Altkatholische Kirche Österreichs

Schottenring 17

1010 Wien

 

Bearbeiter: MMag. Dr. Albert Haunschmidt

 

 

An das Bundesministerium f Justiz

 

 

Betreff: Stellungnahme zu Gesetzesentwürfen

 

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte MinisterialmitarbeiterInnen!

 

Im Auftrag der Kirchenleitung der Altkatholischen Kirche Österreichs, näherhin im Auftrag unseres Bischofs Mag. Dr. John Okoro und der Synodalratsvorsitzenden Hofrat Dr. Karin Hofbauer darf ich folgende Stellungnahme zu Gesetzesentwürfen übermitteln.

 

Zum Entwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes:

 

Die Altkatholische Kirche Österreichs anerkennt verantwortlich gelebte und auf Dauer angelegte homosexuelle Partnerschaften als sittlich wertvoll, weswegen solche Paare auch in einer kirchlichen Feier gesegnet werden können.

Deshalb steht die Altkatholische Kirche dem Gesetzesentwurf prinzipiell positiv gegenüber.

Erfreulicherweise sieht das Gesetz die gegenseitige Verantwortung der beiden Partner füreinander vor, wie sich das etwa in der Pflicht zur Treue, zur gegenseitigen Hilfeleistung und zum Unterhalt (gegebenenfalls auch nach der Auflösung der Lebenspartnerschaft) ausdrückt. Richtigerweise soll eine homosexuelle Lebenspartnerschaft eben keine „Ehe light“ sein, sondern genau dieselben Pflichten u Rechte beinhalten wie eine Ehe zwischen Mann und Frau – sieht man davon ab, dass die Sorge für gemeinsame Kinder natürlich weitere Pflichten und Rechte mit sich bringt.

In einem Detail möchten wir aber Kritik üben: Dass § 23 EheG (Nichtigkeit der Namens- und Staatsbürgerschaftsehe, von der Rechtsprechung sehr extensiv auch bezüglich Erlangung eines Aufenthaltstitels oder einer Arbeitserlaubnis ausgelegt) nicht in das LebenspartnerschaftsG übernommen wird, erscheint von der Optik her als Privilegierung der Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe. Wenn die Erläuterungen auch darauf hinweisen, dass Vorteile durch die Eheschließung im Hinblick auf das geltende Fremdenrecht ohnedies nicht mehr in Frage kommen, so ist darauf zu verweisen, dass sich die Gesetzeslage auch wieder ändern kann. Man sollte deshalb auch an eine Streichung von § 23 EheG denken.

Dieselbe Überlegung scheint uns auch für § 117 FremdenpolizeiG (Strafbestimmung) zu gelten, sie wäre entweder auf die Lebenspartnerschaften auszudehnen oder zu streichen.

 

Zum Entwurf eines 2. Gewaltschutzgesetzes

 

Die vorgeschlagenen Änderungen und Neuerungen werden vorbehaltlos begrüßt.

In Bezug auf die Möglichkeit der Wegweisung machen wir darauf aufmerksam, dass die Belange von durch die Wegweisung betroffenen Kindern nicht berücksichtigt sind. Immerhin kann es sein, dass ein Kindesvater oder eine Kindesmutter für 6 Monate oder auch länger weggewiesen wird, was dann – wenigstens bei einem jüngeren Kind – in der Praxis zu einem Beziehungsabbruch führen dürfte. Es sollte daher im Gesetz auch vorgesehen werden, dass über das Besuchsrecht zwischen Kind u weggewiesenem Elternteil durch eine einstweilige Regelung so rasch wie möglich abgesprochen wird. Immerhin wird es auch Fälle geben, wo es zu einer einmaligen gewalttätigen Entgleisung gegenüber einem Erwachsenen gekommen ist und der Kontakt des Weggewiesenen mit dem Kind keineswegs als schädlich zu beurteilen ist, im Gegenteil das Kind unter dem Beziehungsabbruch sehr leiden müsste.

Bei § 382 b Abs 1 EO sollte nicht nur auf das dringende Wohnbedürfnis des Antragstellers, sondern auch auf das von Kindern, für die der Antragsteller die Obsorge hat, abgestellt werden.

 

Zum FamRÄG 2008

 

Der Vorschlag von § 90 Abs 3 ABGB, dass in der Patchworkfamilie der Ehepartner in der Ausübung der Obsorge für die Kinder des anderen Partners ein Vertretungsrecht haben soll, wenn die Umstände es erfordern, ist aus zweierlei Gründen höchstproblematisch:

Erstens wird den Kindern der neue Ehepartner des einen Elternteils als Ersatzvater bzw Ersatzmutter aufgedrängt. Dies ist aber aus psychologischen Gründen ein gravierender Fehler! Der leibliche Elternteil des Kindes, der nicht mehr mit dem Kind zusammenlebt, darf nicht verdrängt werden.  Eine Mutter sollte besser den Kindesvater um Vertretung, etwa beim Elternsprechtag an der Schule, bitten u eben nicht ihren momentanen Ehegatten.

Es entsteht eine seltsame Schieflage, wenn der neue Ehepartner Rechte hinsichtlich der Obsorge hat, der getrennt lebende Elternteil dagegen häufig keine Obsorge hat.

Diese Bestimmung läuft fast auf eine Quasi-Adoption hinaus, ohne dass dafür irgendwelche Eignungsvoraussetzungen geprüft werden müssten, wodurch die strengeren Bestimmungen hinsichtlich der Adoption unterlaufen werden.

Zweitens ist die Formulierung derart vage (Abstellen auf die Umstände), dass man etwa bei Rechtsgeschäften oder der Vertretung in Erziehungsangelegenheiten nicht weiß,  ob die Vertretung durch den Ehegatten zu Recht bestand oder eben nicht.

Im Übrigen kann ein Elternteil eine andere Person im Rahmen des Vollmachtsrechts ohnedies bevollmächtigen. Dies wird als ausreichend angesehen. An der gegenwärtigen Rechtslage ist nichts zu ändern. § 90 Abs 3 sollte aus dem Entwurf gestrichen werden!

 

Besonders begrüßt wird die Novellierung des Unterhaltsvorschussgesetzes, wodurch nun viele Kinder – endlich!! - rascher zu einem Unterhaltsvorschuss kommen.

 

Weiters wird vorgeschlagen, allen allein erziehenden Eltern einen eigenen Geldunterhaltsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil (unabhängig von einer Ehe) bis zur Vollendung des vierten Lebensjahres des Kindes zu gewähren.

Begründung: Die Betreuung eines Kleinkindes ist ungemein zeitintensiv und schmälert auf Jahre hindurch die Erwerbschancen, weswegen es eine Frage der Gerechtigkeit ist, dass der andere Elternteil (der keinen Betreuungsunterhalt leistet) Geldunterhalt nicht nur für das Kind, sondern auch für den betreuenden Elternteil leistet.

 

Diese Stellungnahme wurde in der Präsidiale vom 28.5.08 vollinhaltlich angenommen.

 

 

Dr. Albert Haunschmidt e.h.