Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Zum Ministerialentwurf des BMJ zum Lebenspartnerschaftsgesetz erlaube ich mir, wie folgt Stellung zu nehmen:

 

1. Die umfassende und gesamtheitliche Berücksichtigung der Realität gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in der österreichischen Rechtsmaterie stellt einen längst fälligen und notwendigen Schritt dar.

Die dahingehende Säumigkeit der österreichischen Gesetzgebung, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften auf angemessene und verfassungskonforme Weise zu berücksichtigen, wurde mehrfach bei Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte deutlich. Da der vorliegende Ministerialentwurf zum Lebenspartnerschaftsgesetz wesentliche Materien wie Sozialversicherung, Steuerrecht, Fremdenrecht, u.v.m. ausklammert, ist offensichtlich mit einer bald notwendigen umfassenden Überarbeitung des in dieser Form in Kraft tretenden Gesetzes zu rechnen. Wenig befriedigend und noch weniger dem Ansehen des Österreichíschen Rechtsstaates zuträglich ist dabei auch, dass die notwendigen Korrekturen erst durch Entscheidungen des VfGH, EGMR oder anderer europäischer Instanzen ausgelöst werden, nicht aber durch den österreichschen Gesetzgeber selbst.

 

2. Der vorliegende Ministerialentwurf zum Lebensparnterschaftsgesetz entstand inmitten einer ideologischen Diskussion, in welcher wiederholt die Behauptung zu vernehmen ist, dass durch das Institut der Lebenspartnerschaft im Gegenzug das Institut Ehe - als angeblich einziger wahrer Garant für den glücklichen Fortbestand unserer Gesellschaft - ganz entscheidend gefährdet wäre. Diese Behauptung entbehrt jeglicher Logik und Realität. Mangels jeglichen faktischen Zusammenhangs wird weder die Geburtenrate noch die Zahl geschlossener Ehen aufgrund eines Lebenspartnerschaft, die ein gleichgeschlechtliches Paar eingeht, abnehmen, es sei denn, man unterstellt den Bürgern Österreichs den Opportunismus und die Fähigkeit, sich sexuell anhand der aktuellen Gesetzgebung zu orienteren.

Sinkende Geburtenzahlen, immer zahlreicher werdende Scheidungskinder, der Schutz des Kindes im - und oftmals leider auch vor - dem eigenen Familienkreis stellen für viele Menschen wesentliche Fragen der Gesellschaftspolitik dar. Ein Lebenspartnerschaftsgesetz hat die Lösung dieser Fragestellungen nicht zur Aufgabe. Sehr wohl aber trägt es seinen Teil zur gesellschaftlichen Stabilität und zum sozialen Frieden und Wohlstand bei, in dem es die Rechte wie die Pflichten eines gleichgeschlechtlichen Paares umfassend in allen Rechtsbereichen verfassungs- und menschenrechtskonform regelt und den betreffenden Bürgern die Möglichkeit gibt, füreinander einzustehen.

Ich appelliere daher vehement an den Gesetzgeber, bei der Schaffung eines einem europäischen und modernen Staates würdigen Lebenspartnerschaftsgesetzes, rückwärtsgewandte Ideologien und religiöse Einflussnahmen nicht über den Verstand und die Vernunft zu stellen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dipl.-Ing. Urs H. Grunicke

Zillnerstr. 6

5020 Salzburg