Wiener Evangelische Allianz

 

Stellungnahme zum Entwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes (189/ME)

 

 

 

 

 

Die Wiener Evangelische Allianz, ein Zusammenschluss engagierter, der Autorität der Heiligen Schrift und dem historischen christlichen Bekenntnis verpflichteter Christen aus verschiedenen Kirchen und Freikirchen in Wien, gibt zum Ministerialentwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) für gleichgeschlechtliche Paare folgende Stellungnahme ab:

 

Ziel des Entwurfs sind laut dem Vorblatt zum Ministerialentwurf u.a. die Regelung der Begründung einer Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Personen sowie deren möglichst weitgehende „Angleichung an die Position verheirateter Personen“. Besonders die weitgehende Angleichung an die Ehe muss uns als Christen zu massivem Protest veranlassen, und zwar aus folgenden Gründen:

 

·         Nach christlicher Überzeugung ist die lebenslange Ehe zwischen Mann und Frau keine bloße gesellschaftliche Konvention, sondern die gottgewollte, einzigartige, der menschlichen Natur entsprechende, dem menschlichen Wohl sowie der gesellschaftlichen Zukunft dienliche normative Form partnerschaftlichen Zusammenlebens. Jede politische Bewegung oder Partei, die sich auf ein christliches Menschenbild beruft, kann von dieser sowohl der biblischen Offenbarung als auch der traditionellen christlichen Lehre entsprechenden Position nicht absehen. Sie würde sonst den Anspruch verspielen, noch eine christliche Anthropologie zu vertreten.

 

·         Aus diesem einzigartigen Wesen der Ehe zwischen Mann und Frau ergibt sich für die Politik die Verpflichtung, die Ehe mit besonderen Privilegien auszustatten sowie ihr besondere Förderung und besonderen Schutz zukommen zu lassen. Sie hat allen Bestrebungen entgegenzutreten, die einzigartige Stellung der Ehe aufzuweichen, sie neu zu definieren, oder sie durch vergleichbare parallele Rechtsinstitute in ihrer Bedeutung auszuhöhlen. Genau diese Gefahren sehen wir aber mit dem neuen Gesetzesentwurf unmittelbar gegeben.

 

·         Die Erläuterungen zum Ministerialentwurf gestehen homosexuellen Paaren in Entsprechung zur Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte den grundrechtlichen Schutz des Privat- und Familienlebens zu. Hier wird ganz offensichtlich der Begriff „Familie“ neu definiert, und in der Tat sehen wir in der Gesetzesinitiative für eine Lebenspartnerschaft ebenjene Kräfte unterstützt und bestätigt, die auf dem Weg über die Europäische Union versuchen, jegliche „Diskriminierung“ homosexueller Lebensweise als „Homophobie“ zu verurteilen und zu unterbinden. Wenn die heterosexuelle Ehe aber tatsächlich die einzig normative, der menschlichen Natur entsprechende, dem Gemeinwohl am meisten dienliche Form partnerschaftlichen Zusammenlebens ist, dann ist die Unterscheidung („Diskriminierung“) zwischen der Ehe und homosexuellen Beziehungen eine notwendige und gerechte Sache. Sie allein bewahrt den Unterschied zwischen Dingen, die aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit völlig verschieden zu beurteilen sind und auch in ihren ethischen, gesundheitlichen, psychologischen, pädagogischen und sozialen Folgen in keiner Weise gleichgestellt werden können.

 

·         Weniger als die konkrete juristische Umsetzung des Gesetzeswerks beunruhigt uns die Signalwirkung, die von einem Beschluss des LPartG ausgehen würde. Es wird neben der herkömmlichen Ehe ein zweites Rechtsinstitut eingeführt und damit politisch anerkannt und bestätigt, das erklärtermaßen möglichst weitgehend der Ehe angeglichen werden soll, nur mit dem Unterschied, dass es eben ausschließlich auf gleichgeschlechtliche Paare angewandt wird. Neben der Schaffung eines bestimmten Rechtsstandes wird eine neue Begrifflichkeit eingeführt („Lebenspartnerschaft“, „Lebenspartner“, „Lebenspaar“), die sehr positiv klingen soll und auch den ehelichen Begriffen entspricht („Ehepartner“, „Ehepaar“). Es erscheint paradox, eine Beziehungsform so eng mit dem Begriff „Leben“ in Verbindung zu bringen, die im Gegensatz zur Ehe gerade kein neues Leben hervorbringt. Der traditionellen Ehe wird hier eine moderne, anscheinend alternative Lebensweise zur Seite gestellt, die vom Staat anerkannt und geschützt wird.

 

·         Die gesellschaftlichen Folgen einer solchen Maßnahme können wohl kaum überschätzt werden. Menschen, die eine homosexuelle Lebensweise aus moralischen und/oder religiösen Gründen ablehnen und diese Ablehnung öffentlich zum Ausdruck bringen (darunter christliche Prediger) werden noch massiver unter (juristischen) Druck geraten als bisher. Im Schulunterricht werden heterosexuelle und homosexuelle Lebensweisen immer mehr als ethisch neutrale Alternativen dargestellt werden müssen. Sexualethische Orientierungspunkte werden weitgehend ausfallen, mit all den negativen Konsequenzen für unsere Heranwachsenden. Der Begriff „Familie“ wird radikal neu definiert werden. Personen, die eine historische christliche Position vertreten, werden sich mehr und mehr als die wahrhaft Ausgegrenzten, Marginalisierten, „Diskriminierten“ unserer Gesellschaft erleben.

