Bundesministerium für

Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft

Stubenbastei 5

1010 Wien

E-Mail: abteilung.54@lebensministerium.at

 

 

 

ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-27/11-2008

 4.7.2008

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

landeslegistik@salzburg.gv.at

 

FAX (0662) 8042 -

2164

TEL  (0662) 8042 -

2290

 

 

Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz vom 27. November 1984 über den umfassenden Umweltschutz geändert wird, eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird und eines Bundesgesetzes, mit dem dem Bund und den Ländern Klimaschutzverpflichtungen zugeordnet werden (Bundesklimaschutzgesetz); Stellungnahme

Bezug: Zl BMLFUW-UW.1.3.2/0410-V/4/2008

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:

 

1. Allgemeines:

1.1. Das im BGBl III Nr 89/2005 kundgemachte und mit 2. Mai 2005 in Kraft getretene Kyoto Protokoll (im Folgenden als „Protokoll“ bezeichnet) sieht eine Gesamtreduktion der Emissionen der in der Anlage A angeführten Treibhausgase durch die im Anhang 1 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) genannten Staaten um zumindest 5% im Zeitraum von 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 vor. Die Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens haben gemäß Art 2 Abs 1 des Protokolls zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung „entsprechend ihren nationalen Gegebenheiten Politiken und Maßnahmen umzusetzen oder näher auszugestalten“ wie eine Verbesserung der Energieeffizienz, den Schutz von CO2-Senken, die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft, den verstärkten Einsatz von erneuerbarer Energie, Verbesserungen der Energiemarktbedingungen, die Verringerung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sowie Abfallverwertungsmaßnahmen zur Reduktion der Methanemissionen. Gemäß Art 4 Abs 1 des Protokolls können bestimmte Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens auch eine gemeinsame Zielerfüllung vereinbaren. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und vereinbart, ein Reduktionsziel von – 8 % gemeinschaftlich zu erfüllen. Die in der Vereinbarung festgelegte gemeinschaftsinterne Lastenaufteilung sieht für Österreich ein Reduktionsziel von – 13 % vor. Die vom Ministerrat am 18. Juni 2002 beschlossene „Klimastrategie Österreich (2002)“ (im Folgenden als „Klimastrategie 2002“ bezeichnet) enthält einen Katalog von Maßnahmen, der die Erreichung des Kyotozieles und damit eine Erfüllung der von der Republik Österreich eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtung ermöglichen soll. 

Die Landesumweltreferentenkonferenz hat in der Vergangenheit wiederholt (vgl die Beschlüsse vom 5. Juli 2002, vom 29. Juni 2001 und vom 6. Oktober 2000) die Bereitschaft der Länder zur Zusammenarbeit in Fragen des Klimaschutzes bekundet. Gleichzeitig hat die Landesumweltreferentenkonferenz jedoch auch Rahmenbedingungen zur Zielerreichung (so etwa, dass die erforderlichen Anreizfinanzierungen weitestgehend vom Bund zu tragen sind) festgelegt. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die in der Klimastrategie 2002 ausgewiesenen Reduktionspotenziale bei den Treibhausgasemissionen nach Einschätzung der Fachexperten der Länder zu optimistisch berechnet sind und im weiteren Prozess nochmals evaluiert werden sollten, um das Erreichen des nationalen Klimaschutzziels nicht zu gefährden. Die von den Landesumweltreferenten eingeforderten Rahmenbedingungen wurden bisher ebenso wenig berücksichtigt wie überhaupt eine adäquaten Einbindung der Länder in den weiteren innerstaatlichen Kyoto-Prozess unterblieben ist, obwohl für die Koordination der Umsetzung zwischen dem Bund und den Ländern gerade das „Kyoto-Forum“ zuständig ist.

Die Landesumweltreferenten haben sich in ihrer Tagung am 20. Juni 2008 erneut mit dem Themenbereich des Klimaschutzes befasst und dazu folgenden Beschluss gefasst:

„2. Die Landesumweltreferentenkonferenz sieht in der Erstellung einer nationalen Klima-Anpassungsstrategie eine notwendige Ergänzung der Minderungsmaßnahmen im Sinne einer integrierten Klimaschutzpolitik und verweist in diesem Zusammenhang auf die Impulssetzung durch das Kyoto-Forum und die laufenden Aktivitäten in einigen Ländern. Dabei soll der Fokus auf Maßnahmen gerichtet sein, die beiden Themen, dem Klimaschutz und dem Klimawandel, gerecht werden. Auf Grund der Größe der Herausforderungen und den unterschiedlichen Verantwortungen und Kompetenzen der Gebietskörperschaften erscheint eine zeitgerechte und enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund eine notwendige Grundvoraussetzung. Es wird vorgeschlagen eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung im Rahmen des Kyoto-Forums vorzunehmen und zudem in den jeweiligen Gebietskörperschaften diesem Thema verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken.

5. Bundesklimaschutzgesetz:

1. Die LandesumweltreferentInnen begrüßen grundsätzlich die Erstellung eines gemeinsamen Bundesklimaschutzgesetzes.

2. Die LandesumweltreferentInnen lehnen den jetzigen Entwurf ab (sh. Punkt 5).

3. Die LandesumweltreferentInnen fordern den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf, die Begutachtungsfrist zu erstrecken.

4. Die LandesumweltreferentInnen einigen sich mit dem Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf einen gemeinsamen Arbeitsprozess zur Überarbeitung des Gesetzesentwurfs im Kyoto-Forum unter Einbindung von Finanz- und RechtsexpertInnen der Bundesländer bis zum Beginn des parlamentarischen Entscheidungsprozesses.

5. Ziel dieses Arbeitsprozesses ist es, im Bundesklimaschutzgesetz lang- und kurzfristige Reduktionsziele, eine gemeinsame Strategie und gemeinsame Maßnahmen zu verankern.“

1.2. Eine zusammenfassende Bewertung des geplanten Vorhabens ergibt, dass dieses mit aller Entschiedenheit abgelehnt wird. Diese Ablehnung bezieht sich nicht nur auf die konkreten Inhalte des geplanten Vorhabens (dazu im Folgenden), sondern ist auch als Kritik an der bisher fehlenden Einbindung der Länder zu verstehen.

 

 

2. Zu Art 2 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes):

Die im Art 11 Abs 10 B-VG geplante Kompetenzbestimmung wird entschieden abgelehnt.

2.1. Entgegen den Erläuterungen geht die im Art 11 Abs 10 B-VG geplante Kompetenzbestimmung über den Art 11 Abs 2 B-VG hinaus: Während eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art 11 Abs 2 B-VG nur soweit besteht, als „ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird“, genügt es für die Inanspruchnahme der im Art 11 Abs 10 B-VG geplanten (Bedarfs-)Gesetzgebungskompetenz durch den Bund bereits, dass „ein Bedürfnis nach Regelung als vorhanden erachtet wird“. Diese Einschränkung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist in Wahrheit nur eine scheinbare: Art 11 Abs 10 B-VG erlaubt es dem Bund, in geradezu beliebiger Weise eine an sich den Ländern zustehende Gesetzgebungskompetenz in Anspruch zu nehmen; vor allem in den Bereichen, in denen nicht nur ein Bedürfnis, sondern geradezu eine Verpflichtung zu einer Regelung besteht – zu denken ist dabei vor allem an die innerstaatliche Umsetzung von gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakten – werden den Ländern weitreichende Kompetenzen entzogen.      

2.2. Auch in inhaltlicher Hinsicht enthält der geplante Art 11 Abs 10 B-VG keine Einschränkung zu Lasten des Bundes: Unklar ist, was unter dem Begriff „Klimawandel“ konkret zu verstehen ist und welche Maßnahmen gemäß Art 11 Abs 10 Z 2 B-VG als zur Bekämpfung des Klimawandels vom Bund festgelegt werden können. Die Erläuterungen legen nahe, dass dabei an ein ganzes Bündel von Maßnahmen auch aus dem Kompetenzbereich der Länder gedacht ist.

