Amt der Steiermärkischen Landesregierung

 

 

Fachabteilung 6A

An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1016 Wien

     

     

 

E-Mail: kzl.b@bmj.gv.at

 

è Jugend, Frauen, Familie und Generationen

                                                                   

Bearbeiter: Mag. Astrid Kokoschinegg
Tel.:  (0316) 877-4892
Fax:   (0316) 877-3924
E-Mail: fa6a@stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte
Geschäftszeichen (GZ) anführen

 

 

GZ:

FA1F-12.01-1/2000-6

Bezug:

BMJ-B4.000/0017-I 1/2008

Graz, am 23.06.2008

 

Ggst.:

Familienrechts-Änderungsgesetz 2008;
Stellungnahme des Landes Steiermark

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Zu dem mit do. Schreiben vom 13.05.2008, obige Zahl, übermittelten Entwurf des Familienrechts-Änderungsgesetz 2008 wird seitens des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung folgende Stellungnahme abgegeben:


 

Allgemeines:

Der Entwurf eines Familienrechts-Änderungsgesetzes 2008 wird grundsätzlich befürwortet. Insbesondere die Beseitigung von sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen von Lebensgefährten gegenüber verheirateten Personen und die Berücksichtigung der Lebensgemeinschaft in Justizgesetzen werden als zeitgemäße Adaptierung gesehen.

Die österreichische Rechtsordnung orientierte sich bisher an traditionellen Familienvorstellungen. Das ABGB aus dem Jahr 1811 nimmt auf die Vielfalt tatsächlich gelebter Familienformen wenig Rücksicht, auch wenn es neben traditionellen Familien mit verheirateten Eltern und Kindern auch Patchwork-Familien, Alleinerziehende und Lebensgemeinschaften gibt. Aus diesem Grund ist die Verbesserung der rechtlichen Situation von Patchwork-Familien dringend erforderlich.

Auch die geplante Aufhebung einiger Ehepakte stellt eine Modernisierung des österreichischen Familienrechts dar, da Begriffe wie Heiratsgut, Widerlage, Morgengabe, Witwengehalt,  Einkindschaft und Advitalitätsrecht obsolet sind und mehr der Verwirrung dienen.

 

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Artikel I, Änderung des ABGB:

Zu §§ 90 Abs. 3 und 137 Abs. 4 ABGB:

Eine geplante Erweiterung der ehelichen Beistandspflicht für mehr Rechtssicherheit für Patchwork-Familien ist grundsätzlich positiv zu sehen. Jedoch ist die Formulierung des § 90 Abs. 3 ABGB, dass „jeder Ehegatte dem anderen in der Ausübung der Obsorge für dessen Kinder in angemessener Weise beizustehen und ihn zu vertreten, wenn es die Umstände erfordern“ sehr unbestimmt gefasst. Den Erläuterungen ist zu entnehmen, dass dieses Vertretungsrecht auch bei den qualifizierten Angelegenheiten (nach § 154 Abs. 2 und Abs. 3 ABGB) gelten soll. In diesen besonders wichtigen Angelegenheiten bedarf die Rechtshandlung eines Elternteils zur ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des anderen Teils. Das Erfordernis der Zustimmung durch den anderen Elternteil entfällt, wenn im Rahmen der Obsorge nur ein Elternteil mit der gesetzlichen Vertretung für die in Frage kommende Maßnahme betraut ist. Im vorliegenden Entwurf wurde nicht die Situation berücksichtigt, dass in einer wichtigen Angelegenheit ein allein obsorgeberechtigter Elternteil bei Verhinderung durch den Stiefelternteil vertreten wird. In diesem Falle wäre eine weitere Zustimmung nicht notwendig und basierte diese wichtige Handlung somit allein auf der Zustimmung des Stiefelternteiles.

Unklar scheint insgesamt auch, was zu gelten hat, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der/die Vertreter/in doch nicht im Sinne der/des Vertretenen gehandelt hat.

