Wien, am 10. Juli 2008

                                                                                                   BK 217/08

 

 

Betr.:           Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Wert­papier­aufsichtsgesetz 2007, das Börsegesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundes-­
finanzierungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Betriebspensions­gesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert werden – Begutachtungs­-
verfahren – Stellungnahme

 

 

 

Unter Bezugnahme auf das do. Schreiben vom 3. Juni 2008, GZ. BMF-040402/0003-III/5/2008, gibt das Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz zu dem oben genannten Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme ab:

 

Die Stellungnahme beschränkt sich auf § 40c Absatz 2 Bankwesengesetz.

 

In dieser Bestimmung wird nach dem Entwurf die Zulassung anonymer Überweisungen bis zu einem Betrag von € 150,-- an folgende Bedingungen geknüpft:

 

  1. Veröffentlichung des Rechnungsabschlusses (auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder frei­willig).
  2. Vorliegen einer Bestätigung der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Rechnungs­legung durch einen Wirtschaftstreuhänder (oder bei Genossenschaften Revisor).
  3. Vorliegen einer gesetzlichen Vorschrift, durch welche die Rechnungslegung vor­ge­schrieben ist.
  4. Bescheinigung des Vorliegens dieser Voraussetzungen durch die Kammer der Wirt­schaftstreuhänder.

 

Durch die Formulierung dieser Voraussetzungen werden kirchliche Rechtsträger von vornherein von der Anwendung der Bestimmung ausgeschlossen.

 

Artikel 15 Staatsgrundgesetz 1867 normiert den Verfassungsgrundsatz der korporativen Religionsfreiheit dahingehend, dass anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ihre inneren Angelegenheiten selbst zu verwalten haben. Zu den inneren Angelegenheiten gehört nach ständiger Lehre und Rechtsprechung auch die Vermögensverwaltung.

 

Es ist dem staatlichen Gesetzgeber durch diesen Verfassungsgrundsatz nicht gestattet, in die Korporationsfreiheit der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften unter anderem dadurch einzugreifen, dass er gesetzliche Vorschriften über eine Rechnungslegung von Rechts­trägern oder sonstigen Einrichtungen, welche zu einer anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft gehören, zu erlassen. Auf Grund der korporativen Religionsfreiheit, welche im Artikel 15 Staatsgrundgesetz 1867 normiert ist, würde jede solche gesetzliche Vor­schrift, wie sie als Voraussetzung für die Begünstigung im Sinne des Entwurfs verlangt wird, verfassungswidrig sein.

 

Es kann aber nicht der Sinn der gesetzlichen Bestimmung sein, ganze große Gruppen von spendensammelnden Organisationen, wie sie die anerkannten Kirchen und Religionsge­sell­schaften darstellen, von der genannten Begünstigung auszuschließen, nur deshalb, weil mangels Zuständigkeit des Staates eine Bedingung nicht erfüllt werden kann.

 

Es stellt sich die Frage, ob der Ausschluss dieser Gruppen durch die Formulierung des § 40c Absatz 2 BWG dadurch nicht selbst von Verfassungswidrigkeit bedroht ist, da er alle aner­kannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie ihre Einrichtungen von dieser Bestimmung ausschließt und dadurch eine Gleichbehandlung mit anderen Rechtsträgern, welche der staatlichen Aufsicht unterstehen oder unterstellt werden können, ausschließt und damit den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 7 B.-VG verletzt.

 

Weiters wird eine Bestätigung der Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Rechnungsab­schlusses durch einen Wirtschaftstreuhänder und eine Bestätigung der Kammer der Wirt­schaftstreuhänder über das Vorliegen der Voraussetzungen, welche der erste Satz des § 40c Absatz 2 BWG in der Fassung des Entwurfes verlangt, vorgeschrieben.

 

Anzumerken ist, dass die Bestimmung, die sich vor allem an Vereine richtet, für Rechts­personen und sonstige Einrichtungen der Katholischen Kirche nicht geeignet erscheint.

 

Nach allgemeinem Kirchenrecht, welches durch partikuläres Kirchenrecht ergänzt wird, bestehen folgende Vorschriften:

 

  1. Zwingende Vorlage des Jahresabschlusses an den zuständigen Diözesanbischof (can. 1287 § 1 CIC).
  2. Rechenschaftslegung über alle erhaltenen Spenden gegenüber den Gläubigen gemäß den vom Partikularrecht festzulegenden Bestimmungen (can. 1287 § 2 CIC).
  3. Zwingende Überprüfung der Rechnungslegung der dem Diözesanbischof unter­stehenden Rechtsträger und sonstigen rechnungslegenden Einrichtungen durch den diözesanen Wirtschaftsrat (can. 1287 § 1 CIC).
  4. Dem diözesanen Wirtschaftsrat haben unter dem Vorsitz des Diözesanbischofs oder des von ihm bestellten Vorsitzenden mindestens drei vom Bischof ernannte Katholiken anzugehören, welche sowohl in wirtschaftlichen Angelegenheiten als auch im staatlichen Recht wirklich sachverständig sind und sich durch Integrität auszeichnen (can. 492 § 1 CIC).

 

Rechnungsabschlüsse kirchlicher Einrichtungen, welche dem Diözesanbischof unterstehen, unterliegen daher der Prüfungspflicht des diözesanen Wirtschaftsrates, welcher sich aus Personen zusammenzusetzen hat, wie obiges Zitat zeigt, welche sowohl in Fragen der Wirt­schaft als auch in Fragen des staatlichen Rechtes sachverständig sind.

 

In verschiedenen diözesanen Wirtschaftsräten in Österreich sind auf Grund der oben genannten Bestimmung auch Wirtschaftsprüfer Mitglieder.

 

In den das allgemeine Recht ergänzenden diözesanrechtlichen Bestimmungen, deren Erlassung vom allgemeinen Recht vorgeschrieben ist (insbesondere Pfarrordnungen, Pfarr­gemeinderatsordnungen, Pfarrkirchenratsordnungen) ist die öffentliche Auflage der Kirchen­rechnungen der Pfarren vorgeschrieben, womit der Vorschrift can. 1287 § 2 Rechnung ge­tragen wird, als auch die Vorlage an die diözesane Behörde zur Erteilung der Genehmigung des Rechnungsabschlusses.

 

Diese zwingenden kirchenrechtlichen Vorschriften könnten nach Erachten des Generalsekretariates der Österreichischen Bischofskonferenz durchaus geeignet sein, die übrigen Voraussetzungen, welche der Entwurf für die Möglichkeit der Geldtransfers auf­stellt, ersetzen, da, wie wir hoffen, die Gleichwertigkeit dargetan werden konnte.

 

Es wird daher beantragt, § 40c Absatz 2 BWG in der Fassung des Entwurfes dahingehend zu ergänzen, dass für anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften die Voraussetzungen, welche der erste Satz dieses Absatzes aufstellt, dann nicht Geltung haben, wenn nach zwingenden Rechtsvorschriften der einzelnen anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft eine entsprechende Prüfung des Jahresabschlusses sowie die Veröffentlichung vorgesehen ist.

 

Diese Stellungnahme ergeht unter einem auch an die Frau Präsidentin des Nationalrates in elektronischer Form an die Adresse begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at.

 

    

 

 

 

 

 

                                                                                (Dr. Walter Hagel)

                                                                                    Rechtsreferent

                                                                 der Österreichischen Bischofskonferenz

 

 

 

 

An das

Bundesministerium

für Finanzen

Hintere Zollamtsstraße 2b

1030  Wien