Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 903-1/08                                                            Wien, 27. Juni 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit

dem das Bundespflegegeldgesetz

geändert wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMSK-40101/0011-IV/4/2008

 

 

An das

Bundesministerium für Soziales

und Konsumentenschutz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 7. Mai 2008 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu § 4 Abs. 3 bis 7 BPGG i.V.m. § 1 Abs. 5 und 6 Einstufungsverordnung:

 

Diese Änderung führt zu einer Berücksichtigung eines zusätzlichen Pauschalwertes bei schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen in Höhe von 50 Stunden (bis zum vollendeten 7. Lebensjahr) bzw. 75 Stunden (ab dem vollendeten 7. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr) und zu einer Berücksichtigung eines Pauschalwertes von 30 Stunden bei geistig oder psychisch Behinderten oder demenziell erkrankten Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr.

 

Die Einführung eines Pauschalwertes für schwere geistige oder psychische Behinderte bzw. demenziell Erkrankte wurde auf Basis des Ergebnisses einer durchgeführten Feldstudie favorisiert, da dies am leichtesten administrierbar scheint. Es handelt sich hierbei um eine völlig neue Betreuungsmaßnahme, die Bedarfsbereiche in Form eines pauschalierten Erschwerniszuschlages erfassen soll. Die Erläuterungen sollten praxisgerecht ergänzt werden, indem erörtert wird, was unter einer schweren geistigen, psychischen oder demenziellen Erkrankung zu verstehen ist.

 

Die Bestimmung im derzeit geltenden BPGG, wonach bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berück­sichtigen ist, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen, nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht, bleibt auch in der Novelle unverändert. Das heißt, dass derzeit der konkrete Mehrbedarf an Pflege, einschließlich erschwerender Faktoren berücksichtigt werden muss. In der gewählten Formulierung ist im Falle einer Mehrfach­behinderung der Erschwerniszuschlag hinzuzurechnen, unabhängig, um welche Art des Betreuungsaufwandes es sich handelt bzw. welcher Verrichtung der zusätzliche Pflege­bedarf zuzuschreiben ist. Die Erschwernis soll im Zusammenhang mit der konkreten Verrichtung, ein zweites Mal durch das Hinzurechnen des Erschwerniszuschlages, sowie bei Überschreiten des 180 Stunden-Wertes unter Umständen ein drittes Mal bei der Beurteilung eines außergewöhnlichen Pflegebedarfs verwertet werden. Insbesondere scheint die Abgrenzung des Mehrbedarfs von einem behinderten zu einem gleichaltrigen nichtbehinderten Kind im Bereich der Zusatzkriterien der Stufen 5 (außergewöhnlicher Pflegebedarf im Sinne einer ständigen Bereitschaft einer Pflegeperson) und 6 (dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson) in der Praxis jedenfalls schwierig, da diese Kriterien besonders bei kleinen auch gesunden Kindern immer vorliegen werden. Somit sind Doppelbewertungen für gleiche Pflegeleistungen möglich. Im Besonderen Teil der Erläuternden Bemerkungen wird jedoch erwähnt, dass eine Doppelverwertung nicht erfolgen soll. Dieser Widerspruch sollte geklärt werden.

 

In Abs. 3 und 5 leg. cit wird die Formulierung „jeweils zusätzlich ein Pauschalwert“ bzw. „zusätzlich jeweils ein Pauschalwert“ verwendet. Der Ausdruck „jeweils“ scheint dabei unklar und sollte daher entfallen.

 

In Abs. 5 ist im 2. Halbsatz „... um dem erweiterten Pflegebedarf ... entsprechend zu erfassen ...“ ein Fehler unterlaufen. Grammatikalisch korrekt müsste es jedenfalls „... um den erweiterten Pflegebedarf ... entsprechend zu erfassen ...“ lauten.

 

Im Rahmen der Unterarbeitsgruppe „Pflegegeld (incl. Qualitätssicherung) und betreuende Angehörige“ wurden im Zuge einer umfassenden Probebegutachtung mehrere Varianten für die verbesserte Berücksichtigung von geistigen und psychischen Behinderungen und demenziellen Erkrankungen bei der Pflegegeldeinstufung erprobt. Nahezu einheitlich favorisiert wurde bei Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr die Variante mit einem 45 Stunden Pauschalzuschlag bei Vorhandensein der entsprechenden Symptomatik. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Entwurf der Einstufungsverordnung in § 1 Abs. 6 nur von einem Erschwerniszuschlag von 30 Stunden ausgeht. Der höhere Stundensatz würde auch eher mit dem vorgeschlagenen Modell für die Einstufung von schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen korrespondieren und würde die Übergänge von der Einstufung von Kindern und Jugendlichen zur Erwachsenen­begutachtung erleichtern.

 

Zu § 5 BPGG:

 

Die Anhebung des Pflegegeldes wird begrüßt. Angesichts des realen Kaufkraftverlustes seit Einführung des Pflegegeldes um fast 18 % ist die Erhöhung um 5% jedoch als viel zu gering anzusehen. Es wäre eine stärkere Anhebung vor allem der höheren Pflegegeldstufen ab Stufe 3 notwendig, um den realen Kaufkraftverlust abzuschwächen.


Gerade ab dieser Pflegegeldstufe weicht der tatsächliche Aufwand von den finanzierbaren Hilfen am stärksten ab. Des Weiteren ist nach wie vor keine jährliche Valorisierung im BPGG vorgesehen.

 

Zu § 13 BPGG:

 

Die Einführung der Verpflichtung der Sozialhilfeträger, Meldungen über Unterbringung in stationärer Pflege unverzüglich dem Kostenträger zu erstatten, wird begrüßt.

 

Zu § 48a BPGG:

 

Ungeachtet § 9 BPGG löst ein Erhöhungsantrag von 1. Jänner 2009 bis 30. April 2009 den Stichtag 1. Jänner aus. Mit einer enormen Anzahl an Erhöhungs­anträgen ist zu rechnen.

 

Nach Abs. 2 hat die Entscheidung in Verfahren nach Abs. 1 (Fälle eines zwischen 1. Jänner 2009 und 30. April 2009 eingebrachten Erhöhungsantrages) ohne neuerliche ärztliche Untersuchung zu erfolgen, wenn durch die aktenkundigen Tatsachen und die in früheren Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverhalt ausreichend geklärt ist.

 

Abs. 3 legt klar, dass allen am 1. Jänner 2009 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegeldes für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die bis zu diesem Zeitpunkt jeweils für die Beurteilung des Anspruches geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Grunde zu legen sind.

 

Mit Abs. 4 soll klargestellt werden, dass die Bestimmungen der Abs. 1 und 3 auch für gerichtliche Verfahren gelten.

 

Auf Grund der in § 25 Abs. 4 BPGG normierten Sperrfrist sind Anträge auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegeldes ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurück­zuweisen, wenn seit Rechtskraft der letzten Entscheidung noch kein Jahr verstrichen ist und keine wesentliche Änderung der Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft bescheinigt ist. Während der Sperrfrist müsste daher der/die PflegegeldwerberIn glaubhaft bescheinigen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Erschwerniszuschlages vorliegen. Personen, die zurzeit ein Verfahren führen, wären im Vergleich zu anderen (§ 48a Abs. 1 und Abs. 2) durch diese Beweislast benachteiligt, was sachlich nicht gerechtfertigt erscheint.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                              Mag. Andrea Mader

SR Dr. Hans Serban, LL.M.                                Obermagistratsrätin

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 40

     (zu Zl. MA 40-FBSR - 6205/07/33)

mit dem Ersuchen um Weiter-

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