Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates

                                                                                 

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An das

Bundesministerium für Soziales

und Konsumentenschutz

Stubenring 1

1010 Wien

 

 

Entwurf zum SV-Holding-Gesetz

Stellungnahme

                                                                                                      26. Mai 2008

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern‑Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten‑Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert werden (SV‑Holding-Gesetz), nimmt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates wie folgt Stellung:

 

Vorweg erlaubt sich die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates als unmittelbar Betroffener darauf hinzuweisen, dass sie bei der Ausarbeitung dieses Gesetzesentwurfes nicht rechtzeitig und nicht ausreichend beigezogen wurde.

 

Zudem vermeint sie, dass bei einer derart sensiblen und komplizierten Materie eine längere Begutachtungsfrist angebracht und vorteilhaft gewesen wäre.

 

Zu den Zielen des Entwurfes im Allgemeinen

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zum vorliegenden Entwurf findet sich ua folgendes Zitat aus dem im April 2008 von den Sozialpartnern vorgelegten Konzept zur Neuausrichtung und Neuorganisation der Sozialversicherung:

 

 „Um die gesteckten Sanierungsziele unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der Versicherten zu erreichen und damit auch die Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltung unter Beweis stellen zu können, muss das Prinzip der einnahmenorientierten Ausgabengestaltung von allen Trägern anerkannt und solidarisch umgesetzt werden. Dazu bedarf es einer strategischen und organisatorischen Neuausrichtung der Sozialversicherung und ihrer Vertragspartnerbeziehungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei in einer konsequenten Zielsteuerung des Gesamtsystems durch die Sozialpartner.

 

Der heutigen Organisation der Sozialversicherung fehlt diese zielorientierte und effizienzfördernde Gesamtsteuerung. Daher sollen künftig die weiterhin eigenständig und ergebnisverantwortlich agierenden Träger über eine schlanke, effiziente strategische Holding (Umbau des heutigen Hauptverbandes) mit Zielvorgaben und aktivem Controlling gesteuert werden.“

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese keiner Sanierung bedarf. Die Versicherungsanstalt bilanziert Jahrzehnte lang positiv und hat insbesondere mit der im Wesentlichen am 1. Jänner 2007 in Kraft getretenen 12. Novelle zum NVG 1972 (BGBl I Nr. 98/2006) Maßnahmen gesetzt, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der Notarversicherung langfristig absichern. So sieht diese Novelle beispielsweise die schrittweise Anhebung des Regelpensionsalters vom 65. auf das 70. Lebensjahr,  die Verpflichtung zur regelmäßigen Durchführung langfristiger Prognoserechnungen sowie etwa auch die Einführung eines Junktims zwischen Pensionsanpassung und Veränderung der Beitragseinnahmen vor.

 

Wie die bereits seit dem Jahr 2000 jährlich von der Versicherungsanstalt zur begleitenden Kontrolle beigezogenen Versicherungsmathematiker bestätigen, gewährleistet gerade das bestehende System des NVG 1972 unter besonderer Berücksichtigung der oben angeführten Maßnahmen der 12. NVG-Novelle die langfristige Finanzierbarkeit der Pensionsleistungen, sodass kein Grund für eine Änderung dieses seit 1927 funktionierenden Systems besteht, das ohne jegliche Ausfallshaftung des Bundes auskommt. Die Notarversicherung finanziert sich selbst. Sie bekommt keinen Bundesbeitrag.

 

Sowohl hinsichtlich des Beitrags- als auch des Leistungsrechts weicht das NVG 1972 gravierend von den Regelungen der übrigen Sozialversicherungsträger ab. Dies sind zusätzliche Gründe zur Bekräftigung der Sonderstellung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates im Verhältnis zu den anderen Pensionsversicherungsträgern.

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates vermeint auch verfassungsrechtliche Bedenken darin zu erblicken, dass ein Versicherungsträger einerseits einen Verbandsbeitrag zu leisten hat, Weisungen und verpflichtenden Richtlinien unterworfen ist, und andererseits gemäß dem vorliegenden Entwurf weder Sitz noch Stimme im Entscheidungsgremium der SV-Holding (Verwaltungsrat) hat.

 

Zu § 30b Strategische Zielsteuerung

Unter Hinweis auf die obigen Ausführungen ist eine strategische Zielsteuerung der Notarversicherung zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit nicht notwendig, weshalb diesbezüglich eine entsprechende Ausnahmebestimmung betreffend die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in § 30b ASVG aufzunehmen ist.

 

Zu § 30c Monitoring und Controlling

Diesbezüglich gelten die Ausführungen wie zu § 30b. Überdies ist bei der Notarversicherung nicht zuletzt auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung von regelmäßig durchzuführenden mindestens 20-jährigen Prognoserechnungen (vgl. § 9 Abs. 3 NVG 1972) durch die im Rahmen der begleitenden Kontrolle der Versicherungsanstalt beigezogenen Versicherungsmathematiker ein entsprechendes und ausreichendes Monitoring und Controlling bereits gewährleistet. Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates ist daher auch von der Anwendung des § 30c auszunehmen.

