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Parlament

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Steiermärkische Gebietskrankenkasse

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Ihr Zeichen/Datum

Unser Zeichen

Auskunft

Datum

 

AGSV/2008-0078

Mag. Harald Gruber

23.05.2008

 

OE GR/407/08 Mag. Gb

DW1130, Fax 661130

 

 

 

harald.gruber@stgkk.at Thomas.schwerdtfeger@stgkk.sozvers.at

 

 

 

Stellungnahme zum Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs-gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern‑ Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten‑Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert werden (SV‑Holding‑Gesetz)

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

gemäß Delegierungsbeschluss des Vorstandes vom 17.12.1999 (§ 3 Z. 4 des Anhanges zur Geschäftsordnung des Vorstandes) gibt der Obmann für die Kasse nachfolgende Stellungnahme ab:

 

Vorweg sind einige grundsätzliche Überlegungen zum vorliegenden Entwurf anzustellen.

 

Das SV-Holding-Gesetz soll gemäß den Erläuterungen die strategische und organisatorische Neuausrichtung der Sozialversicherung herbeiführen, um Sanierungsziele und eine effiziente Gesamtsteuerung zu erreichen. Dazu soll vor allem die Errichtung einer strategischen Holding dienen, die für die Träger Zielvorgaben und verbindliche Richtlinien erstellt, Budgets sowie Großinvestitionen genehmigt und als Dienstleister zentral zu erfüllende Aufgaben erledigt.

 

Was in den Erläuterungen apodiktisch behauptet oder zumindest angenommen wird, kann aus nachstehenden Gründen jedoch nie in der erwartenden Weise greifen und sind andere Maßnahmen und Veränderungen zur Sicherung bzw. Weiterentwicklung unseres Sozialversicherungssystems jedenfalls Erfolg versprechender.

 

Zur Holdingstruktur ist zu sagen, dass die demokratiepolitische Grundproblematik schon darin besteht, dass sie nur zum Leben erweckt werden kann, wenn man sie mit einem Verfassungsgesetz absichert. Dies deshalb, weil sie per se mit der Selbstverwaltungsorganisation unvereinbar ist. Die Sozialversicherungsholding ist bei der angedachten Konstruktion nicht mehr die Summe der Träger im Sinne einer gemeinsamen Interessensverwaltung und Zielverfolgung, sondern eine losgelöst von den Trägern agierende Organisation. Für uns ist daher sowohl die demokratiepolitisch wie auch realpolitisch bessere Lösung jene, die den Spartenorganisationen (Spartenkonferenzen) die aus Trägervertretern bestehen, wesentliche Beschlusskompetenzen im Sinne eines gemeinsamen Agierens überantwortet. Die Spartenkonferenzen sollten durchaus mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet werden, was die Erstellung von verbindlichen Richtlinien und verbindlichen Beschlüssen für die Träger betrifft. Damit würde der Hauptverband als Dachorganisation gestärkt, könnte steuernd im Sinne von effizienter und effektiver Zielvereinbarung agieren und dies wäre auch verfassungsrechtlich abgesichert, weil explizite Regelungen getroffen werden könnten, dass sich die Träger die Beschlüsse der von ihnen entsandten Mitglieder zurechnen lassen müssen.

 

Zu glauben, dass oktroyierte Zielvorgaben eine gute Basis für eine effiziente und effektive Umsetzung seien, kann aus praktischer Erfahrung heraus wohl sehr bezweifelt werden. Zudem kommt noch, dass diese Beschlüsse die Zustimmung von drei Ministerien benötigen. Für die potenzielle Nichterreichung von Zielen sind auch sehr aufwändige Szenarien angedacht. Allein die Tatsache, dass es sich um jährlich zu vereinbarende Ziele handelt und das Prozedere zur Erstellung und Abwicklung dieser Ziele so sperrig abgewickelt wird, führt zur berechtigten Frage, wo in der Praxis die Zeit für die wirkliche Erledigung im Sinne einer bestmöglichen Abarbeitung dieser Ziele bleibt.

 

Dies führt zum nächsten großen Kritikpunkt an dieser Novelle, nämlich dass entgegen der verlautbarten Intention dieses Gesetzes, die Geschäftsführung nicht erleichtert und gestrafft wird. Schon das zuvor dargestellte Beispiel und vor allem die Tatsache, dass jeder Beschluss des Vorstandes der Zustimmung der Kontrollversammlung bedarf, beweisen die enorme Aufblähung der geschäftsmäßigen Abwicklung bis hin zur Vermengung von Geschäftsführung und Kontrolle. Es hat schon seinen Sinn, wenn in sämtlichen juristischen Personen des öffentlichen wie auch des privaten Rechts die Zustimmung der Kontrollgremien nicht bei jeder (!) Geschäftsführungstätigkeit zu erfolgen hat. Es ist nicht nur eine unverhältnismäßige und daher unsinnige Lähmung des Verwaltungshandelns damit verbunden, sondern führt dieses allgemeine Zustimmungsrecht in der Praxis sicher sehr oft zu einer Patt-Situation mit aufwändigem Schlichtungsprozedere bis hin zur Verfahrensführung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Dazu kommt, dass diese generelle Zustimmungspflicht auch mit der Trennung des geschäftsführenden und kontrollierenden Organs nicht vereinbar ist. Die Zustimmungsrechte der Kontrollversammlung in der bisherigen Art und Weise sind zu begrüßen und entsprechen der erforderlichen kontrollierenden Funktion der Kontrollversammlung. Diese Kontrolle im bisher geübten Sinn ist als Unterstützung und Sicherstellung von korrektem Verwaltungshandeln zu sehen. Das beabsichtigte Zustimmungserfordernis für alle Geschäftsführungstätigkeiten führt jede vernünftige Geschäftsführung ad absurdum und ist weit weg vom Postulat eines effizienten und effektiven Verwaltungshandelns und läuft auch einer sinnvollen Kontrolle zuwider.

 

Der dritte große Kritikpunkt an diesem SV-Holding-Gesetz liegt in der Tatsache, dass der viel beschworene Versichertennutzen keinesfalls gesteigert wird, im Gegenteil. Durch die Zentralisierung und Monopolisierung des Systems weit weg von den Versicherteninteressen wird die Weiterentwicklung unseres Sozialversicherungssystems auch nicht den Bedürfnissen gerecht werden können. Allein zu glauben, dass zwei Geschäftsführer in der SV-Holding und zwölf stimmberechtigte Verwaltungsräte, die nicht einmal aus den Versicherungsträgern kommen und daher auch nicht die Sorgen und Nöte und Bedürfnisse der Versicherten kennen, die österreichische Sozialversicherung und hier im speziellen die Krankenversicherung sanieren werden, klingt nahezu utopisch und weltfremd. Wir sehen daher die Aufgabe der Verantwortungsträger dahingehend, eine wirkungsvolle Verbandskonferenz zu konstituieren, in der die Trägerinteressen im Sinne von Trägervertretern auch abgebildet werden und denen verstärkt Rechte im Sinne von verbindlichen Vorgaben zukommen sollen. Der Hauptverband wird somit als Dachorganisation gestärkt und ist nicht der kleinste sondern der größtmögliche gemeinsame Nenner der Träger.

 

Letztlich ist auch noch wesentlich hervorzuheben, dass die Lösung der Finanzprobleme durch die geplante Umorganisation überhaupt nicht erreicht werden kann.

 

Nun zu den Änderungen im Einzelnen.

 

 

Zu § 29a Abs. 6:

 

Aus IT-technischer Sicht bedeutet diese geplante Regelung einen gravierenden Eingriff in die derzeitigen Organisationsabläufe bei den Gebietskrankenkassen und erfordert österreichweit voraussichtlich Programmanpassungen im Ausmaß von Tausenden von Personentagen. Ein Inkrafttreten einer solchen gravierenden Änderung ist somit aus sachlichen Gründen nicht sinnvoll.

 

Meldungserstattung

Jedwede Meldung (An- und Abmeldung, Änderungsmeldungen, Arbeits- und Entgeltbestätigungen, Lohnzettel, etc.) ist weiterhin, und auch mit dem richtigen Trägercode versehen, zu erstatten.

 

Bis dato werden diese Meldungen (zumindest vom angesprochenen Klientel, nämlich überregional tätige Dienstgeber) elektronisch über die Datendrehscheibe in Oberösterreich erstattet. Der Trägercode muss definitiv angeführt werden. Von dort (ELDA-CC) werden die Meldungen dem zuständigen Versicherungsträger zugeordnet und weitergeleitet.

 

Zukünftig wäre, wenn die Meldung dem gem. § 29a zuständigen Träger zu übermitteln ist, ebenfalls der Trägercode anzuführen, um in weiterer Folge die korrekte Leistungszuständigkeit zu gewährleisten.

 

Bei Ummeldungen (Wechsel in eine Zweigstelle in einem anderen Bundesland) wäre weiterhin eine Ab- und eine Anmeldung zu erstatten, weil sich ja auch in diesem Fall die Leistungszuständigkeit ändert.

 

Das bedeutet, dass im Meldebereich kein Nutzen für den Dienstgeber entsteht. Folgt man dem Gesetzesentwurf muss sogar von einem Rückschritt gesprochen werden, da zurzeit im Meldebereich eine einzige Kasse als Dienstleister für alle anderen Kassen fungiert und nicht jede Kasse wechselseitig als Dienstleister aufzutreten hat.

 

Weiters hat, wenn nur eine Kasse zentral zuständig wird und diese somit alle Meldungen erhält, diese die Meldungen in ihrem EDV-System evident zu halten, um nachfolgende, mit den Meldungen in Zusammenhang stehende Abwicklungen, durchführen zu können. Die Daten sind in weiterer Folge in die Versichertendatei des Hauptverbandes zu übermitteln und vor allem sind sie aus leistungsrechtlichen Überlegungen (zB sind Geldleistungen von der Entgelthöhe abhängig) auch an den für die Versicherung zuständigen Träger weiterzuleiten. Das würde dazu führen, dass ein weiteres MVB-EDV-System, eines, über das überregional tätige Dienstgeber administriert werden können, zusätzlich aufzubauen ist.

 

Auch hier entsteht kein Nutzen für den Dienstgeber, aber ein hoher Kostenaufwand für die Träger.

 

Schnittstellen mit Versicherten

Die Zuständigkeiten für die Versicherten müssen weiterhin bestehen bleiben, weil der Krankenversicherungsträger des Beschäftigungsortes sowohl leistungszuständig bleibt, als auch im Bereich MVB versicherungsbezogene Tätigkeiten anfallen werden (so sind zB Rückfragen der Versicherungsträger zu den erstatteten Versicherungsmeldungen vom örtlich zuständigen Träger abzuarbeiten). Auch ist die freiwillige Versicherung bei geringfügiger Beschäftigung weiterhin von dem Versicherungsträger durchzuführen, in dessen Zuständigkeitsgebiet der Versicherte seinen Wohnsitz hat. Ähnlich verhält es sich bei mehrfach Beschäftigten. Hier erfolgt die Zusammenrechnung und Vormerkung von Versicherungszeiten durch den HVB, die Vorschreibung der Beiträge jedoch von dem Träger, bei dem die Vollversicherung vorgemerkt ist (bei einer oder mehreren zusätzlichen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen). Bei Vorliegen mehrerer geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse schreibt der Wohnsitzträger die Beiträge vor.

 

Lohnverrechnungssoftware

Soweit erkennbar liegt der einzige Vorteil im Meldebereich darin, dass der Dienstgeber nur eine BN zu übermitteln hätte. Jedoch muss er zusätzlich auch den Aufteilungsschlüssel bekannt geben, in welchem Verhältnis die Beiträge auf die für die Versicherung zuständigen Träger aufzuteilen sind, ansonsten es zu einer Umorganisierung des gesamten Finanzierungssystems der Sozialversicherung kommen müsste. Das Bekanntgeben einer Beitragsaufteilung – im Sinne einer Zuordnung auf den leistungszuständigen Versicherungsträger – führt allerdings zwingend zu einer Änderung in der Lohnverrechnungssoftware der betroffenen Dienstgeber.

 

Dadurch entstehen für die Dienstgeber Kosten, ohne dass ein klarer Nutzen als Gegenleistung gegeben ist.

 

Bearbeitungszuständigkeiten

Bearbeitungen im Zusammenhang mit zu korrigierenden Beitragsnachweisungen – sowohl seitens des Dienstgebers als auch von Seiten der Kasse – würden wohl wieder durch den/beim ursprünglich zuständigen Träger zu erfolgen haben, da ja bei diesem mittlerweile die Beiträge, die Meldungen und die Versicherung gelandet wären. Ansonsten käme es zu einem „Doppelverfahren“. Der gemäß § 29a ASVG zuständige Träger bearbeitet die Beitragsnachweisung mit dem Dienstgeber und in einem zweiten Schritt mit dem örtlich zuständigen Träger und natürlich auch umgekehrt. Im Falle einer Rückfrage des örtlich zuständigen Versicherungsträgers müsste man sich eines vermittelnden Trägers bemühen.

 

Unklar ist auch, ob Beitragsgrundlagen der Versicherung oder der Meldung zuzuordnen sind. Es würden die gleichen Probleme bei der Beitragsgrundlagenbearbeitung wie bei der Beitragsnachweisungsbearbeitung entstehen.

 

Ähnlich gestaltet sich die Klärung von Differenzen, die durch die Beitragszahlung entstehen. Themen wie Zahlungseingang und –verzug, Mahnung und Exekution sind ungeklärt.

 

Bedenkt man, dass die Kommunalsteuer von jeder Gemeinde (über 2300 in Österreich) autonom eingehoben wird, an welche im Übrigen auch die Kommunalsteuererklärungen gehen, ist die monatliche Abrechnung mit maximal neun Gebietskrankenkassen eine vernachlässigbare Größe.

 

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass der Mehraufwand bei einem Versicherungsträger nicht dadurch kompensiert wird, dass bei einem anderen ein Minderaufwand entstehen wird. Jeder Träger wird aufgrund der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben ein Backoffice betreiben müssen, das – selbst bei Wegfall einer großen Anzahl von versichertenbezogenen Meldungen – nicht weniger umfangreich betrieben werden muss. Gerade die österreichweit tätigen Dienstgeber nutzen ausschließlich das elektronische Meldesystem und sind die manipulativen Tätigkeiten von geringem Ausmaß.

 

GPLA

Im Bereich der GPLA wird der Dienstgeber bereits jetzt nur durch einen Versicherungsträger geprüft. Dieser Träger prüft für die anderen – aufgrund ihrer Zuständigkeit beteiligten – Kassen mit, führt die Abrechnung durch und übermittelt das Prüfergebnis an alle beteiligten Träger.

 

Daher gibt es auch hier keine für den Dienstgeber zu erkennenden Synergieeffekte aus der gesetzlichen Änderung.

 

 

Zu § 30 Abs. 2 Z. 2, § 30b, § 30d, § 31:

 

Zur Holdingstruktur gilt das oben zur Holding Gesagte, mit dem speziellen Hinweis auf den Alternativvorschlag zur Neuorganisation im Sinne eines zu stärkenden gemeinsamen – aus den Trägern zusammengesetzten – Verbandes mit entsprechenden Durchgriffsmöglichkeiten.

 

Gemäß den zitierten Bestimmungen obliegt der SV-Holding unter anderem die Vereinbarung oder Festlegung von strategischen (Ergebnis-)Zielen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung.

 

Für die Kasse ist es nicht nachvollziehbar, welche Rechtsnatur diesen Zielvereinbarungen bzw. Ergebniszielen zukommen soll. In diesem Zusammenhang hat auch bereits der VfGH klargestellt, dass als Steuerungselemente Gesetze, Verordnungen, Weisungen bzw. Aufsichtsrechte verfassungsrechtlich vorgegeben sind und nicht durch betriebs(privat)wirtschaftliche Steuerungselemente ersetzt werden dürfen.

 

Das gerade Gesagte gilt auch für den im letzten Satz des § 31 Abs. 1 genanten Begriff „Vorgaben“, wobei auch nicht ersichtlich ist, in welchem Verhältnisse die Begriffe „Ziele“ und „Vorgaben“ zueinander stehen.

 

Unabhängig von der Frage der Rechtsnatur verwundert auch die Textierung, wonach Ziele seitens der SV-Holding einseitig festgelegt werden können, wobei, wie gesagt, uE eine Holding keine sinnvolle Grundlage für ein Sozialversicherungssystem darstellt. Ziele sollten jedenfalls immer im Zusammenwirken mit dem betroffenen Träger vereinbart und keinesfalls einseitig auferlegt werden. Gerade die Festlegung von Zielen und deren Erreichbarkeit in einem so sensiblen Bereich wie der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bedingt ein gemeinsames Vorgehen und Festlegen, um die Zielerreichung auch sicherzustellen.

