An das

GZ ● BKA-601.203/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. E-mail patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2353

Ihr Zeichen BMJ-B4.000/0013-I1/2008

 

Bundesministerium für

Justiz

 

kzl.b@bmj.gv.at

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

BetrifftEntwurf eines Bundesgesetzes mit dem ein Bundesgesetz über die Lebenspartnerschaft erlassen und das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Mietrechtsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das IPR-Gesetz, das Notariatsaktsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, die Anfechtungsordnung, die Notariatsordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Todeserklärungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Kleingartengesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Anerbengesetz, das Kärntner Erbhöfegesetz, das Tiroler Höfegesetz, die Ausgleichsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Übernahmegesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Notariatstarifgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Allgemeine Vorbemerkungen:

1. Hinweis

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst übermittelt, im Sinne des Anschreibens des Bundesministeriums für Justiz, in Einem einen Textvorschlag für eine Novellierung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 und des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 mit dem Zweck der Berücksichtigung der Lebenspartnerschaft.

2. Zur Verfassungsrechtslage

In Bezug auf die verfassungsrechtlichen Determinanten für das ins Auge gefasste Vorhaben ist Folgendes anzumerken:

2.1 Der Verfassungsgerichtshof hat ausdrücklich ausgesprochen, dass es grundrechtlich nicht geboten ist, die Institution der Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren zu öffnen (VfSlg. 17.098/2003). Auch aus der Rechtsprechung des EGMR ist eine Verpflichtung zu einer derartigen Öffnung derzeit nicht ableitbar (vgl. auch Reid, A practicioner’s guide to the European Convention of Human Rights3, IIB-211 und van Dijk/van Hoof, Theory and Practice of the European Convention on Human Rights4, 846 ff; siehe zuletzt Entscheidung vom 11. November 2006, Parry, Appl. Nr. 42.971/05, vom 28. November 2006, R und F gegen Vereinigtes Königreich, Appl. Nr. 35.748/05). Von daher dürfte es beim derzeitigen Stand der Rechtsprechung zulässig sein, eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher mit verschiedengeschlechtlichen Paaren nicht durch Öffnung der Institution der Ehe sondern durch Einrichtung eines parallelen, weitgehend gleich geregelten Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft zu erreichen.

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof betont, dass die Ehe auf „die grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft ausgerichtet“ sei (vgl. etwa Erkenntnis vom 27. September 2007, B 1829/06). Ausgehend von der Betonung dieses besonderen Status der Ehe einerseits und der fehlenden Möglichkeit der gemeinsamen Elternschaft in einer Lebenspartnerschaft – jedenfalls in der dem Entwurf zu Grunde liegenden Ausgestaltung – andererseits erscheint es zumindest nicht unplausibel, dass die Rechtsprechung es nicht als erforderlich ansehen wird, Lebenspartnerschaft und Ehe in sämtlichen Aspekten gleich auszugestalten: Die beiden Rechtsinstitute wären dann im Sinne des Gleichheitssatzes nicht zu vergleichen und die unterschiedliche Ausgestaltung läge im Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers (konventionsrechtlich könnte dies unter dem Blickwinkel des Art. 8 iVm Art. 14 EMRK möglicherweise anders zu beurteilen sein, auch dies dürfte aber zum derzeitigen Stand noch nicht aus der Rechtsprechung des EGMR ableitbar sein.)[1]

2.2 Umgekehrt ist jedoch darauf hinzuweisen, dass gleichheitsrechtliche Bedenken dagegen, die Lebenspartnerschaft bloß homosexuellen Paaren vorzubehalten, nicht ausgeschlossen erscheinen. Nur dann, wenn Lebenspartnerschaft und Ehe so gut wie identisch ausgestaltet sind, dürfte es mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtssicher argumentierbar sein, die Lebenspartnerschaft bloß homosexuellen Paaren vorzubehalten und heterosexuelle Paare auf die Ehe zu verweisen. Je größer die Abweichungen vom Eherecht sind – insbesondere dort, wo sie nicht sachlich zwingend aus den besonderen Eigenschaften der Ehe einer- und der Lebenspartnerschaft andererseits argumentierbar sind – umso mehr spricht für eine verfassungsrechtliche Beurteilung dahingehend, dass die Lebenspartnerschaft nicht bloß als Alternative zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, sondern als eigene Partnerschaftsinstitution anzusehen ist, die auch für verschiedengeschlechtliche Paare zu öffnen wäre. Im Lichte der angestrebten Zielsetzung des Gesetzesentwurfes, die Lebenspartnerschaft als eine weitgehend eheähnliche, gleichgeschlechtlichen Paaren vorbehaltene Form der Partnerschaft auszugestalten, erscheint es zweckmäßig, derartige Abweichungen auf Fälle zu beschränken, für die ein zwingender sachlicher Grund besteht (wie dies etwa in den Entwurfserläuterungen zu den Änderungen des IPRG nachvollziehbar zum Ausdruck kommt).

