Amt der Wiener Landesregierung

 

                                                                                              Dienststelle:      Magistratsdirektion

                                                                                                                                                       Geschäftsbereich Recht

                                                                                                                                                       Verfassungsdienst und

                                                                                                                                                       EU-Angelegenheiten

                                                                                              Adresse:         1082 Wien, Rathaus

                                                                                              Telefon:          4000-82321

                                                                                              Telefax:              4000-99-82310

                                                                                              e-mail:                 post@md-v.wien.gv.at

                                                                                              DVR:                  0000191

 

MD-VD - 730-1/08                                                            Wien, 19. Mai 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Bundes-Verfassungs-

gesetz und das Sicherheitspolizei-

gesetz geändert und ein Bundesgesetz

über ein Bundesamt zur Korruptions-

bekämpfung und Korruptionsprävention

erlassen wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMI-LR/1300/0008-III/1/2008

 

 

An das

Bundesministerium für Inneres

 

 

Zu dem im Betreff angeführten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass sämtliche Bemühungen zur Umsetzung des zu Grunde liegenden Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption begrüßt werden. Gegen die Art und Weise der Umsetzung bestehen jedoch grundlegende Bedenken.

Zum Entwurf aus genereller Sicht:

 

Der gegenständliche Entwurf hat im Wesentlichen die Errichtung eines Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention zum Inhalt. Zur Absicherung der Bestimmungen über die Einrichtung und die Organisation durch einfaches Gesetz im Sicherheitspolizeigesetz (Art. 2 des Entwurfes) wird eine Ergänzung des Art. 78a Abs. 1 B-VG vorgeschlagen, die auch künftig die Einrichtung von Sicherheitsbehörden durch einfaches Gesetz ermöglichen soll.

 

Gegen diesen Vorschlag bestehen mehrere grundlegende Bedenken. Wie in den Erläuterungen, Besonderer Teil, zu Art. 1 des Entwurfes festgehalten ist, zählt Art. 78a Abs. 1 B-VG die Sicherheitsbehörden abschließend auf. Gründe, warum von diesem System abgegangen und warum vor allem eine zusätzliche Behörde (und nicht bloß eine interne Untergliederung der Organisation) geschaffen werden muss, lassen sich dem Entwurf nicht entnehmen. Die zur Korruptionsbekämpfung erforderliche Spezialisierung der Bediensteten des Bundesamtes ist für die Einrichtung als Behörde kein sachlicher Grund.

 

Weiters ist nicht nachvollziehbar, warum es auch künftig möglich sein soll, Sicherheitsbehörden durch einfaches Gesetz zu schaffen. Abgesehen davon, dass die Schaffung einer zusätzlichen Behörde nicht mit dem Effizienzprinzip in Einklang zu bringen ist, wird übersehen, dass sich eine Änderung der Organisation der Sicherheitsbehörden vor allem in Wien besonders auswirkt, weil die Bundespolizeidirektion zugleich Sicherheitsdirektion ist (Art. 78b Abs. 1 B-VG). Die geplante Übertragung von Aufgaben der Bundespolizeidirektion Wien auf das vorgesehene Bundesamt schmälert jedoch nicht nur die Aufgaben der Bundespolizeidirektion Wien, sondern auch die Rechte des Landes Wien. Der Entwurf sieht nämlich keine dem Art. 78b Abs. 2 und 3 B-VG adäquaten Mitwirkungsrechte des Landeshauptmannes vor. Dies bedeutet eine Einschränkung von Vollzugsrechten der Länder, die einer qualifizierten Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG bedürfen.

 

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Entwurf in der vorliegenden Form abgelehnt wird.

 

Zu den Bestimmungen des Entwurfs im Einzelnen:

 

Zu § 6 Abs. 1 Z 7:

 

Diese Bestimmung unterstellt jedes Offizialdelikt, das von einem Beamten oder Vertragsbediensteten begangen worden sein soll, der Zuständigkeit des Bundesamtes. Sachlich geboten wäre jedoch eine Einschränkung auf jene Delikte, die unter dem Begriff Korruption fallen (vgl. Art. 2 des Zivilrechtsübereinkommens über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption [GRECO], BGBl. III, Nr. 155/2006).

 

Zu § 7 Abs. 2:

 

Entsprechend Artikel 13 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die Korruption soll hier eine Möglichkeit für Personen und Gruppen, die nicht zum öffentlichen Sektor gehören, zur anonymen Kommunikation mit den Behörden geschaffen werden.

 

Die Anonymität beschränkt sich auf den „Anzeigeleger“ bzw. den „Kontaktaufnehmenden“. Wiewohl die Einrichtung einer solchen Kommunikationsmöglichkeit grundsätzlich zu begrüßen ist, darf nicht übersehen werden, dass mit dieser Bestimmung eine gesetzliche Grundlage zur Ermittlung von personenbezogenen, insbesondere strafrechtsbezogenen Daten geschaffen wird. Diese sind nach dem Datenschutzgesetz 2000 ihre Schutzwürdigkeit betreffend in die Nähe der sensiblen Daten gerückt (vgl. § 8 Abs. 4 DSG 2000).  Diesem Schutzniveau entsprechende Vorkehrungen lässt der Entwurf jedoch vermissen. Der Entwurf wäre daher um Bestimmungen zu ergänzen, die die Datenverwendung detailliert regeln. Insbesondere wären eindeutige Zwecke, allfällige Übermittlungsempfänger, Einschaurechte und Aufbewahrungsfristen zu normieren.

Da davon auszugehen ist, dass es auch zur Weitergabe von sensiblen Daten (vgl. § 4 Z 2 DSG 2000) kommen wird, wären in die Bestimmung zusätzlich erhöhte Datensicherheitsstandards (detaillierte Zugriffskonzepte, kürzere Löschungsfristen) aufzunehmen (vgl. § 1 Abs. 2 DSG 2000, nach welchem bei der Verwendung besonders schutzwürdiger Daten angemessene Garantien für den Schutz der Betroffenen festzulegen sind).

 

Weiters ist die Bestimmung ihrem Wortlaut nach im Hinblick auf Art. 18 B-VG zu unbestimmt. So hat das Bundesamt eine für jedermann zugängliche Einrichtung, „etwa auf Internet-Basis“, zu installieren und zu betreiben. Es wäre zunächst eine Entscheidung dahingehend zu treffen, in welcher (technischen) Form diese Einrichtung geschaffen werden soll und dies im Gesetz zu normieren. Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung könnten allenfalls im Verordnungsweg festgelegt werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Einrichtung der Schutzwürdigkeit der Daten Rechnung tragen und technisch hohe Sicherheitsstandards erfüllen muss. Auch diese Frage lässt der Entwurf völlig offen. Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass diese Bestimmung nicht den Vorgaben des Datenschutzgesetzes entspricht.

 

Zu den Ausführungen im Vorblatt unter der Überschrift „Problem“:

 

Das geplante Bundesamt soll unter anderem zur bundesweiten Vorbeugung von Korruption eingesetzt werden. Diesbezügliche Aufgaben, insbesondere ein gesetzlicher Auftrag zu einer Sensibilisierung korruptionsgefährdeter Berufsgruppen mittels adäquater Öffentlichkeitsarbeit lässt sich dem Entwurf jedoch nicht entnehmen. Es wird daher vorgeschlagen, den Entwurf in diese Richtung zu ergänzen.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

SR Mag. Michael Raffler                                Dr. Peter Pollak, MBA

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MDZ (zu MDZ - 1058/2008)

5.  MD-PR (zu MDRGIR - 330/08)

6.  MA 4 (zu MA 4/1 - 1037/08)

7.  MA 26 (zu MA 26 - 278/08)

8.  MA 62 (zu MA 62- I/17101/08)

9.  UVS Wien