o.Univ.-Prof.

Dr. Bea Verschraegen, LL.M., E.M.M. (Sion/Barcelona/Hagen)

 

 

Rechtswissenschaftliche Fakultät

Présidente honoraire de la Commission Internationale de l’État Civil

Leiterin des österreichischen Nationalkomitees der International Academy of Comparative Law

Leiterin der Abteilung für Rechtsvergleichung, Einheitsrecht und Internationales Privatrecht, Universität Wien

Professorin an der Bratislavská vysoká škola práva

 

Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung

Abteilung für Rechtsvergleichung, Einheitsrecht und Internationales Privatrecht

 

Schottenbastei 10-16

A-1010 Wien

 

T +43 (1) 4277-35 122

F +43(1) 4277-9351

bea.verschraegen@univie.ac.at

 

 

 

 

 

 

 

 

Ergänzte Stellungnahme zum  Entwurf LPartG

 

 

 

I.                   Allgemeines

 

Geplant ist die Einführung einer „Lebenspartnerschaft“ (idF LP), damit verbunden die gesetzliche Verankerung der Rechte und Pflichten während aufrechter LP, die Rechte und Pflichten nach Auflösung der LP sowie nach Maßgabe des Möglichen die Angleichung an die Position verheirateter Personen.

 

Grundsätzlich wird das Vorhaben begrüßt.

 

Von einem in den (Print)Medien geforderten, gesetzlich verankerten Adoptionsverbot ist grundsätzlich abzusehen. Zum einen würde ein Verbot der Einzeladoption ganz offenkundig gegen die EMRK verstoßen (zuletzt EuGHMR E.B./Frankreich, BeschwNr 43546/02), zum anderen sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Adoption nach österreichischem Recht präzisest aufgezählt. Für ein Misstrauen der Richterschaft gegenüber, die contra legem-Entscheidungen fällen würde, besteht kein Anlass.

 

II.               (Materialien) AT

 

- Sub 2. führen die Materialien aus, dass es ein der Ehe angenähertes Rechtsinstitut der LP in Dänemark, Deutschland, England, der Schweiz und Tschechien gäbe.

 

Kritik: England wäre mit „und Wales“ zu ergänzen, anzuführen wären ebenfalls die anderen skandinavischen Staaten; zu streichen wäre Tschechien.

 

- Sub 2. werden Belgien, Niederlande und Spanien als jene Länder angeführt, welche die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt haben.

 

Kritik: zu ergänzen wäre „in Europa“, nach Spanien „zuletzt auch Norwegen“.

 

- Sub 3. a) aa) wird das Verlöbnis für die LP nicht vorgesehen.

 

Kritik: Das wäre mE zu überdenken, zumal auch ein künftiger LP aus ungerechtfertigten Gründen vom Vorhaben, eine LP zu begründen, absehen kann. MaW auch hier können sich – wie beim Eheverlöbnis – Schadenersatzansprüche ergeben.

 

- Sub 3. a) bb) soll § 92 ABGB deshalb nicht übernommen werden, weil die Vorschrift praktisch totes Recht sei. Das ist richtig.

 

Kritik: Fraglich ist, ob mit dem Entwurf eines LPartG zugleich eine „kleine Familienrechtsreform“ einhergehen soll. In diesem Fall würden sich verschiedene reformwürdige Fragen stellen, bspw auch die Beibehaltung des bisherigen Namens im Falle der Eheschließung. Sollte aber keine „kleine Familienrechtsreform“ angedacht sein, ist zwar die namensrechtliche Regelung für LP zu begrüßen, fraglich ist aber, ob weitere (su) Abänderungen und Abweichungen zu begrüßen sind.

 

- Sub 3. a) bb) soll die ohnedies grundrechtlich bedenkliche Klausel zur Todeserklärung für die LP nicht übernommen werden.

 

Kritik: Wenn grundrechtliche Bedenken bestehen, was hier (und in den Materialien, siehe auch BT zu § 13) bejaht wird, sollte sie auch für die Ehe beseitigt werden.

 

- Sub 3. a) bb) sollen die Voraussetzungen und Folgen einer Scheidung gegen den Willen eines schuldlosen Teils für die LP nicht übernommen werden.

