Senat

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Stellungnahme des Senats der Universität Salzburg

zum Ministerialentwurf eines

 

„Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) und das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (richtig wohl: werden), sowie Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und Künste (KUOG), des Bundesgesetzes über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG) aufgehoben werden (Universitätrechtsänderungsgesetz 2008).“

 

1. Der vorliegende Entwurf eines Universitätsrechtsänderungsgesetzes beruft sich auf das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode, das im Kapitel Wissenschaft  die Weiterentwicklung des Universitätsgesetzes 2002 enthält und als Zielsetzung eine Stärkung der Autonomie und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Österreichs Universitäten nennt. Des Weiteren wird behauptet, dass die vorgeschlagenen Änderungen jene Punkte betreffen, wo sich seit dem Inkrafttreten des UG vor sechs Jahren konkreter Verbesserungsbedarf gezeigt hat. Verwiesen wird dabei auf einen ausführlichen Diskussionsprozess mit sämtlichen „Stakeholdern“.  Dazu muss vorweg gesagt werden, dass die vielfältigen Vorschläge der Senate in dem jetzt vorliegenden Text kaum Beachtung gefunden haben. Dagegen wird ausdrücklich der Beitrag der Universitätsräte erwähnt, die offenbar bereits beim Zustandekommen des Entwurfs eine privilegierte Rolle eingenommen haben.

Das eingangs zitierte Regierungsprogramm enthält allerdings auch andere Punkte wie etwa Mitbestimmung, interne Willensbildung, Verbesserung der Betreuungsrelationen, Nachwuchsförderung etc. Vergleicht man den Ministerialentwurf mit dem inzwischen vorliegenden Alternativentwurf der Abgeordneten Broukal und GenossInnen, der offenbar als Initiativantrag konzipiert ist, so wird klar, dass die Koalitionspartner dieses Regierungsübereinkommen sehr unterschiedlich interpretieren.

Beurteilt man den Entwurf im Licht der in erster Linie genannten Zielsetzung, nämlich einer angestrebten Stärkung der Autonomie, so muss man allerdings sagen, dass die Verwirklichung dieser Änderungsvorschläge die Autonomie der Universitäten nicht nur nicht stärken würde, sondern dass im Gegenteil zusätzliche Bürokratisierung und Reglementierung und damit vermehrte Abhängigkeit vom Ministerium drohen. Die durchgehende Aufwertung des Universitätsrats lässt eine weitgehende Außensteuerung der Universitäten erwarten. Dazu kommt, dass dieser Universitätsrat in stärkerem Maße als bisher parteipolitischen Einflüssen zugänglich ist.

Innerhalb der Universitäten wird eine deutliche Umverteilung der Gewichte angestrebt, die insgesamt zu Lasten des Senates geht. Der Entwurf lässt sich offensichtlich von einem strikten Unternehmensmodell leiten, in das er die Universitäten pressen möchte. Ähnlich der Aufgabenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in Kapitalgesellschaften sollen auch in den Universitäten die Entscheidungsstrukturen ausschließlich zwischen Rektorat und Universitätsrat aufgeteilt werden. Von einigen Restfunktionen abgesehen, soll der Senat auf Beratungsfunktionen reduziert werden. Dem wird das Modell der repräsentativen Demokratie entgegengesetzt, wobei dem Senat die Rolle des universitären Gesetzgebers zukommen sollte, in dem eine entsprechende Repräsentativität der verschiedenen Gruppen gewährleistet wird.

 

