GZ:  BMJ-B4.000/0013-I 1/2008

 

 

S t e l l u n g n a h m e

 

zum Entwurf zur zivil- und strafrechtlichen Regelung

von Lebenspartnerschaften

(Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)

 

 

Die vorgesehene Schaffung des neuen Rechtsinstitutes „Lebenspartnerschaft“ hatte im Vorfeld umfängliche Diskussionen und teils völlig konträre Standpunkte verschiedenster Gruppierungen ergeben. Faktum ist, daß die Formen des menschlichen bzw. familiären Zusammenlebens sich geändert haben und eine zunehmende gesellschaftspolitische Akzeptanz dieser geänderten Formen des familiären und partnerschaftlichen Zusammenlebens eine gesetzliche Determinierung und Regelung erforderlich machten.

 

Auch wenn sich das Verständnis vom Rechtsinstitut der Ehe im Laufe der Zeit nicht unbeträchtlich gewandelt hat und bedauerlicherweise ein zunehmendes Scheitern von Ehen erkennbar ist, sollte das Rechtsinstitut der Ehe als nicht verzichtbar sakrosankt bleiben. Es ist daher erfreulich, daß mit dem gegenständlichen Gesetzesentwurf kein Partnerschaftsmodell abseits der Ehe für Homo- und Heterosexuelle im Sinne einer „Ehe light“ vorgesehen wurde und das Institut der Ehe mit all ihren gesellschaftspolitischen Vorteilen und Konsequenzen unangetastet blieb.

 

Der vorliegende Entwurf mit der Einführung einer gesetzlichen Regelung von gleich-geschlechtlichen Partnerschaften ist auch als Beendigung des bisherigen „grauen“ Rechts-bereichs mit der Konsequenz einer doch zumindest allmählich zu erwartenden Akzeptanz in allen Gesellschaftsschichten zu werten.

 

Nach dem vorliegenden Entwurf gleichen die Rechte und Pflichten aus einer Lebenspartner-schaft weitestgehend jenen der Ehe. Allerdings fehlen Bestimmungen im Bereich des Kindschaftsrechtes und ist auch die Adoption eines Kindes als sog. „Paaradoption“ ausgeschlossen, ebenso wie die Adoption des Kindes eines Partners oder einer Partnerin durch den anderen Teil. Hier fragt sich allerdings, ob die hier vorgenommene Differenzierung aufgrund des Geschlechts im Hinblick auf die jüngere Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zeitgemäß erscheint (vgl. Beschwerden Nr. 45330/99,              Nr. 39392/98 und Nr. 39829/98). Bei entsprechender Konsequenz wären jedesfalls auch kinderbezogene Bestimmungen sinnvoll. Wenn im Rahmen des derzeit ebenfalls im Begutachtungsstadium befindlichen Familienrechts-Änderungsgesetzes (FamRÄG 2008) für sog. Patchworkfamilien entsprechende Bestimmungen statuiert werden sollen, sollten derartige Bestimmungen auch im gegenständlichen Entwurf Eingang finden.

 

Zu bemerken ist zum vorliegenden Entwurf in grundsätzlicher Hinsicht darüber hinaus,                    daß eine nicht zu unterschätzende Auslagerung von ansonsten den Staat treffenden Verpflichtungen auf Privatpersonen erkennbar ist (Unterhaltsverpflichtungen, Beistands-verpflichtung, bspw. auch im Pflegebereich, etc.). Im Lichte dieser Entlastung                              der öffentlichen Hand erscheint allerdings nicht nachvollziehbar, warum im vorliegenden Entwurf eine Anpassung im finanz- und verwaltungsrechtlichen Bereich unterblieben ist.              

In concreto läßt der vorliegende Gesetzesentwurf entsprechende Regelungen insbesondere im Sozial- und Steuerrecht vermissen. Auch eine Umsetzung des vorliegenden gesetzgeberischen Gedankens im Fremdenrecht (Familiennachzugsmöglichkeit) fehlt.

 

Unter gleichheitswidrigen Aspekten erscheint daher der vorliegende Gesetzesentwurf nicht völlig ausgereift. Im Lichte der Judikatur zu Art. 14 EMRK wäre auch eine Vervollständigung des Gesetzes betreffend der sozial- und steuerrechtlichen Komponente jedesfalls nach verfassungsrechtlichen Vorgaben indiziert.

 

Da im wesentlichen die Regelungsschwerpunkte des Eherechtsänderungsgesetzes 1999 im vorliegenden Gutachtensentwurf grundsätzlich deckungsgleich Eingang gefunden haben und auch in den Artikeln II bis XXXVII in den entsprechenden Einzelgesetzen die erforderlichen Anpassungen stattgefunden haben, erscheint es nicht erforderlich, eine Stellungnahme zu den einzelnen Artikeln im Detail abzugeben.

 

 

 

Verwiesen werden muß jedoch darauf, daß offensichtlich aufgrund eines Redaktionsfehlers im Art. II Z. 9 die dort vorgesehene geänderte Überschrift der §§ 757-759 ABGB wohl nicht „gesetzliches Erbrecht eines Ehegattens oder Lebensgefährten“ lauten soll, sondern richtig „gesetzliches Erbrecht eines Ehegattens oder Lebenspartners“.

 

 

 

 

Wien, am 3.6.2008                                                               Dr. Hildegard Hartung

      Rechtsanwältin

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            Zonta Club Wien-City

 

 

         ELEONORE HAUER-RONA, Vorsitzende

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