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Gz ● BKA-F141.020/0055-II/4/2008 Abteilungsmail ● ii4@bka.gv.at bearbeiterin ● Frau Mag. Marie-Theres PRANTNER Pers. E-mail ● marie-theres.prantner@bka.gv.at Telefon ● (+43 1) 53115/7541 Ihr Zeichen ● |
An das Präsidium des Nationalrates
Parlament 1017 Wien begutachtungsverfahren@parlament.gv.at |
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Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail |
Betreff: Familienrechts-Änderungsgesetz 2008; Begutachtungsverfahren; Stellungnahme
Das Bundeskanzleramt – Sektion für Frauen und Gleichstellung – übermittelt Ihhnen in der Beilage die Stellungnahme zum Entwurf des Familienrechts-Änderungsgesetzes 2008 zu Ihrer geschätzten Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Bundesministerin:
Beilage
Elektronisch gefertigt
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Gz ● BKA-F141.020/0055-II/4/2008 Abteilungsmail ● ii4@bka.gv.at bearbeiterin ● Frau Mag. Marie-Theres PRANTNER Pers. E-mail ● marie-theres.prantner@bka.gv.at Telefon ● (+43 1) 53115/7541 Ihr Zeichen ● |
An das Bundesministerium für Justiz
Museumstraße 7 Wien 1070 kzl.b@bmj.gv.at |
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Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail |
Betreff: Familienrechts-Änderungsgesetz 2008; Begutachtungsverfahren; Stellungnahme
Sehr geehrter Dr. Kathrein,
Das Bundeskanzleramt, Sektion Frauen und Gleichstellung, dankt für die Übermittlung des im Betreff genannten Entwurfs und übermittelt dazu nachstehende Stellungnahme:
Der Entwurf des Familienrechts-Änderungsgesetzes 2008 wird aus frauenpolitischer Sicht grundsätzlich für positiv erachtet.
Kritisch gesehen werden jedoch folgende Änderungsvorschläge:
Neufassung der §§ 82, 87 und 97 EheG:
„Opting-out“: In der Möglichkeit des sog. „opting-out“ wird eine Schlechterstellung des (finanziell) schwächeren Parts einer Ehe gesehen. Die geltende Rechtslage stellt darauf ab, dass Ehewohnungen gem. § 82 Abs. 2 EheG dann in die Aufteilung einbezogen werden müssen, wenn der andere Ehepartner auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat.
Dies setzt voraus, dass dieser Ehepartner nur über geringe finanzielle Mittel verfügt oder aber das Wohl des gemeinsamen Kindes als vorrangig erachtet wird. Beide berücksichtigungswürdigen Gründe sind in der Praxis vorwiegend für Frauen relevant. Denn insbesondere dann, wenn sie wegen gemeinsamer Kinder nicht (voll) berufstätig sind oder waren und daher über kein oder nur über ein geringes Einkommen verfügen, werden die geforderten gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Als Argument für die vorgeschlagene Rechtsänderung wird angeführt, dass die bestehende Regelung die Entscheidung zur Eheschließung erschwere, da damit das Risiko verbunden ist, dass im Falle der Scheidung das Eigentum an der Ehewohnung an den anderen Ehegatten übertragen wird. Aus frauenpolitischer Sicht hat jedoch der Schutz des wirtschaftlich schwächeren Teils – häufig die Frau - im Falle einer Trennung unbedingten Vorrang vor dem Schutz des Eigentums an der Ehewohnung.
Aus frauenpolitischer Sicht wird daher keine Notwendigkeit zur Änderung der bestehenden Rechtslage gesehen und wird das vorgeschlagene „opting-out Modell“ abgelehnt.
Festsetzung eines Entgelt: Die Neufassung des § 87 Abs 1 EheG sieht vor, dass das Gericht einem Ehepartner nunmehr nur gegen ein nach Billigkeit festzusetzendes Entgelt Rechte an der Ehewohnung zusprechen kann (z.B. Übertragung ins Eigentum oder aber ein Nutzungsrecht). In den erläuternden Bemerkungen wird festgehalten, dass dabei „etwa auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des in der Ehewohnung verbleibenden Teils, auf die Betreuung gemeinsamer Kinder, auf das marktübliche Entgelt und die wirtschaftlichen Verhältnisse des anderen Teils“ Bedacht zu nehmen sei.
Nach geltender Rechtslage ist die Festsetzung eines Entgelts nicht explizit vorgesehen. Zum Schutz finanziell besonders schwacher EhepartnerInnen wäre die Möglichkeit beizubehalten, von der Festsetzung eines Entgelts abzusehen.
Auch diesbezüglich wird somit kein Bedarf an der vorgeschlagenen Neuregelung gesehen.
Neufassung des § 93 AußStrG:
Beratungspflicht vor einer einvernehmlichen Scheidung: Die nunmehr vorgesehene zwingende umfassende Rechtsberatung vor einer einvernehmlichen Scheidung wird aus frauenpolitischer Sicht sehr begrüßt.
Gleichzeitig mit dieser Verpflichtung ist es jedoch Vorsorge dafür zu treffen, dass diese Rechtsberatung allen in hoher Qualität zugänglich ist und auch für alle leistbar ist.
Die Rechtsberatung kann, wie gesetzlich vorgesehen, auch durch JuristInnen einer anerkannten Familienberatungsstelle erfolgen. Aus den erläuternden Bemerkungen geht nicht hervor, ob in diesem Fall die Beratung kostenlos ist. Im Vorblatt ist unter dem Punkt „finanzielle Auswirkungen“ kein Hinweis auf eine Aufstockung der Familienberatungsstellen aufgenommen.
Für Personen ohne oder mit geringem Einkommen muss es jedoch kostenlose Beratung geben. Es wird daher ersucht zu gewährleisten, dass der Zugang zu qualitätsvoller Rechtsberatung auch Personen offen steht, die über (sehr) geringe finanzielle Mittel verfügen. Dies ist notwendig, um den mit dieser Neuregelung intendierten Schutz vor Übervorteilung auch tatsächlich umsetzen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Bundesministerin:
Elektronisch gefertigt