2. Die vergrößerten Einfluss- und Reglementierungsmöglichkeiten der Ministerialbürokratie ergeben sich aus einer Vielzahl von Detailänderungen, die in ihrem Zusammenhang zu sehen sind. Zum einen wird die Rechtsaufsicht des Bundes, die durch § 45 UG näher ausgeführt wird, in Hinkunft auch auf die von den Universitäten gegründeten Gesellschaften, Stiftungen und Vereine sowie auf die Beteiligungen an Gesellschaften und Stiftungen sowie die Mitgliedschaft in Vereinen ausgedehnt, und zwar  dann, wenn die Geschäftsanteile unmittelbar oder mittelbar mehr als 50 Prozent betragen. Besonders einschneidend müsste sich die in § 12 Abs 12 (neu) vorgesehene generelle Möglichkeit auswirken, fünf Prozent des zur Verfügung stehenden Gesamtbudgets einzubehalten. Eine solche Bestimmung würde dem Ministerium ein unbeschränktes und unberechenbares Ermessen einräumen, da keine wie immer gearteten Kriterien angegeben sind. In diesem Zusammenhang ist ein neuartiges und zusätzliches Steuerungsinstrument zu sehen, das der Entwurf dem Ministerium in die Hand geben möchte, nämlich die jährlich abzuschließenden Gestaltungsvereinbarungen, deren Sinn und Zweck ebenfalls nur sehr vage umschrieben wird (für bestimmte Vorhaben zur Schaffung oder Unterstützung eines nationalen Hochschulraumes) und deren Finanzierung aus den eben erwähnten einbehaltenen  Mitteln erfolgen soll. Die österreichische Universitätenkonferenz hat dazu in aller Deutlichkeit Stellung genommen und auf die Gefahr hingewiesen, dass damit den Universitäten jeglicher Spielraum für Schwerpunktsetzungen genommen wird. Im Ergebnis erblickt die UniKo darin nicht zu Unrecht einen „Rückfall in eine ministerielle Detailsteuerung der Universitäten“. Sieht so die Stärkung der Universitätsautonomie aus? Zwar ist es positiv zu sehen, dass die jährlichen Leistungsberichte in die Wissensbilanz integriert und damit der bürokratische Aufwand zumindest partiell reduziert werden soll, gleichzeitig sollen aber in die Wissensbilanz auch entsprechende Indikatoren aufgenommen werden, um die Zielerreichung der Leistungsvereinbarung messbar zu machen. Mit Hilfe dieser im Gesetzesentwurf nur äußerst vage umschriebenen Indikatoren können Kürzungen der in den Leistungsvereinbarungen enthaltenen Budgetzuteilungen durchgeführt werden, was zusammengenommen für die Universitäten weitere Unsicherheitsmomente bringt.

Bedenklich ist auch die vorgeschlagene Einrichtung eines Universitätskurators, der im Fall der drohenden oder bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit einer Universität an Stelle des Rektorats die Gebarung führt. Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister kann unabhängig davon oder auch in Kombination damit ein Sanierungskonzept beschließen. Insbesondere der weitgehend unbestimmte Begriff der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“, der der österreichischen Rechtsordnung, die nur  von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung spricht, fremd ist, eröffnet einen weiten Interpretationsspielraum, und daraus resultieren entsprechende Missbrauchsgefahren.

 

3. Die an sich bereits ansehnliche Machtfülle des Universitätsrats, der ausschließlich aus universitätsfremden Personen besteht und auf den das Ministerium nachhaltigen Einfluss hat, würde durch die Novellierung noch weiter gestärkt. So soll dem Universitätsrat in Hinkunft auch der Budgetentwurf vorgelegt werden, wodurch er zu der bereits vorhandenen Kontrollmöglichkeit ex post auch noch ein Kontrolle ex ante ausüben könnte.

Die deutlichste Machtvermehrung erfährt der Universitätsrat durch die Neugestaltung der Rektorswahl. Nachdem bereits der Gesetzgeber des Jahres 2002 das verfassungsrechtlich verbriefte Satzungsrecht der Senate empfindlich eingeschränkt hat (die Erlassung des Organisationsplans ist seitdem Sache des Rektorats), erfolgt mit den nun vorliegenden Vorschlägen eine weitere Einschränkung, indem die Wahlordnung für die Wahl der Rektorin bzw. des Rektors, die bisher vom Senat (und nicht vom Rektorat, wie es irrtümlich in den Erläuterungen heißt) erlassen wurde, ebenfalls nicht mehr Teil der Satzung ist, sondern systemwidrig vom Universitätsrat beschlossen werden soll. Im Übrigen hat die Mitwirkung des Senats kaum mehr als Alibifunktion. In der sogenannten Findungskommission, deren Vorsitz ex lege vom Universitätsratsvorsitzenden geführt wird, ist der Senat nur mit einer Person vertreten. Die vorgesehene Einstimmigkeit der Beschlüsse in dieser Findungskommission sichert dem Senat auch nur ein scheinbares Vetorecht, weil im Säumnisfall, also insbesondere dann, wenn infolge der erforderlichen Einstimmigkeit Beschlüsse nicht zustande kommen, der Universitätsrat im Wege der Ersatzvornahme tätig wird. Aufgabe der Findungskommission nach den Intentionen des Entwurfs ist es, einen Kandidatenvorschlag auszuarbeiten, der mindestens drei und höchstens sechs Personen umfasst und der für den Senat verbindlich ist. Dem Senat verbleiben, wie die Erläuterungen in diesem Punkt korrekt ausführen, eigentlich nur die Alternativen, den  Vorschlag zu kürzen oder weiterzuleiten. Nimmt man an, dass auch die Findungskommission sich im Allgemeinen mit einem Dreiervorschlag begnügen wird, so verbleibt für den Senat tatsächlich nur Letzteres, nämlich den Dreiervorschlag weiterzureichen.