Ergänzend anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der kürzlich in Begutachtung gewesene Entwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes keine mit § 90 Abs. 3 vergleichbare Bestimmung enthält, sodass in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften weder das Recht noch die Verpflichtung für die/den Lebenspartner/in besteht, den obsorgeberechtigten Elternteil bei Ausübung der Obsorge zu vertreten. Da der Gesetzgeber aber vor allem darauf bedacht war, die Lebenspartnerschaft weitestgehend an das Institut der Ehe anzupassen, wäre auch im Rahmen des Lebenspartnerschaftsgesetzes konsequenterweise eine sinngemäße Gleichstellung geboten, zumal ja durch die Eingehung der Lebenspartnerschaft auch persönliche Rechte und Pflichten zwischen den Lebenspartner/innen begründet werden. Im Fall einer Differenzierung müsste jedenfalls klargestellt werden, warum der Gesetzgeber eine entsprechende Gleichbehandlung in diesem Bereich nicht für erforderlich hält.

Gegenüber einem mj. Kind normiert § 137 Abs. 4 eine (ergänzende) neue Beistandspflicht für jene Personen, die mit der Mutter oder dem Vater dieses mj. Kindes nicht nur vorübergehend im gemeinsamen Haushalt zusammenwohnen und in einem familiären Verhältnis zu dieser/m stehen. In diesem Zusammenhang wäre zumindest in den Erläuterungen eine Klarstellung notwendig, wie die Beistandspflicht im Verhältnis zu den Kindern der/des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners/in zu sehen ist.


Wünschenswert erschiene auch eine ausdrückliche Klarstellung, ob der/die gleichgeschlechtliche Lebenspartner/in als Pflegeelternteil im Sinne des § 186 ABGB anzusehen ist und damit auch in den für eine Obsorgebetrauung in Frage kommenden Personenkreis nach § 145 Abs. 1 ABGB fällt oder nicht. Dies ist von praktischer Relevanz, da die Rechtssprechung diese Frage bisher offen gelassen hat (vgl. das Erkenntnis des OGH vom 25.9.2002, 7 Ob 144/02f).

 

Zu § 215 Abs. 3 ABGB:

Wenngleich die Erläuterungen von einer „Ermächtigung“ des Jugendwohlfahrtsträgers sprechen, sieht Abs. 3 eine Verpflichtung des Jugendwohlfahrtsträger vor, ein Verfahren zur Anerkennung oder Nichtanerkennung von ausländischen Adoptionen einzuleiten, wenn dies zur Wahrung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Damit wird der Aufgabenbereich des Jugendwohlfahrtsträgers um eine neue Pflichtaufgabe erweitert, ohne dass die Erläuterungen ausführen würden, welche finanziellen Mehrbelastungen für die Länder als Jugendwohlfahrtsträger damit verbunden wären.

Darüberhinaus bleibt inhaltlich festzustellen, dass die Frage, wann ein solches Verfahren zur Wahrung der berechtigten Interessen eines minderjährigen Adoptivkindes erforderlich ist, vom Jugendwohlfahrtsträger nur schwer wird beurteilt werden können. Weder der Gesetzestext, noch die Erläuterungen legen fest, an welche Tatbestandsvoraussetzungen die (ausschließlich) den Jugendwohlfahrtsträger verpflichtend treffende Ausübung der übertragenen Befugnisse geknüpft ist. Angesichts dessen, dass der Gesetzgeber hier primär auch jene Länder vor Auge hat, in denen die Adoption auf einem unsicheren Rechtsrahmen beruht, würden Kenntnisse benötigt, die der Jugendwohlfahrtsträger gar nicht erbringen kann. Die vorgesehene neue Aufgabe wird daher aus den dargestellten Erwägungen abgelehnt.

 

Zu Artikel III, Änderung des UVG:

Eingangs wird in Zusammenhang mit den Erläuterungen zum UVG im Allgemeinen Teil bedauert, dass die Möglichkeit einer Besserstellung  junger Menschen durch eine (systemkonforme) Anhebung der Altergrenze über das 18. Lebensjahr nicht aufgegriffen wurde. Beispielsweise können im Rahmen des JWG 1989 Maßnahmen sehr wohl auch über die Volljährigkeit hinaus gewährt werden, weil dieser Personenkreis wohl u.a. auch noch zu jenem zählt, der den besonderen Schutz der Gesetze genießt.

Zu den Kinderunterhalten darf angemerkt werden, dass diese bereits nach geltender Rechtslage bei Leistungsfähigkeit der Unterhaltsschuldner den angemessenen Bedürfnissen des Kindes entsprechen, also seinen Bedarf decken müssen. Untersuchungen zeigen allerdings, dass sowohl Regelbedarfsätze als auch nach der Prozentsatzmethode ermittelte Unterhaltsbeträge durchschnittlich leistungsfähiger Unterhaltspflichtiger die tatsächlichen Kosten der Kinder nicht decken. Dadurch kommen viele (meistens) Alleinerziehende in die Lage, wesentliche Teile ihrer Einkünfte für die Kinder aufwenden zu müssen, sodass sie im Ergebnis selbst in Gefahr geraten, hilfebedürftig zu werden. Ein den Kinderbedarf berücksichtigender Ausbau der Unterhaltsvorschussleistungen wäre daher eine wünschenswerte Weiterentwicklung  der Unterhaltsvorschussgesetzgebung.

Soweit die Erläuterungen in diesem Zusammenhang Bezug auf die Mindestsicherung und die Sozialhilfe nehmen, bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass bei einem Gegenüberstellen dieser beiden Leistungstypen richtigerweise auch die Systemunterschiede berücksichtigt werden müssten.

Einleitend soll auch auf den Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse für ausländische Kinder eingegangen werden; dieses Thema wird in der gegenständlichen Novelle des UVG nicht behandelt, doch wäre eine Klarstellung im Interesse der Rechtssicherheit notwendig.

Auf Grund der EuGH-Feststellung, dass der österreichische Unterhaltsvorschuss eine Familienleistung iSd. Verordnung (EWG) 1408/71 ist, bestand für ein EWR-Kind in Österreich ein Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse, solange der geldunterhaltspflichtige Elternteil oder der/die Obsorgeberechtigte/r als Selbständige/r, Arbeitnehmer/in, Arbeitslose/r oder Student/in im EWR-Raum sozialversichert war. Ein Anspruch konnte somit auch von der obsorgeberechtigten berufstätigen Mutter, die mit dem Kind in Österreich lebte, abgeleitet werden. Im Falle des Zusammentreffens von Ansprüchen in mehreren Mitgliedsstaaten ging man vorrangig von dem Anspruch im Wohnsitzstaat des Kindes aus.

Die aktuelle Judikatur des OGH (und damit auch des OLG) hat sich aber in den letzten Monaten geändert. So gibt es 2 neue OGH - Entscheidungen (4 Ob 4/07b und 6 Ob 121/07y) betreffend die VO (EWG) 1408/71, die besagen, dass nunmehr ausschließlich der Staat, in dem der geldunterhaltspflichtige Elternteil arbeitet oder als arbeitslose/r Arbeitnehmer/in im Sinne der VO (EWG) 1408/71 sozialversichert ist, für die Gewährung und Auszahlungen von Unterhaltsvorschüssen zuständig ist.

Nach dieser aktuellen Rechtsprechung des OGH hätte somit ein EWR-Kind, das sich in Österreich aufhält und dessen geldunterhaltspflichtiger Elternteil im Ausland arbeitet, keinen Anspruch auf österreichische Vorschüsse, sondern müsste im Wohnsitzstaat des geldunterhaltspflichtigen Elternteils ein Antrag auf Vorschüsse oder eine vergleichbare Leistung gestellt werden.

Betreffend die Unterhaltsvertretung ausländischer Kinder wäre es somit dringend notwendig, dass das Justizministerium eine zuverlässige zentrale Informationsquelle zur Verfügung stellt, aus der hervorgeht, welche EWR-Länder Vorschüsse oder vergleichbare Leistungen gewähren und weiters, unter welchen Voraussetzungen wo im Ausland der Antrag gestellt werden sollte. Außerdem sollte Klarheit geschaffen werden, wer für die Durchsetzung dieser Unterhaltsvorschüsse bzw. vergleichbaren Leistungen zuständig ist. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob dies für den Jugendwohlfahrtsträger überhaupt machbar ist (Wenn z.B. die Mutter mit dem Kind im Ausland lebt und der Vater in Österreich versichert ist, wäre ein österreichischer UV zu beantragen. Falls auch die Voraussetzungen für das Bestehen des UV-Anspruches zu überprüfen wären – ob z.B. das mj. Kind bereits ein Einkommen erzielt oder bereits selbsterhaltungsfähig ist etc. – wäre es für den österreichischen Jugendwohlfahrtsträger fast nicht möglich, die Durchsetzung zu tätigen, da er ja über diese Daten nicht verfügt, bzw. diese nur langwierig im Amtshilfeweg einholen müsste).

 


Zu §§ 3 Abs. 2 und 27 UVG:

Ziel der Novelle zum UVG ist es, dass  UV-Verfahren deutlich schneller ablaufen sollen. So sieht § 3 Abs. 2 UVG vor, dass Vorschüsse geleistet werden sollen, sobald ein Unterhaltstitel besteht und ein Exekutionsantrag bei Gericht eingebracht wird. Dies ist  natürlich grundsätzlich positiv. Bisher wurde allerdings die Praxis geübt, in Fällen der Arbeitslosigkeit des Unterhaltsschuldners einen Antrag gem. § 4 Z 1 UVG einzubringen. Auf Grund der neuen Regelung ist unklar, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen in derartigen Fällen künftig ein Exekutionsantrag nach dieser Bestimmung zu stellen sein wird, da § 4 Z 1 UVG unverändert bleibt.

Der Umstand, dass das Exekutionsverfahren aus dem Unterhaltstitel nicht mehr abgewartet werden muss, veranlasste den Gesetzgeber zu einer Änderung des § 27 UVG. In Zukunft soll in § 27 Abs. 1 UVG die bisher an zweiter Stelle gereihte Forderung des Kindes - auf die innerhalb von sechs Monaten vor der Stellung des Vorschussantrags fällig gewordenen Unterhaltsbeiträge - aus der Rangordnung der vom Jugendwohlfahrtsträger (durch die hereingebrachten Unterhaltsbeiträge) zu befriedigenden Forderungen entfallen. Im Interesse der bestmöglichen Unterhaltssicherung für das mj. Kind muss dieser neuen Rangordnung des § 27 UVG entschieden entgegengetreten werden.

Aus der Praxis lässt sich dazu feststellen:

Grundsätzlich wird der Jugendwohlfahrtsträger erst mit der Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des mj. Kindes beauftragt, wenn der Unterhaltsschuldner bereits einige Monate im Rückstand ist.

In vielen Fällen gibt es zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Unterhaltstitel, sodass zuerst versucht werden muss, mit den Unterhaltsverpflichteten einen Unterhalts-Vergleich abzuschließen. Wenn das nicht möglich ist, muss ein Unterhaltsfeststellungsverfahren beim Pflegschaftsgericht eingeleitet werden.

Aber auch in den Fällen, in denen eine Unterhaltsfestsetzung bereits stattgefunden hat, vergehen zumindest drei Monate bis eine Exekutionsbewilligung und somit ein Unterhaltsvorschuss beantragt werden kann. Zunächst wird der Unterhaltsschuldner zur Überweisung des fälligen Unterhaltsbetrages aufgefordert. Falls im Monat darauf kein Zahlungseingang verbucht werden kann, erfolgt eine Mahnung. Erst im folgenden Monat wird bei Nichtzahlung des geforderten Unterhaltsbetrages ein Exekutionsantrag gestellt und erfolgt das somit nach einer durchschnittlichen Dauer von drei Monaten.

Verfahren mit Auslandsbezug werden immer häufiger. In diesen Fällen müssen als Nachweis für die Unterhaltsberechtigung die entsprechenden beglaubigten Dokumente zur Verfügung gestellt werden und führt dies auch zu einer Verzögerung der möglichen Antragsstellung.

Im Sinne der Existenzsicherung und des Wohles des mj. Kindes wäre daher die Beibehaltung der Rangordnung im Sinne des § 27 des geltenden UVG  erforderlich, doch sollten zumindest die fälligen Unterhaltsbeiträge für 3 Monate vor der Unterhaltsvorschussgewährung vorrangig abgedeckt werden.

Weiters ist zu bedenken, dass in zahlreichen Fällen der Jugendwohlfahrtsträger erst dann mit der Vertretung betraut wird, wenn bereits ein erheblicher Rückstand aufgelaufen ist. In derartigen Fällen würde sich die geplante Neureihung nachteilig für das Kind auswirken.

 

Zu § 6 Abs. 2 UVG:

Die Anhebung der Richtsatzhöhe für mj. Kinder im Alter von 0-6 Jahren wird als zeitgemäß empfunden und begrüßt. Nicht nachvollziehbar ist hingegen die Senkung der Richtsatzhöhe für Kinder über 14 Jahren, da gerade ab diesem Alter die Bedürfnisse des Kindes mit Sicherheit wesentlich höher sind, als bei einem kleineren Kind, und regelmäßig hohe Kosten für Ausbildung (regelmäßig Schullandwochen im Ausland, Sprachwochen im Ausland, Schikurse udgl.) anfallen.

