Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

Herr Bundesminister Dr. Johannes Hahn

Minoritenplatz 5

1014 Wien

 

 

 

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

 

 

ergänzend zu den Kommentaren des Senats der Akademie der bildenden Künste zu Ihrem Entwurf eines Universitätsrechts-Änderungsgesetzes vom 13. Juni, möchte ich als Vorstand des größten Instituts der Akademie meine Besorgnis bezüglich des in Ihrem Entwurf angelegten weiteren Entdemokratisierungsprozess zum Ausdruck bringen.

 

Ich teile sehr wohl Ihre am 16. April in der Akademie vorgestellte Analyse einer mitunter mangelnden Zusammenarbeit der drei universitären Leitungsgremien Universitätsrat, Rektorat und Senat. Die Schlüsse, die Sie daraus ziehen – vor allem eine weitere Beschneidung der Kompetenzen des Senats sowie der inneruniversitären Gremien – halte ich jedoch für den falschen Weg.

 

Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der außeruniversitär besetzte Universitätsrat (der noch dazu nicht mehr von der Regierung, sondern vom Ministerium ohne die bisherige Sperrfrist nach (partei)politischem Engagement bestellt werden soll) fast allein darüber entscheiden soll, wie und von wem die Universität zu leiten ist. Meiner Meinung nach sollte eine Korrektur des UG 2002 genau in die Gegenrichtung zielen, und die Kompetenz und das Wissen aller MitarbeiterInnen der Universitäten mehr und nicht weniger in die wichtige Frage nach der Leitung einzubinden.

So erfreulich der Wunsch nach einer Entbürokratisierung ist, darf diese doch nicht ein weiteres Ungleichgewicht in den Kompetenzen zwischen der universitär legitimierten KollegInnenschaft (die größtenteils über internationale, akademische Ausschreibungsverfahren ermittelt wird) und nicht akademisch ausgewiesenen, universitätsfremden Personen etablieren.

Wir wissen alle, dass die mannigfaltigen Aufgaben des Rektorats heute oftmals nicht mehr nach einer Person aus dem Kreis der WissenschaftlerInnen oder KünstlerInnen verlangen, sondern nach Führungskräften mit einem Managementhintergrund. Gerade deshalb müssten die gesetzlichen Grundlagen eine intensive Kommunikation zwischen Rektorat, Universitätsrat und Senat in Hinblick z.B. auf die curricularen Entwicklungen der Universitäten – und zwar in erster Linie in Bezug auf ihre wissenschaftliche und/oder künstlerische Relevanz – dringend festlegen. Die von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen zu § 22 Abs. 1 Z 12, die eine Einrichtung und Auflassung von Curricula allein dem Rektorat zuschreibt, ist daher meines Erachtens ein Schritt in die genau falsche Richtung.

 

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Auch sehe ich keinen Anlass, die § 99 Professuren, die unter Umgehung eines von der (Fach-)KollegInnenschaft betreuten Berufungsverfahrens vergeben werden können, von zwei auf bis zu sechs Jahre zu verlängern: Dies würde eine eklatante Nichtachtung der Fachwissens des Lehrkörpers jeder Universität darstellen. Eine Vereinfachung der Berufungsverfahren ist angesichts der ständig steigenden bürokratischen Aufgaben der Lehrenden dringend zu befürworten; dies darf jedoch nicht eine weitere Steigerung der Machtfülle des Rektorats auf Kosten des auf Fachwissen fußenden Einfluss des Lehrkörpers bedeuten.

 

Ihren Vorschlag, auch die LeiterInnen von Organisationseinheiten, die nicht der ProfessorInnenschaft angehören, in die „ProfessorInnenkurie“ mit aktivem und passivem Wahlrecht zu integrieren, begrüße ich sehr. Hier würde ich jedoch gern vorschlagen, dies auch auf die StellvertreterInnen der LeiterInnen auszudehnen.

Ihren Vorschlag bezüglich § 22. (1) Z 5. gilt es meines Erachtens dahingehend zu präzisieren, dass eine nachvollziehbare Begründung für die Abberufung der LeiterInnen von Organisationseinheiten durch das Rektorat vorliegen muss, die sowohl Senat als auch Universitätsrat als nachvollziehbar und ausreichend befinden. Es gilt zu vermeiden, dass kritische LeiterInnen von Organisationseinheiten willkürlich abberufen werden können.

 

Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass Ihr Versuch einer Verschlankung des bürokratischen Apparats und der Förderung der Chancengleichheit, der aus Ihrem Entwurf zu entnehmen ist, prinzipiell begrüßenswert ist. Kritisch sehe ich die Teile des Gesetzesentwurfs, die die Kompetenzen der inneruniversitären Gremien weiter beschneiden und das Ungleichgewicht zwischen Universitätsrat, Rektorat und Senat noch einmal zuungunsten des Senats verschieben.

 

 

Mit freundlichen Grüssen,

 

 

 

Univ. Prof. Matthias Herrmann

Vorstand des Instituts für bildende Kunst

Wien, den 4. Juli 2008

 

 

christine.perle@bmwf.gv.at

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