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Österreichisches Patentamt

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GZ 857-ÖPA/2008,             Rp  49/08/MSt/Va/            4296                  24.06.2008

26.05.2008

 

 

Entwurf eines BG, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden und ein BG über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Innovationsschutzgebührengesetz - ISGG) erlassen wird; Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Wirtschaftskammer Österreich dankt für die Übermittlung des gegenständlichen Entwurfes und erlaubt sich dazu folgende Stellungnahme abzugeben:

 

Zu § 57a und 111a PatG

Nach dem vorliegenden Vorschlag soll die bestehende Möglichkeit abgeschafft werden, beim Patentamt  Recherchen über den Stand der Technik bzw Gutachten darüber zu beantragen, ob eine patentierbare Erfindung vorliegt. In Zukunft sollen derartige Recherchenberichte bzw Gutachten vom Patentamt im Rahmen seiner „Teilrechtsfähigkeit“ erbracht werden.

 

Leider sind die Erläuterungen zu dieser vorgeschlagenen Änderung nicht sehr ausführlich und beschränken sich im Wesentlichen auf den Hinweis, dass dadurch Doppelgleisigkeiten vermieden werden sollen. Derzeit werden von der „Teilrechtsfähigkeit“ im Patentbereich insbesondere Expressrecherchen zum Stand der Technik angeboten. Nach der Preisliste des Servicecenters beträgt der Preis EUR 1.320,- inkl. USt bzw EUR 1.716,- inkl. USt (Expressrecherche zum Stand der Technik mit Stellungnahme). Die derzeitigen Gebühren für vom Patentamt im Hoheitsbereich erbrachte Recherchen bzw Gutachten belaufen sich auf EUR 200,- bzw EUR 300.-.

 

Es ist davon auszugehen, dass durch diese vollständige Verlagerung dieser Aufgaben eine Verteuerung der Leistungen, die gerade für die klein- und mittelständisch strukturierte Wirtschaft im Vorfeld der Frage einer allfälligen Patentierung besonders wichtig sind, verbunden sein wird. Jedenfalls ändert sich auch die rechtliche Qualität derartiger Recherchen und Gutachten, wenn diese künftighin nicht mehr im Hoheitsbereich erbracht würden.

 

Leider geben die Erläuterungen keinen Aufschluss darüber, wie viele Recherchen und Gutachten derzeit nach § 57a PatG vom Patentamt im Rahmen des Hoheitsbereichs erbracht werden. Auch finden sich bedauerlicherweise keine Angaben darüber, wie viele Mitarbeiter in der „Teilrechtsfähigkeit“ für die Durchführung dieser für die Wirtschaft wichtigen Aufgaben zur Verfügung stehen, bzw ob diese in ausreichendem Maße die breiten Gebiete der Technik, die Gegenstand der Recherche und Gutachten bzw der Patentierbarkeit sein können, in ausreichendem Maße abdecken können, um weiterhin qualitativ hochwertige Ergebnisse, die doch schließlich Grundlage für entsprechende unternehmerische Investitionsentscheidungen sind, sicherstellen zu können.

 

Weiters weisen wir darauf hin, dass im Hinblick auf Gutachten darüber, ob eine patentierbare Erfindung vorliegt, der Antragsteller bereits wichtige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bekannt zu geben hat. Die Wahrung derartiger Geheimnisse ist im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit des Patentamtes durch entsprechende Verschwiegenheitspflichten der Beamten des Patentamtes sichergestellt. Die Mitarbeiter der Teilrechtsfähigkeit unterliegen – nach unserer Einschätzung – allerdings nicht den für den hoheitlichen Bereich bestehenden Verschwiegenheitspflichten. Zwar wird in der (geltenden) Verordnungsermächtigung des § 58a (2) PatG hinsichtlich der näheren Regelung der Serviceleistungen der „Teilrechtsfähigkeit“ ausgeführt, dass bei der Erlassung der Verordnung ua darauf Bedacht zu nehmen sei, dass schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen nicht verletzt werden. In der TeilrechtsfähigkeitsVO findet sicht allerdings diesbezüglich keine Regelung.

 

Wir möchten auch einen weiteren Aspekt anführen, der nach unserer Auffassung zu einer Verschlechterung im Vergleich zum bestehenden System führen würde, der sich aus dem Umstand ergibt, dass die Recherchen künftighin nur noch im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung erbracht würden. Die „Teilrechtsfähigkeit“ legt ihren -  zivilrechtlich wohl am ehesten als Werkvertrag zu qualifizierenden Aufträgen - AGB zugrunde. Diese auch im Internet zugänglichen AGB sehen ausdrücklich einen Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit vor und können selbstverständlich in Zukunft auch jederzeit abgeändert werden. So heißt es in diesen AGB „Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist ausdrücklich ausgeschlossen. Dies gilt auch für den Ersatz von Folgeschäden, reinen Vermögensschäden, nicht erzielten Gewinnen, Ersparnissen, Zinsverlusten und für die Schäden aus Ansprüchen Dritter gegen den Auftraggeber“.

 

Nicht ganz klar ist zunächst, was damit gemeint ist, dass „dies .... auch für den Ersatz von Folgeschäden, reinen Vermögensschäden, nicht erzielten Gewinnen etc. ...“ gilt. Schlechtestenfalls könnte damit zum Ausdruck gebracht werden wollen, dass die Haftung für derartige Schäden generell ausgeschlossen würde, was natürlich nur in den Grenzen des allgemeinen Zivilrechts möglich wäre. Unzweifelhaft sind jedenfalls durch eine Schlechterfüllung im Zusammenhang mit Recherchen und Gutachten regelmäßig in erster Linie nur reine Vermögensschäden vorstellbar, für die die Teilrechtsfähigkeit jedenfalls nur bei grober Fahrlässigkeit bzw Vorsatz haften würde. Daraus ergäbe sich jedenfalls eine Verschlechterung für die betreffenden Kunden im Vergleich zum geltenden § 57a PatG.

 

Schließlich stellt sich die Frage, ob durch die vorgeschlagene Änderung die bestehende PCT-Qualifikation des Österreichischen Patentamtes – als eines von weltweit nur wenigen Patentämtern – ,  die darauf abstellt, als Untergrenze zumindest 100 technische Prüfer zu haben, weiterhin aufrecht erhalten werden kann, was doch entscheidend für den hohen qualitativen Standard des Patentamtes ist.

 

Aus den angeführten Gründen ist die vorgeschlagene Änderung aus Sicht der WKÖ äußerst kritisch zu hinterfragen bzw können wir – nicht zuletzt auch mangels entsprechender Begründung für die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Änderungen – nicht umhin, unsere ablehnende Haltung zum Ausdruck zu bringen.

 

Zu § 29a ff MSchG (Widerspruch)

Die vorgeschlagene Normierung des Widerspruchs erscheint eine sinnvolle Maßnahme, die auch der Angleichung an die Rechtslage im Bereich der Gemeinschaftsmarken dient. Im Rahmen der kammerinternen Begutachtung  wurde eine stärkere Anlehnung an den Wortlaut der einschlägigen gemeinschaftlichen Bestimmungen angeregt, um eine einheitliche Handhabung sicherzustellen. Jedenfalls sollte in den Erläuterungen auf diese Parallelität ausdrücklich (bereits im allgemeinen Teil) hingewiesen werden. Die GemeinschaftsmarkenVO wird nur in den Erläuterungen zu § 29b MSchG erwähnt, obwohl zB der Abs 1 des § 29a MSchG mit jenem des Art 42 GMV weitgehend wörtlich übereinstimmt.

 

Angeregt wurde auch, ob es nicht sinnvoll wäre auch die Übernahme der gemeinschaftlichen Bestimmungen der DurchführungsVO 2868/95 zur GMV idF VO (EG) 1041/2005, wonach den Parteien eine Möglichkeit zur einvernehmlichen Lösung eingeräumt wird, vorzusehen (Art 18 DurchführungsVO 2868/95 idGF).

 

Zu § 21 ff ISGG

Für Verbandsmarken wird auch weiterhin – wie  in den geltenden §§ 22 ff PatentamtsgebührenG – das Vierfache an Gebühren verlangt. Diese Höhe ist kaum begründbar, bestehen die zusätzlichen Unterlagen im Wesentlichen in der Satzung zur jeweiligen Verbandsmarke, wobei diese in der Regel vielleicht 1 ½ Seiten umfassen. Wünschenswert wäre daher, eine Reduktion auf das Verhältnis 1 zu 2, wie das auf Gemeinschaftsebene angewandt wird (vergleiche Gebührenliste aufgrund VO (EG) Nr. 1687/2005).

 

Wunschgemäß übermitteln wir die gegenständliche Stellungnahme dem Präsidium des Nationalrates per Email an Begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.