Die Kandidatur der Amtsinhaber wird  in der vorgeschlagenen Neuregelung der Rektorswahl auf zweierlei Weise geregelt. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass von einer Ausschreibung abgesehen wird, wenn Senat und Universitätsrat dies mit Zweidrittelmehrheit beschließen. Diese Neuregelung ist zu begrüßen, weil sie den Universitäten unnötige Wahlprozeduren oder gar Scheinwahlen erspart; es wäre allerdings erwägenswert, dabei eine Einschränkung in der Weise vorzusehen, dass ein derartiges Absehen von der Ausschreibung für dieselbe Person nur einmal zulässig sein sollte. Dagegen ist die Vorschrift, wonach die Bewerbung amtierender Rektoren auf jeden Fall auf den Wahlvorschlag kommen muss, außer der Senat spricht sich mit Zweidrittelmehrheit dagegen aus, abzulehnen, weil sie im Effekt eine unnötige Bestandsgarantie für Amtsinhaber bedeutet.

Man kann diese Neugestaltung der Rektorswahl sicherlich nicht mit dem Bedarf nach Kompetenzanpassung oder der Verbesserung der Kooperation der beteiligten Organe rechtfertigen, wie dies verbreitet geschieht. In Wirklichkeit offenbart sich  darin ein grundsätzliches Misstrauen dem Senat und den in ihm vertretenen Gruppen gegenüber, denen jeder maßgebliche Einfluss auf die Auswahl des Rektors genommen werden soll. Auch an dieser Stelle muss wieder daran erinnert werden, dass die Universitäten nicht mit wirtschaftlichen Unternehmen gleichgesetzt werden dürfen, die ein schlagkräftiges Management benötigen, um sich gegen Konkurrenten und ihre Belegschaften durchzusetzen. Universitäten sind (immer noch) öffentliche Einrichtungen, für deren Willensbildung demokratische Spielregeln gelten müssen. Ein Rektor, dessen Bestellung ohne maßgebliche Mitwirkung des einzigen demokratisch gewählten Organs zustande kommt, verliert damit auch einen Großteil seiner Legitimation. Es darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass früher die Rektoren von einer repräsentativen Versammlung aller Universitätsangehörigen gewählt worden sind, und zwar aus einem Dreiervorschlag des Senats.  

Eine ähnliche Verschiebung zu Gunsten des Universitätsrats nimmt der Entwurf auch bei der Neuregelung der Abberufung des Rektors vor, wo das frühere Antragsrecht des Senats durch eine unverbindliche Stellungnahme ersetzt werden soll. In dieser Betrachtungsweise kommt es offenbar in erster Linie darauf an, dass der Rektor das Vertrauen des Universitätsrates besitzt.

Dieser so aufgewertete Universitätsrat unterliegt in Hinkunft, falls dieser Gesetzesentwurf vom Parlament beschlossen wird, einer stärkeren Gefahr der Politisierung, zum einen weil die vierjährige Sperrfrist für die Entsendung ehemaliger Politiker wegfallen soll. In den Erläuterungen wird dazu verharmlosend ausgeführt, dass damit der Universität die Netzwerke und die Expertise dieser Personen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden sollen. Zum anderen sollen die bisher von der Bundesregierung auf Vorschlag der Bundesministerin bzw. des Bundesministers bestellten Mitglieder des Universitätsrats nun direkt von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister bestellt werden, und zwar mit der formalistischen Begründung, dass die politische Verantwortlichkeit „für das Agieren der Universitäten“ allein bei der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister liege.

