Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 922-1/08                                                            Wien, 1. Juli 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit

dem das Wärme- und Kälteleitungs-

ausbaugesetz erlassen und das Energie-

Regulierungsbehördengesetz

geändert wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMWA-551.100/0026-IV/1/2008

 

 

An das

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 4. Juni 2008 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zunächst ist allgemein anzumerken, dass der Schwerpunkt der Fernwärme und -kälte in den Kommunen liegt, und daher insbesondere darauf zu achten ist, dass nicht nur Großprojekte von Kraftwerken mit einer Leitungsführung in die Verbraucherschwer-

punkte gefördert werden, sondern auch eine wesentliche Beschleunigung des allgemeinen Fernwärmeausbaus erfolgt. Nur so können die hohen Erwartungen an die
CO2-Reduktion auch erfüllt werden.

 

Zu den einzelnen Regelungen:

 

Zu § 1:

 

Ziel des Gesetzesvorhabens ist die rasche Forcierung des Fernwärmeausbaus in Österreich durch Unterstützung des Leitungsausbaus. Es wäre daher in § 1 Abs. 1 der Hinweis auf den „... ausgeglichenen Energiemix ...“ zu streichen, da sonst eine Beurteilung des eingesetzten Brennstoffes der Erzeugungsanlagen vorzunehmen wäre. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des Gesetzes, da das Gesetz den Leitungsausbau unabhängig von der Frage, welche Erzeugungsanlage bzw. welcher Brennstoff zum Einsatz kommt, unterstützen soll. Das Leitungsausbaugesetz hat demnach ausschließlich den Leitungsausbau zu unterstützen und sollte weder ein Regionalförderprogramm noch ein weiteres Programm zur Unterstützung von Biomassekraftwerken beinhalten.

 

§ 1 Abs. 1 Z 6 wäre zu streichen, da die Einbindung von erneuerbaren Energieträgern nicht Gegenstand des Gesetzes ist.

 

Da das Gesetz rasch zu einem wesentlich höheren Fernwärmeanteil in der Raumwärmeversorgung führen soll, sollte an Stelle der derzeitigen Z 6 folgende Formulierung gewählt werden:

 

„6. der Fernwärmeausbau in den Ballungszentren beschleunigt werden.“

 

Die Formulierung des § 1 Abs. 2 zielt nur auf die Substitution des Bestandes an Wärme- und Kälteanlagen ab, nicht jedoch auf den Anschluss von Neubauten. Um hier keine unbeabsichtigte Beschränkung zu bewirken, sollte der letzte Satz des Abs. 2 lauten:

„... weniger CO2 Emissionen verursacht, als durch die ersetzten bzw. alternativen Wärme- bzw. Kälteanlagen verursacht würden.“

 

In jedem Fall sollte ein umfassender Variantenvergleich der Primärenergie- und CO2-Bilanz der zur Förderung eingereichten Anlage nicht nur im Vergleich zu den zu ersetzenden Wärme- und Kälteanlagen, sondern auch im Vergleich zu Wärme- und Kälteanlagen auf Basis anderer, im konkreten Fall vorhandenen umweltverträglichen oder erneuerbaren Energieträgern gemacht werden (§ 10 Abs. 2 Z 14).

 

Zu § 2:

 

In § 2 Abs. 1 wäre zu präzisieren, was unter „Verwirklichung“ zu verstehen ist. Dabei wäre zu berücksichtigen, dass derzeit im Planungs- oder Ausführungsstadium befindliche Projekte nicht von vornherein aus der Förderung herausfallen sollten.

 

Zu § 3:

 

Um nicht einschränkend zu wirken, sollte in § 3 Z 4 an Stelle des Begriffs „Wärmetauscher“ der Begriff „Hausübergabestation“ verwendet werden.

 

Die Definition von Infrastrukturanlagen in § 3 Z 7 wäre um die Komponenten für Kälteanlagen zu ergänzen. Es fehlen in der Aufzählung Kältezentralen (inklusive Bauwerk), die dazugehörigen Rückkühlanlagen inklusive Leitungen, Kältespeicher und Fernkälteleitungen inklusive Übergabestationen.

 

Zu § 4:

 

Die einzelnen Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung in § 4 Abs. 2 sind nicht vollständig nachvollziehbar.

