Frauen gemäß den einschlägigen nationalen Gesetzen das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.“, so bewirkt dieses verfassungsrechtlich ge­schützte Recht nicht nur eine „offensive“ Ermächtigung von heterosexuellen Personen zum Abschluss einer Ehe und zur Gründung einer Familie, sondern ebenso den „defensiven“ Schutz dieser Ehe vor einer Gleichstellung mit anderen Partnerschaften, welche den Voraussetzungen des Artikel 12 EMRK nicht entsprechen können. Dies be­deutet, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften ohne Missachtung dieses ver­fassungsmäßig gewährleisteten Rechtes nicht gleich oder ähnlich dem Institut der Ehe geregelt werden dürfen.

Die Bezugnahme im Allgemeinen Teil der Erläuterungen (Absatz 1) auf die Ent­scheidung Karner gegen Österreich (EGMR vom 24.7.2003, 40016/98) geht insofern ins Leere, als der Menschenrechtsgerichtshof in der Begründung dieser Entscheidung ausdrücklich anführt, „dass für die Zwecke des Artikel 14 EMRK (allgemeines Be­nachteiligungs­verbot) eine unterschiedliche Behandlung nur dann diskriminierend ist, wenn sie keine objektive und vernünftige Rechtfertigung besitzt. Der Gerichtshof ver­mag grundsätzlich zu akzeptieren, dass der Schutz der Familie im traditionellen Sinn grundsätzlich einen schwerwiegenden und legitimen Grund darstellt, der einen Unter­schied einer Behandlung zu rechtfertigen vermag“.

Dieser vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausdrücklich als schwer­wiegend und legitim bezeichnete Unterschied in der Behandlung von Ehe und Familie einerseits und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften andererseits wird nun­mehr vom Entwurf verlassen und missachtet.

Damit wird aber die oben zitierte Bestimmung Artikel 12 EMRK in Österreich ihres Sinnes und Inhaltes entkleidet, da durch die Bestimmungen des Entwurfes die rechtliche Sonderstellung und  sohin der Schutz der Ehe und der Familie negiert wird.

 

Aber auch Artikel 7 B.-VG spricht gegen eine Gleich- oder Ähnlichstellung von Ehe und „Lebenspartnerschaft“. Es ist nicht anzuzweifeln, dass die auf Familiengründung hin ge­richtete Ehe gegenüber der dieses Ziel nicht verfolgenden Lebenspartnerschaft gleich­geschlechtlicher Menschen ein aliud darstellt und somit im Lichte der Interpretation des Verfassungsgerichtshofes eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch die Ver­schiedenbehandlung dieser beiden Institutionen nicht gegeben ist.

Diese gebotene Verschiedenbehandlung bezieht sich auch auf äußere Zeichen und miss­deutbare Symbolhandlungen; das Eingehen einer Lebenspartnerschaft vor dem Standes­amt wird daher grundsätzlich abgelehnt.


1.3    Zu den Kosten

Im Vorblatt wird erwähnt, dass der Entwurf nicht mit Kosten für den Bund verbunden ist, dies wird in den Allgemeinen Bestimmungen dahingehend relativiert, dass diese Kosten „äußerst geringfügig“ seien.

Dies mag im zivil- und strafrechtlichen Bereich eine gewisse Grundlage haben, jedoch werden die weitreichenden Kosten, welche der gesamtösterreichischen Gesellschaft und damit auch den Gebietskörperschaften aus den sozialrechtlichen und unterhalts­rechtlichen Folgen des Entwurfes erwachsen, weder benannt noch beziffert. Diese Kosten erwachsen aber durch die gebotene Harmonisierung der entsprechenden Normen, die allerdings in der Zuständigkeit anderer Ressorts gelegen sind.

Es hätte die Materie transparenter gemacht, wenn auf diese Kostenfolgen zumindest hin­gewiesen worden wäre. Um die Tragweite der Durchführung ermessen zu können, ist aller­dings eine detaillierte Berechnung dieser Kostenfaktoren erforderlich.

