Amt der Tiroler Landesregierung

 

 

|||

Verfassungsdienst

 

 

An das
Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend
Radetzkystraße 2
1031 Wien

Email

Dr. Christian Ranacher

Telefon: 0512/508-2208

Telefax: 0512/508-2205

E-Mail: verfassungsdienst@tirol.gv.at

DVR: 0059463

 

 

 

 

 

 

 

Krankenversicherungs-Änderungsgesetz; Begutachtung; Stellungnahme

Geschäftszahl

Innsbruck,

Präs.II-25/1146
26.05.2008

 

 

zu Zl. 96100/0010-I/B/9/2008 vom 14. Mai 2008

Zum angeführten Gesetzentwurf wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

I. Allgemeines

 

1. Zur Begutachtungsfrist

Die eingeräumte Begutachtungsfrist von nicht einmal zwei Wochen ist bei weitem nicht ausreichend, um die vorgeschlagenen Änderungen und ihre tatsächlichen Auswirkungen rechtlich wie faktisch ausreichend zu beurteilen.

 

2. Zu den Kostenfolgen

Aus den finanziellen Erläuterungen zu Art. 1 Z. 20 und Art. 10 Z.1, 2, 3, 4, 5 und 6 ergibt sich, dass durch die rückwirkende Einführung der 1:1 – Abgeltung der nicht abzugsfähigen Vorsteuer mit Jahresbeginn 2008 die Sozialversicherungsträger (und Krankenfürsorgeeinrichtungen) im Vergleich zum Pauschalsatz von 4,3 % mit einer um rund 125,0 Mio. Euro höheren Abgeltung rechnen können.

Da diese Beihilfen im FAG 2008 als Vorwegabzug geregelt sind, entfallen laut den finanziellen Er­läuterungen auf die Länder allein rund 28,0 Mio. Euro an Ertragsanteilen und aufkommensabhängigen Transfers. Diese bereits für 2008 wirksamen Mindereinnahmen treffen das Land Tirol in der Höhe seines Anteiles an den Ertragsanteilen und aufkommensabhängigen Transfers und werden jedenfalls mehr als 2,0 Mio. Euro betragen.

Die Länder werden durch diese einseitigen bundesgesetzlichen Maßnahmen massiv belastet, ohne dass darüber mit ihnen Verhandlungen geführt wurden. Es wird daher gefordert, dass der Bund die den Ländern dadurch entstehenden zusätzlichen finanziellen Lasten trägt.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass binnen kürzester Zeit nach Inkrafttreten des neuen Finanzausgleiches mit dem Auslaufen der Erbschafts- und Schenkungssteuer ohne entsprechen­den Ausgleich für die dadurch entfallende Abgabenertragsanteile der Länder (Mindereinnahmen für die Länder bis zum Jahr 2013: 31,0 Mio. Euro) und durch die im vorliegenden Entwurf vorgesehenen Maß­nahmen der den Ländern in den Finanzausgleichsverhandlungen zugesicherte Beitrag zur Kranken­anstaltenfinanzierung im Ausmaß von 100,0 Mio. Euro faktisch auf die Hälfte reduziert wird. Diese Vor­gangsweise des Bundes wird entschieden abgelehnt.

 

II. Anmerkungen zu einzelnen Bestimmungen:

 

Zu Art. 1 (Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

 

Zu den Z. 4 und 13 (§§ 340b und 349b ASVG):

Nach diesen Bestimmungen sollen Vertragsärzte bzw. die sonstigen Vertragspartner unmittelbar nach jeder Inanspruchnahme einen Nachweis über die erbrachten Leistungen auszustellen haben (sog. Patien­tenquittung). Dies bedeutet einen massiven Mehraufwand für die behandelnden Ärzte bzw. sonstigen Ver­tragspartner, ohne dass ein zusätzlicher Nutzen für die Patienten ersichtlich ist, insbesondere, da die Patienten ohnehin bereits jährlich von ihrem Krankenversicherungsträger über die erbrachten Leistungen zu informieren sind.