 

3. Zu Art 3 (Bundesklimaschutzgesetz):

3.1. Allgemeines:

Die zentralen Bestimmungen des geplanten Bundesklimaschutzgesetzes sind einerseits die in der Anlage zum Bundesklimaschutzgesetz geplante Aufschlüsselung der sich aus den völkerrechtlichen oder gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Republik Österreich ergebenden Höchstmengen von Treibhausgasemissionen nach Sektoren und deren Aufteilung auf den Bund und auf die Länder und andererseits der im § 3 geplante Sanktionsmechanismus: Werden die den jeweiligen Gebietskörperschaften zugeordneten Emissionshöchstmengen überschritten, hat die betreffende Gebietskörperschaft die daraus resultierenden Lasten zu tragen. Unter den „Lasten“ sind den Erläuterungen zum geplanten § 3 Abs 3 des Bundesklimaschutzgesetzes folgend die mit den notwendigen Zukäufen von Emissionsreduktionen verbundenen Kosten zu verstehen. Die Länder sind gemäß der geplanten Aufteilung der Emissionsmengen in der Anlage zum Bundesklimaschutzgesetz für die Erreichung der jeweiligen Emissionsziele im Sektor Raumwärme ausschließlich und in den Sektoren Verkehr und Landwirtschaft gemeinsam mit dem Bund verantwortlich.

3.1.1. Zur Festlegung der Emissionshöchstmengen:

Die geplante Aufschlüsselung der Emissionshöchstmengen nach Sektoren und deren Aufteilung auf den Bund und die Länder baut auf der Klimastrategie des Bundes 2002 sowie der Anpassung der nationalen Klimastrategie 2007 auf. In diesem Zusammenhang muss jedoch daran erinnert werden, dass einzig die Erstellung der Klimastrategie 2002 von den Ländern begrüßt wurde, deren Inhalte, insbesondere die angeführten Treibhausgas-Emissionsreduktionsziele von den Ländern jedoch fachlich nie mitgetragen, sondern klar abgelehnt wurden (vgl dazu die Stellungnahme des Landes Salzburg vom 6. März 2007 [Zl 21603-716/162-2007] zur Anpassung der nationalen Klimastrategie [BMLFUW-UW.1.3.2/0054/V/4/2007]: „Zusammenfassend ist festzustellen, dass aus Sicht des Landes Salzburg der vorliegende Entwurf einer Anpassung der Klimastrategie auf Grund nicht nachvollziehbarer und teilweise nicht korrekter Potentialdarstellungen, der Unausgewogenheit der Maßnahmenkonkretisierung zwischen Bund und Ländern, sowie der nicht gesicherten Finanzierung der Umsetzung der Maßnahmen (die von Länderseite jedenfalls ohne weitergehende Finanzmittel nicht umgesetzt werden können) als nicht geeignet angesehen wird, das Reduktionsziel zu erreichen. Die Vorgangsweise, nämlich nach mehrmonatigem Stillstand mit überaus kurzer Stellungnahmefrist einen nicht abgestimmten Berichtsentwurf vorzulegen, wird abgelehnt. Eine Zustimmung des Landes Salzburg zu einer Anpassung der Klimastrategie kann nur nach einer Überarbeitung des Entwurfes, der die obigen Kritikpunkte berücksichtigt, sowie einer Abstimmung der einzelnen Maßnahmen im Kyoto-Forum, erfolgen.“)

Auch die Landesumweltreferenten haben sich wiederholt mit der Frage der Klimaschutzpolitik befasst und am 5. Juli 2002 zwar die Nationale Klimastrategie als Basis für die weitere Klimaschutzpolitik des Bundes grundsätzlich begrüßt, gleichzeitig aber auch bedauert, dass es „seit dem akkordierten Expertenentwurf der Nationalen Klimastrategie zur Abschwächung bei den Maßnahmenvorschlägen gekommen ist.“ Andererseits hat die Landesumweltreferentenkonferenz vorgeschlagen, dass „die in der Klimastrategie ausgewiesenen Reduktionspotenziale bei den Treibhausgasemissionen im weiteren Prozess nochmals verifiziert werden [sollen]“, da diese „nach Einschätzung der Fachexperten der Länder zu optimistisch berechnet [wurden]“. Diesen Beschluss hat die Landes-hauptmännerkonferenz am 16. Oktober 2002 als gemeinsame Position der Länder übernommen. Auch damit wird klar, dass es eine Zustimmung der Länder zu einem bestimmten, von ihnen zu realisierenden Reduktionspotenzial nicht vorliegt.

