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Wien, am 16. Juni 2008

Zl. B-026/160608/DR,AR

 

 

GZ: BMJ-B4.000/0013-I 1/2008

 

 

Betreff: Lebenspartnerschaftsgesetz – LpartG

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Personenstandsrecht und finanzielle Implikationen

Zu dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird angemerkt, dass das neue Rechtsinstitut der „Lebenspartnerschaft“ doch im Rahmen der öffentlichen Anerkennung und der personenstandsrechtlichen Begleitvorkehrungen ein weitgehend eheähnliches „Format“ bekommen soll.

 

Unserer Ansicht nach kann das unter Annahme einer gewissen Dynamik, die allein durch die einzelne Gemeinde nicht steuerbar ist, weitgehende Auswirkungen auf die Personenstandsregister auswirken. In jedem Fall sind Vorkehrungen dafür im Personenstandsgesetz und der Personenstands-Verordnung nicht getroffen worden.

 

Lebenspartnerschaften sollen nach dem Art I § 6 des Entwurfes vor einem Standesbeamten geschlossen werden. Ob dies erforderlich ist, ist ein heikles Thema. Jedenfalls wird auf die äußerst polarisierten Meinungen zu dieser Frage hingewiesen. Es gibt Meldungen aus Ländern mit ähnlichen Regelungen, nach denen Standesbeamte in Gewissensnot über die ihnen übertragenen Aufgaben geraten sind.

 

Um diese Probleme zu vermeiden, sollte daher eine Formengleichheit mit jenen der Ehe nach Möglichkeit vermieden werden. Darüber hinaus wird kritisch bemerkt, dass der Entwurf die Standesbeamten für die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Lebenspartnerschaft zuständig erklärt. Auch hier fehlen nähere Erläuterungen, welche Zuständigkeiten, Prüfungsaufgaben und Verfahren dies sind.

 

Nach den geltenden Bestimmungen des Personenstandsgesetzes (insbes. §§ 2 ff PStG) ist jeder Personenstandsfall in die Personenstandsbücher einzutragen. Neben die bisherigen Personenstandsfälle Geburt, Eheschließung und Tod würde der Personenstandsfall „Lebenspartnerschaft“ geschaffen werden. Dafür wären jedenfalls entsprechende Kategorisierungen erforderlich, was nicht nur eine Umstellung, sondern auch eine kompliziertere Führung der Register mit allen Weiterungen zur Folge hätte. Für die Standesämter und deren Bedienstete würde dies nicht nur neue EDV-Anwendungen und Datenbanken, sondern auch zusätzlichen Schulungsaufwand bedeuten, was jedenfalls Mehrkosten verursachen würde.

 

Die Kostendarstellung entspricht weder den Vorgaben der bundeshaushaltsrechtlichen Vorschriften noch der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus. Der Gesetzesentwurf enthält in keiner Passage einen Hinweis, wer die Kosten zu tragen hat. Das Bundesministerium wäre aber dazu zumindest nach den Verpflichtungen aus dem Konsultationsmechanismus verpflichtet gewesen.

 

Allgemeines:

Der vorliegende Entwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes orientiert sich weitgehend am Rechtsinstitut der Ehe. Lediglich die Adoption eines Kindes durch die beiden Lebenspartner sowie die Adoption eines Kindes der Partnerin oder des Partners soll ausgeschlossen bleiben.

 

Neben den Änderungen im Personenstandswesen, sind die Gemeinden durch die zu erwartenden Entwicklungen aufgrund dieses Entwurfes mittelbar, aber nachhaltig betroffen. Nach unseren Informationen haben sich schon Gebietskörperschaften aus grundsätzlich gesellschaftspolitischen Gründen ablehnend gegen den vorliegenden Entwurf ausgesprochen, gerade weil das vorgesehene Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft eine Ehe, nämlich eine dauernde Bindung von Frau und Mann mit dem Wunsch auch Kinder in die Welt zu setzen, nicht ersetzen kann.

 

Der Hinweis auf Art 8 und 14 EMRK, die Rechtssprechung des EGMR (insbesondere sein Urteil vom 24. Juli 2003, Karner gegen Österreich) sowie auf die die Rechtslage in anderen europäischen Staaten in den Erläuterungen des Entwurfes kann nicht bewirken, dass das „Format“ der Lebenspartnerschaft dem Institut der Ehe gleichwertig gegenüber gestellt werden kann.

 

Hierzu wird festgehalten, dass eine Ehe begrifflich eben etwas anderes ist als eine Lebenspartnerschaft, da sie von ihrem Grundverständnis eine auf die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz eingehende, nämlich Leben nicht nur gestaltende, sondern Leben generierende Partnerschaft von Mann und Frau ist.

 

Eine Privilegierung der Ehe ist daher sowohl verfassungs- als auch europarechtlich zulässig und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung gut begründbar.

 

Es wird daher äußerst kritisch gesehen, wenn die „Lebenspartnerschaft“ nach dem Gesetz ein weitestgehend eheähnliches „Format“ bekommen soll. Freilich steht es den Menschen frei, wie sie ihr Leben gestalten, doch muss es dem Staat ein Anliegen sein, dass unsere Gesellschaft ihr vitales Fundament nicht verliert. Dies besteht ohne Zweifel noch in den für Kinder offenen Familien. Die Gemeinden versuchen daher das in ihrer Möglichkeit stehende, um eine familien- und kinderfreundliche Infrastruktur und Atmosphäre in ihrem Bereich zu schaffen. Insofern erscheint uns der vorliegende Entwurf ohne begleitende Maßnahmen für Familien und Kinder eine gesellschaftspolitische Tendenz zu stärken, die ohne die legitimen Interessen aller Menschen schmälern zu wollen nicht in die richtige Richtung führt.

 

Der vorliegende Entwurf ist auch unserer Ansicht nach nicht ausgereift und wird aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Hink e.h.

Mödlhammer e.h.

 

vortr. HR Dr. Robert Hink

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

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