Ob mit einer zusätzlichen Information über die erbrachten Leistungen nach jeder einzelnen Behandlung mehr Kostenbewusstsein bei den Patienten eintritt, scheint zudem fraglich, da wohl davon auszugehen ist, dass die Patienten nur solche medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen, von denen sie glauben, dass sie diese auch benötigen.

Darüber hinaus ist die Ausstellung einer Patientenquittung auch vor dem Hintergrund des in Tirol zwischen der Tiroler Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer seit vielen Jahrzehnten bestehenden Vertrages über die ärztliche Gesamtvergütung und des dabei teilweise vorgesehenen degressiven Abgeltungs­systems der erbrachten ärztlichen Leistungen problematisch.

Die im Entwurf vorgesehene Ausstellung einer Patientenquittung wird daher aus den genannten Gründen als unzweckmäßig abgelehnt.

In den neuen §§ 340b Abs. 2 und 349b Abs. 2 ASVG wird bestimmt, dass der Hauptverband nach Weisungen der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend durch Verordnung Grundsätze über den Inhalt und den Umfang des Nachweises festzulegen hat. Angesichts dessen schiene es zweck­mäßiger, die Erlassung der Verordnung direkt der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zu überantworten.

 

Zu Z. 5 (§ 341 Abs. 1 ASVG):

Nach dem derzeit geltenden § 341 Abs. 1 ASVG sind Vertragspartner der Gesamtverträge einerseits der Hauptverband und andererseits die örtlich zuständigen Ärztekammern, wobei es der Zustimmung der Träger der Krankenversicherung bedarf. Das bedeutet, dass der Hauptverband der Sozialversicherungs­träger bereits derzeit nicht nur Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen den Sozialversicherungsträgern und den jeweiligen Vertragspartnern hat, sondern dass die Kompetenz zum Abschluss der Verträge bei ihm liegt, wenn auch durch das Zustimmungsrecht der Krankenversicherungsträger beschränkt. Nunmehr soll die Vertragsabschlusskompetenz auf Seiten der Sozialversicherungsträger auf die Träger der Krankenversicherung übergehen. Damit liegt zwar die Ent­scheidungskompetenz auf Seiten der Sozialversicherungsträger ausschließlich bei den Trägern der Krankenversicherung. Für diese dürften aber wegen ihrer Bindung an die Zielvereinbarungen mit der künf­tigen SV-Holding bzw. deren Festlegungen wahrscheinlich nur geringfügige Spielräume bestehen. Vor diesem Hintergrund scheint der Mehrwert der vorgeschlagenen Neuregelung im Vergleich zur bestehen­den Rechtslage äußerst fraglich.

 

Zu Z. 8 (§ 342 Abs. 2a, 2b und 2c ASVG):

Die vorgesehene Regelung soll im Interesse der Versicherten und ihrer Angehörigen Qualität, Effektivität und Effizienz der Behandlung durch niedergelassene Ärztinnen/Ärzte, Zahnärztinnen/Zahnärzte und Dentistinnen/Dentisten dadurch sicherstellen, dass Einzel- bzw. Leistungsverträge nach Ablauf von fünf Jahren erlöschen, wenn den in einer Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend festgelegten Kriterien nicht entsprochen wird.

Bei Durchsicht der Kriterien, welche in der Verordnung zu regeln sind, fällt auf, dass eine Bezugnahme zur integrierten Gesundheitsplanung nicht vorgesehen ist. Dies ist aus den folgenden Gründen problematisch:

§ 84a Abs. 1 ASVG sieht vor, dass sich der Hauptverband und die Sozialersicherungsträger unter Einbe­ziehung von wissenschaftlichen (insbesondere gesundheitsökonomischen) Erkenntnissen zur nachhaltigen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten an einer regionen- und sektorenübergreifenden Planung, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens zu beteiligen haben. Der Hauptverband und die Sozialversicherungsträger haben die dabei abgestimmten Ergebnisse (z.B. Österreichischen Strukturplan Gesundheit) in ihrem Verwaltungshandeln und bei der Planung und Umsetzung der Versorgung der Ver­sicherten mit dem Ziel eines optimierten Mitteleinsatzes durch koordiniertes Vorgehen zu beachten.