 

 

Zu § 30a Abs. 1 Z 6:

 

Zu den Aufgaben der SV-Holding soll zukünftig auch die Öffentlichkeitsarbeit für die gesamte Sozialversicherung zählen.

 

Zuständig für die Versicherten ist – und bleibt auch weiterhin - die jeweils zuständige Gebietskrankenkasse, weshalb auch die Öffentlichkeitsarbeit beim zuständigen Träger zu verbleiben hat. Die Gebietskrankenkassen können auch spezieller auf die Anliegen ihrer Versicherten eingehen und zielgerichteter die diesbezüglichen Informationen gestalten als dies im Falle einer zentralisierten Öffentlichkeitsarbeit der Fall wäre.

 

 

Zu § 30e Abs. 1 Z. 8 und § 635 Abs. 3:

 

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine zentrale Steuerung der Softwareentwicklung mit Durchgriffsrecht auf die einzelnen Entwicklungsstandorte und Gruppen erforderlich ist. Die Zentralisierung der Rechenzentren (auf einen einzigen Standort Wien mit Backuprechenzentrum ebenfalls in Wien) wird aus ökonomischer Sicht grundsätzlich ebenso unterstützt. Ein darüber hinaus gehendes Durchgriffsrecht in den täglichen Betrieb anderer Anwendungen und Dienstleistungen wird aber entschieden abgelehnt.

 

In beiden genannten Bereichen wird aber verlangt, die Zusammenlegung nicht auf einmal, sondern in „sinnvollen“ und praktikablen (bewältigbaren) Losen durchzuführen. Es ist kontraproduktiv, ein Rechenzentrum - am Papier - einzurichten, in Produktion zu nehmen und dann nicht ausreichend - qualitativ und quantitativ - mit Personal auszustatten. Die Erfahrungen mit der bisherigen Rechenzentrumskonsolidierung sind ein mahnendes Beispiel für nachweisliche Kostensteigerungen und den durch schlechte Vorbereitung und mangelndes Wissen über die Zusammenhänge innerhalb der SV-IT eintretenden Qualitätsverlust.

Trotz dieser Unterstützung der Konsolidierungs- und Zentralisierungsbestrebungen verlangt die Steiermärkische Gebietskrankenkasse aber, dass den Trägern weiterhin gestattet ist, in folgenden Bereichen IT- und Kommunikationsaktivitäten in eigener Verantwortung zu betreiben:

Ø Telefonie

Ø Beschaffung und Betreuung der IT-Arbeitsplatzgeräte

Ø Beschaffung und Betreuung der Backofficesysteme (File-Printserver, Mailserver u.ä.)

Ø Beschaffung/Entwicklung und Betreuung kassespezifischer Anwendungen

Neben MitarbeiterInnen für die Systemadministration muss es erlaubt sein, auch Softwareentwicklungspersonal im notwendigen Ausmaß vor Ort zu haben. Wir denken dabei z.B. an Datawarehouse-Analysegruppen, die trägerspezifische Auswertungen schnell und punktgenau durchführen oder flexibel kleinere trägerspezifische Adaptierungen im Umfeld der Standardprodukte zur Optimierung von Prozessen erstellen können. Es sollen nur solche Anwendungen betrieben werden dürfen, für die es weder Lösungen über Standardprodukte gibt, noch Aktivitäten des Verbandes geplant sind.

 

Da die geplanten Strukturänderungen Einfluss auf die Personalstände haben (müssen), wird parallel zu den Organisationsänderungen die Entwicklung eines österreichweiten Personalkonzeptes eingefordert. Einerseits muss jungen, flexiblen Kräften aus den Bundesländern ein Anreiz geboten werden, in die künftige zentrale IT-Organisation, auch in Verbindung mit einer Dienstortsänderung, zu wechseln. Nur so kann das erforderliche – und vorhandene – SV-IT-Wissen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. Andererseits muss für MitarbeiterInnen, denen ein Ortswechsel aufgrund von Alter oder familiären Umständen nicht leicht zumutbar ist, eine gesicherte Arbeitsauslastung im Auftrag des Verbandes bei den einzelnen Trägern geboten werden.

 

 

Zu § 30e Abs. 3, § 30f Abs. 2:

 

Die SV-Holding kann laut Gesetzesvorschlag zusätzlich zu den bisherigen Dienstleistungsaufgaben nunmehr gemäß der Bestimmung des § 30e (3) einzelne Verwaltungsaufgaben koordinieren oder an sich ziehen sowie nach § 30f (2) verbindliche Delegationsvorschriften aufstellen.

 

Diese Bestimmungen stellen bei der geplanten Holdingkonstruktion in dieser Absolutheit einen wesentlichen Eingriff in die Autonomie und Selbstbestimmung der Versicherungsträger dar und widersprechen zudem aus verfassungsrechtlicher Sicht dem Prinzip der Selbstverwaltung.

 

Jedenfalls sollte – um Rechtsunsicherheit zu vermeiden - auch klargestellt werden, dass die in § 30f Abs. 2 Z 1 bis 3 genannten Normen nicht in ihrer Gesamtheit verbindlich sein sollen, sondern – entsprechend der bisherigen Rechtslage - nur einzelne Bestimmungen für verbindlich erklärt werden können

 

 

Zu § 31 Abs. 1:

 

Gemäß der (verfassungsrechtlichen) Bestimmung des § 31 sind die Versicherungsträger nach dem Prinzip der Selbstverwaltung eingerichtete Körperschaften. Gleichzeitig wird jedoch normiert, dass die Versicherungsträger die Sozialversicherung nach den Vorgaben der SV-Holding durchzuführen haben.

 

Dadurch, dass die Versicherungsträger die Sozialversicherung nach den Vorgaben der SV-Holding durchzuführen haben, wird auf Ebene der Versicherungsträger dem Prinzip der weisungsfreien Selbstverwaltung widersprochen, weshalb diese Regelung – sofern diese nicht wie vorgesehen als Verfassungsbestimmung verankert  - auch grundsätzlich verfassungswidrig wäre.

 

Aus rechtsstaatlicher Sicht erscheint es mehr als nur bedenklich, dass eine offenkundig verfassungswidrige Bestimmung in Verfassungsrang gehoben werden soll, um diese dadurch der nachprüfenden Normkontrolle zu entziehen.

 

Weiters handelt es sich bei dem Begriff „allgemeiner Aufgaben“ um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Für die Kasse ist nicht erkennbar, was unter „allgemeiner Aufgaben“ zu verstehen ist. Jedenfalls suggeriert diese Formulierung eine weitestreichende Einschränkung für die Träger und hat daher mit Selbstverwaltung der Träger nichts mehr zu tun.

 

Hinsichtlich der „Vereinbarung und Vorgabe verbindlicher Ziele“ bzw. „Vorgaben“ gelten die Ausführungen zu § 30 Abs. 2 Z. 2 und § 30b sinngemäß.

 

 

Zu § 434 Abs. 1a:

 

Diese Bestimmung, wonach der Jahresvoranschlag mit der SV-Holding abzustimmen ist, widerspricht den Zielen einer effizienten und effektiven Verwaltung, weil sich die SV-Holding detailliert mit den einzelnen Jahresvoranschlägen der Träger auseinandersetzen müsste und dies zu einem - der zuvor genannten Intention widersprechenden - Organisations- und Verwaltungsmehraufwand sowohl bei der SV-Holding als auch bei den Trägern führen würde.

 

Auch ist für die Kasse nicht ersichtlich, in welcher Form diese Abstimmung erfolgen sollte und wer für den Jahresvoranschlag letztverantwortlich ist bzw. wie bei Meinungsverschiedenheiten vorzugehen ist, weshalb diese Bestimmung in dieser Form keinen Sinn macht. Auch hier zeigt sich offensichtlich, dass die Entscheidungsbefugnis (SV-Holding) und die Ergebnisverantwortlichkeit (einzelne Träger) nicht miteinander korrelieren.

 

Letztendlich widerspricht diese Bestimmung, die einen Eingriff in die Budgethoheit der einzelnen Träger darstellt, auch dem Prinzip der Selbstverwaltung, weil auch die finanzielle Dispositionsmöglichkeit ein essentielles Kriterium der Selbstverwaltung darstellt, weshalb diese Regelung als verfassungswidrig anzusehen ist.

