Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1109-1/08                                                          Wien, 12. September 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes

über die Überwachung des

Handels mit Exemplaren wild-

lebender Tier- und Pflanzenarten

(Artenhandelsgesetz 2008 -

ArtHG 2008);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMLFUW-LE.4.1.5/0012-I/3/2008

 

 

 

An das

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 8. Juli 2008 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

 

Zu § 13 Abs. 3 des Begutachtungsentwurfes, mit dem festgelegt wird, dass die Aufgaben der wissenschaftlichen Behörde vom  Landeshauptmann wahrzunehmen sind, ist anzumerken, dass Zweifel an der Verfassungskonformität dieser Bestimmung bestehen. Offenkundig geht das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in diesem Entwurf davon aus, dass Regelungen betreffend die wissenschaftliche Behörde in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fallen und der mittelbaren Bundesverwaltung zuzuordnen sind.

 

Gänzlich anders wurde die verfassungsrechtliche Lage jedoch zum Zeitpunkt der Erlassung des Artenhandelsgesetzes, BGBl. I Nr. 33/1998, beurteilt, zumal sich in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage unter der Überschrift „Kompetenzgrundlage“ folgende Ausführungen finden:

 

„Der Entwurf stützt sich auf die Kompetenztatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG „Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland“ und Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie.“ Angelegenheiten des Tier- und Naturschutzes sowie des Jagd- und Fischereiwesens fallen in die Zuständigkeit der Länder. Diese sind somit berufen, die erforderlichen flankierenden Regelungen zum unmittelbar anwendbaren EU-Recht in diesen Bereichen zu treffen. Dies betrifft insbesondere die Bestimmung der wissenschaftlichen Behörde und die Festlegung einzelner Strafbestimmungen gemäß Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 338/97.“

 

Weiters findet sich - wie auch im geltenden Text des Artenhandelsgesetzes - noch in dem vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgearbeiteten und den Ländern im November 2007 übermittelten Änderungsentwurf des Artenhandelsgesetzes in § 12 Abs. 3 die Regelung, dass als wissenschaftliche Behörde die nach den landesrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommende Einrichtung anzusehen ist.


Aus welchen Erwägungen nunmehr in völliger Abkehr aller bisherigen verfassungsrechtlichen Beurteilungen und bestehenden Regelungen ohne nähere Begründung davon ausgegangen wird, eine diesbezügliche Bundeskompetenz vorzufinden, ist daher nicht nachvollziehbar. Die vorgesehene Regelung wird daher abgelehnt.

 

Die Ausführungen in den Erläuterungen - Besonderer Teil zu § 13 Abs. 3, dass die Aufgaben der wissenschaftlichen Behörden in unmittelbarer Bundesverwaltung wahrgenommen werden, beruhen offensichtlich auf einem Redaktionsversehen.

 

Die Regelungen des § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1, 3 und 4 des Entwurfes sowie die Erläuternden Bemerkungen vermögen hinsichtlich einer präzisen Regelung der Behördenaufgaben, insbesondere hinsichtlich der Kontrollkompetenzen nur bedingt Klarheit zu schaffen.

 

Den Erläuterungen ist zu entnehmen, dass die „Vollziehung künftig ausschließlich von Bundesbehörden (mit Ausnahme der wissenschaftlichen Behörden), nämlich den Zollbehörden, wahrgenommen werden soll.“ Für die wissenschaftliche Behörde bestünden Kontrollbefugnisse lediglich „im Rahmen der bei konkreten Antragstellungen zu beurteilenden Punkten (Zucht, Beförderung, Unterbringung etc)“. Abgesehen davon, dass der wissenschaftlichen Behörde keine Feststellungen hinsichtlich der Beförderung von Exemplaren zukommen, wird inkonsequenterweise in weiterer Folge ausgeführt, dass auch eine Mitwirkung der wissenschaftlichen Behörde bei der Ein- und Ausfuhr aus dem Drittland unbedenklich erscheint. Diese Erläuterungen lassen auch nicht erkennen, welche Kontrollkompetenzen der Vollzugsbehörde in Abgrenzung zur Zollbehörde zukommen. Die hier getroffenen Ausführungen lassen somit noch zahlreiche Fragen unbeantwortet.

 

Grundsätzlich erscheint es sinnvoll, dass der wissenschaftlichen Behörde auch Kontrollkompetenzen hinsichtlich jener Fragen, die von ihr im Rahmen von konkreten Anfragen durch die Vollzugsbehörde zu beurteilen sind - das sind im Wesentlichen die Fragen, ob das Exemplar in Gefangenschaft geboren oder gezüchtet oder künstlich vermehr wurde, sowie der Unterbringung am Bestimmungsort - eingeräumt sind.

 

Dies ist jedoch einerseits im Lichte der oben geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken zu prüfen, andererseits ist eine Ausdehnung von hoheitlichen Kontrollkompetenzen für die wissenschaftliche Behörde auf Fälle, die in die Zuständigkeit der Vollzugsbehörde oder der Zollbehörde fallen, strikt abzulehnen. Die Bestimmungen der §§ 6 und 13 des Entwurfes wären daher jedenfalls dahingehend klarer zu fassen, welcher Behörde die Kontrolle welcher Aufgaben der im § 1 des Entwurfes genannten EU-Verordnungen zukommt.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                                 Dr. Peter Krasa

Dr. Christina Szep                                                    Obersenatsrat

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 22

       (zu MA 22 - 2580/2008)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen