An das

GZ ● BKA-601.598/0001-V/5/2008        

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiterin              Frau Dr Elisabeth GROIS

Herr Dr Ronald faber llm[1]

Herr MAG ALEXANDER FLENDROVSKY[2]

Pers. E-mail           elisabeth.grois@bka.gv.at

ronald.faber@bka.gv.at

ALEXANDER.FLENDROVSKY@BKA.GV.AT

Telefon                                            01/53115/2983

01/53115/2355

01/53115/2836

Ihr Zeichen                  BMI-LR/1300/0008-III/1/2008

 

Bundesministerium für

Inneres

Herrengasse 7
1014   Wien

mailto: bmi-III-1@bmi.gv.at

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Bundes‑Verfassungsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über ein Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention erlassen wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines

1.         Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990,

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

2.         Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

3.         Die im Versendungsschreiben des am 28. April 2008 elektronisch übermittelten Gesetzesentwurfes eingeräumte Stellungnahmefrist endet am 27. Mai 2008. Für eine Stellungnahme steht somit eine Frist vier Wochen und einem Tag zur Verfügung.

Das Bundeskanzleramt‑Verfassungsdienst weist bereits wiederholt darauf hin, dass Fristen für die Begutachtung von Bundesgesetzen und Verordnungen des Bundes angemessen zu setzen sind und den begutachtenden Stellen eine Frist von wenigstens sechs Wochen zur Verfügung stehen soll (vgl. etwa die Rundschreiben des Bundeskanzleramtes‑Verfassungsdienst vom 10. Dezember 1958, GZ 49.008‑2a/58, vom 13. November 1970, GZ 44.863‑2a/70 und vom 19. Juli 1971, GZ 53.567‑2a/71).

II. Zum Gesetzesentwurf

A. Zum Titel

Der Titel des Gesetzesentwurfes hat (ebenso wie der Titel des Art. 3) die Erlassung eines Bundesgesetzes „über ein Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention“ zum Inhalt. Mit Blick auf die zeitliche Abfolge der im Titel zum Ausdruck kommenden Aufgabenstellung wird angeregt jeweils die Worte Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention umzustellen („Bundesgesetz über ein Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung“).

B. Zu Art. 1 (Änderung des Bundes‑Verfassungsgesetzes)

1.         Eingangs ist festzuhalten, dass die Formulierung von Verfassungsbestimmungen als Angelegenheit der Verfassungslegislative in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienstes fällt. Bedauerlicherweise wurde der vorliegende Entwurf nicht mit dem Verfassungsdienst akkordiert.

2.         An Stelle des übermittelten Entwurfes hätte nachstehender Textvorschlag samt Erläuterungen zu treten:

„Artikel 1

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 2/2008, wird wie folgt geändert:

1. Art. 78a Abs. 1 lautet:

„(1) Oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres. Dem Bundesminister für Inneres sind die Sicherheitsdirektionen, den Sicherheitsdirektionen die Bezirksverwaltungsbehörden und die Bundespolizeidirektionen als Sicherheitsbehörden nachgeordnet. Durch Bundesgesetz können dem Bundesminister für Inneres andere Bundesbehörden als Sicherheitsbehörden nachgeordnet werden.“

2. Dem Art. 151 wird folgender Abs. 41 angefügt:

„(41) Art. 78a Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2008 tritt mit xx.xx.2008 in Kraft.“

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes):

Zu Z 1 (Art. 78a Abs. 1):

Der vorgeschlagene Art. 78a Abs. 1 dritter Satz B-VG enthält eine verfassungsgesetzliche Ermächtigung an die (einfache) Bundesgesetzgebung, dem Bundesminister für Inneres durch Bundesgesetz neben den Sicherheitsdirektionen andere Bundesbehörden als Sicherheitsbehörden (unmittelbar) nachzuordnen. Solche Sicherheitsbehörden sind den im zweiten Satz genannten Sicherheitsbehörden weder vorgesetzt noch nachgeordnet; auch bundesgesetzlich kann eine solche Über- oder Unterordnung nicht vorgesehen werden.