 

 

2.   Zu § 3 des Entwurfes

 

In § 3 des Entwurfes findet sich unter der Marginalrubrik „Diskriminierungsverbot“ folgende Bestimmung: „Niemand darf wegen seiner Lebenspartnerschaft diskriminiert werden.“

Die Erläuternden Bemerkungen sagen zu dieser Bestimmung nichts.

Diese Anti-Diskriminierungsklausel kennt keine Ausnahme und ist schon aus diesem Grunde für die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, aber auch für die religiösen Bekenntnisgemeinschaften nicht akzeptabel, da sie in die verfassungs­mäßig geschützten inneren Angelegenheiten der anerkannten Kirchen und Religions­gesel­l­schaften eingreift.

Bleibt diese uneingeschränkte Anti-Diskriminierungsklausel bestehen, so stimmt sie aber nicht nur nicht mit Artikel 15 Staatsgrundgesetz 1867 überein und verstößt damit gegen die österreichische Bundesverfassung, sondern sie hält sich auch nicht an die Anti-Dis­kriminierungsrichtlinie der Europäischen Union 2000/78.

Nach dieser Bestimmung gilt für Kirchen und Religionsgesellschaften sowie weltan­schau­lich definierte Organisationen eine etwa bei der Auswahl von Mitarbeitern festgestellte Ungleichbehandlung nicht als Diskriminierung, wenn eine bestimmte Religion oder Welt­anschauung des betreffenden Mitarbeiters (in Wort und Leben!) nach Art der bedungenen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung „eine wesentliche, rechtmäßige und gerecht­fertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt“ (siehe Richtlinie 2000/78 der EG vom 27. November 2000, Artikel 4, und die Punkte 23 und 24 der Erwägungsgründe). Das uneingeschränkte Diskriminierungsverbot im § 3 des Entwurf würde diesen Bekenntnis- und Weltanschauungsschutz der Richtlinie 2000/78 konter­karieren und auch mit dem österreichischen Gleichbehandlungsgesetz (vgl. § 20 des Gleichbehandlungsgesetzes BGBl. I Nummer 66/2004) in Widerspruch stehen. Schon oben wurde darauf hingewiesen, dass im Eherecht eine Anti-Diskriminierungs­bestim­mung nicht enthalten ist.

Sollte eine solche Bestimmung aufrecht erhalten werden, müsste jedenfalls durch eine ent­sprechende Ausnahmebestimmung der Schutz der inneren Angelegenheiten der aner­kannten Kirchen und Religionsgesellschaften gewährleistet werden.

 

 

3.   Zusammenfassung

 

Wie schon eingangs festgestellt, wird der vorliegende Entwurf des Lebenspartner­schafts­gesetzes seitens des Generalsekretariates der Österreichischen Bischofskonferenz, welches sich mit den Mitgliedern der Österreichischen Bischofskonferenz eins weiß, in vollem Umfang abgelehnt.

Darüber hinaus wird dringend die Forderung erhoben, die Ehe und die Familie als Grund­zelle der Gesellschaft, und damit des Staates, entsprechend zu schützen und das Institut der Ehe nicht mit anderen Instituten, welche der grundlegenden Aufgabe von Ehe und Familie nicht entsprechen, nicht gleichzusetzen. Dass dies weder rechtlich geboten und notwendig ist, zeigen sowohl die Bestimmungen der EMRK einerseits als auch die Judi­katur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte andererseits.

Jedenfalls muss den anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ermöglicht werden, auf Grund einer entsprechenden Ausnahme vom Diskriminierungsverbot in den inneren Angelegenheiten weiterhin ihre Gebote und ihr Selbstverständnis leben zu können.

 

 

      Eine Ausfertigung der Stellungnahme ergeht gleichzeitig an das Präsidium des Nationalrates elektronisch an die Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

 

                                                                                                        

 

 

 

 

                                                                        (Msgr. Mag. Dr. Ägidius J. Zsifkovics)

                                                                                            Generalsekretär

                                                                                     der Bischofskonferenz

 

 

 

An das

Bundesministerium

für Justiz

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1016 Wien