In der Anpassung der Klimastrategie wird mehrmals auf den Evaluierungsbericht der Klimastrategie 2002 (im Folgenden als „Evaluierungsbericht“ bezeichnet) als deren wichtigste fachliche Grundlage verwiesen. Tatsächlich weichen die in der Anpassung der Klimastrategie festgelegten (angepassten) Zielwerte 2010 in den Sektoren Verkehr und Raumwärme/Kleinverbrauch erheblich von den Werten des Evaluierungsberichts ab. In diesem Zusammenhang muss auch auf die Tabellen 5.5 und 5.6 im 4. Nationalen Klimabericht (Seite 96) hingewiesen werden, in denen – ganz im Einklang mit den Ergebnissen des Evaluierungsberichtes – die Emissionszielwerte bis 2010 im Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch mit 14,16 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und im Sektor Verkehr mit 16 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent dargestellt werden. Die in der Anpassung der Klimastrategie enthaltenen Zielwerte von 11,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent für den Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch und von 18,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent für den Sektor Verkehr sind daher fachlich unrichtig und können einer fachlichen Überprüfung nicht standhalten. Das im Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch angenommene Reduktionspotential von 3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent wurde von den Länder-Klimaexperten immer wieder als unrealistisch hoch kritisiert. Der gemeinsame Ländervertreter im Interministeriellen Komitee Klima (IMK) hat ergänzend dazu darauf hingewiesen, dass Deutschland in seiner nationalen Klimastrategie für den Sektor Raumwärme  ein Reduktionsziel von fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalent festgelegt hat, was auf österreichische Verhältnisse umgelegt eine Reduktionsziel von 0,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent – ein Sechstel (!) des in der Anpassung der Klimastrategie angestrebten Zielwertes – ausmachen würde.

Die Zielwerte für die Sektoren Raumwärme/Kleinverbrauch bzw Verkehr hätten dem Evaluierungsbericht und dem 4. Klimabericht folgend vielmehr zu lauten:

 

Sektor

Zielwerte

(in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent)

Differenz

(in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent)

Raumwärme/Kleinverbrauch

13,3

+ 1,4

Verkehr

18,9

-  2,0

 

Die Widersprüche zwischen dem Evaluierungsbericht und dem 4. Klimabericht einerseits und der den Festlegungen in der Anlage zum geplanten Bundesklimaschutzgesetz zu Grunde liegenden Anpassung der Klimastrategie andererseits wurden darüber hinaus nie mit den Ländern diskutiert.

3.1.2. Zur Aufteilung der Emissionshöchstmengen auf die einzelnen Sektoren und Gebietskörperschaften:

Zur Frage einer sachgerechten Aufteilung der Emissionshöchstmengen auf die einzelnen Sektoren wäre es erforderlich, die Entwicklung der Treibhausgasemissionen regionalisiert zu verfolgen und Instrumentarien für die Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahmen zu entwickeln. Auf diese Notwendigkeit weist bereits der Beschluss der Landesumweltreferenten vom 29. Juni 2001 nachdrücklich hin. Auch das von der AG Monitoring bereits im Bericht vom 17. September 2001 vorgeschlagene Monitoringsystem wurde nicht mehr weiter verfolgt.

Die Schwierigkeiten einer Regionalisierung von Emissionsdaten zeigt ganz deutlich die Bundesländerinventur: Ein Vergleich der Rechenwerte (Referenzjahr 2003) aus den drei Bundesländerinventurberichten (1990 - 2003, 1990 - 2004, 1990 - 2005) zeigt im Sektor Energieversorgung Schwankungen von bis zu 30 % und in den Sektoren Kleinverbraucher und Industrie Schwankungen von bis zu 20 %. Die in der Bundesländerinventur dem Land Salzburg zugeordneten Treibhausgasemissionen schwanken um mehr als 3%. Diese Schwankungen ergeben sich einerseits aus einer unterschiedlichen Zuordnung von Emissionswerten zu den einzelnen Sektoren, anderen Zuteilungen auf die Länder und aus sich verändernden Berechnungsmethoden. Das zeigt aber auch, dass schon alleine die gewählte Berechnungsmethode einen erheblichen Einfluss auf die von den Gebietskörperschaften durch den notwendigen Nachkauf von Verschmutzungsrechten zu tragenden „Lasten“ (§ 3 Abs 3) hat.

3.2. Zu den finanziellen Auswirkungen:

3.2.1. In der Anlage zum Bundesklimaschutzgesetz werden die sich aus den völkerrechtlichen oder gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen für die Republik Österreich ergebenden Höchstmengen von Treibhausgasemissionen nach Sektoren aufgeschlüsselt und den jeweiligen Kompetenzbereichen folgend auf den Bund und auf die Länder aufgeteilt. Werden die den jeweiligen Gebietskörperschaften zugeordneten Emissionshöchstmengen überschritten, hat die betreffende Gebietskörperschaft die daraus resultierenden Lasten zu tragen. Unter den „Lasten“ sind den Erläuterungen zum geplanten § 3 Abs 3 des Bundesklimaschutzgesetzes folgend die mit den notwendigen Zukäufen von Emissionsreduktionen verbundenen Kosten zu verstehen. Die Länder sind gemäß der geplanten Aufteilung der Emissionsmengen in der Anlage zum Bundesklimaschutzgesetz für die Erreichung der jeweiligen Emissionsziele im Sektor Raumwärme ausschließlich und in den Sektoren Verkehr und Landwirtschaft gemeinsam mit dem Bund verantwortlich.

Über die fachlichen Bedenken, denen die geplante Festlegung der Emissionshöchstmengen und deren Aufteilung auf die einzelnen Sektoren und Gebietskörperschaften (siehe dazu Pkt 3.1.1, 3.1.2 sowie die Ausführungen zu § 3 in Pkt 3.3) begegnet ist auf Folgendes hinzuweisen: Was die konkrete Verantwortlichkeit der Länder im Sektor Raumwärme anbelangt übersieht das geplante Vorhaben, dass von den Ländern zwar die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, etwa im Bereich des Baurechts oder der Raumordnung geschaffen bzw verschärft werden und im Bereich der Wohnbauförderung dem Klimaschutzaspekt ausschließliche Priorität eingeräumt werden kann, jedoch niemand auch zur tatsächlichen Durchführung einer Gebäudesanierung (aus Gründen des Klimaschutzes) gezwungen werden kann. Auch lässt das geplante Vorhaben andere wesentliche Faktoren, wie etwa die verfügbaren Kapazitäten der Bauwirtschaft oder die Verfügbarkeit bestimmter Baustoffe gänzlich unberücksichtigt; diese Faktoren sind von den Ländern in keiner Weise bestimm- und planbar. (Aus diesen Gründen wurde von den Ländern bereits im Rahmen der Verhandlungen zu der geplanten Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen eine Verpflichtung der Länder zu einer Festlegung von Mindest-Sanierungsquoten des Gebäudebestandes und von Sanktionen [„Strafzahlungen“] für den Fall des Nichterreichens dieses Sanierungsziels abgelehnt.) Für den Bereich des Förderungswesen gilt, dass eine Förderung bei unveränderter Förderhöhe umso unattraktiver wird, je mehr ihre Gewährung an die Erfüllung anderweitiger, finanziell erheblich belastende Bedingungen und Auflagen (einzuhaltende Energiekennzahlen oder U-Werte, Förderausschlüsse bei bestimmten Anlagen usw) gebunden ist. Im Verkehrssektor kommen den Ländern im Vergleich zum Bund nur untergeordnete Kompetenzen zu; das im geplanten § 3 Abs 4 festgelegte Aufteilungsverhältnis von 50 : 50 entspricht in keiner Weise den tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Länder. Insgesamt stehen den Ländern nicht die Möglichkeiten zur Verfügung, die erforderlich wären, um die in der Anlage festgelegten Emissionsziele zu erreichen.