2.3 Was die im Anschreiben zum Begutachtungsentwurf geäußerte Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe in den Materiengesetzen betrifft, ist ebenfalls darauf zu verweisen, dass diese Frage maßgeblich von der Ausgestaltung der Lebenspartnerschaft abhängt. Je weiter sich die Lebenspartnerschaft in ihrer Ausgestaltung von der Ehe entfernt, umso eher wird eine differenzierende Behandlung durch den Materiengesetzgeber verfassungsrechtlich zulässig sein (beispielsweise könnte eine leichtere Auflösungsmöglichkeit der Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe Auswirkungen auf die Frage der Gleichbehandlung im Fremdenrecht und im Sozialrecht haben). Von der Ausgestaltung der Lebenspartnerschaft wird es umgekehrt auch abhängig sein, ob und in welchem Ausmaß die Lebenspartnerschaft in Materiengesetzen mit der „bloßen“ Lebensgemeinschaft gleich zu behandeln sein wird – je weiter die Entfernung von der Ehe, desto größer anzunehmender Weise die Vergleichbarkeit mit der Lebensgemeinschaft (Der Entwurf scheint aber in seiner konkreten Ausgestaltung aufgrund der weitgehenden Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe zu einer solchen Vergleichbarkeit mit der Lebensgemeinschaft keinen Anlass zu geben.)

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst geht davon aus, dass eine Lebenspartnerschaft, die mit der Ehe in ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung identisch ist oder sich von der Ehe nur dadurch unterscheidet, dass – mangels Zulässigkeit der gemeinsamen Kinderadoption – keine gemeinsamen Kinder der Lebenspartner existieren können, in der Materiengesetzgebung aus gleichheitsrechtlichen Gründen gleich wie die Ehe zu behandeln ist, es sei denn, dass ausnahmsweise sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung bestehen. Solche Gründe dürften in dieser Konstellation typischerweise nur dann vorliegen, wenn sie in einem Zusammenhang mit dem Aspekt des Vorhandenseins von Kindern bzw. der in der Ehe bestehenden Möglichkeit der Elternschaft stehen. Hierbei sind zwei grundsätzliche Sichtweisen denkbar:

1.    Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs könnte die Ehe als auf die grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft ausgerichtetes Rechtsinstitut (siehe Erkenntnis vom 27. September 2007, B 1829/06) weiterhin als eine besondere Institution angesehen werden, welche allein aus diesem Grund in Fragen, die mit dem Aspekt dieser grundsätzlichen Möglichkeit der Elternschaft sachlich zusammenhängen, besonders behandelt werden darf (denn die Möglichkeit der – gemeinsamen – Elternschaft existiert in der vorgeschlagenen Lebenspartnerschaft nicht), unabhängig davon, ob in einer bestimmten Ehe tatsächlich Kinder vorhanden sind oder nicht.

2.    Es darf in den materiell-rechtlichen Rechtsfolgen nur bei tatsächlichem Vorhandensein von Kindern differenziert werden.

Aus der bislang vorliegenden Rechtsprechung dürfte nicht unbedingt ein Vorzug für eine der beiden Sichtweisen abzuleiten sein, weil sich durch die Einführung der Lebenspartnerschaft der rechtliche Rahmen doch zu stark verändert, um etwa die im bereits zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu B 1829/06 getroffenen Aussagen unverändert auf die neue Rechtslage zu übertragen.

