Amt der Kärntner Landesregierung

 

Abteilung 2V – Verfassungsdienst

 

 

 

 

 

 

 

Datum:

 

31. Juli 2008

 

 

 

Zahl:

 

-2V-BG-5562/5-2008

 

Betreff:

 

(Bei Eingaben bitte Geschäftszahl anführen!)

Abgabenverwaltungsrefomgesetz - AbgVRefG

Änderungen der Bundesabgabenordnung; der Abgabenexekutionsordnung, des Kommunalsteuergesetzes 1993 und des Grundsteuergesetzes 1955;

Stellungnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auskünfte:

 

Dr. Novak

 

Telefon:

 

050 536 – 30205

 

Fax:

 

050 536 – 30200

 

e-mail:

 

post.abt2V@ktn.gv.at

 

 

 

 

 

 

An das

Präsidium des Nationalrates

E-mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

1017  W I E N

 

Beiliegend wird eine Ausfertigung der Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung zum Entwurf  eines Abgabenverwaltungsrefomgesetzes – AbgVRefG übermittelt.

 

Anlage

 

 

Für die Kärntner Landesregierung:

Dr. Glantschnig:

 

FdRdA

T. Klösch

 

 


 

 

Amt der Kärntner Landesregierung

 

Abteilung 2V – Verfassungsdienst

 

 

 

 

 

 

 

Datum:

 

31. Juli 2008

 

 

 

Zahl:

 

-2V-BG-5562/5-2008

 

Betreff:

 

(Bei Eingaben bitte Geschäftszahl anführen!)

Abgabenverwaltungsrefomgesetz - AbgVRefG

Änderungen der Bundesabgabenordnung; der Abgabenexekutionsordnung, des Kommunalsteuergesetzes 1993 und des Grundsteuergesetzes 1955;

Stellungnahme

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auskünfte:

 

Dr. Novak

 

Telefon:

 

050 536 – 30205

 

Fax:

 

050 536 – 30200

 

e-mail:

 

post.abt2V@ktn.gv.at

 

 

 

 

 

An das

Bundesministerium für Finanzen

 

E-Mail: e-Recht@bmf.gv.at

 

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 7. Juli 2008, GZ BMF-010000/0029-VI/A/2008, zur Stellungnahme übermittelten Entwurf eines Abgabenverwaltungsrefomgesetzes – AbgVRefG, nimmt das Amt der Kärntner Landesregierung wie folgt Stellung:

 

Grundsätzlich bestehen gegen den gegenständlichen Gesetzesentwurf keine materiellen Einwände, es darf jedoch folgendes angemerkt werden:

 

1.    Allgemeines:

a)    Gerade im Hinblick auf die zahlreichen Verwaltungsreformbestrebungen der letzten Jahre ist demnach die geplante Vereinheitlichung in diesem Bereich zu begrüßen.

 

b)    Wenngleich nicht zu befürchten ist, dass der Föderalismus durch die BAO-Neu Schaden nehmen wird, so muss aber hinsichtlich die Art der Rechtserzeugung des neuen Verfahrensrechts auf Folgendes hingewiesen werden: Die aus dem Jahr 1961 stammende BAO sollte neu erlassen, oder zumindest wiederverlautbart werden. Die BAO-Neu proklamiert zwar die drei Gebietskörperschaften als gleichberechtigt und es erstreckt sich ihr „Wirkungsbereich“ auch auf die Landes- und Gemeindeabgaben, doch wird eine „einfache Novelle“ der BAO dem Ziel, ein einheitliches Abgabenverfahrensrecht für alle drei Gebietskörperschaften zu schaffen, keinesfalls gerecht. Dies wäre nur durch eine Bundesabgabenordnung 2010 zu erreichen.

 

Auch ist gerade im Hinblick auf die letzte Kundmachung des Bundeskanzlers, mit der das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 wiederverlautbart wird, nicht zu erkennen, welche Gründe gegen eine „Neuerlassung“ oder Wiederverlautbarung sprechen könnten. Dass sich die „§§-Bezeichnung“ nicht ändern muss, um das Auffinden von Judikatur und Literatur nicht unnötig zu erschweren, sei an dieser Stelle kurz angeführt.

 

Letztlich muss noch angemerkt werden, dass die BAO aus dem Jahr 1961 stammt und (rund) 62mal (!) novelliert wurde. Das – nicht minder umfangreiche und anwendungsintensive und ebenfalls aus den 60iger Jahren stammende  – Einkommensteuergesetz, wurde seit 1967 zweimal neu beschlossen (1972 und 1988).

 

c)    Die Gleichberechtigung der Gebietskörperschaften in der Abgabenverwaltung sollte nicht bloß im neuen Langtitel proklamiert werden, sondern durch ein „neues“ Gesetz jenen Stellenwert erhalten, der ihr zusteht, wenngleich die bestehende Vorherrschaft des Bundes in der materiellen Abgabeneinhebung dadurch natürlich nicht kompensiert werden kann.

