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Amt der Tiroler Landesregierung
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Zu GZ. BMUKK-12.662/5-III/2/2008 vom 26.06.2008 |
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Die Tiroler Landesregierung erstattet aufgrund ihres Beschlusses vom 13.08.2008 zum vorliegenden Entwurf einer Novelle zum Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz folgende Stellungnahme:
1. Mit dieser Novelle wird vor dem Hintergrund einer freien Schulwahl durch die Erziehungsberechtigten die Möglichkeit einer vollständigen Abschaffung der Schulsprengel vorgesehen. Die damit einhergehenden Folgen scheinen jedoch nicht ausreichend bedacht worden zu sein. Jedenfalls geben die Erläuterungen dazu nicht hinreichend Aufschluss. Durch ein solches Vorgehen werden bei den Erziehungsberechtigten große Erwartungshaltungen geweckt, wogegen die daraus entstehenden Konsequenzen für die Systempartner, das sind insbesondere die Schulerhalter und die Länder als Dienstgeber der Landeslehrer und Bewirtschafter der Planstellen, den Ländern überantwortet werden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Feststellung in den Erläuterungen, dass kein Handlungsbedarf auf landesgesetzlicher Ebene bestehe, weil die bestehenden Landesausführungsgesetze mit den derzeitigen Sprengelfestlegungen die im § 13 in der Entwurfsfassung geforderte Sicherstellung erfüllen würden, nicht nachvollziehbar. § 13 Abs. 6 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes verwirklicht im Hinblick auf das Recht des Schulerhalters, die Aufnahme sprengelfremder Schülerinnen und Schüler zu verweigern, die freie Schulwahl (wenn überhaupt) nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß. Für die entsprechenden Ausführungsgesetze der Länder verbleibt dementsprechend kein weiterer Spielraum.
2. In Tirol, wo es aufgrund der besonderen geographischen Situation noch eine Reihe von Klein- und Kleinstschulen gibt, würde eine Auflösung der Schulsprengel zu einer massiven zusätzlichen Gefährdung dieser Standorte führen. Die rückläufigen Schülerzahlen stellen für die Erhaltung dieser Standorte schon jetzt ein erhebliches Problem dar. Eine vermehrte Auflassung von Kleinschulen ist im Hinblick auf deren Bedeutung für die Erhaltung der örtlichen Gemeinschaften und die Vermeidung einer Entsiedelung nicht vertretbar. Die im ländlichen Raum in verschiedensten Bereichen an sich schon bestehenden Strukturprobleme würden dadurch nochmals verschärft. Bei dieser Ausgangslage besteht an der Erhaltung dieser Schulstandorte ein übergeordnetes Interesse, dem Vorrang gegenüber einzelnen gegenteiligen Elterninteressen einzuräumen ist. Auch macht es wenig Sinn, Volksschüler täglich in eine entfernter gelegene Schule zu befördern, nur weil diese dem Arbeitsplatz der Eltern allenfalls näher liegt oder weil es dort aus der subjektiven Sicht einzelner Betroffener „bessere“ Lehrpersonen bzw. Lernbedingungen gibt, während die Schule vor Ort in vielen Fällen zu Fuß erreichbar wäre. Ein „Schülertourismus“ und ein „Kampf“ der Schulen um jede einzelne Schülerin bzw. jeden einzelnen Schüler wären die unausweichliche Folgen einer solchen Neuregelung.
3. Von alledem abgesehen wäre eine Auflösung der Schulsprengel für die Gemeinden und Gemeindeverbände als Schulerhalter mit großen organisatorischen, logistischen und finanziellen Problemen verbunden. Dies würde nämlich zu einer erheblichen Planungsunsicherheit im Hinblick auf die Bereitstellung von Schulräumen und die Ausstattung der Schulen führen. Einerseits würden bereits getätigte Investitionen für Schulgebäude zu frustrierten Aufwendungen, wenn eine Schule künftig von weniger Schülerinnen und Schülern besucht wird, als dies aufgrund der jeweiligen Sprengeleinteilung und der Geburtenzahlen zu erwarten war. Andererseits könnte selbst die Notwendigkeit von Zu- und Umbauten von Schulgebäuden nicht ausgeschlossen werden, wenn sich eine Schule, allenfalls auch nur mittelfristig, im Zug des eröffneten „Wettbewerbes“ besonderer Beliebtheit bei den Eltern erfreuen sollte. Da das Land Tirol für kommunale Schulbauten hohe Zuschüsse vergibt, wären solche Unsicherheit auch aus landesbudgetärer Sicht nicht zu vertreten.
Zumal davon auszugehen ist, dass nicht annähernd alle Schülerinnen und Schüler auf private Transportmöglichkeiten zurückgreifen könnten, käme auf die Schulerhalter weiters das Problem der Organisation des Schülertransportes zu unterschiedlichen Schulstandorten zu. Den Schulerhaltern aber auch dem Land, das einen erheblichen Beitrag zu den Kosten für die Schülerbeförderung leistet, würden wiederum erhöhte Kosten erwachsen.
4. Schließlich würden die derzeitigen Regelungen über die Schulerhaltungskosten, die in den Erläuterungen als „im Grunde nicht unzweckmäßig“ bezeichnet werden, durch eine Auflösung der Schulsprengel obsolet. Es scheint mehr als fraglich, ob auf der Grundlage des vorliegenden Entwurfes im Konsens mit den schulerhaltenden Gemeinden und Gemeindeverbänden eine der neuen Situation angepasste und für alle Partner befriedigende Lösung gefunden werden könnte.
Die Tiroler Landesregierung spricht sich daher aus den dargelegten Gründen gegen den vorliegenden Gesetzentwurf aus.
Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem auch dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.
Mit
freundlichen Grüßen
Für die Landesregierung:
Dr. Liener
Landesamtsdirektor