Die im Fall einer Überschreitung der festgelegten Emissionshöchstmengen zu erwartenden Lasten belaufen sich mangels einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Ländern (Volkszahl Salzburg 6,4 %) und unter Zugrundelegung des gesetzlichen Aufteilungsschlüssels von 50 : 50 zwischen dem Bund und den Ländern (§ 3 Abs 4 des Bundesklimaschutzgesetzes) für die Sektoren Verkehr und Landwirtschaft allein für das Land Salzburg auf 220 Millionen Euro in den Jahren 2008 bis 2012. Folgende Darstellung soll das verdeutlichen:

 

Sektor

Max. Emissionsmenge 2008 – 2012

in Millionen Tonnen

Aktuelle Emissionen

In Salzburg

in Millionen Tonnen

Differenz

in Millionen

Tonnen

Preis

je Tonne

Emissionsäquivalent

„Lasten“

2008 – 2012

in Millionen Euro

 

gesamt

Salzburg

2005

2008 - 2012

 

 

Raumwärme

    52,6

3,366

1,100

5,500

2,134

25 €

53,340

Verkehr

101,4

3,245

1,700

8,500

5,255

25 €

131,380

Landwirtschaft

35,5

1,136

0,529

2,645

1,509

25 €

37,725

Summe

189,5

7,747

3,329

16,645

8,898

 

222,445

 

Die in den Jahren 2008 bis 2012 zu erwartenden finanziellen „Lasten“ allein für das Land Salzburg übersteigen daher die zuletzt im BGBl II Nr 157/2007 kundgemachte Betragsgrenze für Vorhaben des Bundes um ein Vielfaches. Das Land Salzburg hat daher mit gesondertem Schreiben vom 2. Juli 2008 (Zl 2001-BG-27/6-2008) gemäß Art 2 Abs 1 der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften zur Wahrnehmung seiner finanziellen Interessen das Verlangen

nach Aufnahme von Verhandlungen in einem Konsultationsgremium gestellt.

 

3.3. Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu § 1:

1. Gemäß Abs 2 ist Ziel des Bundesklimaschutzgesetzes, die sich auf Grund völkerrechtlicher oder europarechtlicher Verpflichtungen (für die Republik Österreich bzw den Bund) ergebenden Verpflichtungen im Bereich Klimaschutz auf den Bund und die Länder „umzulegen“. Durch seine Bezugnahme auf völkerrechtliche oder europarechtliche Verpflichtungen erlaubt das Bundesklimaschutzgesetz auch eine Umlegung von erst künftig entstehenden Verpflichtungen.

Es wird daher eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Bundesklimaschutzgesetzes auf im Zeitpunkt seines allfälligen Inkrafttretens bereits bestehende völker- oder europarechtliche Verpflichtungen (Kyoto-Ziel) gefordert. Einer möglichen Umlegung von über die bestehenden Verpflichtungen hinausgehenden Verpflichtungen auf der Grundlage des geplanten § 1 Abs 2 des Bundesklimaschutzgesetzes etwa zur Erreichung von über das Kyoto-Ziel hinausgehenden Zielen (EU-Ziele 2020) kann nicht zugestimmt werden. Sollte sich die Republik Österreich verpflichten, weitergehende Klimaschutzziele zu erreichen, wird eine Einbindung der Länder noch vor Vertragsabschluss als unbedingt erforderlich erachtet, wenn auch die Länder von den Umsetzungsmaßnahmen betroffen oder von finanziellen Belastungen getroffen werden.

2. In der Klimastrategie 2002 werden auch die Gemeinden als Umsetzungsverantwortliche mehrfach erwähnt; unklar ist daher, aus welchen fachlichen (und auch sachlich nachvollziehbaren) Gründen eine „Umlegung“ der Verpflichtungen im Bereich Klimaschutz nur auf den Bund und die Länder erfolgen soll.

Zu § 3 und zur Anlage:

1. Gemäß Abs 1 hat die Aufteilung der festgesetzten Höchstemissionsmengen auf den Bund und die Länder auf der Grundlage einer Verordnung der Bundesregierung zu erfolgen, die das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über die Verteilung der Emissionsmengen abbildet. Sollte eine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern nicht zustande kommen, sind die sich aus einer Überschreitung der Emissionsmengen ergebenden „Lasten“ im Verhältnis von 50 : 50 vom Bund und den Ländern gemeinsam zu tragen. Die im Abs 4 geplante Heranziehung der Länder zur Tragung der „Lasten“ in demselben Ausmaß wie der Bund ist für den Verkehrssektor völlig unsachlich und entspricht nicht den tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Länder. Im Bereich des Verkehrs wird seit Jahren von den Ländern der Problembereich des Tanktourismus (preisbedingter Kraftstoffexport) aufgezeigt. In diesem Bereich ist es alleine dem Bund möglich, wirksame Lenkungsmaßnahmen, etwa über eine erhöhte Mineralölsteuer, zu setzen. Für Salzburg (Referenzjahr 2005) weist die Bundesländerinventur eine Gesamtemission von 1.716.000 Tonnen CO2 auf. Dieser Wert verringert sich auf 1.015.000 Tonnen CO2, wenn der auf den Tanktourismus entfallende Anteil an der Gesamtemission unberücksichtigt („herausgerechnet“) wird. Der Tanktourismus allein belastet das Land Salzburg im Fall einer Überschreitung der Emissionshöchstmengen mit rund 17,5 Millionen Euro jährlich (siehe dazu auch Pkt 4)!   

2. Die Aufteilung der „Lasten“ zwischen den Ländern erfolgt in Ermangelung einer diesbezüglichen Vereinbarung auf der Grundlage der sich aus dem jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetz ergebenden Volkszahl. Das führt zu völlig unsachlichen Ergebnissen: So müsste im Fall einer Überschreitung der Emissionshöchstmenge für den Sektor Landwirtschaft das Land Wien rund ein Fünftel der auf alle Länder entfallenden „Lasten“ tragen! 

3. Die geplante Lastenaufteilung berücksichtigt nicht die finanziellen Vorteile, die sich im Zusammenhang mit der Verfehlung des Reduktionsziels für einzelne Gebietskörperschaften ergeben. Dabei ist etwa an die beträchtlichen Mehreinnahmen des Bundes aus der Mineralölsteuer und der Umsatzsteuer durch den „Tanktourismus“ zu denken. Im bereich des „Tanktourismus“ erlaubt es das geplante System der Lastenaufteilung dem Bund, weiter untätig zu bleiben und die Einnahmen aus seiner Untätigkeit zu lukrieren, während die Länder die ausschließlich die Lasten mitzutragen haben.

4. Gemäß dem ersten Satz des Abs 3 hat im Fall einer Überschreitung der dem Bund oder einem Land zugeordneten Emissionshöchstmenge die betreffende Gebietskörperschaft die daraus resultierenden Lasten zu tragen. Es ist nicht einsichtig, warum diese Bestimmung im Verhältnis der Länder untereinander auch dann gelten soll, wenn alle Länder in Summe das vorgegebene Reduktionsziel erreichen.

5. Die in der Anlage für den Sektor Raumwärme und Verkehr festgelegten Emissionshöchstmengen bevorzugen den Verkehrssektor (und damit auch den Bund) und benachteiligen die Länder: Die in der Anpassung der Klimastrategie enthaltenen (im Übrigen fachlich unrichtigen; vgl dazu Pkt 3.1.1) Zielwerte von 11,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent für den Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch und von 18,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent für den Sektor Verkehr ergeben für den Zeitraum von 2008 bis 2012 Emissionshöchstmengen von 59,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch) bzw von 94, 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Sektor Verkehr). In der Anlage werden die Höchstemissionsmengen dagegen wie folgt festgelegt: 52,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Sektor Raumwärme/Kleinverbrauch) bzw 101,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Sektor Verkehr). Aus nicht weiter nachvollziehbaren Gründen weichen die diesbezüglichen Festlegungen in der Anlage von den Zielwerten in der Anpassung der Klimastrategie ab und schlagen dem Sektor Verkehr eine zusätzliche Emissionsmenge von rund 7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zu Lasten des Sektors Raumwärme/Kleinverbrauch und damit zu Lasten der Länder zu.