Aus Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ist aber – unter der oben getroffenen Annahme der weitestgehenden Gleichheit von Ehe und Lebenspartnerschaft – der zweiten Sichtweise der Vorzug zu geben, weil der Bundesgesetzgeber durch die Schaffung einer mit der Ehe praktisch identischen Lebenspartnerschaft seinen Willen zum Ausdruck bringen würde, in Bezug auf die zivilrechtliche Ausge-staltung des Rechtsverhältnisses gerade nicht mehr auf die Sonderrolle der Ehe als „auf die grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft“ ausgerichtetes Rechtsinstitut abzustellen, sondern eine Form der Partnerschaft zu schaffen, die eben nicht auf diese grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft ausgerichtet ist (sondern, wie im Übrigen die Ehe auch, auf einen dauerhaften Bestand mit intensiven wechselseitigen Rechten und Pflichten der Partner), und diese dennoch im Wesentlichen gleich wie die Ehe auszugestalten. Der Gesetzgeber sollte von dieser Grundsatzentscheidung nicht in anderen Rechtsmaterien insofern wieder abweichen, als er bei der Regelung von Rechtsfolgen doch wieder auf die „grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft“ abstellt (mit anderen Worten: Wenn die rechtliche Ausgestaltung von Ehe und Lebenspartnerschaft nicht differiert, obwohl im ersten Fall die grundsätzliche Möglichkeit der gemeinsamen Elternschaft besteht, im zweiten aber nicht, dann wäre auch in anderen – insb. auch öffentlich-rechtlichen – Rechtsmaterien eine differenzierte Behandlung nur aufgrund dieser Unterschiedlichkeit nicht mehr zulässig). Der Gesetzgeber dürfte vielmehr – nach dieser Sichtweise – nur dann differenzieren, wenn im konkreten Fall tatsächlich Kinder in einer Ehe vorhanden sind (und dies eine unterschiedliche Behandlung sachlich rechtfertigt).

Vom jeweiligen Sachzusammenhang dürfte es dabei abhängig sein, ob (sachlich begründete) Sonderregelungen für Ehepaare mit Kindern dann zulässig sind, wenn es sich um gemeinsame Kinder handelt oder auch – oder nur – dann, wenn es sich um Kinder eines der Partner handelt, die im selben Haushalt leben (letztere Situation wäre auch bei Lebenspartnerschaften denkbar und unter der oben getroffenen Annahme daher auch gleich zu behandeln).

3. Zum Begutachtungsumfang:

Von Seiten des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienst wird darauf hingewiesen, dass im Folgenden aus verfassungsrechtlicher und legistischer Sicht nur auf die durch den vorgelegten Entwurf bewirkten Änderungen eingegangen wird. Soweit die geltende Rechtslage unverändert bzw. bloß unter Berücksichtigung der Lebenspartnerschaft fortgeführt wird, wird auf sie nicht eingegangen; dies gilt auch für jene Bestimmungen, die aus dem ABGB und dem EheG praktisch wortident oder sinngemäß in das LPartG übernommen werden sollen.

Es darf weiters darauf hingewiesen werden, dass in der Begutachtung nicht auf die – durchaus zahlreichen – Unterschiede in der Ausgestaltung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft eingegangen wird. Es wird diesbezüglich auf die allgemeinen Ausführungen zur Verfassungsrechtslage unter II.2. verwiesen. Es bleibt dem entwurfserstellenden Ressort vorbehalten, die jeweils für eine derartige Ungleichbehandlung maßgeblichen Sachlichkeitsargumente in den Erläuterungen darzustellen (dies gilt etwa für den besonders auffälligen Unterschied im Auflösungsrecht, in dem anders als im Scheidungsrecht im Fall der Zerrüttung nicht zwischen drei- und sechsjähriger Frist unterschieden wird). Fehlt eine derartige Begründung, sollte im Lichte der Ausführungen unter II.2. auf die Unterschiede besser verzichtet werden.

4. Zur Legistik:

Der Entwurf enthält in seinem Art. XXXVIII selbstständige Inkrafttretens- und Schlussbestimmungen und steht damit im Widerspruch zu LRL 66. Der Grund für das dort vorgesehene Verbot selbständiger Bestimmungen liegt unter anderem in der leichteren Lesbarkeit der Stammvorschrift, wenn diese auch alle relevanten Schlussbestimmungen enthält, sowie in der wesentlich leichteren Verarbeitung für das Rechtsinformationssystem und der einfacheren Benützung des dortigen Datenbestandes.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Art. XXXVIII den gesamten Entwurf betrifft, wiewohl bestimmte Artikel – zB Art. XVII – dennoch getrennte Inkrafttretensregelungen enthalten, womit in Bezug auf diese Artikel eine Doppelregelung erfolgen würde.