 

·         Die ganze Entwicklung, in der das LPartG eine Etappe darstellt, ist aus unserer Sicht eng mit dem Verlust universaler ethischer Maßstäbe und Normen verbunden. Es scheint heute die Überzeugung vorzuherrschen, auch unter der politischen Klasse, dass es in moralischen Fragen kein Richtig und Falsch gibt. Infolgedessen wird jedes moralische Urteil über eine bestimmte Lebensweise, sofern sie niemandem schadet,  als ungerechtfertigte, anmaßende „Diskriminierung“ verstanden, die gesetzlich unterbunden werden soll. Ein Verlust universaler ethischer Normen würde aber die gesellschaftspolitische Gesetzgebung insgesamt ad absurdum führen. Woher nähme die Gesetzgebung dann ihre Normen? Welche Güter wären absolut schützenswert und unverhandelbar? Wann schadet man Mitmenschen, wann verstößt man gegen die Sittlichkeit? Ist auch die Sittlichkeit beliebig neu interpretierbar? Gelten schließlich immer jene Normen, deren Proponenten die meiste politische Durchsetzungskraft haben?

 

·         Die Einzigartigkeit, Güte und Unverzichtbarkeit der heterosexuellen Ehe lässt sich nicht nur theologisch, sondern auch naturrechtlich begründen und aufzeigen, ebenso wie die Schädlichkeit einer homosexuellen Lebensweise. Allein die Ehe gewährt den Schutzraum für die menschliche Sexualität, die dieser sensibelste persönliche Bereich benötigt, um zur vollen Entfaltung zu kommen. Allein die Ehe zwischen Mann und Frau bietet den aus ihr hervorgehenden Kindern das für ihre Entwicklung optimale Umfeld. Die Treue zwischen Vater und Mutter gewährt die emotionale Stabilität, die Kinder brauchen, um zu starken, verantwortungsvollen Menschen heranzuwachsen. Aus theologischer Sicht ist die Ehe schließlich allein jene irdische Institution, die auf den unverbrüchlichen Bund Gottes mit den Menschen hinweist, den er mit den Menschen in Jesus Christus geschlossen hat.

 

·         Eine homosexuelle Partnerschaft kann all die aufgezählten Leistungen nicht in derselben Weise erbringen wie die Ehe. Sie kann keine Kinder hervorbringen und jenen Kindern, die in ihrem Kontext leben, auch nicht die Polarität und Bezogenheit der Geschlechter aufeinander vermitteln wie die Ehe. Sie sorgt nicht für den Erhalt der Bevölkerung durch die Zeugung von Kindern und die Versorgung der älteren Generation durch eine jüngere. Gerade aus diesen Gründen kann eine möglichst weitgehende Gleichstellung einer „Lebenspartnerschaft“ mit der Ehe nicht im Interesse des Staates sein, denn Ehe und Familie allein sorgen für den Erhalt gesellschaftlichen Wohlergehens. Jede Schwächung der Ehe schadet der Allgemeinheit. Schließlich ist praktizierte Homosexualität, gerade zwischen Männern, nachweislich mit enormen gesundheitlichen Risiken verbunden. Ganz offensichtlich sind die menschlichen Sexualorgane nicht für die homosexuelle, sondern die heterosexuelle Verbindung geschaffen und bestimmt.

 

Aus all diesen Gründen, die keineswegs vollständig zu sein beanspruchen, erheben wir unseren Protest gegen den Beschluss dieses Entwurfs eines Lebenspartnerschaftsgesetzes. Wir meinen, dass die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ausreichen, um die Rechte zu schützen, die jedem Mitglied unserer Gesellschaft zustehen. Als Christen sind wir aufgerufen, homosexuellen Mitmenschen mit der gleichen Achtung und Liebe zu begegnen wie allen anderen. Wir sehen aber keinen Grund dafür, einer Lebensweise, die niemals unsere Zustimmung finden kann und die nicht dem Willen des Schöpfers entspricht, gesetzliche Anerkennung und gesetzlichen Schutz angedeihen zu lassen. Ein solches Vorgehen kann nur zur weiteren Schwächung unserer Ehen und Familien beitragen und wird die Zukunftsfähigkeit unserer Nation weiter beeinträchtigen. Unser Appell ergeht in besonderer Weise an jene politischen Kräfte, die sich zumindest formal zu einem christlichen Menschenbild bekennen. Es ist uns unverständlich, dass sich auch von diesen viele für das LPartG einsetzen und damit ebendieses christliche Menschenbild verraten.

 

Der Vorstand der Wiener Evangelischen Allianz:

 

Günter Ludwig, Pastor

Martin Wilms, Pastor

Günter Brunner