 

Kritik: In Anbetracht der Tatsache, dass die LP nahezu spiegelbildlich die Ehe sowie die Auflösungsmodalitäten (einschließlich Verschuldensscheidung) übernimmt, ist diese Ausnahme sachlich mE nicht gerechtfertigt.

Eine ganz andere Frage ist indes, ob es nicht an der Zeit wäre, das Für und Wider der Verschuldensscheidung erneut zu diskutieren.

 

- Sub 3. b) wird die Anpassung des § 162b ABGB - konkret der Name des adoptierten Kindes -  hervorgehoben.

 

Kritik: Die Bestimmung betrifft den Namen des legitimierten Kindes (siehe auch – und da richtig – sub Art II zu Z 2).

 

III.            (Materialien) BT

 

- Zu § 5 – die Gründung einer LP zwischen heterosexuellen Partnern „soll“ nicht stattfinden, allenfalls sei diese wegen eines Willensmangels anfechtbar.

 

Kritik: Diese Lösung ist mE nicht konsequent, denn mit der Gründung einer LP wird auch der Zivilstand geändert. Jene Heterosexuellen, die „unbemerkt“ eine LP registrieren lassen, werden demnach toleriert? Wenn die Tatbestandsvoraussetzung der Gleichgeschlechtlichkeit nicht ernst zu nehmen ist, warum – wofür ja einige Staaten in Europa eintreten – nicht auch die LP für Heterosexuelle einführen? Im Übrigen ist zu Bedenken, dass § 192 StGB neu nunmehr auch die Eingehung einer Ehe/LP bei bestehender LP mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestrafen soll. Die Ratio liegt wohl in der Bedeutung des Zivilstandes. Wenn es aber an den heterosexuellen LP liegt, ob die LP aufgelöst werden soll, fragt sich, wie diese Gesetzeswertung mit der (auch strafrechtlichen) Bedeutung des Zivilstandes vereinbart werden kann.

 

- Zu § 5 Abs 2 – Der LP zwischen einem Wahlelternteil und einem Wahlkind soll nur ein „schlichtes Verbot“ entgegenstehen.

 

Kritik: Mit der Adoption wird rechtlich ein Eltern-Kind-Verhältnis nachgebildet, demnach ist das „schlichte Verbot“ nicht nur inkonsequent, es sendet an Adoptionseltern und Adoptionskindern auch die falsche Botschaft. Darüber hinaus steht ein solches „schlichtes Verbot“ in einem Spannungsverhältnis zur Nichtigkeit von LP zwischen Verwandten in gerader Linie (§ 19 Abs 2 Zi 4).

 

- Nach § 8 Abs 2 wird die LP grundsätzlich als „umfassende partnerschaftliche Lebensgemeinschaft“ ausgestaltet (Wohnen, Treue, anständige Begegnung, Beistand). Allerdings soll die Bezugnahme von § 91 ABGB auf das Kindeswohl „aufgrund der anders gelagerten Sachlage“ nicht übernommen werden. Dazu wird ausgeführt: „Im Einzelfall wird sich ein verantwortungsbewusster Lebenspartner bei der Gestaltung der Partnerschaft über die Interessen der eigenen Kinder oder der des anderen aber dennoch nicht hinwegsetzen können“.

 

Kritik: Die Ausführungen zeigen, dass die Rücksichtnahme geboten ist, weil ja an einen „verantwortungsvollen LP“ appelliert wird. Außerdem ist es geradezu ein Inbegriff der „umfassenden partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft“, dass auch auf die Kinder des anderen Rücksicht zu nehmen ist, und zwar unmittelbar, aber auch im Reflexweg. Denn wenn es stimmen würde, dass auf die Kinder keine Rücksicht genommen werden muss, so würden mindestens die berechtigten Interessen des einen Partners verletzt, wenn der andere Partner über dessen elterliche „Rechtspflichten“ hinwegsehen dürfte. Im Übrigen ist es schwer zu erklären, weshalb die „Mitwirkung im Erwerb“ gefordert ist, jedoch nicht die Rücksichtnahme auf das Kindeswohl. Eine Abwägung beider Güter sollte mE den Vorzug der Kinder ergeben. Folglich ist eine Bezugnahme auf das Kindeswohl „allenfalls vorhandener Kinder“ mE sehr wohl vonnöten.