 

5. Auch im Verhältnis zum Rektorat erfährt der Senat durch die vorgeschlagenen Regelungen in einigen Punkten eine deutliche Abwertung. So wird die bereits bisher stark eingeschränkte, wenngleich verfassungsrechtlich garantierte Satzungsautonomie noch weiter reduziert, indem nämlich die Satzung bzw. Satzungsbestimmungen ohne Vorschlag des Rektorats nicht nur nicht beschlossen, sondern auch nicht geändert werden können (§ 19 Abs 1 neu; § 22 Abs 1 Z 1 neu). Im Ergebnis nimmt eine derartige Vorschrift dem Senat jede Handlungsmöglichkeit; statt dessen wäre es sinnvoll, die allgemeine Bindung an derartige Vorschläge des Rektorats durch Antrags- und Anhörungsrechte des Rektorats zu ersetzen. Umgekehrt sollten jene Teile der Satzung, die grundlegenden Charakter haben und so etwas wie die Verfassung der Universität darstellen, nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen und geändert werden können.

Eine Verschiebung zu Gunsten des Rektorats könnte auch darin erblickt werden, dass nun ausdrücklich Einrichtung und Auflassung von Studien als Aufgaben des Rektorats definiert werden. Das kann man bis zu einem gewissen Grad als sinnvoll bezeichnen, weil tatsächlich die Ressourcenzuteilung und die Organisation des Studiums nur durch das Rektorat erfolgen können. Andererseits ist die Mitwirkung des Senats ebenfalls unentbehrlich, weil dem Senat – als eine der wenigen Entscheidungskompetenzen – die Beschlussfassung über Curricula obliegt. Eine bessere Möglichkeit, das in der Tat notwendige Zusammenwirken der beiden Organe zu regeln, könnte darin bestehen, dem Rektorat in diesem Fall ein bindendes Vorschlagsrecht einzuräumen; das würde heißen, dass Studien vom Senat auf Vorschlag des Rektorats eingerichtet und aufgelassen werden. Auf diese Weise könnte man sich auch das vorgesehene Widerspruchsrecht des Rektorats gegen Curricularbeschlüsse des Senats ersparen.

Bei der Bewilligung von Universitätslehrgängen soll die Zuständigkeit in Hinkunft geteilt werden, indem der Senat wie bisher das Lehrgangscurriculum und (neu) das Rektorat den Lehrgangsbeitrag beschließt.

Im neu geschaffenen § 64a UG soll die Studienberechtigung, die bisher in einem Bundesgesetz geregelt ist (StudBerG, BGBl 292/1985), in das Universitätsgesetz einbezogen  werden, wogegen grundsätzlich kein Einwand besteht. Wie in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt wird, handelt es sich bei diesen neu zu schaffenden Regelungen um „Rahmenbedingungen“, die durch eine Verordnung des Rektorats auszufüllen sind. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese Aufgabe nicht besser dem Senat als Satzungsgeber hätte übertragen werden sollen, der ja im Gegensatz zum Rektorat gesetzesergänzende Verordnungen und nicht nur Durchführungsverordnungen erlassen kann. So gesehen besteht der Verdacht, dass damit eine bedenkliche formalgesetzliche Delegation aufgenommen wird. Auf jeden Fall mutet es seltsam an, ist aber wohl für die Denkweise der Autoren des Entwurfs bezeichnend, dass nicht einmal an eine Anhörung des Senats gedacht ist. Ganz allgemein muss die Ausweitung des Verordnungsrechts des Rektorats als problematisch bezeichnet werden, weil dagegen demokratiepolitische, aber wohl auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

 

