GZ ● BKA-603.646/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiterin Frau Dr Elisabeth GROIS

Herr Dr Michael Fruhmann[1]

Pers. E-mail elisabeth.grois@bka.gv.at

Michael.Fruhmann@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2983

01/53115/4275

Ihr Zeichen BMI-LR1300/0022-III/1/2008

An das

Bundesministerium für

Inneres

Herrengasse 7
1014   Wien

mailto: bmi-III-1@bmi.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtsicherheitsgesetz geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf

Vorbemerkung

Das mit 13. August 2008 datierte Versendungsschreiben mit dem gegenständlichen Gesetzesentwurf langte am 14. August 2008 elektronisch ho. ein. Die den zur Begutachtung eingeladenen Stellen eingeräumte Stellungnahmefrist endet am 12. September 2008. Für eine Stellungnahme stand somit eine Frist vier Wochen und einen Tag zur Verfügung.

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist seit langem darauf hin, dass Fristen für die Begutachtung von Bundesgesetzen und Verordnungen des Bundes angemessen zu setzen sind und den begutachtenden Stellen eine Frist von wenigstens sechs Wochen zur Verfügung stehen soll (vgl. etwa die Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 10. Dezember 1958, GZ 49.008‑2a/58, vom 13. November 1970, GZ 44.863‑2a/70, vom 19. Juli 1971, GZ 53.567‑2a/71 und zuletzt vom 2. Juni 2008, BKA-600.614/0002-V/2/2008).

Zu Z 1 (§ 3 Abs. 1)

Die Entwurfsbestimmung soll Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. ermächtigen, den Zutritt „zu einem nach § 2 genannten Sicherheitsbereich“ von einer Kontrollbereitschaft abhängig zu machen. Die verweisende Wendung ist sprachlich unpräzise, da § 2 (Abs. 1 und 2) als solcher nicht Sicherheitsbereiche nennt, sondern an die durch Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie festgelegten Sicherheitsbereiche anknüpft. Dabei bedient sich der verwiesene § 2 wiederum eines Verweises auf § 134a Luftfahrtgesetz. Zur Vermeidung von Kettenverweisungen wird eine Überarbeitung empfohlen.

Entsprechendes gilt auch für diese Wendung in Z 2 (§ 3 Abs. 2 erster Satz).

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 2 erster Satz)

Bei dem in der neu geschaffenen Z 3 verwendeten Begriff der „öffentlich Bediensteten“ handelt es sich nicht um einen Terminus legalis; üblicherweise werden mit diesem Begriff öffentlich‑rechtliche sowie in einem Vertragsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) stehende Bedienstete verstanden. Es wird eine Präzisierung dieser Personengruppe angeregt, zumal unklar ist, inwieweit diese Personengruppe Waffen, Kriegsmaterial, Munition, Schieß‑ oder Sprengmittel oder sonst als besonders gefährlich bezeichnete Gegenstände bei der/zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben (im Sicherheitsbereich) mit sich führen. Mit Blick auf die in den Erläuterungen bezogenen Beispiele („Angehörige des österreichischen Bundesheeres, der Finanzverwaltung…“) böte sich eine Präzisierungsmöglichkeit etwa auf öffentlich Bedienstete des Bundes.

In den Erläuterungen wird dann weiters auch auf „ausländisches Sicherheitspersonal, das nicht an Bord geht …“ Bezug genommen. Dabei dürften die Erläuterungen vom Verständnis getragen seine, dass diese Personengruppe wohl unter öffentliche Bedienstete zu subsumieren sind (; zumal es für Sicherheitspersonal des Flugplatzhalters sowie für Personen, die von der obersten Zivilluftfahrtbehörde des Staates, in dem das Luftfahrzeug registriert ist, mit der Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben an Bord des Luftfahrzeuges betraut worden sind, in den Z 1 und 3 eigenen Ausnahmetatbestände geschaffen wurden).

Dazu ist anzumerken, das Begriffsverständnis, welches üblicherweise dem Begriff der öffentlich Bediensteten zugemessen wird, geht nicht so weit, dass davon auch zu einer ausländischen Gebietskörperschaft in einem Bedienstetenverhältnis stehende Personen zu erfassen. Eine Überarbeitung wird empfohlen.

Die Erläuterungen zu § 3 Abs. 2 des Begutachtungsentwurfes sind nicht mehr aktuell. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist darauf hin, dass es eine neue – nicht mehr geheime – Verordnung über verbotene Gegenstände gibt. Es handelt sich dabei um die Verordnung (EG) Nr. 820/2008 der Kommission vom 8. August 2008 zur Festlegung von Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen grundlegenden Normen für die Luftsicherheit, ABl. L 221 vom 19.8.2008. Insoweit bedürfte es einer Korrektur in den Erläuterungen, (nach Maßgabe allfälliger weiterer EG-Rechtsetzungsvorhaben auf diesem Gebiet) eventuell auch einer Adaptierung des vorgeschlagenen Gesetzestextes unter Beachtung des – gewisse Ausnahmen zulassenden (vgl. Pkt. 12 des EU-Addendums zu den Legistischen Richtlinien 1990) – Verbotes der inhaltlichen Wiederholung einer EG-Verordnung.