 

- Zu § 14 wird ausgeführt, dass die „Aufhebungsgründe“ (§§ 35-41 EheG) im Wesentlichen übernommen werden.

 

Kritik: Fraglich ist, ob die Aufhebung der Ehe nach §§ 35-41 EheG noch zeitgemäß ist. Einige Gesetzgeber, die solche Aufhebungsgründe kannten – bspw Deutschland – haben sie längst aufgehoben. Sollte also der Entwurf zugleich eine „kleine Familienrechtsreform“ durchführen wollen, wäre die Abschaffung der og Aufhebungsgründe mE empfehlenswert.

 

- Zu § 15 wird ausgeführt, dass die §§ 49, 50, 51, 52 und 55 EheG mit Ausnahme der „ekelerregenden Krankheit“ übernommen werden.

 

Kritik: Wenngleich es überaus begrüßenswert ist, dass das Scheidungsrecht der LP, die im EheG vorhandenen„Altlasten“ des Dritten Reiches nicht übernimmt, ist allerdings folgendes zu bedenken. Aus rechtsvergleichenden Studien hat sich ergeben, dass die LP deshalb angestrebt wird, weil jene Partner, die sich Jahre hindurch dem kranken Partner widmen, eine Absicherung brauchen und verdienen. Im LPartG zwar die „ekelerregende Krankheit“ für die LP nicht zu übernehmen, sehr wohl aber den Scheidungsgrund „ansteckende Krankheit“ vorzusehen, mutet nicht nur zynisch an, es widerspricht der „umfassenden partnerschaftlichen gleichgeschlechtlichen LP“ mit allen ihren Implikationen. Da hilft mE die „Ausweichklausel“ auch nicht weiter, denn wie soll es etwa für einen sterbenden LP zumutbar sein, wenn sein LP justament in den letzten Lebenstagen des anderen Partners die Scheidung anstrebt? Mein Vorschlag wäre daher, § 52 EheG im Hinblick auf die besonderen Schicksalsschläge gleichgeschlechtlicher Beziehungen gar nicht zu übernehmen.

 

- Zu § 15 Abs 3 wird ausgeführt, dass § 55 Abs 3 EheG nicht übernommen werden soll.

 

Kritik: Diese Differenzierung ist – wie oben ausgeführt – sachlich nicht gerechtfertigt. Wenn überhaupt, müsste die Vorschrift aufgehoben werden.

 

- Zu § 15 Abs 5 wird festgehalten: Im Falle einer einvernehmlichen Auflösung nach § 15 Abs 5 soll auf die Interessen der Kinder nicht Bedacht genommen werden.

 

Kritik: Der Vorschlag ist nicht zu billigen. Die Auflösung einer formalisierten Beziehung tangiert selbstverständlich auch die Interessen der Kinder, selbst dann, wenn es sich nicht um gemeinsame Kinder handelt. Zu Bedenken ist außerdem, dass dem nicht sorgeberechtigten LP auch unter Berücksichtigung der EMRK immerhin ein Besuchsrecht zugebilligt werden kann (bzw ggf muss), wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Die Bedachtnahme auf die Kinder steht ja sowieso unter der „Tunlichkeitsklausel“. Hiervon abzusehen, sendet mE die falschen Signale. Dieselbe Kritik gilt im Übrigen für die Ausführungen zu § 26, wo eine „Analogie zum Eherecht“ vorgeschlagen wird.

 

- Zu § 21 – Unterhaltsanspruch - (wie auch an anderen Stellen) wird die Hypothese aufgestellt, dass die Kinderbetreuung „ausnahmsweise“ eine Rolle spielen wird. Das mag stimmen oder auch nicht. Der Entwurf empfiehlt für solche Fälle eine „analoge Anwendung“ der einschlägigen scheidungsrechtlichen Bestimmungen. Darüber hinaus will der Entwurf an dieser Stelle dem Wunsch nach einer Modifikation des Scheidungsrechts nachgeben.

 

Kritik: Bei der vorliegenden Regelungsdichte des Entwurfes, in welchem minutiös 97 % des bestehenden Ehe- und Auflösungsfolgenrechts für die LP übernommen werden, wäre es mE angebracht, gerade für jene Fälle, in welchen schnelles und rechtssicheres Vorgehen unabdingbar ist – nämlich wenn Kinder betroffen sind – ausdrückliche Regelungen zu schaffen, anstatt sich auf die Möglichkeit einer Analogie zurückzuziehen. Rechtsunsicherheiten in der Praxis werden nämlich zu Lasten der Kinder gehen. Fragwürdig scheint es überdies, gerade in diesem Zusammenhang den Wunsch jener zu erfüllen, die ein „lockereres Scheidungsrecht“ gefordert haben. Der Sache nach werden nämlich trotz „umfassender partnerschaftlicher Lebenspartnerschaft“ und trotz Übernahme des Verschuldensprinzips im Auflösungsrecht, die für den schuldlosen Ehepartner im Scheidungsrecht vorgesehenen Vergünstigungen (Unterhaltsanspruch wie bei aufrechter Ehe, einschl Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pensionsansprüche) nicht übernommen. Der Vorschlag mutet zynisch an und ist nicht ausgewogen. Vor allem gibt es kein triftiges Argument zugunsten einer Schlechterstellung der LP.

 

IV.             Artikel II – Änderungen des ABGB

 

Hier nur kleine terminologische Anmerkungen:

Zu „II. Gesetzliches Erbrecht eines Ehegatten oder Lebensgefährten“ – muss heißen: „II. Gesetzliches Erbrecht eines Ehegatten oder Lebenspartners“

 

Zu 19. Dem § 1231 wird folgender Satz angefügt:

„In gleicher Weise trifft die Eltern einer Lebenspartnerin oder eines Lebenspartners die Pflicht zur Ausstattung“ – das Wort „Lebenspartnerin“ ist nach Art XXXVIII § 1 des Entwurfs zu streichen.

 

V.                 Artikel VIII – Änderung des IPR-Gesetzes

 

- Gegen die „umfassende Anknüpfung an den Registerstaat“ für die Begründung, Wirkungen und Auflösung der LP wird angeführt, dass dann ein Recht maßgebend wäre, zu welchem die Partner keinen Nahebezug haben.

 

Kritik: Der Nahebezug kann bei der Anknüpfung an das Personalstatut (§ 28 Erbstatut) oder an das österreichische Recht als lex fori genauso fehlen. Der fehlende Nahebezug lässt sich wahrscheinlich nur durch eine Ausweichklausel auffangen.

 

- Gegen die „umfassende Anknüpfung an den Registerstaat“ spreche auch, dass „in vielen Fällen ohne sachliche Notwendigkeit, ausländisches Recht anzuwenden“ wäre.

 

Kritik: Die Anwendung des ausländischen Rechts als maßgebendes Recht ist sachlich immer notwendig und geboten, wenn die Anknüpfung zu einem ausländischen Recht führt, und zwar weil nach der inneren Logik des IPR alle Rechtsordnungen gleichwertig sind.

 

- Gegen die „umfassende Anknüpfung an den Registerstaat“ spreche, dass mit der Auswahl des Registerortes die Parteien auch das maßgebliche Recht wählen könnten. Eine solche „faktisch unbeschränkte Rechtswahlmöglichkeit“ gebe es im internationalen Familienrecht nicht.

 

Kritik: Das Rechtswahlargument trifft mE nur dann zu, wenn das Registerrecht eine umfassende Anknüpfung an das Recht des Registerstaates vorsieht.