Weiters wurde im Zug der Gesundheitsreform 2008 bis 2013, wie auch bereits im Rahmen der Ge­sundheitsreform 2005 bis 2008, den Gesundheitsplattformen (Landesgesundheitsfonds) die Aufgaben­stellung „Abstimmung der Planungen auf Landesebene“ überantwortet. Die Integrierte Gesundheits­planung im Sinn des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit umfasst sowohl die intramurale Planung (stationärer Bereich) als auch den spitalsambulanten und extramuralen Bereich. Im Rahmen der ambu­lanten Planung soll es zu einer Abstimmung der Planungsmaßnahmen zwischen dem intra- (hier bezogen auf den spitalsambulanten Bereich) und dem extramuralen Bereich kommen. Diese Planungsüberlegun­gen sollen letztlich in den Regionalen Strukturplan Gesundheit auf Landesebene einfließen. Die Abstim­mung der Inhalte des Regionalen Strukturplanes Gesundheit hat auf Ebene der Gesundheitsplattformen zu erfolgen. Es bedarf hier einer einvernehmlichen Vorgangsweise zwischen den Vertretern des Landes und den Vertretern aus dem Bereich der Sozialversicherung.

Im Rahmen der Gesundheitsreformverhandlungen im Herbst 2007 wurde von Seiten der Länder gefordert, dass – auch – im ASVG die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass auf Ebene der Gesund­heitsplattformen abgestimmte Planungen, etwa im ambulanten Bereich, in der Folge auch einer Um­setzung im niedergelassenen Bereich zugeführt werden können. Vor diesem Hintergrund wurde von Seiten der Länder eine gewisse Flexibilisierung im Rahmen des ASVG im Bereich des Gesamtvertrags­rechtes (Stellenplan) gefordert.

Dieser – aus Sicht der Länder unabdingbare – Anknüpfungspunkt wird bei den gegenständlichen Rege­lungen im neuen § 342 Abs. 2a ASVG nicht hergestellt. Dies ungeachtet der Tatsache, dass sich ein Grund für eine Nichtverlängerung eines Vertragsverhältnisses bzw. für eine bedarfsgerechte Änderung des Stellenplanes gerade auch aus dem Umstand ergeben kann, dass die im Rahmen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit angestellte Bedarfsbeurteilung von einer geänderten Einschätzung des Be­darfes gegenüber dem bestehenden Stellenplan ausgeht. Die Wertigkeit der Regionalen Strukturpläne Gesundheit auf Ebene der Länder bzw. der Gesundheitsplattformen hängt jedoch unmittelbar von der Möglichkeit der Umsetzung derselben ab. Wenn seitens der Sozialversicherungsträger hier – wie in der Vergangenheit – argumentiert werden kann, dass eine Abänderung des Stellenplanes nicht möglich ist, können die Planungsschritte des Regionalen Strukturplanes Gesundheit nicht wirksam werden. Es sollte daher im § 342 Abs. 2b ASVG auch die Notwendigkeit der Anpassung des Stellenplanes (Verlängerung eines Vertragsverhältnisses) im Zusammenhang mit der Umsetzung des Regionalen Strukturplanes Ge­sundheit als möglicher Grund für die Nichtverlängerung eines Vertrages vorgesehen werden. In diesem Sinn wäre § 342 Abs. 2b ASVG die logische Detailregelung zum oben angeführten § 84a ASVG.

Eine entsprechende Ergänzung sollte auch im § 343 Abs. 2c ASVG erfolgen, da sich auch in Bezug auf Vertragsverhältnisse, die bis zum 31. Juli 2008 abgeschlossen wurden, durch entsprechende abgestimmte Planungen im Rahmen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit die Notwendigkeit der Adaptierung des Stellenplanes ergeben kann.