 

 

Zu § 437:

 

Künftig sollen alle Beschlüsse des Vorstandes zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Kontrollversammlung bedürfen.

 

Aus Sicht der Kasse wird das Verwaltungshandeln durch den vorgesehenen Ablauf (Vorstand/Kontrollversammlung, Schlichtungsstelle, Bundesministerium) jedoch nicht effizienter und effektiver, sondern es ist nur naheliegend, dass gerade das Gegenteil eintreten wird. Auch ist davon auszugehen, dass die Ausübung der Geschäftsführung durch den Vorstand aufgrund des generellen Zustimmungserfordernisses de facto konterkariert wird. Näheres siehe oben.

 

Weiters widerspricht diese umfassende Mitwirkung der Kontrollversammlung an den Beschlussfassungen des Vorstandes der allgemein üblichen und sinnvollen Funktion eines Kontrollorganes. Die Zustimmungspflicht der Kontrollversammlung sollte – wie bisher – auf einzelne wesentliche Punkte beschränkt werden. Die Wichtigkeit der Rechtmäßigkeits- prüfung durch die Kontrollversammlung soll hier ausdrücklich hervorgehoben werden, jedoch im bereits bestehenden sinnvollen Rahmen bleiben.

 

 

 

 

 

Zu § 441 Abs. 2, § 441a:

 

Als beratendes Gremium der SV-Holding sind laut Entwurf drei Spartenkonferenzen vorgesehen, die Vorsitzenden der Spartenkonferenz gehören gemäß § 441 Abs. 2 ohne Stimmrecht dem Verwaltungsrat an.

 

Angesicht der Tatsache, dass sich die Spartenkonferenzen aus den Obleuten der einschlägigen Versicherungsträger zusammensetzen, welche über die Sachkompetenz in den jeweiligen Versicherungszweigen verfügen, sollte dieses Gremium aufgewertet und nicht ausschließlich auf eine beratende Funktion beschränkt werden.

 

Die Spartenkonferenz sollte daher in ausschließlich die jeweilige Sparte betreffenden Angelegenheiten verbindliche Beschlüsse fassen können, an welche die aus Trägervertretern zusammengesetzte Verbandskonferenz und die einzelnen Träger gebunden sein sollten.

 

Eine weitere verfassungsrechtliche Problematik liegt darin, dass die Aufgaben der SV-Holding ausnahmslos die Versicherungsträger betreffen, aber genau diese Sozialversicherungsträger von der Mitwirkung im Verwaltungsrat ausgeschlossen sind. Daher sollten zumindest die Vorsitzenden der Spartenkonferenzen mit einem Stimmrecht im Verwaltungsrat (passendere Bezeichnung: Verbandskonferenz) vertreten sein. Auch diese Situation ist somit verfassungskonform zu bereinigen.

 

 

Zu § 446b:

 

Laut den Erläuternden Materialien zu §§ 30 ff soll im Sinne einer größeren Autonomie im operativen Geschäft die Zustimmung des Hauptverbandes zu Beschlüssen der Versicherungsträger über Immobilienerwerbe entfallen.

 

Die vorgesehene Bestimmung des § 446b, wonach Beschlüsse der Verwaltungskörper über Investitionen der Genehmigung durch die SV-Holding bedürfen, widerspricht jedoch dem zuvor genannten Ziel.

 

 

Abschließend lässt sich zu dem vorliegenden Entwurf sagen, dass dieser eine effiziente und effektive Durchführung der Krankenversicherung erschwert bis unmöglich macht, was sich zum Nachteil der Versicherten und Patienten auswirken wird. Die angestrebte Zentralisierung wird der geforderten Patientenorientierung überhaupt nicht gerecht und eine sinnvolle, verbindliche gemeinsame Vorgehensweise aller Träger jedenfalls nicht erreicht. Außerdem löst die Zentralisierung überhaupt keine Finanzierungsfragen.

 

Zudem widersprechen wesentliche Punkte dieses Gesetzesentwurfes – wie zuvor ausgeführt - dem Prinzip der Selbstverwaltung und sind daher als verfassungswidrig zu qualifizieren. Dieser Gesetzesentwurf bedarf daher in den aufgezeigten Punkten jedenfalls einer Revision.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Der Obmann:

 

Josef Pesserl