 

Selbst wenn mit der Wahl des Registerortes die Wahl des maßgebenden Rechts verbunden wäre, ginge damit aber immerhin ein hoher Grad an Rechtssicherheit einher, wie er etwa bei Immobilien durch die Anknüpfung an die lex rei sitae für allgemein üblich angesehen werden kann. Dieser Grundsatz schlägt auch – vorbehaltlich einer Rechtswahl – im internationalen Güterrecht durch. Die LP haben dann eben nur jene Rechte und Pflichten, die das Registerrecht vorsieht. Auch im internationalen Gesellschaftsrecht ist für Binnenmarktfälle die Gründungstheorie maßgebend. Und schließlich hat etwa das internationale Namensrecht gezeigt, dass innerhalb der EU auch auf die Freizügigkeit des Personenverkehrs und die Niederlassungsfreiheit Bedacht zu nehmen ist.

 

Sollte ein LP, welcher bspw einen (vertragsrechtlichen) PACS geschlossen hat, in Österreich Ansprüche geltend machen, so stünden ihm eben nur die bescheidenen Rechte nach französischem Recht zu, denn die Maßgeblichkeit des Registerrechtes kann sinnvollerweise nur eine Sachnormverweisung sein.

 

Im Übrigen sieht etwa das schweizerische IPRG gemäß Art 65c Abs 2 durchaus die Wahl des Registerrechtes vor. Auch nach Art 17b Abs 3 EGBGB beherrscht das letzte Registerrecht die Rechtswahl der Parteien. Die persönlichen Rechtswirkungen einer LP sind nach dem niederländischen IPR (Art 5 Abs 1 und 2) für im Inland registrierte LP nach niederländischem Recht, für ausländische LP nach dem Registerrecht (allerdings: Gesamtverweisung) zu beurteilen. Die Auflösung in den Niederlanden erfolgt nach niederländischem Recht (Art 23), außer die LP wählten das Registerrecht.

 

Derzeit gibt es kein LP-Modell, welches – von den kindesbezogenen Regelungen abgesehen – einen zivilrechtlichen Kern hat, der weiter reicht als der österreichische Entwurf: Zur Ehe fehlt wenig. Was die kindesbezogenen Materien betrifft, konnte – wie in internationalen Übereinkommen grundsätzlich – das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts (in der Regel gleichlaufend mit der lex fori) herangezogen werden.

 

- Zur Übernahme der §§ 16 ff IPRG

 

Diese lehnt der Entwurf – anders als andere Staaten (mW etwa die Schweiz) – kategorisch ab, weil die nationalen Regelungen über die LP von Staat zu Staat zu unterschiedlich seien.

 

Die primäre Anknüpfung an das Personalstatut würde in vielen Fällen zur Unwirksamkeit der LP, zum Entfall der Wirkungen oder zur Unauflösbarkeit der LP führen.

 

Kritik: Das ist richtig, die Anknüpfung an das Recht des Registerstaates würde diese Probleme vermeiden. Im Übrigen sind „hinkende Rechtsverhältnisse“ zwar keineswegs erstrebenswert, aber im IPR durchaus keine unübliche Erscheinung. Immerhin haben einige Staaten auf materiellrechtlicher Ebene die LP mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf eingeführt, dass mit einer Anerkennung nicht zu rechnen sei.

 

- Der Entwurf schlägt für die Begründung der LP sowie für das Güterrecht (mangels Rechtswahl) das Recht des Registerortes vor, während für die persönlichen Rechtswirkungen und die Auflösung primär der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich sein soll, im Zweifel (§ 27 b Zi 2 und 3, § 27d Zi 3) sei dann auf österreichisches Recht zurückzugreifen.

 

Kritik: Die Maßgeblichkeit des Rechts des Aufenthaltsstaates erweist sich schon im Scheidungsrecht – und da bloß als subsidiäre Anknüpfung – für verheerend. Manche Rechtsanwälte gehen inzwischen so weit, dass sie ihrem/r Mandanten/-in durch die Anmeldung auf der Kanzleiadresse einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verschaffen.

 

- Zum Grundsatz der Gesamtverweisung

 

Das gewählte Beispiel im Entwurf ist nicht ganz glücklich gestaltet. Es führt nämlich aus, dass wenn das IPR des Registerstaates auf ein ausländisches Recht verweist und die LP nach dem Sachrecht des Registerstaates unwirksam/fehlerhaft wäre, dies zur Konsequenz hätte, dass dann die österreichische Sachnormverweisung auf das Recht des Registerstaates zur Unwirksamkeit der LP für den österreichischen Rechtsbereich führen würde, „obwohl sie im Registerstaat wirksam wäre“.

