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An das

Bundesministerium für Justiz

Museumsstraße 7

1070 Wien

 

Herrn Georg Kathrein

 

Betrifft:

Entwurf für ein Bundesgesetz über die Lebenspartnerschaft

(Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)

AZ: BMJ-B4.000/0013-I 1/2008

 

 

 

Salzburg, den 07.06.08

 

Sehr geehrter Herr Kathrein,

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Interessensorganisationen machen weder die ausgearbeiteten Gesetzesentwürfe, geschweige denn sind sie befugt, Gesetze zu verabschieden.

 

Als Vertreterin solch einer Interessensorganisation, nämlich der HOSI Salzburg, bin ich weder Rechtsanwältin, noch Politikwissenschaftlerin, noch Politikerin.

 

Die Stellungnahme der HOSI Salzburg zu dem Gesetzentwurf erfolgt auf der Basis dessen, dass ich, resp. wir  - die Vorsitzende, der Vorstand, die Mitglieder des Vereins, die Menschen die wir vertreten -

 

·                    ganz einfache, normale (!) BürgerInnen dieses Landes sind

·                    die Belange der homosexuellen Bevölkerung Salzburgs vertreten

·                    ExpertInnen zum Thema Homosexualität und für die alltäglichen

Lebensumstände homosexueller Menschen sind

·                    nicht zuletzt, die Zielgruppe des Gesetzentwurfs darstellen.

 

In diesen Funktionen und Kompetenzen erfolgt unsere Stellungnahme zum vorgelegten Entwurf.

 

Zunächst:

Ich habe zum ersten Mal habe an einer solchen Ministeriellen AG mitgewirkt, und ich bin beeindruckt und erfreut, wie und dass demokratische Prozesse in einem demokratischen, pluralistischen und rechtstaatlichen Land wie Österreich funktionieren. Viele verschiedene Meinungen wurden gesammelt, man arbeitete sich gemeinsam, sowohl kontrovers wie konstruktiv voran, vieles wurde sehr genau, detailliert und, manchen vielleicht zu umständlich und zu langwierig, besprochen und bearbeitet...

Und ich dachte mir dabei: „Das ist gut so!“

(denn nur in Diktaturen und korrupten Gesellschaften gehen die Dinge schneller voran...).

 

Nun bin ich allerdings erstaunt und enttäuscht, dass sich der Begutachtungsentwurf kaum vom Diskussionsentwurf vom 04.10.2007 unterscheidet.

Freilich ist der Entwurf nun umfangreicher, detaillierter ausgearbeitet, formal korrekt...

Aber von der Gesamtaussage her finde ich weder die Einwände, noch die Vorschläge, geschweige denn das Ergebnis der AG in relevanter Weise wieder.

 

Keines der drei dort erarbeiteten und beschriebenen Modelle...

 

·                    Öffnung der Zivilehe (wie in Belgien, Niederlande, Spanien, bald auch

Schweden)

·                    Eingetragene Partnerschaft mit Generalverweis auf das Eherecht

         (Skandinavische oder Nordische Variante)

·                    Eingetragene Partnerschaft mit eigenen Bestimmungen und Generalverweis

(Schweizer Modell)

 

...wird aufgegriffen.

 

 

Ins Auge fällt:

 

·                 Das Fehlen einer geschlechtergerechten Sprache

 

·                 Das Zurückbleiben hinter den eigenen, in den Erläuterungen beschriebenen Ansprüchen, beispielsweise:

-      „Auch eine solche (gleichgeschlechtliche) Partnerschaft genießt den grundrechtlichen Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention...“

-      „...dass die Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Paare unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und auf die Rechtsentwicklung in anderen europäischen Staaten angepasst werden soll...“

-      „Die Lebenspartnerschaft soll den Menschen, die eine solche Partnerschaft eingehen, weitestgehend die Rechtsstellung von Personen verschaffen, die miteinander verheiratet sind. (...)“

 

Für diese selbstgestellten Ansprüche sehe ich keine ausreichende Entsprechung im vorgelegten Entwurf.