Weiters werden Änderungen von Gesetzen vorgeschlagen, die bereits derzeit, wie etwa die Strafprozessordnung, eine eigene Schlussbestimmung über das Inkrafttreten aufweisen (§ 514 StPO). Es wäre offenkundig verfehlt, das Inkrafttreten der Änderungen in der StPO nicht in dieser Bestimmung, sondern in einem separaten Artikel des im Entwurf vorliegenden Gesetzes zu regeln.

In Bezug auf das neu erlassene Lebenspartnerschaftsgesetz (Art. I des Entwurfs) sollten jedenfalls unbedingt den Legistischen Richtlinien 1990 entsprechende Schluss- und Inkrafttretensbestimmungen in den Gesetzestext selbst (also als §§ 43 ff LPartG) aufgenommen werden.

Es wäre aus Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst außerdem zu begrüßen, wenn die Gelegenheit genutzt würde, entsprechende integrierte Schlussbestimmungen auch in jene Gesetze aufzunehmen, die noch über keine solchen verfügen. Sollte davon allerdings abgesehen werden, so wäre jedenfalls der Anwendungsbereich von Art. XXXVIII auf jene Artikel der Novelle zu beschränken, bei denen die zu Grunde liegenden Stammgesetze keine solchen integrierten Schlussbestimmungen aufweisen.

Bezüglich der Überschriften der einzelnen Artikel wird in Fällen, in denen mehr als eine Bestimmung betroffen ist, nicht einheitlich nur von „Änderung“ (in der Einzahl) oder von „Änderungen“ (in der Mehrzahl, siehe etwa Art. IV) gesprochen. Dies sollte vereinheitlicht werden; im Sinne der allgemeinen legistischen Praxis und der überwiegenden Vorgangsweise im Entwurf wäre der Begriff „Änderung“ (in der Einzahl) vorzuziehen.

Es würde auch der legistischen Praxis entsprechen, Novellierungsanordnungen durchgehend zu nummerieren und nicht mit Buchstabenbezeichnungen zu untergliedern, wie dies beispielsweise in Art. XXII und XXXVII des Entwurfs geschieht. Dies hätte auch den Vorteil der leichteren Zitierbarkeit der Novellierungsanordnungen, während die in Teilen des Entwurfes gewählte Art der Bezeichnung trotz der zusammenhängenden Bezeichnung von Novellierungsanordnungen, die die gleiche Bestimmung im Stammgesetz betreffen, letztlich keine Vorteile mit sich bringt, weil die einzelnen, eine Bestimmung betreffenden Novellierungsanordnungen dennoch voneinander unabhängig bleiben.

III. Zum Gesetzesentwurf:

Zum Gesetzestitel:

Es erscheint ungünstig, denselben Kurztitel – Lebenspartnerschaftsgesetz - sowohl für das Sammelgesetz als auch für dessen Art. I zu verwenden, da dies zwangsläufig zu Verwechslungen und Unklarheiten führen wird. Es wird angeregt, diesen Kurztitel auf das eigentliche Lebenspartnerschaftsgesetz (Art. I des Sammelgesetzes) zu beschränken; ein eigener Kurztitel für das Sammelgesetz erscheint nicht erforderlich. Falls doch ein solcher Kurztitel erwünscht ist, sollte eine andere Bezeichnung gewählt werden.

Zu Art. I (Lebenspartnerschaftsgesetz):

Zu § 3:

Die Reichweite und der Bedeutungsgehalt der Nichtdiskriminierungsbestimmung ist höchst unklar. Als einfachgesetzliche „Umsetzung“ des Art. 8 EMRK, wie dies die Erläuterungen nahelegen, dürfte er nicht zu verstehen sein: Aufgrund seines Wortlautes kann er nicht als – auch kompetenzrechtlich nur eingeschränkt zulässige - Derogation anderer gesetzlicher Bestimmungen verstanden werden. Dies wäre in einer zivilrechtlichen Norm auch höchst unzweckmäßig. Im Übrigen gelten Art. 8 iVm Art. 14 EMRK in diesen Fällen ohnehin und verpflichten die Vollziehung zur verfassungskonformen Interpretation bzw. geben Anlass für eine verfassungsgerichtliche Normenkontrolle. Die komplexen verfassungsrechtlichen Abwägungsfragen (siehe Punkt II.2.) würde diese Bestimmung in ihrer vorgeschlagenen Formulierung nicht lösen helfen.