 

Zu §§ 9 Abs. 3 und 13 Abs. 1 UVG:

Derzeit ist die Enthebung des Jugendwohlfahrtsträgers in Hinblick auf seine Vertretung auch im Falle der Vorschüsse nach § 4 Z 4 UVG zwingend, wenn er zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches nicht tatsächlich etwas beizutragen vermag. Nach dem gegenständlichen Novellierungsentwurf soll dies wieder aufgehoben und gleichzeitig eine Verschärfung der Voraussetzungen für die Enthebung des Jugendwohlfahrtsträgers eingeführt werden, nämlich dass keine Rückstände aus Vorschüssen nach § 3 oder § 4 Z 1 oder 4 bestehen dürfen. Dies führt in Folge zu einer längeren Verpflichtung zur Eintreibung der Unterhaltsrückstände für den Bund und im Ergebnis zu einer Mehrbelastung des Jugendwohlfahrtsträgers. Dies wird abgelehnt und gefordert, eine Rückzahlungspflicht des Unterhaltsschuldners auch hinsichtlich dieser Vorschüsse unmittelbar zu Handen des Bundes (Aufnahme des § 4 Z 4 in den §§ 28, 29 UVG) aufzunehmen und den § 13 Abs. 1 Z .5  UVG unverändert zu belassen.

 

Zu §§ 21 und 22 UVG:

Die vorgesehenen Änderungen bedeuten offensichtlich eine Verschärfung der Mitteilungs- und Haftungsbestimmungen für den Jugendwohlfahrtsträger. Die Praxis der letzten Jahre hat zunehmend gezeigt, dass die maßgeblichen Umstände für die Bemessung der den Vorschüssen zugrunde liegenden Titelhöhe auf Seiten des Unterhaltsschuldners in großem Ausmaß Änderungen unterliegen und diese Entwicklung eher zunimmt (ständiger Arbeitswechsel, Verschuldung, Konkurs, Suchtentzug, Arbeitslosigkeit, Wohnortwechsel etc.). Auf Grund der Masse der UV-Verfahren und der häufigen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse wird es trotz größter Bemühungen nicht zur Gänze ausgeschlossen werden können, dass maßgebliche Umstände auch übersehen werden können. Es darf auch erwähnt werden, dass die Judikatur in den letzten Jahren in der Beurteilung der Verschuldensfrage durchaus restriktiver geworden ist und die in den Jugendämtern im UV-Bereich Tätigen persönlich im Rahmen des Zivilrechtes haften.

Es wird daher nachdrücklich ersucht, die bestehende Regelung in Hinblick auf den Jugendwohlfahrtsträger beizubehalten.

 


Zu Artikel  IX, Änderung des AußStrG

Zu §§ 91a bis 91d AußStrG:

Das in den Erläuterungen zu § 215 Abs. 3 ABGB formulierte Ziel, mit dem fakultativen gerichtlichen Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsentscheidungen die Rechte des Kindes zu sichern, ist selbstverständlich zu unterstützen. Jedoch ist das vorgesehene Verfahren dazu nicht geeignet.

Grundsätzlich  ist nicht einsichtig, warum für Behörden, die in ihrem Aufgabenbereich Vorfragen der Wirksamkeit einer Auslandsadoption zu prüfen haben (etwa Fremden- oder Staatsbürgerschaftsbehörden), kein eigenes Antragsrecht vorgesehen wurde. Hier ist zu befürchten, dass diese die Vorfragen in der Regel nicht mehr selbst prüfen werden, sondern den Jugendwohlfahrtsträger befassen und ihm damit die Verantwortung für die Entscheidung einer Antragstellung nach § 215 Abs. 3 überwälzen. Dies ist abzulehnen, es sollte für diese Behörden ebenso ein eigenes gerichtliches Antragsrecht verankert werden.

Bei ausländischen  Adoptionen wird in der Regel die Adoption im Ursprungsstaat abgewickelt und mit dem Kind eingereist. Nicht einmal das JWG sieht vor, diesbezüglich nunmehr Recherchen anzustellen. Durch die zivilrechtliche Gleichstellung von Adoptiv- mit leiblichen Kindern, besteht auch für den Jugendwohlfahrtsträger grundsätzlich weder Anlass noch  Befugnis für weitere Erhebungen. Ebenso ist das Ansinnen zurückzuweisen, dass der Jugendwohlfahrtsträger auf (möglicherweise vage) Hinweise über Kinderhandel, Dokumentenfälschung oder andere Manipulationen, die ihm nach den Erläuterungen von österreichischen Vertretungsbehörden, Kommissionen etc. zugetragen werden, durch eigene Erhebungen oder gar Nachweis zu reagieren hat. Hier wird dem Jugendwohlfahrtsträger eine Funktion und Verantwortung überbürdet, der er nicht im Mindesten gerecht werden könnte.

Die in § 91b Abs. 2 vorgesehenen, dem Antrag anzuschließenden Urkunden, insbesondere deren Nachweis der Rechtskraft nach dem Ursprungsstaat, ist in der Praxis kaum umsetzbar. Der Gesetzgeber verschweigt sich gänzlich, wie der Jugendwohlfahrtsträger zu diesen Unterlagen kommen soll, insbesondere wenn Adoptiveltern nicht mitwirken und andere inländische Behörden (siehe oben) automatisch von einer Befassung des Jugendwohlfahrtsträgers Gebrauch machen werden. Sollte daran gedacht sein, den Jugendwohlfahrtsträger auch für die Dokumentenbeschaffung über die ausländischen Adoptionsbehörden zuständig zu machen, wird vollkommen übersehen, dass selbst mit den Haager Staaten eine Übermittlung von Unterlagen (und auch das ist nicht immer möglich) äußerst langwierig verläuft. Abgesehen vom administrativen und personellen Mehraufwand kann bei einer dann allenfalls erfolgten Antragstellung bis zu einer rechtskräftigen Nichtanerkennung der Adoption so viel Zeit vergehen, in der das Kind schon lange seinen Aufenthalt in Österreich hat. Wer ist dann für die Obsorge und die Rückführung des Kindes verantwortlich?

Zusammenfassend wird das fakultative Anerkennungsverfahren samt der Übertragung der Antragstellung gem. § 215 Abs. 3 abgelehnt.

 


Zu §§ 93 Abs. 4 und 95 Abs. 1 AußStrG, § 460 Z 6a ZPO sowie Artikel XV, Änderung des Familienberatungsförderungsgesetz

Kritisch gesehen wird die geplante Beratungspflicht vor einer Scheidung. Unbestritten wichtig ist die Rechtsberatung vor bzw. während einer Scheidung; auch sollten Vereinbarungen für einvernehmliche Scheidungen keine Partei benachteiligen. Insbesondere wichtig erscheint allerdings die Auseinandersetzung mit den Scheidungsfolgen für das Kind. Hierüber sollten sich die Eltern im Vorfeld einer Scheidung intensiv auseinandersetzen müssen.

Art 3 Abs 1 UN-Kinderrechtekonvention (KRK) normiert, dass das Wohl des Kindes oberste Leitlinie zu sein hat: „Bei allen Maßnahmen, gleichviel ob sie von … oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ Noch einschlägiger in Bezug auf die Obsorge bzw. Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist Art 3 Abs 2 KRK: „Die Vertragsstaaten verpflichten sich, dem Kind unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten seiner Eltern, seines Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind; zu diesem Zweck treffen sie alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen.“

Dazu wird bemerkt, dass Familienberatungsstellen nicht nur zur juristischen, sondern insbesondere auch zur psychosozialen Komponente von Trennungen bzw. Scheidungen einen kompetenten Zugang haben. Daher wird die Chance gesehen, dass dadurch im Zuge dieser Beratungen dem Wohl des Kindes besonderes Augenmerk geschenkt werden kann. Eine entsprechende legistische Normierung dahingehend, dass auch das Wohl des Kindes im Rahmen dieser Beratungen Gegenstand zu sein hat, wird in § 93 Abs. 4 AußStrG vermisst und wäre daher noch im Sinne von § 3 Abs 1 und 2 KRK nachzuholen, sprechen doch die Erläuterungen zu § 93 Abs 4 AußStrG explizit davon, dass „Scheidungsvergleiche“ zu einem wesentlichen Teil den hauptsächlichen Aufenthalt von Kindern oder die Obsorge, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr und die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern zum Inhalt haben; also alles Regelungen, die für das Wohl des Kindes von grundlegendster Bedeutung sind. In diesem Sine wären auch die neue Fassung von Z 6a von § 460 ZPO sowie die neue Z 6b leg. cit. zu ergänzen.