6. Im Eingangs zitierten Regierungsprogramm der Koalitionsparteien steht unter „Weiterentwicklung des Universitätsgesetzes 2002“ auch zu lesen: „Alle unbefristet auf Laufbahnstellen beschäftigten Wissenschafter/Innen sollen eine Gruppe („Kurie“) bilden“. Dieser Punkt wird im Alternativentwurf Broukal sehr detailliert ausgestaltet. Der zu begutachtende Ministerialentwurf enthält einige Ansätze, die in diese Richtung weisen. Zum einen wird vorgeschlagen, dass die Professorenkurie im Senat auch Leiterinnen und Leiter von Organisationseinheiten mit Forschungs- und Lehraufgaben umfassen soll. Diese Leitungsfunktionen sollen in Hinkunft allen Personen offen stehen, die entsprechend qualifiziert sind und in einem aufrechten Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur (betreffenden) Universität stehen, vorausgesetzt sie werden von den Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren der jeweiligen Organisationseinheit vorgeschlagen. Diesem Personenkreis soll nach den Intentionen des Ministerialentwurfs ein aktives und passives Wahlrecht innerhalb der Professorenkurie zukommen. Darüber hinaus ist indes einiges unklar. Zum einen ist ja die Leiterfunktion ein vorübergehender Status; es müsste also ein Stichtag bestimmt werden, auf den bei der Ermittlung der Wahlberechtigung abzustellen ist. Des Weiteren ist anzunehmen, dass gewählte Senatsmitglieder für die gesamte Funktionsperiode gewählt sind und gewählt bleiben, also auch dann wenn sie ihre Leiterfunktion mittlerweile aufgegeben haben (so zumindest die Erläuterungen; aus dem Gesetz bzw. dem Entwurf ergibt sich das nicht eindeutig). Um aber in den Senat gewählt zu werden, ist es vorerst erforderlich, auf einem Wahlvorschlag aufzuscheinen. Es kann mit anderen Worten niemand diesem Personenkreis garantieren, im künftigen Senat vertreten zu sein.

Ein weiterer Ansatz, der zumindest so verstanden werden kann, dass er dieser im Regierungsübereinkommen ausgedrückten Zielsetzung zumindest indirekt und partiell entspricht, ist die Neuregelung des § 99 UG. Damit soll über die bereits vorhandenen Möglichkeiten (§ 98 – befristete Professuren mit Berufung; § 99 Abs 1 und 2 – befristete Professuren ohne Berufung) hinaus eine neue Kategorie von befristeten Professoren geschaffen werden, die in der Gruppe der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren aktiv und passiv für den Senat wahlberechtigt wären. Im Detail ergeben sich einige Widersprüche, so dass man daran zweifeln darf, dass der Vorschlag wirklich in allen Konsequenzen durchdacht ist. Nachdem der Ministerialentwurf keine Kostenschätzung enthält, soll der Kostenaspekt einmal ausgeklammert bleiben. Die Anzahl dieser Stellen, die auf solche Art zu besetzen sind, darf höchstens 10 Prozent der Stellen gemäße 122 Abs 2 Z 4 und 5 UG (alt) umfassen. Daraus ist wohl zu entnehmen, dass dabei in erster Linie an einen internen Interessentenkreis gedacht ist; trotzdem ist jede Stelle gemäß § 107 UG (alt) öffentlich auszuschreiben. Im Übrigen ist der Verweis auf § 122 Abs 2 Z 4 und 5 auch insoweit schwer zu verstehen, weil es nach der nun geltenden Rechtslage ja keine (Plan-) Stellen gibt. Oder sollte dabei an die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des UG 2002 übergeleiteten „Stellen“ gedacht sein? Des Weiteren sind diese Professorenstellen nach dem Angestelltengesetz einzurichten, während der Großteil der in Frage kommenden Dozenten wahrscheinlich pragmatisiert  ist. Inwieweit kann man diesen Personenkreis für eine befristete Anstellung interessieren, zumal die Verlängerungsmöglichkeit ja nur eine vage Wahrscheinlichkeit darstellt? Auch hier sieht der Entwurf eine Zuständigkeit des Rektorats vor, das die Anzahl derartiger Stellen durch Verordnung festzulegen hat. Bemerkenswert ist wiederum, dass eine Anhörung des Senats nicht vorgesehen ist. Auch zur Regelung der Kriterien einer so genannten „Qualifikationsprüfung“ hätte tunlichst auf die Satzung verwiesen werden müssen. In der vorgeschlagenen Form würde diese Regelung dem Rektorat erlauben, völlig am Senat vorbei zu agieren, zumal diese Professuren auch nicht im Entwicklungsplan ausgewiesen werden müssen. Dem Bedürfnis des „Mittelbaus“ nach einer verbesserten Mitbestimmung werden diese Vorschläge sicher nicht gerecht.

 

7. Der Entwurf enthält auch einige Änderungsvorschläge im studienrechtlichen Bereich, die im Einzelnen unterschiedlich zu bewerten sind.

Allgemein begrüßt wird sicherlich, dass in Hinkunft auch Lehramtsstudien in die Bologna-Struktur übergeführt werden können, wenngleich das Verhältnis zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen unklar bleibt. Übereinstimmend mit dem Reglement für diese Hochschulen soll diese Änderung allerdings erst mit dem 1. Oktober 2010 in Kraft treten. Bis dahin sollen offenbar die Aufgabenverteilungen zwischen diesen beiden tertiären Bildungseinrichtungen geklärt werden.

Ebenso positiv ist die Flexibilisierung der Bachelor-Studien zu beurteilen, die in Hinkunft bis zu 240 ECTS-Anrechnungspunkte umfassen können, allerdings nur wenn ein Gutachten des Wissenschaftsrates vorliegt, aus dem sich die Notwendigkeit im Sinne der Employability oder der internationalen Vergleichbarkeit  ergibt. Fraglich ist dabei, ob der Wissenschaftsrat diese Fragen wirklich besser zu beurteilen vermag als Fachvertreter der Universitäten. Man könnte sich vorstellen, dass der Wissenschaftsrat in Zweifelsfällen ein Gutachten in Auftrag gibt; das könne allerdings von Seiten des Rektorats bzw. des Senats ebenfalls, und zwar regelmäßig in kürzerer Zeit bewerkstelligt werden.

Im Zusammenhang mit der Durchführung gemeinsamer Studien mit anderen (in- oder ausländischen) Universitäten wird wiederum die Autonomie der Universitäten hervorgehoben. Allerdings hat dann der Senat in angemessener Frist ein entsprechendes Curriculum zu erlassen. Wäre es nicht auch in diesem Fall klüger, das Zusammenwirken der beiden Organe Rektorat und Senat vorzusehen, statt den Senat mit einer Muss-Vorschrift unter Druck zu setzen. Auch dazu wäre es nötig, dass die Verfasser eines derartigen Novellierungsentwurfs über ihren Schatten springen und dem Senat eine entsprechende Rolle zubilligen. Die Regelung wäre dann einfach die, dass die Einrichtung derartiger Joint Studies auf Vorschlag des Rektorats durch den Senat erfolgt.

Die Tatsache, dass bedingte Zulassungen nach der bisherigen Rechtslage im Doktoratsstudium, nicht aber im Masterstudium möglich waren, wird von den Erläuterungen als „Redaktionsversehen“ bezeichnet, das bereinigt werden muss. Tatsächlich ist es sinnvoll, auch im Masterstudium in den Fällen, wo im Prinzip ein gleichwertiges Vorstudium vorliegt und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, die Zulassung unter Auflagen zu gestatten. Davon zu unterscheiden sind die offenbar bewusst mehrdeutig gehaltenen „qualitativen Bedingungen“, die durchaus auch als Aufnahmeprüfungen verstanden werden können. Solange der Arbeitsmarkt für Absolventen des BA-Studiums dermaßen ungesichert ist und mehr als drei Viertel der BA-Absolventen darum weiter studiert, scheint eine Zugangsbeschränkung für das Masterstudium zumindest zum gegebenen Zeitpunkt unvertretbar. Anders könnte die Situation im Doktoratsstudium beurteilt werden. Hier wäre es sinnvoll, zumindest im Rahmen strukturierter Doktorats- oder PhD-Studien (Doctoral Schools, Doktoratskollegs) Rahmenbedingungen zu schaffen, die durch den Satzungsgeber zu konkretisieren wären. Der entscheidende Unterschied besteht ja darin, dass derartige Studien eine Art Anstellung der Doktoranden beinhalten, deren Zahl einerseits naturgemäß beschränkt ist; andererseits müssen derartige Doktoratsstellen in einem transparenten Verfahren ausgeschrieben werden. Daneben sollten aber allgemein zugängliche Doktoratsstudien beibehalten werden.