 

Kritik: Gemeint ist wohl – eben wegen dem Grundsatz der Gesamtverweisung – nach dem Recht des Staates auf welches der Registerstaat verweist. Aber das Beispiel überzeugt trotzdem nicht, denn es könnte die LP nach dem Registerrecht wirksam sein, nicht aber nach dem Recht auf welches verwiesen wird. Dann wäre die LP für den österreichischen Bereich ebenfalls unwirksam.

Darüber hinaus sind die deutlich größeren Probleme der Handhabung der grenzüberschreitenden Fälle bei der Qualifikation der LP zu orten. Die Bezeichnung als „eingetragene Partnerschaft“, „registrierte Partnerschaft“, „eingetragene Lebenspartnerschaft“ und dergleichen gibt – rechtsvergleichend betrachtet – überhaupt keinen Aufschluss. Im Grunde genommen müsste jedes Modell auf seine rechtliche Tragweite und materiellen Gehalt geprüft werden.

 

- Zu § 27a

 

Die Anknüpfung an das Registerrecht für die Begründung, Nichtigkeit und Aufhebung ist zu begrüßen.

 

- Maßgeblichkeit des allgemeinen Formstatuts § 8

 

Kritik: Der Verweis auf das allgemeine Formstatut (§ 8) ist durch den Gleichlauf von lex causae und lex loci für unerfahrene Kollisionsrechtler unnötig verwirrend. Hier würde ein eigenes Formstatut, wonach die lex loci celebrationis maßgeblich ist, anwendungsfreundlicher sein.

 

- Zu § 27b – Anknüpfungsleiter für die persönlichen Rechtswirkungen einer LP

 

- Maßgeblichkeit des Aufenthaltsrechts.

 

Kritik: Die Maßgeblichkeit des Aufenthaltsrechts, mit der Begründung vorzusehen, dass „die Rechtsfragen der persönlichen Rechtswirkungen primär im Aufenthaltsstaat auftreten“ überzeugt nicht unbedingt (siehe oben). Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit wäre die Anwendung des Registerrechts vorzusehen.

 

- Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts, „ohne zuerst feststellen zu müssen, dass diese Partnerschaft nach dem Personalstatut keine Rechtswirkungen hat“.

 

Kritik: Die Argumentation, wonach man sich durch die Anwendung des österreichischen Rechts die Feststellung der Unwirksamkeit nach fremdem Recht ersparen könnte, beruht auf der Hypothese, dass die Unwirksamkeit nach fremdem Recht immer vorliegen müsse. Das ist mE nicht richtig. Viel schwerwiegender ist aber das Problem der Qualifikation der fremden LP – wie auch immer sie bezeichnet sein möge. Wird Österreich von einer Anerkennung absehen, wenn die im Ausland begründete LP nur „nahezu“, „bei weitem nicht“ oder erst wenn sie „gar nicht“ dem österreichischen Modell entspricht? Die Anforderungen an seriöse und gleichmäßige Beurteilung müssen das Maß eines zumutbaren Arbeitsaufwandes sprengen, welcher bei der heutigen Arbeitssituation von Gerichten und Behörde erwartet werden darf.

 

- Z 2 – Maßgeblichkeit des gemeinsamen Personalstatuts

 

Kritik: Was für die primäre Anknüpfung an das Personalstatut gilt, gilt auch für die subsidiäre Anknüpfung an das Personalstatut.

 

- Zu Z 3 – Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts, wobei sich der Nahebezug zu Österreich daraus ergebe, dass eine Rechtsfrage aus österreichischer Sicht zu prüfen ist, deshalb sei die lex fori anzuwenden. Die Depeçage (unterschiedliche Anknüpfung für unterschiedliche Fragen) sei gerechtfertigt, weil sich die verschiedenen Fragen klar trennen ließen.

