Textfeld: Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst 
Ballhausplatz 2
1014 Wien

Eisenstadt, am 6.8.2008

E-Mail: post.vd@bgld.gv.at

Tel.: 02682/600 DW 2344

Mag.a Martina Weinhandl

 

 

 

 

Zahl:  LAD-VD-B832-10000-8-2008

Betr: Entwurf eines Bundesgesetzes über Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ-Bundesgesetz – EVTZ-BG); Stellungnahme im Begutachtungsverfahren

 

Bezug: BKA-600.064/0006-V/2/2008         

 

 

 

Zu dem mit obbez. Schreiben übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes über Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ-Bundesgesetz – EVTZ-BG) erlaubt sich das Amt der Burgenländischen Landesregierung Folgendes mitzuteilen:

 

Zur kompetenzrechtlichen Grundlage:

Begrüßt wird, dass eine Bezugnahme auf den Kompetenztatbestand „äußere Angelegenheiten“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG unterblieben ist. Dass sich der vorliegende Entwurf auf den Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG stützt und dabei begründend mit den gemäß Art. 7 Abs. 4 der EVTZ-VO angeführten „nichthoheitlichen“ Befugnisse des EVTZ argumentiert, lässt sich auch durch das angeführte, aber nicht überzeugende Beispiel des Tatbestands „Vereinsrecht“ des B-VG kompetenzrechtlich nicht stärker untermauern.

Im Übrigen wird eine Darstellung vermisst, welche Kompetenzen nach Ansicht des Bundes in der Zuständigkeit der Länder verbleiben.

 

Eine Regelung in Form einer Kompetenzdeckungsklausel wird für notwendig erachtet.

 

Fehlende Haftungsregelung, wie sie in Art. 12 der EVTZ-VO vorgesehen ist:

Art. 12 der EVTZ-VO besagt, dass die Mitglieder für die Schulden des EVTZ haften, sofern die Haftung eines Mitglieds nicht nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, dem dieses Mitglied unterliegt, ausgeschlossen oder beschränkt ist. Die Bestimmungen für diese Beiträge werden in der Satzung festgelegt.

Diese Bestimmung ist so auszulegen, dass entsprechend dem Anwendungsvorrang von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht stets eine unbeschränkte Solidarhaftung für einen EVTZ gilt, wenn das innerstaatliche Recht keines der Mitglieder Haftungsbeschränkungen oder einen Haftungsausschluss vorsieht. In der Satzung kann nach ho. Ansicht nicht festgelegt werden, ob anteilige oder solidarische Haftung besteht, sondern nur – entsprechend den Vorgaben der EVTZ-VO – die Beiträge festgelegt werden. Lediglich eine Regelung betreffend die Haftung im innerstaatlichen Recht kann eine Haftungsbeschränkung ermöglichen.

Derartiges ist im gegenständlichen Entwurf nicht enthalten, weshalb nachdrücklich ersucht wird, eine Bestimmung über Haftungsbeschränkungen für Mitglieder eines EVTZ vorzusehen.

Solidarhaftung ist aus ho. Sicht abzulehnen.

 

Zu den finanziellen Auswirkungen

Die Normierung der Zuständigkeit des Landeshauptmanns in erster Instanz und des Unabhängigen Verwaltungssenats in den Ländern als Berufungsbehörde kann zu erhöhtem finanziellen Aufwand für die Länder führen, da man davon ausgehen muss, dass potentielle Teilnehmer an EVTZ verschiedenste Anfragen und Auskunftsersuchen an die Ämter der Landesregierungen stellen werden, was mit hohem Verwaltungs- und Personalaufwand verbunden sein wird.

Im Hinblick darauf ist die Kostendarstellung in den Erläuterungen nicht exakt und vollständig und entspricht daher nicht den Vorgaben des Stabilitätspakts und § 14 Bundeshaushaltsgesetz.

 

Zur Normierung der mittelbaren Bundesverwaltung:

In dem vorliegenden Entwurf wird die durchgängige Zuständigkeit des Landeshauptmanns als Behörde erster Instanz normiert. Seitens des Landes Burgenland wird zu Bedenken gegeben, dass daher die Gebietskörperschaft Bund bei Beteiligung an einem EVTZ mit beispielsweise ausschließlich ausländischen Mitgliedern – es ist also kein Bundesland am EVTZ beteiligt – auch an den Landeshauptmann in Punkto Anzeige, Registrierung, Finanzkontrolle etc. herantreten muss, wobei sich die konkrete Zuständigkeit wohl nach dem Sitz des EVTZ richtet.

 

Zu § 5:

Die Regelung des § 5 ist aus ho. Sicht zu unbestimmt und daher im Lichte des Art. 18 B-VG als bedenklich anzusehen.

 

Zu § 7:

Auch durch die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats wird ein erhöhter finanzieller Mehraufwand für die Länder zu erwarten sein, vor allem, weil gemäß § 67a Abs. 1 AVG im vorliegenden Fall einer Berufung gegen eine Entscheidung des Landeshauptmanns eine Kammer aus drei Mitgliedern entscheiden müsste. Daher wird hinsichtlich dieser Bestimmung dringend Überarbeitung angeraten.

 

Zu § 8:

An dieser Stelle wird angeregt, die Bestimmungen über die Finanzkontrolle auch auf externe und unabhängige Rechnungsprüfer zu erweitern, die dann mit der Durchführung betraut werden können.

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme ergeht an die e-mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at .

 

Mit freundlichen Grüßen!

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Dr.in Handl-Thaller


Zl.u.Betr.w.v.                                                                        Eisenstadt, am 6.8.2008

 

 

1.    Präsidium des Nationalrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

2.    Präsidium des Bundesrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

3.    Allen Ämtern der Landesregierungen (z.H. der Herren Landesamtsdirektoren)

4.    Der Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der NÖ. Landesregierung, Schenkenstraße 4, 1014 Wien

 

zur gefälligen Kenntnis.

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Dr.in Handl-Thaller