 

Im Zusammenhang mit den Fördervoraussetzungen sollte das betrachtete Fernwärme- bzw. Fernkältenetz mit seinen Erzeugungsanlagen als Gesamtheit betrachtet werden, da der jeweilige Hausanschluss von der gesamten Erzeugungsstruktur profitiert.

 

Die in Abs. 2 angeführten Förderungsvoraussetzungen sollten nur auf den Fall Anwendung finden, dass der Anschluss einer einzelnen Erzeugungsanlage an das Fernwärmenetz erfolgt, da die hier angeführten Kriterien sich immer nur auf Einzelanlagen beziehen. Diese Bezugnahme auf die Einzelanlagen könnte im Extremfall dazu führen, dass ein hocheffizientes Fernwärmesystem nicht förderbar ist, weil eine Anlage den Kriterien nicht entspricht. Daher sollte beim Ausbau des Fernwärmenetzes insgesamt auf die Primärenergieeinsparung abgestellt werden.

 

Die Fördervoraussetzungen sollten so ausgestaltet werden, dass es sich nach dem geplanten Projekt um eine energieeffiziente Fernwärme bzw. Fernkälte handelt. Dies sollte die wichtigste Voraussetzung sein.

 

Wenn eine spezifische KWK-Anlage an das Netz der Fernwärme angeschlossen wird, sollte diese dem Kriterium der hocheffizienten KWK entsprechen.

 

Die Fördervoraussetzungen wären weiters zu ergänzen um den Anschluss von thermischen Abfallverwertungsanlagen sowie erneuerbaren Energiequellen (Geothermie, Solarthermie, etc.) an ein Fernwärmenetz.

 

Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a, wonach es sich nur dann um ein „Fernwärmeprojekt“ im Sinne dieses Gesetzes handeln soll, wenn durch die Maßnahme zwei Endverbraucher mit Fernwärme und/oder Fernkälte versorgt werden, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt. Es wäre sowohl denkbar, dass lediglich zwei Einfamilienhäuser angeschlossen werden (auch dann wäre es ein Fernwärmeprojekt in diesem Sinne), als auch dass ein großes Gewerbeobjekt oder Universitätsgebäude an die Fernwärme oder -kälte angeschlossen werden soll (in diesem Fall könnte eine Förderung nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfes jedoch nicht erfolgen, obwohl dies aus Sicht des Klimaschutzes geboten wäre). Es wird daher vorgeschlagen, diese Fördervoraussetzung entfallen zu lassen.

 

Bei dem Anteil von Kompressoren an der Kälteerzeugung in § 4 Abs. 3 sollte klargestellt werden, dass sich „50vH“ auf die geleistete Arbeit (nicht auf die installierte Leistung) bezieht.

 

§ 4 Abs. 6 wäre wie folgt zu ergänzen:

 

„Zur Beurteilung der CO2-Einsparung wird der Primärenergiefaktor herangezogen.“

 

Zu § 5:

 

Der in § 5 Abs. 2 genannte Maximal-Prozentsatz in Bezug auf die Gesamtinvestitionen (30%) stimmt nicht mit den in § 6 Abs. 2 als Höchstförderung genannten 35% überein. Es sind daher einheitlich 35% als Höchstanteil vorzusehen.

 

Entschieden abgelehnt wird die Begrenzung der Fördermittel pro Bundesland in § 5 Abs. 5. Dies konterkariert die für das vorliegende Gesetzesvorhaben maßgeblichen Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes. Vorrangiges Ziel muss es sein, ökologisch sinnvolle Projekte zu fördern, unabhängig davon, in welchem Bundesland die Initiative stattfindet. Anzumerken ist, dass auch das Ökostromgesetz keine bundesländerweise Mittelaufteilung der Förderung vorsieht. So können Ökostromanlagen dort errichtet werden, wo die Bedingungen optimal sind.

 

§ 5 Abs. 5 ist daher ersatzlos zu streichen.

 

Zu § 6:

 

Die Formulierung „erheblicher Beitrag zur Verringerung der Emission von Luftschadstoffen“ ist zu unbestimmt und sollte präzisiert werden. Weiters sollte ergänzt werden, dass auch die Einsparung von Strom eine Einsparung von Luftschadstoffen mit sich bringt.

Auch wird in § 6 die Fernkälte teilweise nicht erwähnt. Sofern es keinen sachlichen Grund für eine differenzierte Regelung gibt, sollten die Regelungen für Fernwärme durchgängig auch für Fernkälte gelten.