Art. 78a Abs. 1 erster Satz B-VG ist wörtlich unverändert, die Formulierung des Art. 78a Abs. 1 zweiter B-VG soll hingegen sprachlich gestrafft werden.“

3.         Im Hinblick auf die vorgeschlagene Neufassung des Art. 78a Abs. 1 dritter Satz B‑VG wären der sonstige Gesetzestext und die Erläuterungen entsprechend anzupassen. Insbesondere sollte das Eigenschaftswort „unmittelbar“ im Zusammenhang mit dem Wort „Nachordnung“ im Gesetzestext keinesfalls und in den Erläuterungen, wenn überhaupt nur in Klammern („(unmittelbare) Nachordnung“) verwendet werden, weil andernfalls aus der unterschiedlichen Begrifflichkeit – unzulässige – e‑contrario-Schlüsse gezogen werden könnten.

C. Zu Art. 2 (Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes)

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 4)

Im Einklang mit der geplanten bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung sollte auch der Wortlaut des § 4 Abs. 4 auf „… Bundesminister für Inneres nachgeordnet besorgt …“ angepasst werden.

D. Zu Art. 3 (Bundesgesetz über ein Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention)

Vorbemerkung

1.         Der vorliegende Entwurf ist entsprechend den Erläuterungen von dem Anliegen getragen, eine außerhalb der traditionellen Struktur der Sicherheitsbehörden angesiedelte eigene Sicherheitsbehörde (das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention) einzurichten, welcher die erforderliche Unabhängigkeit bei Beibehaltung der politischen Letztverantwortung eines obersten Organs zukommen soll.

Welcher „Unabhängigkeitsmaßstab“ konkret angestrebt wird, ist nicht erkennbar: Zum einen findet sich in den Materialien der Bezug auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (United Nations Convention against Corruption – UNCAC), worin u.a. in Art. 6 Abs. 2 vorgesehen ist, dass „[e]ach State Party shall grant the body or bodies … the necessary independence, in accordance with the fundamental principles of is legal system, to enable the body or bodies to carry out its or her functions effectively and free from any undue influence“. Ob die Verhinderung eines solchen „undue influence“ im Sinne dieses Übereinkommens durch organisatorische Herausnahme der Aufgaben aus der traditionellen Sicherheitsverwaltung zu erreichen ist, obliegt der do. Beurteilung.

Von dieser Frage der „Unabhängigkeit“ ist jedoch der Begriff der Unabhängigkeit im Sinne einer Weisungsfreiheit (Art. 20 B‑VG) zu unterscheiden. Eine einfachgesetzliche Weisungsfreistellung und damit Durchbrechung des Weisungszusammenhangs zum Bundesminister ist nur unter den Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 2 B‑VG zulässig; darüber hinausgehende Bestimmungen bedürfen der verfassungsrechtlichen Anordnung. Der vorliegende Entwurf sollte vor diesem Hintergrund einer Überarbeitung unterzogen werden.

2.         Die Systematik der organisatorischen und aufgabenbezogenen Bestimmungen des vorliegenden Entwurfs ist nicht stringent und sollte überarbeitet werden.

Zu § 1 (Einrichtung)

1.         Die Wendung „insbesondere zur Zusammenarbeit“ wirft die Frage nach der „Besonderheit“ dieser Benennung auf. Eine Klarstellung wäre vorzunehmen. Wenn durch diese Nennung (bloß) ein weiterer Einrichtungszweck des Bundesamtes zum Ausdruck gebracht werden soll, so reichte eine Formulierung wie „und“ oder „sowie“.