Damit die Bestimmung nicht zur reinen Deklaration wird (eine solche sollte laut LRL 2 in Rechtsvorschriften vermieden werden), wäre es daher zweckmäßig, genauer zu regeln, auf welche Situationen sie Anwendung finden (zB auf allenfalls näher bezeichnete privatrechtliche Verhältnisse) und was ihr rechtlicher Gehalt sein soll. Es wäre zu erwägen, sich diesbezüglich am Gleichbehandlungsgesetz zu orientieren.

Zu § 11:

Auf das doppelte Vorkommmen des Wortes „ein“ in Abs. 1 wird hingewiesen.

Zu § 34:

Auf die Schreibfehler in Abs. 2 und 3 (jeweils „Lebenspartners“) wird hingewiesen.

Zu Art. II (Änderung des ABGB):

Zu Z 1 (§ 41):

Auf das Fehlen des Wortes „oder“ zwischen den Worten „Ehegatten“ und „Lebenspartner“ im zweiten Satz des § 41 wird hingewiesen.

Zu Z 9 (§ 757 bis 759):

Die Überschrift zu „II.“ bezieht sich auf Ehegatten und Lebensgefährten, gemeint sind aber Ehegatten und Lebenspartner.

Zu Z 21 (§ 1236):

Im zweiten Satz von § 1236 („Auf die Nutzungen während der Ehe […]“) wird nicht explizit auf die Lebenspartnerschaft Bezug genommen, was vermutlich ein Redaktionsversehen darstellt.

Zu Art. XII (Änderung des Außerstreitgesetzes):

Auf den Schreibfehler in § 93 Abs. 2 („die“ kommt am Ende des Satzes doppelt vor) wird hingewiesen.

Zu Art. XIV (Änderung der Konkursordnung):

Auf einen Schreibfehler in Z 2 (§ 56) – „verträge“ – wird hingewiesen.

Zu Art. XVI (Änderung der Notariatsordnung):

Im Lichte des § 41 ABGB in der Entwurfsfassung, der anordnet, dass die Eigenschaft der Verschwägerung auch mittels einer Lebenspartnerschaft entsteht, erscheint der Grund für die ausdrückliche Regelung „auch durch Lebenspartnerschaft, verschwägert“ am Ende des ersten Satzes unklar und könnte in den Erläuterungen klargestellt werden.

Zu Art. XXXII (Änderung des Gerichtsorganisationsgesetz):

Der vorgeschlagene Text enthält den Begriff „getrennte Lebenspartner“, welcher aber im Entwurf – auch im LPartG – nicht definiert wird. Umgangssprachlich würde man darunter Lebenspartner verstehen, die „sich getrennt haben“, deren Lebenspartnerschaft aber noch aufrecht ist. Es ist aber anzunehmen, dass der Entwurf auf Personen abstellen will, deren Lebenspartnerschaft aufgelöst ist. Eine Klarstellung oder andere Begrifflichkeit erscheint zweckmäßig.

IV. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

16. Juni 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt



[1] Ebenso dürfte es nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers liegen, Lebenspartnern das Recht zur gemeinsamen Adoption von Kindern vorzuenthalten. Es ist aber gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass sich in allen mit der Behandlung Homosexueller im Familienrecht und davon abgeleiteten Rechtswirkungen zusammenhängenden Fragen die Rechtsprechung in der Vergangenheit mit der Veränderung der sozialen Gewohnheiten konstant weiterentwickelt hat und eine derartige Weiterentwicklung auch in Zukunft anzunehmen ist. Vom jetzigen Stand der Rechtsprechung können daher nur in beschränktem Ausmaß Schlüsse auf deren künftige Entwicklung gezogen werden. Vgl. etwa auch das jüngste Urteil des EGMR vom 22. Jänner 2008, Große Kammer, E.B. gegen Frankreich, Appl. Nr. 43546/02. Die darin aufgestellten Überlegungen könnten in Zukunft auch Auswirkungen auf die konventionsrechtliche Beurteilung der Adoption durch homosexuelle Lebenspartner haben.