6. Die Festlegung einer ausschließlichen Verantwortung der Länder für die Einhaltung der Emissionshöchstmengen im Sektor Raumwärme ist nicht sachgerecht und lässt die Gestaltungsmöglichkeiten auch des Bundes in diesem Bereich außer Betracht. Vor allem durch gebühren- oder steuerrechtliche Maßnahmen (etwa der Verzicht auf die Vorschreibung von Gerichts- und Rechtsgeschäftsgebühren bei Darlehensaufnahmen für die Finanzierung der Errichtung und Sanierung von geförderten Wohnungen, die Erhöhung der Bausparprämien in Verbindung mit einer Zweckwidmung für die Sanierung von Wohnungen) könnte der Bund Anreize zu einer Erhöhung der Sanierungsquote und zu einem Erreichen des Kyoto-Ziels beitragen.

7. Die in der Anlage festgelegten Emissionshöchstmengen gelten für die Jahre 2008 bis 2012. Im Hinblick auf den Zeitpunkt eines frühest möglichen allfälligen Inkrafttretens des geplanten Vorhabens bedeutet das, dass der Bund und die Länder ihre Reduktionszeile nicht in fünf, sondern in etwa vier Jahren zu erfüllen haben, wollen sie die Tragung von „Lasten“ vermeiden. Die Festlegung eines auch das Jahr 2008 einbeziehenden Verpflichtungszeitraums bedeutet umgekehrt aber auch eine rückwirkende Sanktionierung einer Überschreitung der Emissionshöchstmengen. Dies ist umso brisanter, als mit einer Zielerreichung der Kyoto-Ziele ohnehin nicht mehr zu rechnen ist. Aus der Emissionsentwicklung ist ja seit längerem klar, dass ein Erreichen des Ziels ohne wirksame weitere Maßnahmen auch unter Nutzung von Zukaufsoptionen nicht möglich sein wird. Aktuell beträgt der Abstand der effektiven Emissionen zum Zielwert etwa 30 %! 

Zu § 4:

1. Die Realisierbarkeit einer nach dem Bund und den Ländern gegliederten Darstellung der Maßnahmen bzw Fortschritte bei der Einhaltung der festgelegten Emissionshöchstmengen wird bezweifelt: Je nach gewählter Methodik der Lastenzuteilung ist das entweder grundsätzlich-systematisch (bei Aufteilung über die Einwohnerzahl) oder – mangels ausreichend regionalisierter und laufend aktualisierter Eingangsdaten – praktisch unmöglich. Die etwa in der Bundesländerinventur des Umweltbundesamtes verwendeten Modelle zur Regionalisierung und Aufteilung auf die einzelnen Sektoren beruhen teilweise auf Kennzahlen, die einmalig oder im Abstand von mehreren Jahren ermittelt wurden und daher keine aktuellen länderspezifischen Entwicklungen darstellen können. Eine Bewertung der Emissionsentwicklung ausschließlich nach den quantifizierbaren Maßnahmen im Sinn des § 2  kann andererseits nur einen Teil der tatsächlichen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen erfassen und berücksichtigt andererseits mögliche gegenteilige Effekte nicht.

2. Die im Abs 2 geplante Berichtspflicht der Länder kann nur solche Daten umfassen, die auch tatsächlich bei den Ländern vorhanden sind; eine zusätzlichen Belastung der Länder durch weitergehende Erhebungen oder Berechnungen wird abgelehnt.

 

 

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

 

 

Dr. Heinrich Christian Marckhgott

Landesamtsdirektor

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1. – 8. E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

9.       E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

10.     E-Mail an: Präsidium des Nationalrates begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

11.     E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

12.     E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at

13.     E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

14.     E-Mail an: Büro Landesrat Walter Blachfellner

15.     E-Mail an: Abteilung 6 zu do Zl 2062-VP/8/187-2008

16.     E-Mail an: Abteilung 8 zu do Zl 20801-46.496/471-2008

17.     E-Mail an: Abteilung 10 zu do Zl 21001-100/47532/527-2008

18.      E-Mail an: Abteilung 13 zu do Zl 21301-RG/132/295-2008

19.      E-Mail an: Abteilung 16 zu do Zl 216-03/716/203-2008