Stellungnahme zum Entwurf "Lebenspartnerschaftsgesetz"

Zuallererst sollte betont werden, dass im Sinne einer Gleichbehandlung alle Formen des Zusammenlebens vor dem Gesetz gleichbehandelt werden sollten und es daher kein Sondergesetz für Lesben und Schwule geben muss.

 

Es ist vielmehr sinnvoll, dass es eine gesetzliche Absicherung für alle Menschen, egal ob sie hetero- oder homosexuell sind, gibt.

Das Rechtsinstitut "Ehe" fördert heteronormative Strukturen,
in welchem lediglich genau zwei Geschlechter akzeptiert sind, sowie ein patriarchales (männerdominiertes) Gefüge in unserer Gesellschaft. Die in den letzten Jahrhunderten entstandenen gesetzlichen Privilegien der Ehe bzw. der Eheleute, haben gleichzeitig Kontroll- und Unterdrückungsmechanismen gegenüber Frauen geschaffen.

Ein zeitgemäßes, fortschrittliches, modernes und auf dem Prinzip der Gleichberechtigung basierendes PartnerInnenschaftsmodell für das 21. Jahrhundert sollte daher von folgendem Grundprinzip geleitet werden:

Die jeweils individuell gewählte Form des Zusammenlebens verschiedener Menschen sollte nicht der Billigung des Staates bedürfen. Dem Staat sollte nur eine protokollierende Rolle durch die mit Personenstandsfragen betraute Behörde zukommen. Die Rolle des Staates muss frei von wertenden und moralisierenden, ideologischen und religiösen Wertvorstellungen sein.

bezüglich: Rechte und Pflichten (Artikel I, Abschnitt 3, § 8-12)

Es sollte die Festlegung gelten, das die persönlichen Rechte und Pflichten der PartnerInnen zueinander gleich sind. Das bedeutet aber keine Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen, zur gegenseitigen Treue, zum gegenseitigen Beistand, zur Haushaltsführung im Falle fehlenden Einkommens, zur Mitwirkung im Erwerb, der/des PartnerIn und in der Regel zum Unterhalt. Derartige Abkommen sollen einer individuellen Absprache vorbehalten bleiben, denn im 21. Jahrhundert kann und soll der Staat dies zwei Menschen nicht mehr vorschreiben.


bezüglich: Auflösung (Abschnitt 4, § 13-18)

Es kann keine Trennungsbestimmungen in Gestalt von Gründen für Trennung mit Schuldzuweisung mehr geben, wie ehrloses und unsittliches Verhalten, schwere Verfehlung oder der Verlust des Unterhalts bei unsittlichem Lebenswandel! Dies entspricht nicht mehr den modernen Lebensrealitäten und ist mit einer zeitgemäßen Sicht von PartnerInnenschaften unvereinbar!

Ein Trennungsrecht ohne Verschuldungsprinzip (wie heute übrigens auch in den Eherechten in vielen europäischen Ländern üblich) ist notwendig.

Auch bei einer Trennung sollten die PartnerInnen als selbstständige, geschäftsfähige Individuen behandelt werden, die über das Ende ihrer PartnerInnenschaft ebenso selbstständig (und damit auch einzeln) entscheiden können.

Genauso, wie eine PartnerInnenschaft eingegangen werden kann, sollte sie auch durch eine einfache, amtlich zu beglaubigende Willenserklärung wieder gelöst werden können. (Im bestehenden Eherecht kann z.B einE EhepartnerIn eine Scheidung jahrelang blockieren. Es wäre unsinnig, derartige Regelungen zu übernehmen!)

Eine einvernehmliche Trennung sollte daher mit sofortiger Wirkung vor dem Standesamt, d. h. ohne Gericht, möglich sein, sofern beide PartnerInnen dies wollen und eine schriftliche Vereinbarung über vermögens- und unterhaltsrechtliche Angelegenheiten sowie ggf. über die Obsorge für Kinder vorliegt. Keinesfalls hat es den Staat zu interessieren, wem die Verschuldungsfrage zukommt. Die Einräumung einer gewissen Entscheidungsfrist von etwa acht bis zwölf Wochen ist dabei eine Möglichkeit.


Können sich  die eingetragenen PartnerInnen über eine einvernehmliche Trennung nicht einigen, so sollte jedeR PartnerIn (ohne Angabe von besonderen Gründen) die Auflösung der ParnerInnenschaft beim Standesamt beantragen können. Wird dieser Antrag innerhalb einer Frist von zehn bis zwölf Wochen nicht zurückgezogen, dann hat ein Gericht innerhalb eines Monats die PartnerInnenschaft aufzulösen. Weiter hat das Gericht allfällige Unterhaltsansprüche und die Aufteilung des gemeinsam erworbenen Vermögens und gemeinsamer Ersparnisse sowie gegebenenfalls die Obsorge für Kinder zu regeln.

bezüglich "Unterhalt" (§ 21-23)

Es handelt sich dabei um eine Übergangsleistung, die zeitlich befristet sein und sich auf einen Zeitraum erstrecken soll, der die Dauer der Beziehung, die Bedürftigkeit und die Zumutbarkeit angemessen berücksichtigt (kaum länger als zwei Jahre). Unterhaltszahlungen sollten nur vorgesehen werden, falls einE PartnerIn in der PartnerInnenschaft entweder gar kein oder auf Grund der PartnerInnenschaft ein deutlich geringeres Einkommen hatte.

bezüglich "Fremd- und Stiefkindadoption"

Die Feststellung, dass LebenspartnerInnen mit den Verwandten ihreR PartnerIn verschwägert sind, sollte LebenspartnerInnen zu einem Teil der Familie und dadurch auch zu Stiefelternteilen der Kinder ihrer PartnerInnen machen.

bezüglich sonstiger Bereiche:

Eine vollständige Gleichstellung im Fremdenrecht, StaatsbürgerInnenschaftsrecht, Kranken- und Pensionsversicherungsrecht, Erb- und Steuerrecht und die verschiedensten Verwaltungsmaterien (wie Gewerberecht usw.) ist vorzusehen

weitere Aspekte:

Auf gegenseitige Anrechnung der Einkommen bei der Berechnung des Familieneinkommens (z. B. Notstandshilfe o. ä.) sollte der/die GesetzgeberIn verzichten.


Hinterbliebenenpensionen sollten abgeschafft werden.


Inanspruchnahme medizinisch unterstützter Fortpflanzung für Frauenpaare soll erlaubt sein und gefördert werden.

Am Ende dieser Reformbemühungen sollte jedenfalls die völlige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften mit allen anderen Formen der PartnerInnenschaft, einschließlich der Ehe, durch ein eigenes PartnerInnenschaftsgesetz stehen, das alle bisherigen gesetzlichen Regelungen ersetzt.

 


Dr. med. vet. Sabine Pollhammer und Dr. med. vet. Karin Taglinger