Amt der Kärntner Landesregierung

 

Abteilung 2V – Verfassungsdienst

 

 

 

 

 

 

 

Datum:

 

6. Juni 2008

 

 

 

Zahl:

 

-2V-BG-5456/4-2008

 

Betreff:

 

(Bei Eingaben bitte Geschäftszahl anführen!)

Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden

(2. Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG)

Stellungnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auskünfte:

 

Dr. Novak

 

Telefon:

 

050 536 – 30205

 

Fax:

 

050 536 – 30200

 

e-mail:

 

post.abt2V@ktn.gv.at

 

 

 

 

 

An das

Präsidium des Nationalrates

E-mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

1017  W I E N

 

Beiliegend wird eine Ausfertigung der Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung zum Entwurf eines Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (2. Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG) übermittelt.

 

Anlage

 

 

 

Für die Kärntner Landesregierung:

Dr. Novak:

 

FdRdA

 


 

 

Amt der Kärntner Landesregierung

 

Abteilung 2V – Verfassungsdienst

 

 

 

 

 

 

 

Datum:

 

6. Juni 2008

 

 

 

Zahl:

 

-2V-BG-5456/4-2008

 

Betreff:

 

(Bei Eingaben bitte Geschäftszahl anführen!)

Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden

(2. Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG)

Stellungnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auskünfte:

 

Dr. Novak

 

Telefon:

 

050 536 – 30205

 

Fax:

 

050 536 – 30200

 

e-mail:

 

post.abt2V@ktn.gv.at

 

 

 

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

E-Mail: kzl.b@bmj.gv.at

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 30. April 2008, GZ BMJ-B12.101/00002-I 5/2008 zur Stellungnahme übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (2. Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG) nimmt das Amt der Kärntner Landesregierung wie folgt Stellung:

 

Grundsätzlich wird begrüßt, wenn durch neue gesetzliche Bestimmungen der Opferschutz verstärkt werden soll bzw. Defizite und Schutzlücken im Bereich einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie bzw. Stalking beseitigt werden sollen.

Ad § 52a Abs. 2 StGB:

Diese Bestimmung sieht vor, dass das Gericht während der gerichtlichen Aufsicht das Verhalten des Rechtsbrechers und die Erfüllung der Weisungen mit Unterstützung der Bewährungshilfe, in geeigneten Fällen unter anderem unter Betrauung der Jugendwohlfahrt überwachen lassen kann.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass solche Aufgaben nicht von der Jugendwohlfahrt übernommen werden können. Derartige strafgerichtliche bzw. sicherheitsbehördliche Aufgaben sind von den dafür zuständigen Behörden bzw. Stellen zu leisten, die sowohl für die Strafverfolgung als auch für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und öffentlichen Ordnung zuständig sind.

Die Aufgaben der Jugendwohlfahrt sind nicht darin zu sehen, dass Rechtsbrecher überwacht werden. Für derartige Tätigkeiten müssten neue Ressourcen geschaffen werden, deren Kosten nicht abschätzbar wären.

Nach der derzeitigen Lage erscheint es dringlich erforderlich, zur Erfüllung der eigentlichen Aufgaben der Jugendwohlfahrt die Ressourcen zu erhöhen, um auch in Zukunft die Kernaufgaben entsprechend erfüllen und gewährleisten zu können. Umso mehr ist es nicht angebracht, neue, „artfremde“ Aufgaben an die Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen.

Ad § 78 StPO:

Gemäß § 78 Abs. 2 besteht eine Pflicht zu Anzeige nach Abs. 1 unter anderem dann nicht, wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf.

In diesem Zusammenhang erscheint fraglich, in welchem Verhältnis Abs. 2 und der vorgeschlagene Abs. 3 stehen sollen. Aus dem Gesetzeswortlaut wird eine unbedingte Anzeigeverpflichtung nicht zwingend herausgelesen, doch deuten die EB darauf hin, dass eine solche allenfalls doch bestehen könnte. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere der geplante § 78a StPO.