 

Anzumerken ist auch, dass die Unterscheidung zwischen Investitionskosten und Investitionsmehrkosten sehr kompliziert erscheint. Die exakte Berechnung hängt danach von der Wahl der Alternativinvestition ab und wird der Förderungswerber dadurch angehalten, eine möglichst günstige Alternativinvestition anzugeben, um seine Investitionsmehrkosten zu erhöhen.

 

Zu § 7:

 

Bei der Bedeckung der Förderung sollte klar gestellt werden, dass die nicht ausgeschöpften Fördermittel der Vorjahre zusätzlich zu dem jährlich ausgeschütteten Betrag von 60 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

 

Zu § 8:

 

In § 8 Abs. 3 erster Satz sollte klargestellt werden, dass sich die Wortfolge „36 Monate danach“ auf den Baubeginn bezieht (und nicht auf den Zeitpunkt der Förderzusage). Es kann im Einzelfall zeitlich unrealistisch sein, dass ein Vorhaben 36 Monate nach der Förderzusage abgeschlossen wird.

 

Zu § 9:

 

Die in § 9 Abs. 1 vorgesehene organisatorisch-administrative Trennung der Förderungsabwicklung wird abgelehnt. Die Abwicklung sollte unabhängig von der Höhe der Investitionssumme durch eine externe Abwicklungsstelle erfolgen. Die Aufteilung der Abwicklung auf zwei Abwicklungsstellen (große Projekte über das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und kleinere über eine gesonderte Abwicklungsstelle) ist nicht zweckmäßig und verteuert die Abwicklung.

Analog der Vorgangsweise bei der OeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom AG scheint die Veröffentlichung des jeweils aktuellen Standes an verfügbaren Fördermitteln nach § 9 Abs. 4 im Internet sinnvoll.

 

Hinzuweisen ist im Übrigen auch auf den Umstand, dass derzeit offensichtlich eine quartalsweise Betrachtung geplant ist, obwohl sich die zur Verfügung gestellten Fördermittel und deren Gebarung jeweils auf ein Jahr erstrecken.

 

Zu § 10:

 

Anzumerken ist, dass auch in § 10 teilweise entsprechende Regelungen für die Fernkälte fehlten.

 

Der Begriff „nach Tunlichkeit“ in § 10 Abs. 1 ist zu unbestimmt und sollte genauer definiert werden.

 

Weiters sollte der in § 10 Abs. 2 Z 12 verwendete Begriff der „sensitiven Energieträger“ definiert werden.

 

Die in § 10 Abs. 2 Z 14 vorgesehene Regelung lässt dem Ziviltechniker einen zu großen Berechnungs- und Darstellungsspielraum in Bezug auf einzelne Projekte.

 

Es ist im Sinne der Gleichbehandlung von Projektwerbern jedoch erforderlich, entsprechende Berechnungsmethoden exakt zu normieren. Diesbezüglich könnte die ÖNORM EN 15316-4-5 herangezogen werden, welche um die nachstehend angeführten Primärenergiefaktoren ergänzt werden müsste:

 

·        Strom 2,5

 

·        Kohle 1,3

 

·        Öl und Gas 1,1

·        Biomasse 0,1

 

·        Industrielle Abwärme 0

 

·        Wärme auf der Abfallverbrennung 0,05

 

·        Wärme aus Solaranlagen, Geothermie 0,05

 

In § 10 Abs. 2 Z 15 sollte auch das Ausmaß der Einsparung an elektrischer Energie angeführt werden, da durch eine möglichst große Einsparung an Strom indirekt ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur Reduktion von Luftschadstoffen geleistet wird.

 

Zu § 12:

 

§ 12 Abs. 3 wäre dahingehend zu ergänzen, dass bei dokumentierten Verzögerungen, die nicht vom Förderungswerber zu verantworten sind, die Fristen gemäß § 8 Abs. 3 erstreckt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass unvorhersehbare und für den Förderungswerber unabwendbare Umstände zu einer Verwirkung oder Rückforderung der Förderung führen.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                                 Dr. Peter Krasa

MMag. Michael Ramharter                                     Obersenatsrat

 

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 64

     (zu Zl. MA 64 - 2433/2008)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen