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BMI-LR/1300/0008-III/1/2008    Rp 746/08/AS/Va              4014                  19.05.2008

28. April 2008                     Dr. Artur Schuschnigg

 

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über ein Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention erlassen wird, Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Wirtschaftskammer Österreich bedankt sich für die Übermittlung des Entwurfs eines

Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über ein Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention erlassen wird, und nimmt zu diesem, wie folgt, Stellung:

 

Die Errichtung eines Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention als eigene Sonderbehörde zur bundesweiten Vorbeugung, Verfolgung und Verhinderung von Korruption wird von der WKO grundsätzlich begrüßt.

 

Das Bundesamt soll dabei vor allem eng mit der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption, die mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008 gesetzlich eingeführt wurde, zusammenarbeiten und die zentralen sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgabenstellungen in diesem Bereich wahrnehmen.

 

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Antikorruptionsbestimmungen des StrÄG 2008 eine sukzessiv breitere Diskussion ausgelöst haben. Einige dieser Bestimmungen sind weiterhin unklar, manche dieser Bestimmungen sind überschießend und wahrscheinlich im Hinblick auf ihre wörtliche Auslegung weder so gemeint, noch in ihren tatsächlichen Auswirkungen so erkannt worden. Als keineswegs abschließendes Beispiel sei der Bereich der Repräsentationen genannt.

 

Diese Umstände, die mittelbar auch Auswirkungen auf die Tätigkeit des zu errichtenden Bundesamtes haben, sollten berücksichtigt werden. Gerade im Bereich des Strafrechts ist es absolut notwendig, dass alle Rechtsunterworfenen klar erkennen können, welche Handlungen bzw. Unterlassungen strafbewehrt sind. Unklarheiten dürfen auch den Sicherheitsbehörden keinen „Freibrief“ zur Verfolgung eröffnen. Es darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass jede Art von Strafverfolgung – egal, wie das Verfahren letztendlich ausgeht – für den Betroffenen wenig angenehm und mitunter sehr zeitaufwändig sowie außerordentlich rufschädigend ist.

 

In den EB wird unter Punkt „Finanzielle Auswirkungen“ lediglich angemerkt, dass die Einrichtung einer neuen Behörde mit dem nötigen Personal- und Sachaufwand mit zusätzlichen Kosten verbunden sein wird. Entsprechende Aufschlüsselungen fehlen vollkommen. Gemäß § 14a BHG muss jeder Entwurf einer neuen gesetzlichen Maßnahme vom zuständigen Ressort mit dem Standardkostenmodell bewertet werden. Die WKO bittet um Ergänzung bzw. Überprüfung des betreffenden Vorblattes.

 

 

Zu den Bestimmungen im Einzelnen

 

ad Artikel 3

 

ad § 6 Aufgaben:

 

Die Aufgaben des Bundesamtes sind abschließend in § 6 angeführt. Das Bundesamt soll bundesweit auch für sicherheits- und kriminalpolizeiliche Angelegenheiten wegen Geldwäscherei gemäß § 165 StGB zuständig sein, soweit die Vermögensbestandteile u.a. aus einem in Z 1, Z 2 oder Z 4 und Z 5 des § 6 Abs. 1 genannten Verbrechen oder Vergehen herrühren. Da die nach den Materiengesetzen zuständige Geldwäschebehörde die „Behörde gemäß § 6 SPG“ bzw. das Bundeskriminalamt ist (so nach § 40 Abs. 2d BWG bzw. § 8c Abs. 3 RAO), aber auch von Seiten des neu zu schaffenden Bundesamtes unmittelbare Rückfragen zu erwarten sind, sollte die Kompetenz gesetzlich jedenfalls klar dargelegt und legistisch sauber getrennt werden.

 

Klargestellt werden sollte daher auch, ob das neu zu schaffende Bundesamt Kompetenzen im Zusammenhang mit Geldwäscherei/Terrorismusfinanzierung unmittelbar gegenüber den Normadressaten zukommen (Meldeadressat, Recht auf Auskunftserteilung bzw. Recht auf Anordnung einer Transaktionssperre). In den EB wird dies zwar angedeutet, jedoch insb. im Zusammenhang mit der Kompetenzverteilung nicht deutlich dargelegt und abgegrenzt.

 

Abs. 6 müsste als Norm lauten: „Das Bundesamt hat dem Bundesminister für Inneres jährlich bis spätestens 31. Mai des Folgejahres einen Bericht über seine Aufgabenwahrnehmung zu erstatten.“ – so auch die Abs. 4 und 5, siehe auch Legistische Richtlinien 1990, Z 27.

 

ad § 7 Meldestellen:

 

Nach den EB ist auch die Einrichtung nach Abs. 2 international vorgegeben. In diesem Zusammenhang ist jedoch sicherzustellen, dass mit den einlangenden Mitteilungen ebenso sorgsam umgegangen wird, wie in den sonstigen Bereichen der Sicherheitspolizei. Rein querulatorischen Umtrieben wäre gegenzusteuern.

 

ad § 12 Personalvertretung:

 

§ 12 müsste lauten: „Die Personalvertretungsagenden für das Bundesamt sind von der Personalvertretung des Bundesministeriums für Inneres wahrzunehmen.“

 

Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass auf materiellrechtlicher Ebene noch Handlungsbedarf gegeben scheint, auf Seiten der Korruptionsbekämpfung und –vorbeugung der gegenständliche Gesetzesentwurf weitgehend die internationalen Vorgaben formell umsetzt und das Bundesamt als besonders qualifizierte Einrichtung entsprechend wirkungsvoll agieren wird können.

 

Angemerkt werden darf im gegebenen Zusammenhang, dass die Annahme des Bundesministeriums für Inneres – geäußert im Übermittlungsschreiben vom 28. April 2008 zu gegenständlichem Gesetzesentwurf -, nach der, sollte bis zum gesetzten Termin 27. Mai 2008  dem Bundesministerium für Inneres keine Stellungnahme zugekommen sein, keine Bedenken gegen die Bestimmungen des Entwurfs bestehen, schon dem Grunde nach unrichtig und jedenfalls schon aus allgemeinen Gründen zurückzuweisen ist. Der Grundsatz „qui tacet consentire videtur“ ist dem österreichischen Rechtsbestand grundsätzlich fremd. Ganz allgemein kann keine rechtfertigende Grundlage für eine derartige pauschalierte Annahme erkannt werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.