Stellungnahme des Rektorates

der Technischen Universität Graz

zum Entwurf des

Universitätsrechts-Änderungsgesetzes 2008

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

 

das Rektorat der TU Graz unterstützt die Stellungnahme der UNIKO und legt unter Einbeziehung von Vorschlägen aus dem wissenschaftlichen und allgemeinen Personalbereich der TU Graz folgende ergänzende Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes 2008 vor:

 

 

1. Allgemeine Bemerkung

 

Der vorliegende Entwurf zum Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2008 enthält durchaus positive Elemente wie etwa jene bezüglich des Studienrechts, der Verbesserung der  Karrierechance des wissenschaftlichen Personals, etc.

 

Den positiven Attributen stehen aus der Sicht der TU Graz jedoch zahlreiche negative Attribute gegenüber, welche eine erhebliche Schwächung der mühsam erarbeiteten Autonomie der Universitäten und gleichzeitig eine verstärkte Steuerung durch das zuständige Ressort bedeuten würden. Dies ist einerseits durch eine Verlagerung der Kompetenzverteilung zwischen den Leitungsorganen Rektorat – Senat - Universitätsrat und andererseits durch die Umgestaltung der finanziellen Steuerungselemente gegeben.

 

Daher führt dieser Entwurf aller Voraussicht nach nicht zu einer Weiterentwicklung und Stärkung der Universitäten, sondern stellt viel eher einen Rückschritt dar.

 

 

2. Universitätsbudget

 

Die nunmehr vorgeschlagene Finanzierungsreserve von 5 % anstatt bisher 1 % ergibt zusammen mit der jährlichen Gestaltungsvereinbarung ein neues Steuerungsinstrumentarium, welches eine gravierende Einschränkung der Autonomie der Universitäten nach sich ziehen kann.

 

Erschwerend kommt eine Kürzungsmöglichkeit von jährlich 3 % des Globalbudgets bei Nichterreichen vereinbarter Ziele in der Leistungsvereinbarung hinzu. Eine solche  Maßnahme könnte eine Universität (in Anbetracht eines ohnehin sehr knapp bemessenen Budgets) in unvorhersehbare Finanzierungsschwierigkeiten mit kaum absehbaren Konsequenzen bringen, und käme somit de facto einer Bestrafung der Universität gleich.

 

Aus Symmetriegründen sollte auch die Frage zulässig sein, weshalb zwar das Globalbudget bei Nichterreichen vereinbarter Ziele gekürzt werden kann, jedoch keine Erhöhung des Globalbudgets vorgesehen ist, wenn die vereinbarten Ziel übererfüllt werden. (In dieser Situation befindet sich derzeit erfreulicherweise die TU Graz.)

 

Sehr viel sinnvoller und auch fairer wäre es daher, die Leistungsvereinbarungen dynamisch anpassen zu können, etwa wenn sich nach Abschluss der Leistungsvereinbarungen ein geplantes Vorhaben doch nicht als vordringlich oder schwer finanzierbar oder sogar als nicht sinnvoll herausstellt. (Auch in dieser Situation befindet sich derzeit die TU Graz: Stichwort „Akkreditierung von Studien“.)

 

 

3. Universitätsrat

 

Mit dem Entfall der „Sperrfrist“ für Politikerinnen bzw. Politiker kann der direkte politische Einfluss wieder stärker als bisher wahrgenommen werden, was weder wünschenswert noch zweckmäßig ist. Auch erscheint es demokratiepolitisch klüger, wenn der nicht vom Senat der Universität nominierte Teil des Universitätsrates von der Bundesregierung und nicht von der Bundesministerin bzw. vom Bundesminister bestellt wird. Zudem erscheint ein Wahlvorschlag bei Nichteinigung des Universitätsrates auf ein weiteres Mitglied durch den Wissenschaftsrat und nicht durch die Akademie der Wissenschaften aus politischen Gründen problematisch.

 

 

4. Rektorswahl

 

Hier finden sich eine Reihe von Punkten, die eine fragwürdige Verschiebung von Kompetenzen des Senats zum Universitätsrat beinhalten. Dies ist abzulehnen, da sich an den meisten Universitäten seit Einführung des UG 2002 das Prinzip der doppelten Legitimation bewährt hat und durchaus beibehalten werden sollte. Daher ist auch die Sinnhaftigkeit der Einrichtung einer Findungskommission zu hinterfragen.

 

Sinnvoll dagegen erscheint, dass eine Wiederwahl einer Rektorin bzw. eines Rektors bei einer Zustimmung des Senates und Universitätsrates mit je Zweidrittelmehrheit ohne Ausschreibung erfolgen kann.

 

Wichtig wäre auch, dass die Rektorin bzw. der Rektor innerhalb des Rektorats eine Richtlinienkompetenz erhalten sollte.

 

 

5. Studien

 

Die Einrichtung von Curricula sollte wie bisher im Einvernehmen zwischen Senat und Rektorat erfolgen, allerdings sollte es eine Untersagungsmöglichkeit des Rektorats für Curricula geben, die nicht dem Entwicklungsplan entsprechen oder finanziell nicht bedeckbar sind.

 

Der Wettbewerb um die besten Köpfe unter den Studierenden macht eine Auswahlmöglichkeit zwingend notwendig. Daher erscheinen qualitative Zulassungsvoraussetzungen zumindest für Master- und Doktoratsstudien nicht nur sinnvoll, sondern vielmehr notwendig. Ebenso ist es erforderlich, beim Zugang zu Masterstudien Zusatzprüfungen vorzuschreiben. Die Einführung von Zulassungsvoraussetzungen würde endlich die absurde Situation entschärfen, dass nämlich an den Fachhochschulen sehr wohl qualitative Eingangsvoraussetzungen definiert werden, den höchsten akademischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen des Landes jedoch solche Möglichkeiten verwehrt bleiben. 

 

Das Rektorat der TU Graz ist weiters der festen Meinung, dass ein qualitativ hochwertiger universitärer Abschluss für Studierende nur durch die gemeinsame Absolvierung des Bachelor- und Masterstudiums sichergestellt ist. Für Masterstudien, die in einer Fremdsprache angeboten werden, wäre es darüber hinaus sinnvoll, den Nachweis entsprechender Sprachkenntnisse erbringen zu müssen.

 

Es sollte aber auch weiterhin möglich sein, Diplom- und Masterarbeiten außerhalb der TU Graz für ein weiter führendes Studium an der TU Graz anzuerkennen.

 

Positiv erscheint auch der neu konzipierte Paragraph (§ 64 a) über die Studienberechtigung.

 

 

6. Berufungs- und Habilitationsverfahren

 

Die Verringerung der Anzahl der Gutachterinnen bzw. Gutachter sowie die Möglichkeit deren Mitgliedschaft in Berufungs- und Habilitationskommissionen ist positiv zu bewerten. Dabei sollten beide Gutachterinnen bzw. Gutachter externe Persönlichkeiten sein. Ebenso das Recht der Rektorin bzw. des Rektors, eine weitere Gutachterin bzw. einen weiteren Gutachter zu bestellen.

 

 

7. Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen (AKG)

 

Neben einer Vielzahl von begrüßenswerten Erneuerungen und Präzisierungen sieht der AKG einen administrativen und finanziellen Mehraufwand auf sich zukommen, der in den Budgetverhandlungen zu berücksichtigen wäre. Dies betrifft die Ausdehnung des Handlungsbereichs des AKG auf die erweiterten Diskriminierungstatbestände, die Ausweitung der Rechtsaufsicht auf alle Einrichtungen in § 9 sowie die Bestimmung in § 42 Abs. 8a.

 

Der letzte Punkt ist allerdings in manchen Bereichen der TU Graz schwer oder fast gar nicht umzusetzen, so dass Kollegialorgane nicht einsetzbar sind.

 

 

8. Abschlussbemerkung

 

Das Rektorat der TU Graz ist an einer gezielten Weiterentwicklung der Universitäten in einem kompetitiven globalen akademischen Umfeld in hohem Maße interessiert, fühlt sich der Gesellschaft und der Wirtschaft gegenüber verpflichtet, Lehre und Forschung auf höchstem Niveau anzubieten und zur gedeihlichen Entwicklung unseres Landes beizutragen. Voraussetzung für eine ambitionierte Entwicklung einer Universität sind adäquate Rahmenbedingungen, die letztlich durch die Novelle des UG 2002 umfassend weiter verbessert werden sollen.

 

Dieser Charakter der umfassenden Verbesserung des UG 2002 ist für das Rektorat der TU Graz über weite Strecken nicht erkennbar. Oder noch stärker formuliert: der Entwurf der Novelle verstärkt die Fremdsteuerung, erhöht weiter den administrativen Aufwand, führt zu einer weiteren Verschlechterung des „signal-to-noise ratio“ des akademischen Personals und ist in manchen Belangen sogar realitätsfern. Das Rektorat der Technischen Universität Graz kann daher diesem Entwurf des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes 2008 in der derzeit vorliegenden Fassung keine Zustimmung erteilen.

 

Es müssten daher weitere Gespräche stattfinden, um die für die Universitäten und ihre Autonomie negativen Entwicklungen in diesem Entwurf zu beseitigen. Das Rektorat der TU Graz beteiligt sich gerne an einer weiter führenden Diskussion, um die positive Weiterentwicklung unserer Universitäten nach Kräften zu fördern.

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

H. Sünkel

Rektor der TU Graz

 

 

Graz, 14. August 2008