 

d)    Wie bereits in der letzten Beratung des Beirates muss nochmals kritisiert werden, dass der Entwurf insofern unsystematisch ist, als nur einzelne Bestimmungen, die für Landes- und Gemeindeabgaben nicht gelten, extra den Zusatz „Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt § … nicht“, enthalten, während bei anderen Bestimmungen, die für Landes- und Gemeindeabgaben gleichfalls nicht gelten, ein entsprechender Zusatz fehlt (zB: § 276 Abs. 7 BAO-Neu).

 

In diesem Zusammenhang ist auf folgenden Umstand hinzuweisen: Die Rechtsanwender der BAO-Neu sind – anders als bisher – nicht ausschließlich Personen, die sich nur mit der BAO auseinanderzusetzen haben, sondern deren Aufgabengebiet die unterschiedlichsten Materien betreffen. Insofern wäre es für die mit Abgabenverfahren betrauten Personen insbesondere in den Gemeinden von Vorteil, wenn dem Gesetz explizit entnommen werden könnte, welche (der zahlreichen) Bestimmungen der BAO nicht zur Anwendung zu kommen haben. Würde ein solcher Hinweis doch der „Klarstellung“ dienen (siehe beispielsweise die Erläuterungen zu §§ 52a Abs. 3 und 71 BAO, Z 14 und 16). Im Übrigen ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das aus Art. 18 Abs. 1 B-VG abgeleitete Legalitätsprinzip es erfordert, dass der Rechtsunterworfene, ohne eine „Denksportaufgabe“ zu erfüllen, auch entnehmen können muss, welche Abgabenverfahrensnormen in seinem Fall anwendbar sind (vgl. dazu auch die Ausführungen unter 2. Besonderes).

 

2. Besonderes:

 

a)    Mangels abweichender Bestimmungen wird davon ausgegangen, dass § 51 Abs. 1 BAO auch für Landes- und Gemeindebehörden anwendbar ist. Für Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Gemeindebehörden im eigenen Wirkungsbereich gibt es aber keine gemeinsame Oberbehörde.

 

b)    Der § 75 BAO dürfte auf die Organe der Abgabenbehörden des Bundes zugeschnitten sein, wäre aber aufgrund seiner Textierung auch für Landes- und Gemeindebehörden anwendbar.

 

c)    Fraglich könnte aus systematischen Gründen auch die Anwendbarkeit des § 134 Abs. 2 (vgl. derzeit § 105 K-LAO) sein, da § 134 Abs. 1 nur auf Bundesabgaben abstellt.

 

d)    § 155 BAO ist vom Zollamt zu vollziehen. § 120 K-LAO sieht eine gleichartige Bestimmung vor. Unter Zugrundelegung der Ansicht des BMF, dass sich die Unanwendbarkeit von Bestimmungen BAO auch aus der Zuweisung zu Bundesbehörden ergibt, wäre diese Bestimmung für Landes- und Gemeindeabgaben nicht anwendbar.

 

e)    § 175 BAO sieht die eidliche Einvernahme von Zeugen durch den Leiter der Abgabenbehörde oder einen rechtskundigen Bediensteten vor. Hingegen sieht § 138 K-LAO nur die Einvernahme durch einen rechtskundigen Bediensteten vor, da der Leiter der Abgabenbehörde in den Gemeinden in der Regel nicht rechtskundig ist.

 

f)     § 133 Abs. 1 BAO stellt hinsichtlich des Sicherstellungsauftrages unter anderem auf das finanzbehördliche Sicherungsverfahren ab, § 183 Abs. 1 K-LAO hingegen auf das abgabenbehördliche Sicherungsverfahren. Durch die Verwendung des Wortes „finanzbehördliches“ ist die Anwendbarkeit dieser Bestimmung in Landes- und Gemeindeabgabensachen fraglich.

 

g)    § 276 BAO insbesondere Abs. 6, 2 Satz ff., ist nur für den Bund von Relevanz (siehe auch die Erläuterungen, 11), doch fehlt ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis, dass diese Bestimmung für Länder und Gemeinden nicht gilt (siehe oben Pkt. 1 lit. d).

 

h)    Zu § 300:

Es ist nicht klar, welche Bescheide von „Abgabenbehörden“ beim VfGH oder VwGH angefochten werden können. Die Erschöpfung des Instanzenzuges (meist zweitinstanzlicher Bescheid) ist Voraussetzung für eine zulässige Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts.

 

Dass mit „anderen Abgabenbehörden“ nicht die Vorstellungsbehörde gemeint sein kann, ergibt sich daraus, dass die Aufhebung eines Vorstellungsbescheides keine Klaglosstellung bewirken kann. Dies deshalb, weil der Vorstellungsbescheid an zwei Parteien ergeht (Abgabepflichtiger / Gemeinde) und seine Aufhebung zwar zur Klaglosstellung einer Partei führt (z.B. des Abgabepflichtigen) in Einem aber nicht zur Klagsstellung der anderen Partei (z.B. der Gemeinde).

 

 

i)      Der Anwendungsbereich der Inkrafttretensbestimmung für Verordnungen der Länder und Gemeinden (§ 323a Abs. 1 Z 1, vorletzter Satz) vermag mangels Verordnungsermächtigung in der BAO nicht erfasst werden.

 

3. Zu den weiteren Änderungen

 

a)    Zum Kommunalsteuergesetz

 

Diese Novelle zum Kommunalsteuergesetz sollte zum Anlass genommen werden, das Delikt des Hinterziehungstatbestandes „Verkürzung der Kommunalsteuer“ zu normieren (auf die jüngst zu diesem Problem ergangene Entscheidung des VwGH vom 17. April 2008, Zl. 2008/15/0084, RdW 2008, 498, darf verwiesen werden).

 

b)    Zum Grundsteuergesetz

 

Den Erläuterungen sollte unbedingt entnommen werden können, dass damit alle Fälle umfasst sind, in denen die Steuerschuld beim Rechtsvorgänger nicht „untergegangen“ ist. Damit würden von dieser Bestimmung unstrittig auch Rechtsnachfolger erfasst, die eine Liegenschaft, frei von zivilrechtlichen Lasten im Exekutionsweg erwerben und nicht bloß Rechtsnachfolger, die die Liegenschaft aus dem Titel eines Kauf- oder Schenkungsvertrages erworben haben.

 

 

4. Sonstiges:

 

Die Schaffung einer einheitlichen Abgabenordnung für Bund, Länder und Gemeinden nach dem Muster der Bundesabgabenordnung ist eine der Ziel­setzungen, auf die man sich im Paktum zum Finanzausgleich für 2008 bis 2013 fest­gelegt hat. Damit soll ein „Beitrag zur Standortverbesserung durch mehr Transparenz und Einheitlichkeit und zur Verwaltungsvereinfachung“ geleistet werden (vgl. die Politische Vereinbarung zur Abänderung der Verwaltungsreform II zwischen Bund, Ländern und Gemeinden).

 

In Umsetzung dieses Zieles wurde im Zusammenwirken von Experten des Bundes­ministeriums für Finanzen und der Länder die nun zur Begutachtung übermittelte Novelle zur Bundesabgabenordung vorbereitet. Aufgrund der Tatsache, dass die in die Bundesabgabenordnung übergeführten Bestimmungen der Landes­abgaben­ordnungen nicht mehr wie bisher bei Bedarf von den Ländern geändert werden können und die Initiative zu Novellierungen jedenfalls vom Bund ausgeht, haben diese mit Beschluss der Landesfinanzreferentenkonferenz vom 24.4.2008 die gesetzliche Verankerung eines Konsultationsmechanismus im Zusammenhang mit Änderungen der BAO gefordert.

 

Dieser Wunsch nach Einrichtung eines spezifischen Konsultationsmechanismus für vom Bund ausgehende (oder unterlassene) und die Länder und Gemeinden treffende Änderungen der einheitlichen Abgabenordnung wurde vom Bund allerdings im Begutachtungsentwurf nicht aufgegriffen. Vielmehr hält das Bundesministerium für Finanzen in einem Schreiben vom 18.6.2008, GZ BMF-010103/0104-II/3/2008, fest, dass bereits nach der geltenden Rechtslage (§ 6 des Finanzausgleichsgesetzes 2008) eine Verhandlungs­pflicht des Bundes für den Fall besteht, dass steuer­politische Maß­nahmen zu Einnahmenausfällen der Länder und Gemeinden führen. Eine darüber hinaus­gehende Verhandlungspflicht erscheint dem Bundesministerium für Finanzen, anders als der Landes­finanz­referenten­konferenz, nicht erforderlich. Das BMF weist überdies darauf hin, dass Derartiges nicht paktiert wurde.

 

Diese Sicht der Dinge verkennt allerdings, dass die einheitliche Abgabenordnung an sich und die Forderung nach einer Mitbestimmungsmöglichkeit der von diesem Bundesgesetz mitbetroffenen Gebietskörperschaften nicht unter dem Zeichen von steuerlichen Einnahmen steht sondern unter dem Aspekt der Verwaltungs­ökonomie. In diesem Rahmen wurde die Vereinheitlichung der Abgabenordnungen angestrebt, wobei man sich im Paktum zum geltenden Finanzausgleich nicht auf ein für alle geltendes Bundesgesetz sondern nur auf eine einheitliche Abgabenordnung nach dem Muster der Bundesabgabenordnung festgelegt hat; die Antwort des Finanz­ministeriums geht insofern am Kern der Sache vorbei.

 

Auf das  Anliegen der Finanzausgleichspartner des Bundes, dass den sich speziell in ihrem Vollzugsbereich stellenden Herausforderungen der Zukunft in der einheitlichen Abgabenordnung Rechnung getragen wird, wird daher aus Anlass des Begutachtungsverfahrens nochmals ausdrücklich hingewiesen.

 

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem dem Präsidium des Nationalrates elektronisch übermittelt.

 

Für die Kärntner Landesregierung:

Dr. Glantschnig:

 

FdRdA

T. Klösch