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GZ ● BKA-600.076/0018-V/5/2008 Abteilungsmail ● v@bka.gv.at bearbeiterin ● Frau Dr Angela JULCHER Pers. E-mail ● angela.julcher@bka.gv.at Telefon ● 01/53115/2288
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Parlamentsdirektion Parlament 1017 Wien
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Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail
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Betrifft: Entwurf eines Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes; Begutachtung; Stellungnahme
In der Anlage übermittelt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 seine Stellungnahme zum oben angeführten Gesetzesentwurf.
21. Mai 2008 Für den Bundeskanzler: Georg LIENBACHER
Elektronisch gefertigt
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GZ ● BKA-600.076/0018-V/5/2008 Abteilungsmail ● v@bka.gv.at bearbeiterin ● Frau Dr Angela JULCHER Pers. E-mail ● angela.julcher@bka.gv.at Telefon ● 01/53115/2288 Ihr Zeichen ●
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Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend Finanzen
Mit E-Mail: vera.pribitzer@bmgfj.gv.at
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Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail
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Betrifft: Entwurf eines Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes;
Begutachtung; Stellungnahme
Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:
1. Vorauszuschicken ist, dass die außerordentlich kurze Begutachtungsfrist von nicht einmal zwei Wochen einer fundierten Auseinandersetzung mit dem Entwurf abträglich ist. Es darf daran erinnert werden, dass Fristen für die Begutachtung von Bundesgesetzen und Verordnungen des Bundes angemessen zu setzen sind und den begutachtenden Stellen eine Frist von wenigstens sechs Wochen zur Verfügung stehen sollte (vgl. insbesondere die Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst GZ 44.863-2a/70 und GZ 53.567-2a/71 betreffend die Festsetzung angemessener Begutachtungsfristen). Nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, ist zwingend eine Begutachtungsfrist von wenigstens vier Wochen einzuhalten (vgl. Art. 1 Abs. 4 Z 1 der Vereinbarung).
2. Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere
· die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),
· das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990,
· der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,
· die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und
· verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst
zugänglich sind.
3. Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.
Nach dem Ausdruck „berechtigt sind“ sollte ein Beistrich eingefügt werden.
Das Zitat sollte lauten „§ 1 des Rezeptpflichtgesetzes“ (vgl. LRL 136).
Die Formulierung „nach Weisungen der Bundesministerin“ scheint insofern eine über Art. 20 Abs. 1 B‑VG hinausgehende Weisungsbindung zum Ausdruck zu bringen, als der Hauptverband nach ihrem Wortlaut Weisungen abwarten müsste, um überhaupt tätig werden zu können. Sollte dies nicht beabsichtigt sein, wäre eine Formulierung vorzuziehen, wonach der Hauptverband bei der Verordnungserlassung an Weisungen der Bundesministerin „gebunden“ ist oder ihren Weisungen „unterliegt“.
Im Hinblick auf den Ausspruch von Kündigungen scheinen die Interessen der Vertragspartner von Einzelverträgen einerseits und von Leistungsverträgen andererseits vergleichbar zu sein; im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz bedürfte es daher einer Begründung, warum die Unwirksamkeitserklärung der Kündigung gemäß § 343 Abs. 4 ASVG im Fall von Leistungsverträgen ausgeschlossen sein soll.
Das Wort „erfolgen“ sollte, da es sich nicht nur auf die Z 3 bezieht, in den Einleitungssatz vorgezogen werden. In Z 3 sollte entweder das Wort „eine“ im Einleitungsteil entfallen und in den lit. a bis c ein (bestimmter oder unbestimmter) Artikel eingefügt werden oder das Wort „die“ in lit. d entfallen.
Der Begriff „praktisch gleiche[r] Packungsgröße“ erscheint zu unbestimmt. In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt, dass zB „im Regelfall“ Arzneispezialitäten mit einer Packungsgröße von 28 Stück und Arzneispezialitäten mit einer Packungsgröße von 30 Stück praktisch gleich seien. Es bleibt aber offen, wo die Grenze verläuft, ab der Packungsgrößen nicht mehr „praktisch gleich“ sind und wann etwa abweichend vom Regelfall trotz annähernd gleicher Stückzahl oder annähernd gleichen Volumens nicht von einer „praktisch gleichen“ Packungsgröße auszugehen ist. Angesichts der nicht unbedeutenden rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen – eine Arzneispezialität, deren Preis bei „praktisch gleicher“ Packungsgröße über dem Referenzpreis liegt, ist nur auf Verlangen des Versicherten und unter Übernahme der Differenz durch diesen abzugeben – sollte dieses Kriterium präzise umschrieben werden.
In Abs. 1 Z 2 sollte – im Hinblick auf die später in Kraft tretende, eine neuerliche Novellierung enthaltende Z 15 – das Inkrafttreten des § 350 Abs. 1a in der Fassung der Z 14 normiert werden.
Nach dem Zitat „§ 350 Abs. 1a Z 1 oder 2“ fehlt jeweils die Bezeichnung des Gesetzes (ASVG).
Zumindest in den Erläuterungen sollte näher ausgeführt werden, was mit einer „gesicherten Verfügbarkeit“ der notwendigen technischen Infrastruktur gemeint ist.
Da Art. 6 und 7 jeweils nur eine Novellierungsanordnung enthalten, sollte die Ziffernbezeichnung („1.“) entfallen.
Nach diesen Bestimmungen sollen der Erstattungskodex, die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise und die Referenzpreise von den Krankenanstalten bzw. den dort eingerichteten Arzneimittelkommissionen bei der Erarbeitung von Richtlinien über die Beschaffung und den Umgang mit Arzneimitteln sowie bei der Erstellung von Entlassungsbriefen „beachtet“ werden, während sie nach der geltenden Rechtslage nur zu „berücksichtigen“ sind. Sollen dadurch die genannten Normen des Hauptverbandes für die Krankenanstaltenträger verbindlich gemacht werden, so wäre dies deswegen verfassungsrechtlich bedenklich, weil das Gesetz durch eine solche dynamische Verweisung dem Hauptverband auch gegenüber außenstehenden, dem Selbstverwaltungskörper nicht angehörenden Dritten die Möglichkeit heteronomer Normsetzung ohne Bindung an Weisungen des zuständigen obersten Organs einräumen würde (vgl. dazu etwa VfSlg. 17.869/2006). Im Fall des Entlassungsbriefes könnte noch argumentiert werden, dass das Gesetz an die für die sozialversicherten Patienten ohnedies geltenden sozialversicherungsrechtlichen Normen lediglich anknüpft; im Fall der Richtlinien über die Beschaffung und den Umgang mit Arzneimitteln innerhalb der Krankenanstalt ließe sich hingegen eine über ein Berücksichtigungsgebot hinausgehende gesetzliche Verbindlicherklärung der jeweils gültigen Normen des Hauptverbandes aus verfassungsrechtlicher Sicht kaum rechtfertigen.
Es ist fraglich, ob sich die vorgeschlagene Rabattregelung auf den Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ stützen kann. Zwar knüpft sie an Arzneimittel an, die auf Rechnung der Krankenversicherungsträger abgegeben werden, und gehört somit zum Komplex der Vorschriften, die regeln, unter welchen Umständen und Voraussetzungen Heilmittel auf Rechnung der Krankenversicherung abgegeben werden können. Allerdings wird in rechtstechnischer Hinsicht nicht etwa – was kompetenzrechtlich jedenfalls unbedenklich wäre – eine Bedingung für die Kostenübernahme durch die Krankenversicherungsträger normiert, sondern eine unmittelbar wirkende Preisregelung erlassen.
Im Hinblick auf den durch die vorgeschlagene Regelung erfolgenden Eingriff in die Privatautonomie – und somit in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums – sollten in den Erläuterungen auch die Gründe dargelegt werden, die diesen Eingriff rechtfertigen.
In § 2 dürfte die Bezugnahme bloß auf „gesetzliche“ Bestimmungen zu eng sein (vgl. zB die Verordnung über die Höchstaufschläge im Arzneimittelgroßhandel und die Arzneitaxe, die ebenfalls eine Verordnung ist).
Im Einleitungssatz sollten die zu ändernden Gesetze einheitlich mit ihrem Kurztitel und einer allfälligen Abkürzung sowie ohne Beifügung des Datums zitiert werden (vgl. LRL 124, 131, 133).
In Art. 9 sollte es im Einleitungssatz „zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 49/2008“ heißen.
Die Regierungsvorlage sollte – so wie bereits ein Begutachtungsentwurf! – eine Textgegenüberstellung enthalten (Pkt. 91 der Legistischen Richtlinien 1979).
Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom
6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis
gebracht.
21. Mai 2008
Für den Bundeskanzler:
Georg LIENBACHER
Elektronisch gefertigt