 

·                 Einen Widerspruch in sich stellt § 3. Diskriminierungsverbot dar:

Die Schaffung eines „Sondergesetzes“, zumal mit gravierenden Mängeln im Vergleich zum „richtigen“ Gesetz, ist, mit Verlaub, Diskriminierung.

 

5% bis 10% der Bevölkerung sind (schätzungsweise) homosexuell. Die sexuelle Orientierung ist eine von sehr vielen Faktoren, die die Gesamtpersönlichkeit ausmachen.

Jeder Mensch ist einzigartig und besonders. Und das ist gut so!

 

Aber „Sondermenschen“ sind homosexuell lebende Menschen genauso wenig wie Linkshänder, gehörbeeinträchtigte GebärdensprachlerInnen, Hochbegabte, Menschen die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, Fußballfans,...

 

Sie alle brauchen kein Sondergesetz zum heiraten!

 

Unser Symbol, der Rosa Winkel, erinnert auch an Zeiten, in denen alle möglichen „Randgruppen“ ausgesondert, gekennzeichnet, stigmatisiert, verfolgt und ermordet wurden.

Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei! Das ist gut so!

 

Eine „Sonder“-Gesetzgebung in diesem Falle ist u. M. n. unnötig, der Zielgruppe gegenüber diskriminierend, und einem modernen Staat nicht angemessen.

 

Wobei wir uns letztendlich nicht an dem Begriff stoßen würden, sondern auch ein „Sondergesetz“, das entsprechend ausgestattet ist – eben zumindest mit einer Generalklausel – zum jetzigen Zeitpunkt durchaus begrüßen würden!

 

·                 Zwar ist eine weitgehende Ehe-Ähnlichkeit im Innenverhältnis des Paares zu finden, aber Regelung im Außenverhältnis ist offenbar (noch?) nicht beabsichtigt und fehlt weitgehend. Das heißt, die lebenswichtigen, existentiellen Bereiche (Sozial- und Pensionsrecht, Steuerrecht, Fremdenrecht und Adoptionsrecht) sind, nicht einmal durch eine Generalklausel, angesprochen, und es steht zu befürchten, dass Lösungen auf die lange Bank geschoben werden, und es zu ähnlich chaotischen und unbefriedigenden Zuständen wie in Deutschland kommt.

 

 

Abschließend

 

·                    Der Entwurf entspricht nicht den Bedürfnissen von homosexuell lebenden Menschen, deren Bedürfnisse sich im Übrigen nicht so sehr unterscheiden von denen der meisten anderer Menschen.

·                    Er stellt einen Anachronismus zur heutigen Zeit dar und entspricht nicht den Bedingungen, nach denen (Familien-)Leben (egal ob homosexuelles oder heterosexuelles, ohne oder mit Kindern) heute gestaltet werden kann und muss.

 

·                    Der Entwurf unterschätzt u. M. n. die tolerante Haltung weiter Teile der österreichischen Bevölkerung.

·                    Der Entwurf begibt sich der Chance einer sowohl verwaltungstechnisch wie rechtsphilosophisch klarsten Lösung, nämlich der „Öffnung der Zivilehe“, und damit eines deutlichen Signals für Gleichbehandlung und Antidiskriminierung, und nicht zuletzt auch im Sinne eines sparsamen und verantwortungsbewussten Umgangs mit Arbeitskraft und Steuergeldern.

·                    Er sieht nicht einmal für ein „LPartSonderGesetz“ die Verankerung einer Generalklausel, derzufolge alle ausstehenden Rechtsmaterien und strittigen Punkte analog zum Eherecht zu entscheiden seien, vor.

·                    Er entspricht keineswegs dem Europäischen Standard, sondern würde ein trauriges Schlusslicht als „Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt“ bilden!

 

 

Die Verabschiedung dieses Entwurfes ist von uns nicht erwünscht!

 

Wir appellieren an die Bundesregierung, den Gesetzentwurf zu überarbeiten, und sich dabei an den Vorschlägen der Arbeitsgruppe zu orientieren.

Zumindest die Einarbeitung einer Generalklausel wäre zu erwarten.

Für eine weitere Mitarbeit stehen wir dabei gerne zur Verfügung!

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

für die

HOSI Salzburg

 

 

 

 

 

Johanna Reidel-Mathias

(Vorsitzende)