 

Kritik: Die Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts und die Begründung hierfür sind aus mehreren Gründen zu beanstanden. Natürlich entwickeln – wie sich am Ehe- und Scheidungsrecht deutlich zeigen lässt – manche Parteien einen erstaunlichen Eifer, um die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts zu begründen, vielfach um damit auch die Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts zu erreichen. Der Entwurf spricht sich gegen eine „faktische Rechtswahl“ aus. Der vorliegende Entwurf würde aber bei erfolgreichem „forum shopping“ genau jenes Ergebnis erzielen, welches er gerade vermeiden will.

Des Weiteren scheint es – gerade auch im Hinblick auf die große Diversität in der Landschaft der LP – sehr fragwürdig, klar trennbare Rechtsfragen verschiedenen Anknüpfungsmerkmalen zu unterwerfen: Einmal ist die lex loci bzw das Registerortsrecht maßgeblich, dann das Recht am Aufenthaltsort, hilfsweise das österreichische Recht und (in erbrechtlichen Belangen) wiederum das Personalstatut. Die im Entwurf erhoffte „Vorhersehbarkeit“ kann mE so nicht erzielt werden.

Schließlich mögen die Rechtsfragen „klar trennbar“ sein, das ist aber vielfach nur äußerlich der Fall. In Wirklichkeit führen die Schnittmengen zwischen Personenstand-Familienrecht-Güterrecht-Erbrecht (vom Verfahrensrecht ganz abgesehen) zu schwierigen kollisionsrechtlichen Qualifikationsproblemen.

 

- Zur Ausweichklausel des § 18 Abs 2 IPRG.

 

Diese wurde nicht übernommen, weil die Verweisung materiell oft ins Leere gehen würde.

 

Kritik: Die Hypothese ist fraglich. Außerdem setzt die Ausweichklausel (Maßgeblichkeit des Drittstaatrechts nach § 18 Abs 2 IPRG) gerade voraus, dass die (Ehe)/LP wirksam begründet wurde.

 

- Zu § 27c – Güterrecht

 

Vorbehaltlich einer Rechtswahl ist das Recht des Staates maßgeblich, in welchem erstmals wirksam registriert wurde (Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts).

 

Kritik: Die Lösung wird grundsätzlich begrüßt, vielleicht könnte aber in den Materialien darauf hingewiesen werden, dass die für § 19 IPRG maßgeblichen Kriterien (auch spätere Rechtswahl zulässig) übernommen werden.

 

- Zu § 27d IPRG

 

Die Bestimmung des § 20 Abs 2 IPRG wurde mE zu Recht nicht übernommen. Maßgeblich soll aber nach dem Entwurf österreichisches Recht als „Auffangrecht“ sein.

 

Kritik: Rechtsvergleichend betrachtet schlägt der österreichische Entwurf durch seine Anlehnung an das Scheidungsrecht fast den Weg eines „drakonischen Auflösungsrechts“ ein. In vielen Staaten ist die einseitige Kündbarkeit – wie auch immer man zu ihr stehen mag – sowie ein Zerrüttungsmodell vorgesehen. Die Auflösung einer LP nach österreichischem Recht würden mglw nur jene anstreben, die eine Auflösung hinauszögern möchten. Es mag bezweifelt werden, ob dies wünschenswert ist.

 

Allgemeines zu den kollisionsrechtlichen Bestimmungen:

Auch der Abschnitt zum Kollisionsrecht zeigt den beträchtlichen Denkaufwand der Legisten.

 

Wünschenswert wäre – von obiger Kritik abgesehen – auch ein Wort des Gesetzgebers zur „gleichgeschlechtlichen Ehe“ in grenzüberschreitenden Fällen. Von einer ordre public-Widrigkeit ist – angesichts der auffälligen Nähe der LP zum Eherecht – nicht mehr auszugehen. Fraglich ist aber, wie eine solche gleichgeschlechtliche Ehe zu qualifizieren und anzuknüpfen wäre. Der schweizerische (Art 45 Abs 3 schweizerisches IPRG) und deutsche Gesetzgeber (Art 17b Abs 4 EGBGB) haben hierfür Vorsorge getroffen.