Bisher gibt es in der Steiermark bzw. in Österreich ein umfassendes Rechtsberatungsangebot von verschiedenen Beratungsstellen. Beispielsweise Frauenberatungsstellen bieten Beratung vor bzw. während Scheidungen und Trennungen, dazu zählen auch Obsorge- und Besuchsrechtsregelegungen sowie die Themen Alimente und Unterhaltszahlungen. Die Arbeit der Frauenberatungsstellen erfolgt nach folgenden Grundsätzen: Anonymität der Klientinnen, freiwillige Inanspruchnahme des Beratungsangebotes, kostenlose Beratung und geschützter Rahmen für die Klientin und ihre Kinder (insbesondere für Frauen in Gewaltbeziehungen wichtig).

Mit der geplanten Beratungsverpflichtung können diese Grundsätze nicht mehr gewahrt werden. Die Freiwilligkeit ist nicht mehr gegeben, die Anonymität der Klientin ist aufgrund der im Entwurf geforderten Ausstellung einer Bestätigung über die erfolgte Beratung für das Bezirksgericht nicht mehr gegeben und auch die kostenlose Beratung wäre nicht mehr gegeben, da der Entwurf die Einhebung eines Kostenbeitrages vorsieht, dessen Höhe in einer Verordnung festgelegt werden sollte.
Denkbar wäre auch ein Ansteigen strittiger Scheidungen, da mit einer Beratungsverweigerung eines Partners Druck ausgeübt werden kann.

Schließlich sollte genau geprüft werden, welche Beratungsstellen die geforderte Beratungsbestätigung ausstellen dürfen. Dabei sollte nicht, wie in § 460 Z 6a ZPO und § 93 Abs. 4 AußStrG festgehalten, das Kriterium geförderte Familienberatungsstelle gemäß dem Familienberatungsförderungsgesetz entscheidend sein, da weitere Institutionen ebenfalls kostenlose und umfassende Rechtsberatung anbieten. Auch ist fraglich ob alle Stellen, die auf der Liste der geförderten Familienberatungsstellen des BMGFJ stehen, überhaupt Jurist/innen beschäftigen, die die Beratungen durchführen können/dürfen. Als letztes ist die Haftung der Jurist/innen der Familienberatungsstellen bzw. andererer Beratungsstellen genau zu prüfen und zu klären.

Auch sollte in § 460 Z 6a ZPO und § 93 Abs. 4 AußStrG ausdrücklich der Begriff „rechtskundiger Mitarbeiter“ gegen „Jurist/in“ ausgetauscht werden, sodass ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften Voraussetzung für die Beratungstätigkeit sein sollte.

Auch ist es bisher nicht üblich, dass Jurist/innen, die Beratungen in Frauen- und Familienberatungsstellen durchführen, haftpflichtversichert sind.

 

Zu den Kosten:

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält keine Ausführungen über mit den Änderungen und Neuregelungen verbundene Kostenfolgen für die Länder.

Im Bereich der Änderungen des UVG ist zu erwarten, dass durch den erleichterten und verbesserten Zugang zu Unterhaltsvorschüssen auch die Attraktivität für Unterhaltsgläubiger zunehmen und der Jugendwohlfahrtsträger vermehrt mit Vertretungen beauftragt werden wird. Dies bewirkt einen Mehrbedarf an Personal.

Im allgemeinen Teil zum Entwurf des Gesetzes wird in den Vorbemerkungen angeführt, dass eine zusätzliche Belastung im Bereich der Jugendwohlfahrt nicht zu befürchten sei. Lediglich von einer Vermehrung der Fälle um 5 bis 10 % im Gerichtsbereich wird gesprochen. Geht man aber davon aus, dass 99 % der Anträge über die Jugendwohlfahrtsämter bei Gericht eingebracht werden, muss man auch die in den Erläuterungen angeführte Vermehrung auf die Jugendwohlfahrt umlegen. Die Ermittlungen des Bundesministeriums für Justiz setzen sich lediglich mit einer Arbeitsvermehrung im Justizbereich auseinander und übersehen vollkommen die Rolle der Jugendwohlfahrt in den Unterhaltsvorschussverfahren.

Ein den Voraussetzungen des Konsultationsmechanismus entsprechender Gesetzesentwurf liegt demnach nicht vor. Es wird davon ausgegangen, dass die mit diesem Gesetz verbundenen finanziellen Mehrbelastungen vom Bund getragen werden.

 

Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Landesamtsdirektor

 

 

(HR Dr. Gerhard Ofner)