Amt der Steiermärkischen Landesregierung

 

 

     

An das

Bundesministerium für Inneres

Herrengasse 7

1014 Wien

 

E-Mail: bmi-III-1@bmi.gv.at

 

è Fachabteilung 7C

                                                                   

Sicherheitswesen

Bearbeiter: Dr. Harald Hanik
Tel.:  (0316) 877-2072
Fax:   (0316) 877-2123
E-Mail: fa7c@stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte
Geschäftszeichen (GZ) anführen

 

 

GZ:

FA1F-12.02-9/08-1

Bezug:

BMI-LR1315/0024-III/1/2008

Graz, am 16. Juli 2008

 

Ggst.:

Entwurf eines Sexualstraftäterdateigesetz 2008;
Stellungnahme des Landes Steiermark

 


 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem mit do. Schreiben vom 19. Juni 2008, obige Zahl, übermittelten Entwurf eines Sexualstraftäterdateigesetz 2008 wird seitens des Bundeslandes Steiermark folgende Stellungnahme abgegeben:


 

Allgemeines:

Gegen den vorgelegten Gesetzesentwurf bestehen seitens des Bundeslandes Steiermark grundsätzlich den keine Bedenken.

 

Zu den Kosten:

Der Gesetzesentwurf enthält keine detaillierte Kostenaufstellung, sondern geht von einem geschätzten Betrag von ca. 1,1 Millionen Euro an Umsetzungskosten für den Änderungs­aufwand im Strafregister sowie von ca. 0,5 Millionen Euro für die Schnittstellen zu ZMR und EDE aus. Weiters wird auf entsprechende Kosten für Schulungen verwiesen, die jedoch als marginal bezeichnet werden.

Zu erwartende Kosten für die Bundesländer sind dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zu entnehmen. Seitens des Bundeslandes Steiermark wird allerdings darauf hingewiesen, dass allfällige Kosten, die den Bundesländern bei der Umsetzung des Gesetzesentwurfes entstehen sollten, jedenfalls vom Bund zu ersetzen wären.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Mit dem neuen § 2a Abs. 7 soll den Organen der Jugendwohlfahrt eine Abfrage der gemäß Abs. 1 bis 3 verarbeiteten Daten in der Weise eröffnet werden, dass sie, soweit dies zur Besorgung einer ihnen übertragenen Aufgabe erforderlich ist, die zu einem bestimmten Menschen gespeicherten Daten im Datenfernverkehr ermitteln können. In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt, dass in Hinblick auf die Aufgabenstellung der Jugendwohlfahrt, wie es insbesondere bei Adoptionen oder der Annahme von Pflegekindern erforderlich ist, sämtliche Informationen zur Verfügung stehen, die zur Wahrung des Kindeswohles erforderlich sind. Der Zugriff zu den gespeicherten Daten soll im Wege eine Online-Anbindung möglich sein.

 

Darüber hinaus sollen mit dem neuen Abs. 2 des § 12 auch bereits getilgte Daten mit Aufgaben der Jugendwohlfahrt betrauten Behörden beauskunftet werden, wenn sie diese im begründeten Einzelfall unbedingt für die Erfüllung einer Aufgabe im Bereich des Schutzes vor Eingriffen in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, benötigen. Eine nachteilige Folge für einen Betroffenen soll dabei nie allein auf diese Information gestützt werden dürfen. Nach den Erläuterungen soll zum einen dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Benefizien der Tilgung weitestgehend unbe­rührt bleiben, jedoch dennoch die Information im notwendigen Ausmaß über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt. In erster Linie soll damit der erforderliche Schutz von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden, indem eine allfällige Vorbelastung einer Person, die mit der Betreuung oder Erziehung von Kindern zu tun haben könnte, nicht im Dunkeln bleibt.

 

Gegen diese Neuregelungen bestehen keine Einwände. Allerdings werden die neuen Bestimmungen rechtliche und praktische Fragen aufwerfen, da weder aus dem Gesetzes­entwurf noch in den Erläute­rungen klare Hinweise enthalten sind, mit welchen Verwendungs­befugnissen die Organe der Jugendwohlfahrt in Zusammenhang mit den so erhaltenen Informationen ausgestattet sind. Zu denken ist neben den erwähnten Adoptionen und Pflegeplatzunterbringungen auch an die in der Praxis viel häufiger auftretenden Fälle, die mit Aufgaben der Jugendwohlfahrt in Verbindung stehen, wie etwa folgender: Eine Mutter mit Kindern geht mit einem neuen Mann eine Lebensgemeinschaft ein. In Zusammenhang mit der sozialarbeiterischen Beratung oder Betreuung dieser Familie verfügen die Organe der Jugend­wohlfahrt nunmehr über Informationen im Sinne des § 2a, jedoch hat die Mutter keine Kenntnis über das strafrechtliche Vorleben ihres neuen Lebensgefährten. Wie ist mit diesen Informationen seitens der Jugendwohlfahrt umzugehen? Dürfen die Mutter, die Kinder oder andere wichtige Bezugspersonen bzw. -systeme davon informiert werden (Datenschutz)? Ein anderer Fall wäre, dass derartige Informationen über Mitarbeiter eines freien Trägers einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung vorliegen: Darf hier der freie Träger informiert werden? Wenn es sich in diesen beiden Fällen beispielsweise um bereits getilgte Strafen handelt, wie darf mit Informationen gemäß § 12 Abs. 2 umgegangen werden, zumal der Gesetzesentwurf ausdrücklich darauf hinweist, dass eine nachteilige Folge für einen Betroffenen nie (nur allein) auf diese Information gestützt werden darf?

 

Es wäre daher jedenfalls erforderlich, diese Fragen entweder legistisch klarzustellen oder zumindest in den Erläuterungen die weiteren Handlungs- und Informationsweitergabe­befugnisse der Organe der Jugendwohlfahrtsbehörden deutlich auszuführen und auch abzu­grenzen, damit der beabsichtigte Gesetzesentwurf in der Praxis nicht zu hohen Unsicherheiten und Auslegungsschwierigkeiten führt.

 

Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Landesamtsdirektor

 

 

(Dr. Gerhard Ofner)