 

Wünschenswert wäre eine einheitliche Anknüpfung an das Registerrecht. Der derzeitige Entwurf nimmt in Kauf, dass bei „umfassender partnerschaftlicher LP“ der überlebende Partner in erbrechtlicher Hinsicht beteiligt wird, wenn sein Personalstatut, welches sich nicht mit dem Registerrecht decken muss, keine LP oder aber eine solche ohne erbrechtliche Ansprüche vorsieht. Zu Bedenken ist, dass die Kollisionsnormen immerhin vom materiellen Recht „gespeist“ werden und das „Rechte-Pflichten-Paket“, welches ja die diversen Transferleistungen der LP berücksichtigen will, auf IPR-Ebene und dadurch auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht unbedingt verzerren sollte.

 

Richtig erscheint – bis zu einer Revision des internationalen Namensrechts (§ 13 IPRG) die getrennte Anknüpfung an das Namensstatut. Allerdings wäre im Zuge einer allfälligen Reform für eine (allenfalls beschränkte) Rechtswahl zu plädieren.

 

Insgesamt sollte der Möglichkeit einer (allenfalls beschränkten) Rechtswahl bei allen Tatbeständen Raum beigemessen werden. Auch ausländische IPR-Kodifikationen erweisen sich als aufgeschlossener als dies vor ein bis zwei Generationen noch der Fall war (einschlägige Regelungen werden auf Wunsch zur Verfügung gestellt).

 

Unter Bedachtnahme auf die Diversität der nationalen Regelungen zu den Partnerschaften und gleichgeschlechtlichen Ehen, sowie unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EuGH zum internationalen Familienrecht und nach rechtsvergleichenden Prüfung der Kollisionsregelungen zur Parterschaft/gleichgeschlechtlichen Ehe wird folgender Vorschlag – bspw als Grundlage für einen Arbeitskreis, sollte sich ein solcher überhaupt als notwendig erweisen – unterbreitet:

 

§ 27a Begründung, Nichtigkeit, Aufhebung der LP

sind nach dem Registerrecht zu beurteilen (Sachnormverweisung).

 

§ 27b Persönliche Rechtswirkungen einer LP

sind vorbehaltlich einer Rechtswahl (Wahl des Rechts jenes Staates, dessen Staatsangehöriger mindestens ein LP ist oder des Staates, in welchem beide LP ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten) nach dem Registerrecht zu beurteilen (Sachnormverweisung), es sei denn der Sachverhalt zeigt eine noch engere Verbindung zum Recht eines anderen Staates auf (Ausweichklausel).

 

§ 27c Güterrecht der LP

ist vorbehaltlich einer Rechtswahl (Wahl des Rechts jenes Staates, dessen Staatsangehöriger mindestens ein LP ist oder des Staates, in welchem beide LP ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten) nach dem Registerrecht zu beurteilen (Sachnormverweisung).

 

§ 27d Auflösung der LP

aus anderen als den in § 27a genannten Gründen ist nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen maßgeblichen Recht (§ 27b) zu beurteilen.

 

§ 27e Form der LP

beurteilt sich nach der lex loci celebrationis.

 

§ 27f Erbrecht der LP

ist nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen maßgeblichen Recht (§ 27b) zu beurteilen.

 

§ 27g Gleichgeschlechtliche Ehen

sind für den österreichischen Rechtsraum kollisionsrechtlich wie eine LP zu behandeln.

 

Unter der Voraussetzung, dass § 13 IPRG einer (baldigen?) Revision unterzogen wird, soll vorläufig das bisherige Namensstatut maßgeblich sein. Erst wenn eine Einigung über eine allfällige Neufassung des § 13 IPRG feststeht, wäre für den Namen der LP entweder die Neufassung des § 13 IPRG oder aber ein (noch auszuarbeitender) § 27h anzuwenden.

 

Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer LP ist – im Falle kollidierender Rechtsordnungen – jenes Recht anzuwenden, dass die Heilung der Wirksamkeit der LP ermöglicht. Bei der Beurteilung der Auflösung der LP ist – im Falle kollidierender Rechtsordnungen – hingegen auf das mildere Auflösungsrecht abzustellen. Der Günstigkeitsgrundsatz gilt auch für allfällige Formmängel.

 

 

 

 

 

Wien, im Juni 2008                                                                         Bea Verschraegen