Betrifft: Stellungnahme des Mieterschutzverbandes zur Zivilverfahrensnovelle 2008, insbesondere den Änderungen der §§ 563 ff ZPO:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Grundsätzlich äußert der Mieterschutzverband Bedenken gegen die Abschaffung der Eigenhandzustellung. Insbesondere tritt der Mieterschutzverband daher dafür ein, dass der § 564 ZPO in der nun im Entwurf vorgeschlagenen Form beschlossen wird und nicht im Rahmen der Diskussion über den Entwurf eine Änderung des Entwurfes dahingehend erfolgt, dass auch in diesem wichtigen Lebensbereich, wo es für die beklagte Partei um den Verlust der Wohnung geht, die Eigenhandzustellung abgeschafft wird.

Grundsätzlich ist es erfreulich, dass der Gesetzgeber versucht, das Spannungsverhältnis zwischen dem § 33 MRG und den § 563 f ZPO, dass durch die Novelle 2006 entstanden ist, per Gesetz zu klären und diese Frage nicht ausschließlich der Rechtssprechung überlässt und so früher Rechtssicherheit für alle Betroffenen geschaffen wird. Durch die Neufassung des § 563 ZPO entsteht aber nun eine neuerliche Differenz zwischen dem  § 563 Abs. 2 ZPO und den § 33 Abs. 1, 2. Satz MRG. Der §

33 MRG sieht vor, dass ex lege eine zu spät zugestellte Aufkündigung erst für den späteren Kündigungstermin eine rechtliche Wirkung entfalten kann. Es ist daher nach dem § 33 MRG ausgeschlossen, dass eine nicht rechtzeitig zugestellte Aufkündigung zum ursprünglichen Kündigungs-termin eine rechtliche Wirkung entfalten kann. Dazu würde es erst eines weiteren rechtlichen Aktes bedürfen, nämlich dass der Aufgekündigte im Rahmen einer einvernehmlichen Auflösung doch dem ursprünglichen Termin zustimmt. Gemäß dem § 563 Abs. 2 ZPO ist es aber entgegen § 33 MRG möglich, dass eine zu spät zugestellte, ja sogar eine nicht einmal innerhalb der Kündigungsfrist bei Gericht eingebrachte Aufkündigung rechtliche Wirkung zum ursprünglichen Kündigungstermin entfalten kann, nämlich wenn aus welchen Grund auch immer die aufgekündigte Partei keine Einwendungen einbringt oder bloß vergisst in den Einwendungen die verspätete Zustellung zu rügen. Es gibt auch genügend Fälle, wo die Einwendungen vergessen werden, obwohl die aufgekündigte Partei eigentlich mit dem Inhalt nicht einverstanden war.

Wenn das Gericht daher bei einer gerichtlichen Aufkündigung nach § 30 ff MRG in Kenntnis (durch den Rückschein an die aufgekündigte Partei), dass die Aufkündigung zu spät zugestellt wurde mangels Einwendungen gegen die zu späte Zustellung die Rechtskraft für den ursprünglichen Kündigungstermin bestätigt, würde dies eigentlich in Widerspruch zum §

33 Abs. 1, 2. Satz MRG stehen, der für eine zu spät zugestellte Kündigung ex lege die rechtliche Wirksamkeit erst für den späteren Kündigungstermin vorsieht. Damit wird es insbesondere zu einer Ungleichbehandlung der schriftlichen Mieterkündigung und der gerichtlichen Kündigung kommen.

Während eine gerichtliche Aufkündigung, auch wenn sie innerhalb der Kündigungsfrist nicht einmal bei Gericht einlangt, sondern nur rechtzeitig zur Post gegeben wurde, gemäß § 563 Abs. 2 ZPO (also wenn diesbezüglich keine Einwendungen erhoben werden) noch eine rechtlich Wirkung zum ursprünglichen Termin entfalten kann, ist diese Heilungs-chance aufgrund von § 33 Abs. 1, 2. Satz MRG bei der schriftlichen Kündigung gesetzlich nicht vorgesehen. Hier bedarf es schon einer weiteren (einvernehmlichen) Vereinbarung zwischen den Parteien um noch den ursprünglichen Termin zu retten. Dies könnte insbesondere auch dazu führen, dass alle, die eine schriftliche Kündigung wegen der Postlaufzeit nicht mehr durchführen können, am letzten Tag des Monats noch schnell eine gerichtliche Aufkündigung zur Post geben. Im günstigen Fall (keine Einwendungen oder Einwendungen ohne Rüge der zu späten Zustellung) würden sie damit zu einem Kündigungstermin kommen, der mit der schriftlichen Kündigung nicht mehr möglich gewesen wäre. Im schlechteren Fall kommen sie auf jenen späteren Kündigungstermin, der sich bei der schriftlichen Kündigung ohnehin wegen der verspäteten Zustellung ergeben hätte. Damit wird es aufgrund dieser Möglichkeit zu vermehrten gerichtlichen Aufkündigungen kommen. Das Abstellen auf das Aufgabedatum statt auf das Einlangen bei Gericht wird zudem auch eine zusätzliche Beweiserhebung notwendig machen und bedeutet daher jedenfalls einen Mehraufwand für die Gerichte, da bisher der Richter lediglich nach dem im Akt ohnehin ersichtlichen Eingangsstempel und im Akt aufliegenden Rückschein und daher ohne weitere Erhebungen durchführen zu müssen, beurteilen konnte, ob eine Aufkündigung rechtzeitig erfolgt ist oder ob diese zurückzuweisen ist.

 

 

 

Hochachtungsvoll

 

Für den Mieterschutzverband Ö.

 

 Mag. Wolfgang Czuba