Bundesministerium f. Gesundheit

Familie und Jugend

Radetzkystrasse 2

1030 Wien

GZ: 96100/0010 - I /B/9/2008

 

 

 

Einschreiter:                                 Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen

                                                         Möllwaldplatz 4/4/39

                                                         1040 Wien     

                                                        

 

vertreten durch:                          Rechtsanwalt

                                                         Mag. Nikolaus Bauer

Gonzagagasse 11/DG

A-1010 Wien

VM erteilt                                        RA-Code R 141 733

 

 

wegen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern- Sozialversicherungsgesetz, das Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, sowie das Gesundheits- und Sozialbereich- Beihilfengesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, auf Bundesforderungen gegenüber den Gebietskrankenkassen zu verzichten, sowie ein Bundesgesetz zur Dämpfung der Heilmittelkosten für die Jahre 2008 bis 2010 erlassen werden (Krankenversicherungs-Änderungsgesetz - KV ÄG)

 

 

S T E L L U N G N A H M E

 

 

 

Eine Ausfertigung ergeht an das Präsidium des Nationalrates.

In obiger Angelegenheit beehrt sich der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen durch seinen ausgewiesenen Vertreter           nachstehende                           

 

Stellungnahme

 

abzugeben, zum

 

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird:

 

Der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen begrüßt die geplanten Reformen soweit sie eine Verbesserung der Leistungen für die Patientinnen und Patienten mit sich bringen und die Finanzierung der Versorgung sicherstellen und weist darauf hin, dass der Berufsstand der Klinischen Psychologinnen und Psychologen seit vielen Jahren ein verlässlicher Vertragspartner im Bereich der Klinisch-psychologischen Diagnostik ist und bereits seit geraumer Zeit vollelektronische Abrechnungen durchführt.

 

Aus gegebenem Anlass regt der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen an, auch im § 135 ASVG eine Änderung vorzunehmen.

 

§ 135 Abs. 1 ASVG lautet derzeit:

 „ (…) im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:

(...)

2. eine aufgrund ärztlicher Verschreibung oder psychotherapeutischer Zuweisung erforderliche diagnostische Leistung eines klinischen Psychologen (einer klinischen Psychologin) gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990, der (die) zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 Abs. 1 des Psychologengesetzes berechtigt ist;

 

§ 135 ASVG sieht somit derzeit lediglich eine Gleichstellung einer diagnostischen Leistung im Klinisch-psychologischen Bereich mit der ärztlichen Hilfe vor. Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Psychologengesetz 1990 ist die Klinisch-psychologische Behandlung jedoch eine Kernkompetenz der in die Liste der Klinischen Psychologen beim Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend eingetragenen Personen. Seit dem Jahr 1990 ist Klinisch- psychologische Behandlung Teil des Berufsbildes und als solche im Psychologengesetz auch verankert. Trotz dieses Umstandes findet sich im § 135 ASVG nur die Gleichstellung einer diagnostischen Leistung von Klinischen Psychologen mit der ärztlichen Hilfe. Dies hat zur Folge, dass Klinisch-psychologische Behandlung im niedergelassenen Bereich von den Patienten selbst finanziert werden muss, oder aus diesem Grund gar nicht in Anspruch genommen werden kann.

 

Aus der ÖBIG Studie zur psychologischen Versorgung in Österreich aus dem Jahr 2007 ist ersichtlich, dass die Kapazitäten für eine adäquate Versorgung der Patienten im niedergelassenen Bereich vorhanden sind. Die Aufnahme der Klinisch-psychologischen Behandlung als Sachleistung bzw. die Gleichstellung der Klinisch-psychologischen Behandlung mit der ärztlichen Hilfe würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass Patienten rasch und zielorientiert psychologisch behandelt werden können.

 

Bei den psychischen Erkrankungen war im Zeitraum 1991 bis 2006 eine Steigerung von 92 % zu verzeichnen. Laut Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger stiegen die Psychopharmaka-Kosten seit dem Jahr 2005 jährlich um rund 20 Millionen Euro, sodass 2007 die Ausgaben für Psychopharmaka bereits 225,5 Millionen Euro betrugen.

 

Durch die Anwendung der Klinisch-psychologischen Behandlung können Medikamentenkosten gesenkt werden. Die Gleichstellung der Klinisch-psychologischen Behandlung mit der ärztlichen Hilfe würde deshalb die Schaffung, einer effizienten und kostengünstigen Möglichkeit zur Lösung der Probleme im Bereich der psychischen Erkrankungen bedeuten.

 

Die Klinisch-psychologische Behandlung findet in einem Rahmen von bis zu 30 Behandlungseinheiten statt, ist von Klinisch-psychologischer Diagnostik als Erfolgs- und Verlaufskontrolle begleitet und erfolgt auf wissenschaftlich-psychologischer Basis im Sinne eines eklektischen Ansatzes.

 

Der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen hat zu diesem Thema umfangreiche schriftliche Unterlagen erstellt und Datenmaterial gesammelt, das auf Wunsch jederzeit zur Verfügung gestellt werden kann. Eine Vorlage mit dieser Stellungnahme würde jedoch den Umfang einer Stellungnahme im Begutachtungsverfahren sprengen.

 

Im Lichte obiger Umstände wird deshalb nachstehende Änderung im § 135 ASVG angeregt:

 

„(…) Im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:

(...)

2.   die Klinisch-psychologische Behandlung sowie die Klinisch-psychologische Diagnostik durch eine Person gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr.360/1990, die zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 des Psychologengesetzes berechtigt ist.“

 

Durch diese Ergänzung des § 135 ASVG würde der bereits seit 1990 bestehenden Rechtslage aufgrund des Psychologengesetzes Rechnung getragen und die gesetzliche Grundlage für eine effiziente, kostengünstige und zielorientierte Klinisch-psychologische Behandlung geschaffen.

 

 

 

Wien am 20. Mai 2008                               Berufsverband österreichischer

Psychologinnen und Psychologen