An die

GZ ● BKA-603.967/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. E-mail patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2353

BMJ-B4.000/0017-I 1/2008

 

Parlamentsdirektion

Parlament

1017 Wien

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Privatstiftungsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Tilgungsgesetz und das Familienberatungsförderungsgesetz geändert werden (Familienrechts-Änderungsgesetz 2008 – FamRÄG 2008);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

In der Anlage übermittelt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 seine Stellungnahme zum oben angeführten Gesetzesentwurf.

 

23. Juni 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt

 

 


 

 

An das

GZ ● BKA-603.967/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. E-mail patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2353

Ihr Zeichen BMJ-B4.000/0017-I 1/2008

 

Bundesministerium für

Justiz

 

kzl.b@bmj.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Privatstiftungsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Tilgungsgesetz und das Familienberatungsförderungsgesetz geändert werden (Familienrechts-Änderungsgesetz 2008 – FamRÄG 2008);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zum Begutachtungsumfang:

Von Seiten des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienst wird darauf hingewiesen, dass im Folgenden aus verfassungsrechtlicher und legistischer Sicht nur auf die durch den vorgelegten Entwurf bewirkten Änderungen eingegangen wird. Soweit die geltende Rechtslage unverändert bzw. bloß unter Berücksichtigung der Lebensgemeinschaft fortgeführt wird, wird auf sie nicht eingegangen.

Zur Legistik:

Der Entwurf enthält in seinem Art. XVI selbstständige Inkrafttretens- und Schlussbestimmungen und steht damit im Widerspruch zu LRL 66. Der Grund für das dort vorgesehene Verbot selbständiger Bestimmungen liegt unter anderem in der leichteren Lesbarkeit der Stammvorschrift, wenn diese auch alle relevanten Schlussbestimmungen enthält, sowie in der wesentlich leichteren Verarbeitung für das Rechtsinformationssystem und der einfacheren Benützung des dortigen Datenbestandes.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Art. XVI den gesamten Entwurf betrifft, wiewohl bestimmte Artikel – zB Art. III – dennoch getrennte Inkrafttretensregelungen enthalten, womit in Bezug auf diese Artikel eine Doppelregelung erfolgen würde.

Weiters werden Änderungen von Gesetzen vorgeschlagen, die bereits derzeit, wie etwa die Strafprozessordnung, eine eigene Schlussbestimmung über das Inkrafttreten aufweisen (§ 514 StPO). Es wäre offenkundig verfehlt, das Inkrafttreten der Änderungen in der StPO nicht in dieser Bestimmung, sondern in einem separaten Artikel des im Entwurf vorliegenden Gesetzes zu regeln.

Es wäre aus Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst außerdem zu begrüßen, wenn die Gelegenheit genutzt würde, entsprechende integrierte Schlussbestimmungen auch in jene Gesetze aufzunehmen, die noch über keine solchen verfügen. Sollte davon allerdings abgesehen werden, so wäre jedenfalls der Anwendungsbereich von Art. XVI auf jene Artikel der Novelle zu beschränken, bei denen die zu Grunde liegenden Stammgesetze keine solchen integrierten Schlussbestimmungen aufweisen. Auch eine Regelung des Inhaltes von Art. XVI §§ 1, 3 und 4 (Personenbezogene Bezeichnungen, Übergangsrecht, Vollziehungsklausel) sollte nicht als selbständige Vorschrift geregelt, sondern in die jeweiligen Materiengesetze aufgenommen werden.

Es würde auch der legistischen Praxis entsprechen, Novellierungsanordnungen durchgehend zu nummerieren und nicht mit Buchstabenbezeichnungen zu untergliedern, wie dies beispielsweise in Art. VIII des Entwurfs geschieht. Dies hätte auch den Vorteil der leichteren Zitierbarkeit der Novellierungsanordnungen, während die in Teilen des Entwurfes gewählte Art der Bezeichnung trotz der zusammenhängenden Bezeichnung von Novellierungsanordnungen, die die gleiche Bestimmung im Stammgesetz betreffen, letztlich keine Vorteile mit sich bringt, weil die einzelnen, eine Bestimmung betreffenden Novellierungsanordnungen dennoch voneinander unabhängig bleiben.

Zu Art. I (Änderung des ABGB):

Zu Z 1 (§ 90 Abs. 3):

Die Formulierung „wenn es die Umstände erfordern“ ist äußerst unbestimmt und lässt insbesondere das Verhältnis zur Rolle des anderen Elternteils offen (dieser könnte in bestimmten Fällen die normalerweise dem verhinderten Elternteil zukommende Rolle einnehmen), der auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK Bedeutung zukommt.

Zu Z 2 (§ 137 Abs. 4):

Das Wort „alles“ wäre klein zu schreiben.

Zu Art. V (Änderung des Mietrechtsgesetzes):

Trotz der nachvollziehbaren Erläuterungen wird von der ausdrücklichen Regelung „verschieden- und gleichgeschlechtlich“ abgeraten, weil sich in der Praxis die Frage des Umkehrschlusses zu anderen Regelungen, bei welchen dies nicht ausdrücklich so geregelt, aber gleich zu verstehen ist, dennoch stellen könnte. Wie die Regelung gemeint ist, könnte und sollte besser explizit in den Erläuterungen klargestellt werden (die Alternative wäre, die zitierte Qualifikation in allen Fällen in den Text aufzunehmen; es liegt aber auf der Hand, dass das aufgrund der großen Zahl einschlägiger Regelungen in der Rechtsordnung nicht praktikabel ist).

Zu Art. XV (Änderung des Familienberatungsförderungsgesetzes):

Auf das Fehlen des Artikels „Das“ zu Beginn des Einleitungssatzes wird hingewiesen. Ebenso fehlt der Artikel „der“ vor „Bundesministerin für Justiz“ in § 2 Abs. 1 Z 8 (neu).

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Die Angabe der Kompetenzgrundlage sollte im Allgemeinen Teil erfolgen. Diesbezüglich ist anzumerken, dass bei der dortigen Angabe nicht auf Art. 17 B-VG Bezug genommen wird.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

23. Juni 2008

Für den Bundeskanzler:

LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt