Stellungnahme des Rektorats der Wirtschaftsuniversität Wien

zum Entwurf eines Universitätsrechts-Änderungsgesetzes

 

Vorbemerkung

Die Mitglieder des Rektorats der WU haben an der Stellungnahme, die die Österreichische Universitätenkonferenz (uniko) abgegeben hat, mitgewirkt. Das Rektorat schließt sich daher dieser Stellungnahme ausdrücklich an. Insbesondere gilt dies für die generelle Einschätzung des Gesetzesentwurfs:

·         Das Rektorat anerkennt eine Reihe von positiven Veränderungen, die der Gesetzesentwurf mit sich bringt. Dazu zählen ua die Einführung von qualitativen Zugangsregeln im Master- und PhD Studium, die Möglichkeit, bei fremdsprachigen Studien den Zugang auch quantitativ zu regeln, die Lösung von Kompetenzüberschneidungen zwischen Rektorat und Senat und die Erweiterung der Möglichkeiten des § 99, befristete Professor/inn/enstellen zu schaffen.

·         Andererseits werden Tendenzen zum Rückbau der Autonomie der  Universitäten, die in dem Entwurf enthalten sind,  abgelehnt. Dies gilt insbesondere für den Plan, die Budgetreserve des Ministers auf 5% zu erhöhen und die in dieser Reserve einbehaltenen Mittel im Wege jährlicher Gestaltungsvereinbarungen zu vergeben. Die WU macht darauf aufmerksam, dass es im Hinblick auf die schlechte Ausstattung dieser Universität völlig unmöglich wäre, den laufenden Lehr- und Forschungsbetrieb nur mit 95% des Budgets zu führen. Eine Umsetzung des Vorschlags würde daher nicht nur die längerfristigen Profilbildungsmaßnahmen der WU unmöglich machen, sondern sogar den laufenden Betrieb gefährden.

·         Das Rektorat spricht sich gegen die defacto Abschaffung der doppelten Legitimation des Rektors durch Universitätsrat und Senat aus. Dies wäre insbesondere durch das geplante Recht des Universitätsrats, den Rektor/die Rektorin durch Ersatzvornahme auch ohne Mitwirkung des Senats zu bestellen, der Fall.

 

Ergänzende Bemerkungen

Aus universitätsspezifischer Sicht seien über diese allgemeine Stellungnahme hinaus noch eine Reihe von Anmerkungen gemacht:

§ 54 (11):

In den Bachelor- und Masterstudien ist die Ermöglichung der Durchführung von Auslandssemestern vorzusehen.

Kommentar: Es geht aus der Formulierung nicht klar hervor, ob die Universität verpflichtet ist, für jeden Studierenden einen Studienplatz im Ausland sicherzustellen. Eine Sicherstellung ist der WU aufgrund der großen Studierendenzahlen nicht möglich – und dies, obwohl die WU mit dem Anteil der Studierenden, die Auslandssemester belegen, zu den österreichischen Spitzenuniversitäten gehört.

 

 

 

 

64 (4):

Betrifft die Zulassung zu Doktoratsstudien. Letzter Satz: Für eine Zulassung zum Doktoratsstudium können im Curriculum qualitative Bedingungen vorgeschrieben werden.

 

Kommentar: Dass in den Curricula qualitative Bedingungen festgelegt werden können, muss auch in den einschlägigen Verordnungen des Bundesministers über das Doktoratsstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften für Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschul-Diplomstudiengängen zum Ausdruck kommen.

 

§ 64 (6):

Betrifft die Masterstudien, die ausschließlich in einer Fremdsprache angeboten werden. Das Rektorat kann die Zahl der Studierenden festlegen und die Zulassung durch ein Aufnahmeverfahren regeln. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Monaten zu geben. Es ist sicherzustellen, dass nicht mehr als 10vH der ordentlichen Studierenden von Masterstudien einer Universität derartige Studien betreiben.

 

Kommentar: Im Hinblick auf die Internationalisierungsbemühungen der WU wird angestrebt, etwa die Hälfte der Masterstudien vollständig auf Englisch anzubieten – wenngleich dies nicht die Hälfte der Studierenden betreffen wird. Dennoch ist die Festlegung eines Limits von 10% der Masterstudierenden sicher zu niedrig. Es wird angeregt, diesen Prozentsatz wenigstens auf 33% zu erhöhen – und/oder einen höheren Prozentsatz in den Leistungsvereinbarungen festlegen zu können.

Weiters  ist unklar, wie die Sicherstellung auf 10% erfolgen soll bzw. was passiert, wenn das nicht sichergestellt werden kann (z.B. könnten sich weniger Studierende für deutschsprachige Programme bewerben als geplant).

§ 109:

Der Entwurf sieht keine Änderung des Kettenvertragsverbots in § 109 UG vor. Damit ist es absolut ausgeschlossen, Personen insgesamt länger als sechs (im Ausnahmefall acht) Jahre in unmittelbar aufeinander folgenden befristeten Verhältnissen zu beschäftigen.

 

Kommentar: Diese Regelung hat in ihrer Rigidität besonders negative Auswirkungen, die nicht erforderlich sind, um das grundsätzlich mit einem Kettenvertragsverbot verbundene Ziel zu erreichen. Sehr oft fehlt an der WU gerade die Möglichkeit, noch ein oder zwei Jahre eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses vorsehen zu können, um Projekte abschließen oder Folgeprojekte und ‑publikationen (etwa nach einer Dissertation) noch im universitären Umfeld verwirklichen zu können. Es wird daher vorgeschlagen, die zulässige Gesamtdauer unmittelbar aufeinander folgender Arbeitsverhältnisse von sechs auf acht Jahre (bei Vollbeschäftigung) bzw. auf 10 Jahre (bei Teilbeschäftigung) zu verlängern. Dies entspräche im Übrigen auch den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts für Kettenarbeitsverträge (Richtlinie 1999/70/EG vom 28.6.1999, ABl 1999 L 175, S 43).

 

Vom Entwurf nicht betroffene Themen mit hoher Dringlichkeit

Das Rektorat macht darauf aufmerksam, dass der Entwurf in seinem studienrechtlichen Teil zwei Fragen nicht berührt, die aus der Sicht der WU dringend einer Neuregelung bedürfen:

·         In Erweiterung des gegenwärtigen § 89 sollte ein Katalog an Möglichkeiten für die Sanktionierung studentischen Fehlverhaltens eingeführt werden oder die Universitäten ermächtigt werden, einen solchen zu erlassen. Dies gilt etwa für die besonders relevanten Fälle des Fehlverhaltens bei  Prüfungen, noch mehr aber beim Vorliegen von Plagiaten in Diplomarbeiten, Dissertationen, etc.

·         Im Sinne der Internationalisierung der Universitäten hat sich die gesetzliche Fixierung des Beginns des Studienjahrs mit 1. Oktober als nachteilig herausgestellt. Diese gesetzliche Verpflichtung macht es den Universitäten unmöglich, ihre Zeitpläne an die wichtiger Partnerinstitutionen anzupassen oder auch insgesamt auf eine Vereinheitlichung der Studienjahre etwa innerhalb Europas hinzuarbeiten. Eine Flexibilisierung bzw. die Einräumung von Gestaltungsrechten an die Universitäten wäre dringend geboten.

 

 

 

o. Univ. Prof. Dr. Christoph Badelt

(Rektor)

Wien, 18.7.2008