Zum übersandten Entwurf eines Bundesklimaschutzgesetzes wird folgende Stellungnahme abgegeben:
I. Allgemeines
Zu den finanziellen Auswirkungen des Entwurfes ist auf das Verlangen des Landes Tirol, in einem Konsultationsgremium Verhandlungen über die durch den Entwurf dem Land Tirol verursachten finanziellen Ausgaben, einschließlich zusätzlicher Personalausgaben, aufzunehmen (Zl. VII-1/211/269 vom 20. Juni 2008), hinzuweisen.
II. Zu einzelnen Bestimmungen wird bemerkt
Zu Art. 2:
Die vorgesehene Kompetenzänderung wird entschieden abgelehnt, weil eine derart weitreichende Bundeskompetenz in Form einer Bedarfskompetenz „Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, insbesondere zur Reduktion von Treibhausgasemissionen“ in wesentliche Zuständigkeitsbereiche der Länder eingreifen und zu einer weiteren Zersplitterung der Zuständigkeitsverteilung beitragen würde. Auch der vorgesehene Sanktionsmechanismus wird entschieden abgelehnt. Die Regelung im Art. 23d Abs. 5 B-VG ist ausreichend, um sicherzustellen, dass die Länder gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen erfüllen. Außerdem stehen Kompetenzänderungen nur im Rahmen der Staats- und Verwaltungsreform zur Disposition.
Zu Art. 3:
Zu § 1 und § 2 Abs. 2:
Die genannten „völkerrechtlichen oder europarechtlichen Verpflichtungen“ sollten konkretisiert werden und es sollte genau aufgezählt werden, welche Verträge oder Rechtsakte des Gemeinschaftsrechtes darunter fallen.
Zu § 2 Abs. 1:
Als Maßnahmen im Sinn des im Entwurf vorliegenden Gesetzes werden solche definiert, die eine messbare, berichtbare und überprüfbare Verringerung von Treibhausgasemissionen bewirken. Wie diese Messbarkeit und/oder Überprüfbarkeit tatsächlich erreicht werden soll, wird allerdings nicht erwähnt. Insbesondere werden keine Kriterien für die Überprüfbarkeit normiert. Auch wird nicht festgelegt, ob eine top down - oder bottom up - Betrachtung vorgenommen werden soll. Die Erfahrungen etwa im Abgleich der Ergebnisse der Bundesländer-Schadstoffinventur (BLI) mit dem Emissionskataster (EMIKAT) haben gezeigt, dass diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu gravierend unterschiedlichen Ergebnissen führen können.
Zu § 3:
Nach dem Entwurf sollen „Verhandlungen zwischen den Gebietskörperschaften und Bundesministerien“ stattfinden. Diese Bestimmung ist verfassungsrechtlich verfehlt. Die hier in Rede stehenden Verhandlungen können wohl nur zwischen dem Bund und den Ländern stattfinden. Wer für den Bund die Verhandlungen zu führen hat, ergibt sicht aus dem Organisationsrecht des Bundes. Überdies wären die vorgesehenen „Verhandlungen“ bei genauer Betrachtung ohnehin nur „Scheinverhandlungen“, weil in den Abs. 3 und 4 im Fall der Nichteinigung bereits im Gesetz ein genau festgelegtes System der Lastenverteilung vorgesehen ist. Es finden sich auch keine Anhaltspunkte darüber, ob Vorleistungen von bestimmten Bundesländern oder deren spezielle Situation bei der Lastenverteilung zu berücksichtigen sind. Ein Verhandlungspartner, dem die Verpflichtung für einen größeren Teil als nach Abs. 3 vorgesehen drohen würde, würde somit einen Abschluss dieser Verhandlungen blockieren, weil er durch das gesetzlich geregelte System besser gestellt wäre. Es ist wohl kaum zu erwarten, dass ein Verhandlungspartner freiwillig die Verantwortung für einen größeren Beitrag als den gesetzlich festgelegten übernehmen würde.
Jedenfalls abzulehnen ist eine verursacherunabhängige Lastenverteilung auf die Länder nach den Grundsätzen des Finanzausgleichsgesetzes. Entschieden abgelehnt wird auch das Modell der Aufteilung nach Abs. 4, wonach im Fall der Nichteinigung eine Aufteilung im Verhältnis 50:50 zwischen Bund und Ländern gelten soll. Insbesondere im Verkehrsbereich, wo den Ländern im Vergleich zum Bund nur ein geringer Handlungsspielraum verbleibt, würde dies zu einem ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Ergebnis führen.
Der im Entwurf vorgesehene Weg der Lastenaufteilung ist somit schon vom Grundsatz her nicht geeignet, einen gerechten Ausgleich zwischen dem Bund und den Ländern bzw. unter den Ländern sicherzustellen. Ein gerechter Lastenausgleich müsste jedenfalls die tatsächlichen Potenziale in den einzelnen Sektoren berücksichtigen und die von den jeweiligen Gebietskörperschaften erbrachten Vorleistungen mit einbeziehen. Außerdem sollten auch besondere Situationen Berücksichtigung finden. So ist in Tirol eine besondere Problematik beispielsweise die starke Belastung durch den Transit und das deutlich überdurchschnittliche Tankaufkommen („Tanktourismus“). Eine Berücksichtigung einer derartigen Sonderbelastung für Tirol ist jedenfalls erforderlich.
Zu § 4 Abs. 2:
Eine Verpflichtung zur Übermittlung der „benötigten Datengrundlage“ wird abgelehnt, weil nicht erkennbar ist, welche Daten damit umfasst sein sollen. Auch die allgemeine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird abgelehnt, weil nicht erkennbar ist, welcher Aufwand den Ländern daraus entstehen würde.
Zur Anlage:
Die in den einzelnen Bundesländern bestehenden unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten sollten bei der Aufteilung jedenfalls Berücksichtigung finden. Es sollte deshalb auf die jeweilige Situation im entsprechende Bundesland Bedacht genommen werden. Weil in unterschiedlichen Bereichen unterschiedliche Potenziale realisiert werden können, ist eine Betrachtung der spezifischen Situation in den einzelnen Bundesländern jedenfalls zwingend erforderlich.
Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem auch dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.
Für die Landesregierung:
Dr. Liener
Landesamtsdirektor