Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 850/08                                                                Wien, 24. Juni 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch,

das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschuss-

gesetz, das Urheberrechtsgesetz, das

Mietrechtsgesetz, das Privatstiftungsge-

setz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilpro-

zessordnung, das Außerstreitgesetz, die

Exekutionsordnung, die Notariatsordnung,

das Strafgesetzbuch, die Strafprozessord-

nung, das Tilgungsgesetz und das Familien-

beratungsförderungsgesetz geändert werden

(Familienrechts-Änderungsgesetz 2008 -

FamRÄG 2008);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-B4.000/0017-I 1/2008

 

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 13. Mai 2008 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

Zu Art. I (Änderung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches - ABGB):

 

Zu Z 1 (§ 90 Abs. 3 ABGB):

 

Die im letzten Halbsatz dieser Bestimmung vorgesehene Wendung „wenn es die Umstände erfordern“ schafft eine unklare Rechtslage, die durch andere, eindeutige Formen der Obsorgeregelungen (z. B. gemeinsame Obsorgeerteilung durch das Gericht, etc.) zu ersetzen wäre. Insbesondere wäre die Erkennbarkeit (der Vertretung in) der Ausübung der Obsorge gegenüber Dritten sicher zu stellen.

 

Zudem sollte eine solche Beteiligung an der Obsorge nicht nur bei Ehegatten, sondern auch bei Lebensgefährten ermöglicht werden.

 

Zu Z 2 (§ 137 Abs. 4 ABGB):

 

Diese Bestimmung wird unter dem Aspekt des Kindeswohles begrüßt. Sie ist jedoch von derart grundlegender Bedeutung und birgt für die „im gemeinsamen Haushalt lebende volljährige Person“ eine Vielzahl von Problemen zivil- und strafrechtlicher Natur, sodass ein späteres In-Kraft-Treten als mit 1. Jänner 2009 vorgeschlagen wird. Dies erscheint insofern gerechtfertigt, als die Bevölkerung über die folgenreiche Bestimmung ausreichend informiert werden sollte.

 

Zu Art. III (Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes 1985 - UVG):

 

Im Zuge der vorliegenden Reform sollte geprüft werden, ob nicht die Beschränkung der Anspruchsberechtigung in § 2 Abs. 1 erster Satz UVG auf österreichische Staatsbürger und Staatenlose entfallen sollte.

 


Zu Z 3 (§ 6 Abs. 2 Z 3 UVG):

 

Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum Kinder über 14 Jahren statt bisher 75 % nur mehr 60 % des in Abs. 1 festgelegten Höchstbetrages erhalten sollen, zumal gerade mit zunehmendem Alter der Lebensbedarf von Kindern steigt. Diese Änderung wird daher mit Nachdruck abgelehnt.

 

Zu Z 13 (§ 22 Abs. 1 UVG):

 

Eine Haftung für den Fall, dass „Vorschüsse vorsätzlich oder grob fahrlässig für den Unterhalt des Kindes verbraucht“ wurden, wird abgelehnt, da auch in diesen Fällen das Geld für den Unterhalt, nicht jedoch zweckwidrig verwendet wird.

 

Zu Art. V (Änderung des Mietrechtsgesetzes):

 

Zu § 12 Abs. 1:

 

Das Erfordernis einer mindestens fünf Jahre dauernden Wohndauer des Lebensgefährten als Abtretungsvoraussetzung eines Hauptmietrechtes stellt eine sachlich nicht zu rechtfertigende Diskriminierung des Lebensgefährten im Vergleich zum Ehegatten dar. Insbesondere weisen das Wohnbedürfnis und das Bedürfnis nach Versorgung bei beiden Partnerschaftsmodellen (insbesondere auch im Hinblick auf im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder) keine relevanten Unterschiede auf. Lebensgefährten und Ehegatten sollten daher im gegebenen Zusammenhang gleich behandelt werden.

 

Zu Art. VIII (Z 2), IX (Z 3) und XV (Z 1):

 

Zu § 460 Z 6a der Zivilprozessordnung - ZPO, § 93 Abs. 4 des Außerstreitgesetzes und § 2 Abs. 1 Z 8 des Familienberatungsförderungsgesetzes:

 

Diese Bestimmungen beseitigen die in der geltenden Fassung des § 460 Z 6a ZPO vorgesehene Verpflichtung des Gerichtes zur Information einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Verfahrenspartei über die Scheidungsfolgen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Folgen. Dadurch ist nicht mehr sichergestellt, ob über die aus Sicht des Gerichtes im gegebenen Einzelfall wichtigen Folgen aufgeklärt wurde. Die Manuduktionspflicht sollte daher beibehalten werden.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass den übermittelten Unterlagen nicht zu entnehmen ist, ob auch eine Gesetzesfolgenabschätzung im Hinblick auf Gender Mainstreaming („Gendercheck“) stattgefunden hat.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Heinz Liebert                                           Mag. Michael Raffler

                                                                                       Senatsrat

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MDZ

     (zu MDZ - 1244/2008 Hej)

5. MA 11

     (zu MA 11 - 776/2008)

6. MA 50

     (zu MA 50 - Mi 5818/08)

7. MA 57

     (zu M57/SOZ/573/08/2)


8. KJA

9. UVS Wien