 

Zu Z. 9 (§ 343e ASVG):

Die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit des Abschlusses von Einzelverträgen im Fall des Nichtbestehens von Gesamtverträgen könnte das Gesamtvertragsmodell und das Sachleistungsprinzip unterlaufen.

 

Zu den Z. 14 und 15 (§ 350 Abs. 1a ASVG):

Durch diese Bestimmungen soll im § 350 ASVG ein Abs. 1a eingefügt (Z. 14) und – offensichtlich im ge­rade neu eingefügten – Abs. 1a ASVG die Z. 2 entfallen (Z. 15). Aus den Schlussbestimmungen des Ent­wurfs (Art. 1 Z. 25) erschließt sich, dass der neu eingefügte § 350 Abs. 1a ASVG mit 1.1.2010 in Kraft treten (§ 635 Abs. 1 Z .2) und die Z. 2 des neu in Kraft tretenden § 350 Abs. 1a mit Ablauf des 31.12.2011 wieder außer Kraft treten soll (§ 635 Abs. 2 Z. 2).

Aus Gründen der Rechtsklarheit und Übersichtlichkeit wird angeregt, § 350 Abs. 1a ASVG wie in der Z. 14 vorgesehen einzufügen und dessen Z. 2 nur in den Schlussbestimmungen wieder aufzuheben. Ausgehend davon könnte die Z. 15 entfallen.

 

Zu Z. 17 (§ 351c Abs. 3a ASVG):

Nach dieser Bestimmung sind im Erstattungskodex nach bestimmten Kriterien Referenzgruppen zu bilden. In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt, dass Arzneispezialitäten mit gleicher oder praktisch gleicher Darreichungsform jene sind, die auf dem gleichen Weg abliziert werden, und hinsichtlich Wirkstofffrei­setzung, Dosierung und Dosierungsintervall vergleichbar sind. Ausgehend davon sind laut Erläuterungen „im Regelfall die gebrauchsfertigen Arzneiformen“ untereinander vergleichbar. Dies scheint zu implizieren, dass es hier auch Ausnahmen geben kann, was allerdings aus dem Gesetzestext selbst nicht unmittelbar abzuleiten ist.

Da es sich bei der Bildung von Referenzgruppen um den Kern der sog. „aut idem“-Regelung handelt, wird angeregt, die konkrete Ausgestaltung der diesbezüglichen gesetzlichen Grundlagen vor dem Hintergrund der aufgeworfenen Fragestellung nochmals zu prüfen.

 

Zu den Z. 21 und 24 (§§ 477a Abs. 5 und 634 Abs. 8 ASVG):

Ähnliches wie für die Z. 14 und 15 gilt auch für die Z. 21 und 24. Danach sollen § 477a Abs. 5 ASVG und § 634 Abs. 8 ASVG „entfallen“. In der Schlussbestimmung des § 635 Abs. 2 Z. 1 ASVG wird allerdings nochmals normiert, dass diese Bestimmungen „außer Kraft treten“. Legistisch richtig müsste die in den Z. 21 und 24 normierte Aufhebung von Bestimmungen jedoch mit den im § 635 Abs. 1 angeführten Zeit­punkten in Kraft gesetzt werden und nicht erneut das Außerkrafttreten dieser Bestimmungen an sich nor­miert werden.

 

Zu Art. 9 (Änderungen des Bundesgesetzes über Krankensanstalten und Kuranstalten):

 

Zu Z. 2 (§ 24 Abs. 1a KAKuG):

Die Regelung sieht vor, dass die Krankenanstalt im Rahmen der Vorbereitung der Entlassung den chef- und kontrollärztlichen Dienst des leistungszuständigen Sozialversicherungsträgers zur Abstimmung der Empfehlung hinsichtlich der weiteren Medikation im Entlassungsbrief zu konsultieren hat. Diese generelle Konsultationspflicht ist zu weitgehend und stellt darüber hinaus einen Eingriff in die Organisationskompe­tenz des Trägers der Krankenanstalt dar.

Außerdem ist bereits nach geltender Rechtslage (vgl. insbesondere § 35 Abs. 6 des Tiroler Krankenan­staltengesetzes, LGBl. Nr.5/1958, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 75/2006) vorgesehen, dass bei der Entlassung des Patienten bei Empfehlungen hinsichtlich der weiteren Medikation der vom Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebene Erstattungskodex und die Richt­linie über die ökonomische Verschreibweise zu berücksichtigen sind und erforderlichenfalls eine Bewilli­gung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Krankenversicherungsträger einzuholen ist. Zudem hat den Arzneimittelkommissionen nach § 31b Abs. 6 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes ein Arzt der Tiroler Gebietskrankenkasse anzugehören.

Diese bestehenden Regelungen scheinen zur Sicherstellung der Einhaltung des Erstattungskodex und einer ökonomischen Verschreibweise ausreichend. Eine darüber hinausgehende Konsultationspflicht der Krankenanstalt gegenüber dem chef- und kontrollärztlichen Dienst wird daher abgelehnt.

 

Zu Z. 3 (§ 24 Abs. 2 KAKuG):

Der Entwurf sieht vor, dass ab 1. Jänner 2010 die Medikationsempfehlung grundsätzlich nur mehr unter Angabe des Wirkstoffes bzw. der Wirkstoffkombination, der Stärke und der Darreichungsform zu erfolgen hat. Aufgrund der kurzen Begutachtungsfrist konnte hierzu noch keine Stellungnahme seitens der betroffe­nen Krankenanstalten eingeholt werden, inwieweit die Umsetzung dieser neuen Vorgabe mit allfälligen Problemen verbunden sein könnte.

 

Zu Art. 11 (Bundesgesetz, mit dem der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, auf Bundesforderun­gen gegenüber den Gebietskrankenkassen zu verzichten):

Nach § 1 dieses Bundesgesetzes soll der Bundesminister für Finanzen ermächtigt werden, in den Jahren 2008 und 2009 zur Reduzierung der Verbindlichkeiten jener Gebietskrankenkassen, die zum Stichtag 31.12.2007 ein negatives Reinvermögen ausgewiesen haben, auf Forderungen des Bundes gegenüber diesen Gebietskrankenkassen im Ausmaß von insgesamt bis zu 450 Mio. Euro zuzüglich Zinsen zu ver­zichten.

Diese Bestimmung stellt ausschließlich auf das Faktum eines negativen Reinvermögens zum genannten Zeitpunkt ab. Damit werden jene Gebietskrankenkassen begünstigt, die zu diesem Zeitpunkt einen hohen Schuldenstand aufgewiesen haben, während jene, die lediglich geringe oder gar keine Verbindlichkeiten hatten, weniger oder mangels Verbindlichkeiten überhaupt keine Nachlässe erhalten.

Daraus ergibt sich, dass das negative Reinvermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt jedenfalls kein sach­liches Kriterium für die Ausgestaltung des vorgeschlagenen Forderungsverzichts darstellt.

Vielmehr wären nach Auffassung des Landes Tirol Maßnahmen erforderlich, die eine strukturelle Verbes­serung der Finanzsituation der Gebietskrankenkassen bewirken. Hier wären seitens des Bundes etwa Überlegungen in die Richtung anzustellen, dass für jene bundesgesetzlich geregelten Leistungen, die die Gebietskrankenkassen aufgrund sozial- oder familienpolitischer Zielsetzungen erbringen müssen und auf die im Rahmen der Selbstverwaltung keine Einflussmöglichkeit besteht, vom Bund entsprechend abge­golten werden.

 

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass in einzelnen Bestimmungen des Entwurfs nach wie vor vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Rede ist und insofern eine Abstimmung mit dem zeit­gleich zur Begutachtung ausgesandten Entwurf eines SV-Holding-Gesetzes noch aussteht.

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem auch dem Präsidium des Nationalrates über­mittelt.

 

Für die Landesregierung:

 

 

Dr. Liener
Landesamtsdirektor