Eine automatische Anzeigeverpflichtung für den Jugendwohlfahrtsträger wird als solche jedenfalls nicht für sinnvoll erachtet, da dadurch das Vertrauensverhältnis beeinträchtigt wird.

Schon nach der bisherigen Rechtslage ist normiert, dass jedenfalls alles zum Schutz vor Gefährdung zu unternehmen und erforderlichenfalls auch in den Fällen des Abs. 2 Anzeige zu erstatten ist.

Der Entfall des Wortes „erforderlichenfalls“ scheint zu einer nicht sachgerechten und allenfalls unbedingten Anzeigeverpflichtung zu führen und wird daher jedenfalls abgelehnt.

Ad § 78a StPO:

§ 78a StPO wirft als solches noch größere Bedenken auf, da hier eine völlig neue Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige von Verdachtsfällen an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft dahingehend normiert wird, wenn ein Minderjähriger Opfer einer im § 65 Z 1 lit. a bezeichneten Tat geworden sein könnte. Von dieser Anzeigeverpflichtung sollen alle Personen umfasst sein, denen Pflege und Erziehung oder sonst die Sorge für die körperliche oder seelische Integrität Minderjähriger obliegt.

Von einer solchen Anzeigeverpflichtung wäre auch der Jugendwohlfahrtsträger umfasst und zwar in den hoheitlichen und privatwirtschaftlichten Bereichen.

In § 78 StPO wird als solches lediglich auf amtliche Tätigkeiten im Bereich der Hoheitsverwaltung Bedacht genommen. Der Jugendwohlfahrtsträger als solcher ist aber überwiegend im nicht-hoheitlichen Bereich tätig und würde im Hinblick auf § 78a StPO nun in jedem Fall jedenfalls eine Anzeigeverpflichtung unterliegen. Dies ist mit den Aufgaben der Jugendwohlfahrt als solches nicht vereinbar. Es darf zumindest darauf hingewiesen werden, dass zumindest für den Jugendwohlfahrtsträger im Hinblick auf Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses eine Ausnahmeregelung vorzusehen sein wird oder zumindest entsprechende Abwägungsmöglichkeiten.

Unter Gewalt iSd § 65 Z 1 lit. a StPO versteht man unter anderem auch körperliche Misshandlungen, d.h. heißt die Anzeigepflicht würde schon dann ausgelöst werden, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass in einer Familie auch sog. „gesunde Watschen“ eingesetzt werden könnten.

Eine unbedingte Anzeigepflicht erscheint vor allem in jenen Fällen unzweckmäßig, in denen die Misshandlung nicht offenbar bzw. als erwiesen erscheint. Durch weitere Recherche oder Erhebung sowie Schutzmaßnahmen für die Opfer kann eine spätere Anzeigeerstattung oft zielführend sein (=Verurteilung des Täters).

Eine unbedingte Anzeigepflicht wird dazu führen, dass sich gewisse Familienmitglieder nicht mehr vertrauensvoll an das Jugendamt wenden können und wird dadurch eine Kommunikationsbereitschaft im familiären Umfeld unterbunden werden. Erforderliche Abklärungen von Situationen in den Familien werden dadurch unmöglich gemacht.

Fraglich erscheint zudem, das Verhältnis zwischen den neuen Bestimmungen und § 37 JWG?

§ 6 Abs. 1 Z 8 Tilgungsgesetz:

In § 6 Abs. 1 Tilgungsgesetz werden neben den Auskunftsberechtigten auch immer angeführt, zu welchem Zweck diesen Auskunft erteilt werden darf. Ein solcher wird hinsichtlich des Jugendwohlfahrtsträgers nicht angeführt.

Es erscheint fraglich, ob mit der gewählten Bestimmung das Auslangen gefunden werden kann.

 

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem dem Präsidium des Nationalrates elektronisch übermittelt.

 

 

Für die Kärntner Landesregierung:

Dr. Novak:

 

FdRdA