2.         Die Bezugnahme auf die „(Korruptionsstaatsanwaltschaft – KStA), BGBl. I Nr. 109/2007“ ist legistisch nicht geglückt und irreführend, als der Eindruck erweckt wird, ein entsprechendes Errichtungsgesetz wäre unter diesem Fundstellenzitat kundgemacht. Konkret wurde im genannten Fundstellenzitat das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 kundgemacht, mit dessen Art. II in der Strafprozessordnung Regelungen betreffend Korruptionsstaatsanwaltschaft eingefügt wurden. Die vorliegende Entwurfsbestimmung sollte folglich die konkreten Bestimmungen der Strafprozessordnung bezeichnen.

3.         Anstelle der Wendung „zur Wahrnehmung zentraler Funktionen im Bereich“ sind die dem Bundesamt in diesem Bereich übertragenen Funktionen und Zuständigkeiten mit Blick auf Art. 18 (allfällig in Verbindung mit Art. 83 Abs. 2) B‑VG genau festzulegen.

Zu § 2 (Örtlicher Wirkungsbereich)

Der Regelung des zweiten Satzes („Die Einrichtung von Außenstellen ist zulässig.“) sollte eine Bestimmung vorgehen, in welcher der Ort des Sitzes des Bundesamtes festgelegt wird.

Zu § 3 (Organisation)

Der vorliegende Entwurf sieht vor, dass der Bundespräsident „auf Vorschlag des Bundesministers ...“ den Direktor bestellt. Gemäß Art. 67 Abs. 1 B-VG erfolgen alle Akte de Bundespräsidenten, soweit nicht verfassungsmäßig anderes vorgesehen ist, auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers. Sollte eine derartige Ermächtigung bestehen, so ist § 3 Abs. 1 des Entwurfes überflüssig, weil dem Bundespräsidenten die Ernennung von Bundesbeamten und der sonstigen Bundesfunktionäre ohnehin gemäß Art. 65 Abs. 2 B-VG zusteht. Sollte eine solche Ermächtigung nicht bestehen, so steht die vorgeschlagene Bestimmung in Widerspruch zu Art. 67 Abs. 1 B-VG.

In Abs. 2 und 4 sind die verwiesenen Gesetze entsprechend LRL 132 richtigerweise als „Ausschreibungsgesetz[es] 1989, BGBl. Nr. 85,“ sowie als „Beamten‑Dienstrechts­gesetz[es] 1979, BGBl. Nr. 333,“ zu bezeichnen.

Zu § 5 (Geschäftsordnung des Bundesamtes)

Es stellt sich die Frage, ob gegenständliche Regelung der Geschäftsordnung nicht auch im Anschluss an die in § 3 Abs. 7 vorgesehene Regelung der Geschäftseinteilung getroffen werden sollte. 

Die Erläuterungen zur gegenständlichen Bestimmung erscheinen nicht geglückt und sollten überarbeitet werden.

Zu § 6 (Aufgaben)

1.         In Abs. 1 Z 2 wird die Überprüfung des ersten Klammerzitates auf Vollständigkeit hin (?: § 153 in Verbindung mit § 313 StGB) angeregt. Hinsichtlich des letzten Verweises stellt sich die Frage, ob es nicht richtigerweise „§§ 153a und 153b“ zu lauten hätte.

2.         In Abs. 1 Z 6 wird angeregt, den (zweimaligen) Binnenverweis statt „Z 1, Z 2 oder Z 4 und Z 5“ als „Z 1, Z 2, Z 4 oder Z 5“ zu gestalten.

3.         Zu Abs. 1 Z 7 stellt sich die Frage, welche „gerichtlichen Aufträge“ an [die Kriminalpolizei oder] das einzurichtende Bundesamt die gegenständliche Bestimmung in Anknüpfung an die StPO vor Augen hat? Mit Blick auf § 99 Abs. 1 StPO scheint lediglich eine Anordnung gemäß § 105 Abs. 2 StPO in Frage zu kommen.

4.         Die Abkürzung „OLAF“ wäre zunächst bei der erstmaligen Verwendung in Abs. 2 auszuschreiben und in die Abkürzung einem Klammerausdruck nachzustellen.