Ob tatsächlich eine Notwendigkeit besteht, die Zulassung zu fremdsprachlichen Masterprogrammen mit einem Aufnahmeverfahren zu beschränken, ist zumindest zweifelhaft. Auf jeden Fall ist die Beschränkung auf 10 Prozent der Gesamtzahl aller Studierenden in den Masterstudien der jeweiligen Universität nicht nachvollziehbar. Erfreulich ist, dass in diesem Fall, wo offensichtlich wiederum eine Verordnung des Rektorats zu erlassen ist, die Verfasser des Entwurfs zumindest eine Stellungnahme des Senats vorgesehen haben.

An der Regelung der so genannten Studienbeiträge will der Entwurf keine Änderung vornehmen, mit einer nicht unwesentlichen Ausnahme, und zwar soll das Rektorat von Studierenden aus Drittländern, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und auf die kein völkerrechtlicher Vertrag anzuwenden ist, einen kostendeckenden Studienbeitrag einheben, der in keinem Fall unter dem für österreichische Staatsbürger liegen darf. In (individuellen) Härtefällen sollen Studienförderungsmaßnahmen eingreifen. Eine generelle Befreiung für Studierende aus bestimmten Entwicklungsländern ist damit offenbar nicht möglich. 

Auf die ebenfalls im Regierungsprogramm erwähnten Teilzeitstudien geht der Ministerialentwurf – im Gegensatz zum Alternativentwurf Broukal – überhaupt nicht ein. Eine klarstellende Ermächtigung für die Erlassung entsprechender Curricula sowie allfällige Vorgaben durch das Gesetz wären wünschenswert.

 

8. Die in §§ 98 Abs 3, 4 und 5 und 103 Abs 5 und 7 UG (neu) vorgesehenen Vereinfachungen im Berufungs- und Habilitationsverfahren sind einhellig und seit langem gefordert worden und dürften insgesamt unproblematisch sein. Die Bestimmung, wonach die Rektorin bzw. der Rektor das Recht haben soll, ein weiteres Gutachten einzuholen, scheint entbehrlich, soweit sie sich auf den Verfahrensabschnitt nach der Beschlussfassung durch die Berufungskommission bezieht, weil diese Möglichkeit ohnedies besteht. Wenn der Vorschlag darauf abzielt, dem Rektor die Möglichkeit einzuräumen, während des Berufungsverfahrens durch die Bestellung zusätzlicher Gutachten Einfluss zu nehmen, wird er entschieden abgelehnt, weil dies der Kompetenzabgrenzung zwischen Rektor und Senat bzw. Senatskommissionen widerspricht.

Im Übrigen sind sowohl Berufungs- wie auch Habilitationsverfahren Bereiche, in denen die Satzungsautonomie noch in einem relativ weiten Umfang erhalten ist. Die beiden Fälle zeigen jedoch auch, dass eine allgemeine und ausnahmslos normierte Bindung an Vorschläge des Rektorats nicht sinnvoll ist. Gerade in den Fällen, wo der Rektor bzw. das Rektorat die Entscheidungszuständigkeit besitzt, läuft ein generell installiertes Vorschlagsrecht auf eine Verdoppelung der Kompetenz hinaus.

 

9. Zusammenfassend  kann gesagt werden, dass der Entwurf zwar in einzelnen Punkten positive Vorschläge enthält, aber im Ganzen gesehen die Entscheidungsstrukturen in negativer Weise verändert und das Bedürfnis nach inneruniversitärer Demokratie weitgehend unberücksichtigt lässt. Es muss nochmals daran erinnert werden, dass Universitäten nicht einfach wirtschaftlich orientierte Unternehmen darstellen, die Forschungsaufträge an Land ziehen, Drittmittel einwerben und Studienplätze vermarkten, sondern dass es sensible Einrichtungen wissenschaftlicher Reflexion sind. Die Betrachtung der Probleme der Universität aus einem einseitig ökonomischen und managementbezogenen Blickwinkel wird dieser besonderen Natur der Universitäten nicht gerecht. Es ist somit keineswegs so, dass die vorgestellten Vorschläge einem wie immer gearteten Sachzwang entspringen, sondern einer bestimmten Denkweise.

 

 

Für den Senat:

Univ.Prof.Dr. Johann J. Hagen