 


 

Zu § 30d Sicherstellung der Zielerreichung

Da diese Bestimmung in unmittelbarem Zusammenhang mit den §§ 30b und 30c steht, ist die Notarversicherung aus den oben dargelegten Gründen auch von deren Anwendungsbereich auszunehmen.

 

Zu § 30e Dienstleistungsaufgaben der SV‑Holding

In Z 8 ist die Führung und Organisation der gesamten elektronischen Datenverarbeitung der Sozialversicherung durch die SV-Holding vorgesehen.

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates verfügt entsprechend ihrer Größe (mit derzeit lediglich fünf Angestellten) und ihrer Versichertenstruktur (derzeit rd. 860 Versicherte und rd. 365 Pensionisten) über eigene, auf deren spezielle Anforderungen optimal zugeschnittene Programme zur Berechnung und Verwaltung der Pensionen, der Beiträge, zur Durchführung der Finanzbuchhaltung etc. Die Verwendung von Standardprogrammen ist im Hinblick auf diese Strukturen und die Besonderheiten der Notarversicherung (siehe zB die Pensionsberechnung gemäß § 48 NVG 1972 oder die Bestimmungen über die degressive Pensionsanpassung gemäß § 20 NVG 1972) nicht zielführend und wirtschaftlich nicht vertretbar. Aus all diesen Gründen ist die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates auch von der Führung und Organisation der gesamten elektronischen Datenverarbeitung durch die SV-Holding auszunehmen.

 

In diesem Zusammenhang erlaubt sich die gefertigte Anstalt auf die im Entwurf für das SVÄG 2007 enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Ausnahme der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates von der Beteiligung an der Tragung der laufenden Betriebskosten und der künftigen Entwicklungskosten für die e‑card (§ 31b Abs. 2 und 2a ASVG) hinzuweisen.

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates hat nach wie vor großes Interesse an der Änderung der oben genannten Bestimmungen, und zwar, wie im Entwurf zum SVÄG 2007 vorgesehen, mit Wirksamkeit  ab 1. Jänner 2008.

 

§ 30e Abs. 3 des gegenständlichen Entwurfes sieht vor, dass die SV‑Holding einzelne Verwaltungsaufgaben der Versicherungsträger zur Steigerung der Effizienz und Effektivität der Verwaltung koordinieren oder an sich ziehen und als Dienstleisterin für alle Versicherungsträger gemeinsam erfüllen kann. Sie könne diese Aufgaben auch im Sinne des Abs. 2 übertragen.

Auf Grund der bereits dargestellten Besonderheiten der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates ist eine Steigerung der Effizienz und Effektivität der Verwaltung durch Koordination oder An-sich-ziehen durch die SV-Holding auszuschließen bzw. nicht notwendig, weshalb auch diesbezüglich eine Ausnahmebestimmung für die Notarversicherung vorzusehen ist.

 

Im Zusammenhang mit § 31 Abs. 1 des Entwurfes (Rechtliche Stellung der Versicherungsträger und der SV‑Holding) erlaubt sich die gefertigte Anstalt die Anregung, im 3. Satz die weisungsfreie Wahrnehmung allgemeiner, insbesondere steuernder Aufgaben und die Vereinbarung und Vorgabe verbindlicher Ziele für die Versicherungsträger und die Sicherstellung dieser Ziele zur Optimierung der Rechtssicherheit mit ausdrücklichen Verweisen auf §§ 30b, 30c und 30d zu konkretisieren.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass es in § 441a Abs. 4 Z 5 „der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates“ anstatt „die Versicherungsanstalt“ heißen müsste.

 

Schließlich nimmt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates das gegenständliche Begutachtungsverfahren nochmals zum Anlass, auf ihre Stellungnahme vom 10. September 2007 zum Entwurf des SVÄG 2007 hinzuweisen.

 

Darin hat die gefertigte Anstalt auch die im Entwurf für das SVÄG 2007 enthaltenen Bestimmungen betreffend die Änderungen hinsichtlich der Zeiten der Kindererziehung und der Zeiten für Präsenz- und Zivildienst (§§ 42 Abs. 1 Z 4 und 5 sowie 64 Z 2 und 3 NVG 1972) ausdrücklich begrüßt. Ein rückwirkendes In-Kraft-Treten dieser Bestimmungen ab 1. Jänner 2005 wäre zu befürworten, um einen sinnlosen Verbleib derartiger Zeiten am Pensionskonto, ohne dass diese Zeiten für nach dem NVG 1972 Versicherte jemals anspruchsbegründend oder – nach dem NVG 1972 – leistungswirksam werden könnten, zu verhindern.

 

 

Versicherungsanstalt des
österreichischen Notariates

 

 

Der Präsident                                          Der leitende Angestellte

          Dr. Engelbert PETRASCH e.h.                             Dr. Felix PROKSCH e.h.