5.         Soweit in den Erläuterungen ausgeführt wird, „[d]er Aufgabenkatalog der Korruptionsstaatsanwaltschaft soll in folgenden Punkten ergänzt werden:“ ist anzumerken, dass dies im Gesetzeswortlaut keine Deckung findet, der die Zuständigkeiten des Bundesamtes nicht hingegen solche der Korruptionsstaatsanwaltschaft zum Gegenstand hat. Sollten tatsächlich auch die Aufgaben der Korruptionsstaatsanwaltschaft ergänzt werden, so wäre dies in der StPO vorzunehmen.

Weiteres wäre in den Erläuterungen an Stelle der etwas tendenziös anmutenden Wendung der Beauftragung zur Ermittlung des „Freizeitverhaltens“ öffentlich Bediensteter einer sachlicheren Formulierung der Vorzug einzuräumen. 

Zu § 7 (Meldestelle)

Durch die in Abs. 2 ausdrücklich vorgesehene bzw. sogar forcierte Möglichkeit, anonyme Meldungen zu erstatten, steigt das Risiko der Erhebung unsubstantiierter bzw. auch falscher Vorwürfe und damit der Sammlung unrichtiger personenbezogener Daten. Auch wenn ein Bedürfnis nach derartigem „whistleblowing“ grundsätzlich wohl auch im Lichte des § 1 Abs. 2 DSG 2000 anzuerkennen ist und durch die anschließende Prüfung der Vorwürfe auch eine Objektivierung der Anschuldigungen zu erwarten ist, sollte doch im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu Daten mit Dokumentationszweck, zu denen gerade derartige Meldungen zu rechnen sind (s. etwa das Erkenntnis des VfGH vom 7. März 2007, B 3517/05, und das Erkenntnis des VwGH vom 19. Dezember 2005, Zl. 2005/06/0140), eine Pflicht zur vollständigen Löschung statuiert werden, wenn sich die über die Plattform erhobenen Vorwürfe als unbegründet erweisen. Daten, bei denen eine Löschung (zunächst) nicht in Betracht kommt, wären regelmäßig auf die weitere Erforderlichkeit ihrer Speicherung zu überprüfen.

Zu § 8 (Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Dienststellen)

1.         Sofern es sich bei den Aufgaben des Bundesamtes um Aufgaben der Sicherheitspolizei (im Sinne des § 3 SPG) handelt, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis der gegenständliche § 8 Abs. 1 zu § 14 Abs. 1 erster Satz SPG steht, welcher allen Sicherheitsbehörden im Rahmen ihres örtlichen Wirkungsbereiches – unabhängig von deren funktionellen Stellung – die Ausübung der Sicherheitspolizei eröffnet.

2.         Entsprechend den Erläuterungen soll der geplante § 8 Abs. 2 dem Bundesamt die u.a. Möglichkeit einräumen, Aufträge an andere Sicherheitsbehörden zu erteilen. Dies stünde im Widerspruch zur neu geplanten Verfassungsbestimmung, die von der Intention getragen ist, dass auf ihrer Grundlage geschaffene Einrichtungen – wie das Bundesamt – gegenüber anderen Sicherheitsbehörden gerade nicht in einem Überordnungsverhältnis stehen darf. Sollte hier allerdings bloße Amtshilfe beabsichtigt sein, so bedarf es im Hinblick auf Art. 22 B-VG keiner eigenen einfachgesetzlichen Regelung.

Zu § 9 (Weisungen)

1.         Die Einschränkung des Weisungsrechtes (Abs. 1) des Bundesministers für Inneres an den Direktor des Bundesamtes in einen bestimmten Verfahren hinsichtlich des Erfordernisses schriftlicher Weisungen samt Verpflichtung zur Begründung steht nicht im Einklang mit dem umfassenden Weisungsrecht nach Art. 20 B‑VG [siehe etwa Raschauer, Art 20 B‑VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 71 (2000), wonach Weisungen, da keine besonderen Formvorschriften bestehen, in jeder denkbarer Form erteilt werden, die sie für den Angewiesenen als Befehl erkennen lässt.]. Zu den Ausführungen in den Erläuterungen, dass diese Regelung jener des Staatsanwaltschaftsgesetzes nachgebildet seien, ist anzumerken, dass diese Bezugnahme bereits vor dem Hintergrund der Sonderbestimmung des Art. 90a B‑VG nicht geeignet ist einen tauglichen Vergleichsmaßstab zu bilden.

2.         Die Bezugnahme in Abs. 2 wonach das Personal des Bundesamtes „unbeschadet des Art. 20 Abs. 1 B‑VG“ bei Erfüllung der Aufgaben „ausschließlich“ an Weisungen des Direktors des Bundesamtes und der internen Vorgesetzten des Bundesamtes gebunden sei, kann wohl bloß als Einschränkung des Weisungsrechts des Bundesminister für Inneres direkt an die Bediensteten bzw. das Personal Weisungen zu erteilen, verstanden werden. Als eine von Art. 20 B‑VG abweichende Regelung bedürfte eine solche Bestimmung des Verfassungsranges.

Zu §§ 10 und 11 (Kommission sowie Aufgaben und Rechte der Kommission)

1.         Die konkrete Aufgabe bzw. Tätigkeit der geplanten Kommission ist im vorliegenden Gesetzestext nicht klar erschließbar: Zum einen besagt § 10 Abs. 1, dass die Kommission zur Gewährleistung der notwendigen Transparenz im Hinblick auf die Tätigkeit des Bundesamtes gegenüber der Öffentlichkeit eingerichtet wird. Diese Aufgabe (alleine) lässt sich schwer im üblichen Rechtsschutzsystem der Verwaltung einordnen. Vielmehr erweckt diese Aufgabenformulierung eher den Anschein einer parlamentarischen Kontrolle. Zum anderen legt § 11 Abs. 1 fest, dass diese Kommission „ihr zur Kenntnis gebrachten Sachverhalten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bundesamtes nach zu gehen hat“. Eine Kontrolle (bzw. ein Beurteilungsmaßstab) der Gesetzmäßigkeit der Tätigkeit des Bundesamtes wird damit nicht angeordnet. Diese aber scheint von den gegenständlichen Bestimmungen intendiert zu sein, da die Erläuterungen die Weisungsfreistellung der Kommission mit den Verweis auf Art. 20 Abs. 2 Z 2 B‑VG (Anm: Durch Gesetz können Organe zur Kontrolle der Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung … von der Weisungsbindung freigestellt werden) begründen. Eine Überarbeitung wäre vorzunehmen.

2.         Die Regelung des § 10 Abs. 2, wonach der Vorsitzende und sein Stellvertreter auf Vorschlag der genannten Präsidenten vom Bundespräsidenten zu bestellen sind, steht nicht im Einklang mit Art. 67 Abs. 1 B‑VG, wonach alle Akte des Bundespräsidenten, soweit nicht verfassungsmäßig anderes bestimmt ist, des Vorschlages der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers bedürfen. 

3.         Die Formulierung des § 10 Abs. 3 zweiter Satz könnte sprachlich knapper gefasst werden (LRL 1, etwa wie folgt: „Darüber hinaus gilt § 3 Abs. 3 auch bei der Bestellung des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter.“).

4.         Die Ermächtigung des § 10 Abs. 5, wonach eine dem Zeit‑ und Arbeitsaufwand entsprechende Vergütung für den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter durch Verordnung des Bundesminister für Inneres festzulegen ist, determiniert die dabei maßgeblichen Verordnungskritieren nicht (Art. 18 B‑VG).

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt

Wie dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – (Pkt. 6.1. ua.) zu entnehmen ist, dient das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit und sollte daher nur eine Seite und keinesfalls mehr als zwei Seiten umfassen. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen sowie allenfalls den dafür vorgesehenen Anlagen zu den Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Entsprechend dem zuletzt genannte Rundschreiben wäre das Vorblatt insbesondere hinsichtlich der nachstehenden Punkte zu ergänzen bzw. zu ändern:

·      Auswirkungen des Regelungsvorhabens

-     Finanzielle Auswirkungen

-     Wirtschaftspolitische Auswirkungen

o   Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

o   Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen

o   gegebenenfalls: sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen

-     Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht

-     geschlechtsspezifische Auswirkungen

Die Ausführungen unter dem Punkt „Kompetenz“ sind im Allgemeinen Teil der Erläuterungen unter der Gliederungsbezeichnung „Kompetenzgrundlage“ anzusiedeln.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94). Als Angabe der Kompetenzgrundlage(n) genügt nicht die jeweilige, mehrere Kompetenztatbestände umfassende Ziffer des Art. 10 Abs. 1 B‑VG, vielmehr ist auch der Wortlaut des in Anspruch genommenen Kompetenztatbestandes zu nennen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.

3. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen

Die Überschriften im Besonderen Teil der Erläuterungen hätten hinsichtlich der Art. 1 und 2, die sich auf die Novellierungen bestehender Gesetze beziehen, dem Muster „Zu Z 1 (§ 25 Abs. 3 bis 5):“ zu folgen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 93),

4. Zur Textgegenüberstellung

Die Regierungsvorlage sollte – so wie bereits ein Begutachtungsentwurf! – eine Textgegenüberstellung enthalten (Pkt. 91 der Legistischen Richtlinien 1979).

Auf das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 27. März 2002, GZ BKA-600.824/003‑V/2/2001 – betreffend Legistische Richtlinien; Gestaltung von Textgegenüberstellungen – ist hinzuweisen, insbesondere auf folgende Regeln:

·      Die Überschriften der Spalten „Geltende Fassung:“ und „Vorgeschlagene Fassung:“ sind zu Beginn jeder Seite zu wiederholen.

·      Es sollten jeweils jene Bestimmungen einander (auf gleicher Höhe) gegenübergestellt werden, die einander inhaltlich entsprechen.

·      Werden geltende Bestimmungen aufgehoben, hat die Spalte „Vorgeschlagene Fassung:“ frei zu bleiben, insbesondere sind keine Hinweise wie „aufgehoben“                                oder „entfällt“ zu geben.

·      Für die Textgegenüberstellung sollte jeweils eine Zelle dieser Tabelle je Absatz verwendet werden (siehe dazu auch die technischen Hinweise des zitierten Rundschreibens).

Besteht umgekehrt, wie teilweise bei dem vorliegenden Vorhaben, zwischen Bestimmungen der geltenden Fassung und gleich nummerierten Bestimmungen der vorgeschlagenen Fassung keinerlei inhaltlicher Zusammenhang, so sollte auf eine solche Genauigkeit der Gegenüberstellung gleich nummerierter Bestimmungen besser – auch im Sinne einer Vermeidung von Leerräumen, wie sie bei Gegenüberstellung von Bestimmungen verschiedener Länge entstehen – unterhalb der Paragraphenebene verzichtet werden.

IV. Zum Aussendungsrundschreiben

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst darf aus Anlass der vorliegenden Gesetzesbegutachtung an seine in Rücksicht auf die Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 ergangenen Rundschreiben vom 10. August 1985, GZ 602.271/1-V/6/85, vom 12. November 1998, GZ 600.614/8-V/2/98, sowie vom 17. Jänner 2007, GZ BKA-600.614/0001‑V/2/2007, erinnern. Demnach sind die aussendenden Stellen ersucht, in jedes Aussendungsrundschreiben zum Entwurf eines Bundesgesetzes an die zur Begutachtung eingeladenen Stellen das Ersuchen aufzunehmen, die (allfällige) Stellungnahme auch dem Präsidium des Nationalrates nach Möglichkeit im Wege elektronischer Post an die Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at zu übermitteln.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

27. Mai 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt


 



[1] Zu Art. 1 des Begutachtungsentwurfes.

[2] Zu datenschutzrechtlichen Anmerkungen.