Zu Z 3 (§ 4a)

1.    Mit der vorliegenden Entwurfsbestimmung soll bei großen Flughäfen auch die Möglichkeit der Beauftragung des Flugplatzhalters geschaffen werden. Berücksichtigt wird diese Möglichkeit auch durch die sprachliche Anpassung des § 7. Diese neu geschaffene Möglichkeit sollte kohärenterweise auch in der Anpassung der Überschrift zum zweiten Abschnitt ihre Berücksichtigung finden, welche derzeit sprachlich lediglich auf die „Beauftragung von Unternehmen“ abstellt.

 

2.    Die Ermächtigung des § 4a knüpft als solche ihrem Wortlaut nach (lediglich) an ein quantitatives Kriterium (große Flughäfen – 3 Millionen Passagiere) an, welches in weiterer Folge das alleinige Abgrenzungskriterien gegenüber anderen Flugplätzen und der eröffneten weiteren Möglichkeit einer vertraglichen Beauftragung mit der Durchführung der Sicherheitskontrollen darstellt. Inwieweit die in den Erläuterungen (Allgemeiner Teil, 5. Inhalt der Neuregelung) dargelegte Begründung einer Erhöhung des Sicherheitsniveaus die Sachlichkeit der Reglung im Vergleich zu „kleineren“ Flughäfen und der dort nicht eröffneten Möglichkeit einer vertraglichen Beauftragung der Flugplatzhalter dazutun geeignet ist, entzieht sich der ho. Beurteilung.

        Auf das Fehlen der Ermessensdeterminierung des Bundesministers bei der Auswahl des vertraglich Beauftragten (Beauftragung eines Unternehmers gemäß § 4 oder Beauftragung eines Flugplatzhalters gemäß § 4a) mit der Durchführung der Sicherheitskontrollen bei großen Flughäfen wird hingewiesen.

 

3.    Zu den vergaberechtlichen Aspekten:

        Die beabsichtigte Ermächtigung, den Flugplatzhalter eines „großen Flughafens“ mit der Durchführung der Sicherheitskontrollen vertraglich zu beauftragen wirft gravierende vergaberechtliche Probleme auf:

        Aufgrund des Begutachtungsentwurfes sollen nunmehr folgende (alternative) Möglichkeiten zur Durchführung der Sicherheitskontrollen auf Flughäfen bestehen: die Sicherheitskontrollen werden 1) durch Organe des Bundesministeriums oder 2) durch (nach Durchführung eines Vergabeverfahrens) gemäß § 4 beauftragte Unternehmen oder 3) – nur bei großen Flughäfen – durch den Flugplatzhalter selbst durchgeführt.

        Nach § 4a des Begutachtungsentwurfes soll der BMI – sofern nicht eine der anderen oben erwähnten Möglichkeiten in Anspruch genommen wird – unmittelbar einen Vertrag über die Durchführung der Sicherheitskontrollen mit dem Flugplatzhalter eines großen Flughafens abschließen können. Da einerseits das zu beauftragende Unternehmen (etwa ein konkreter Flugplatzhalter) nicht selbst im Gesetz festgelegt werden soll und andererseits die oben erwähnten anderen Alternativen (insbesondere daher auch die Beauftragung eines Unternehmens) auch bei großen Flugplätzen weiterhin bestehen sollen, handelt es sich nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst nicht um die Festlegung eines Dienstleistungsmonopols im Gesetz selbst (vgl. dazu etwa auch Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2002, § 6 Rz 77ff; die Erläuterungen sind diesbezüglich nicht ganz klar).

        Allerdings soll durch den Entwurf – abweichend von den Regelungen des BVergG 2006 und den diesem zugrundeliegenden Vergaberichtlinien (insbesondere RL 2004/18/EG) – die Möglichkeit geschaffen werden, unmittelbar einen Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber (BMI) und einem Unternehmer (Flugplatzhalter) abzuschließen. Derartige (unmittelbare) Beauftragungen ohne Durchführung eines Vergabewettbewerbes sind nach den gemeinschaftsrechtlichen Vergaberegelungen des Primär- und Sekundärrechts wie auch nach den Regelungen des BVergG 2006 jedoch nur in den im BVergG und in der RL 2004/18/EG taxativ aufgezählten Fällen zulässig. Nach stRspr des EuGH sind diese Ausnahmebestimmungen restriktiv zu interpretieren und sie können nicht per analogiam auf andere Sachverhalte ausgedehnt werden (vgl dazu für viele Rs C-84/03, Kommission gegen Spanien, Rs C-340/04, Carbotermo, Rs C-337/05, Kommission gegen Italien; vgl ferner dazu 1171 BlgNR 22. GP, 29). Dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst ist nicht erkennbar, auf welchen Ausnahmetatbestand des Vergaberechts (vgl. insbesondere § 30 Abs 2 BVergG 2006) sich die Ermächtigung des BMI zum Abschluss eines Vertrages zur Durchführung der Sicherheitskontrollen auf großen Flughäfen allein mit dem Flugplatzhalter stützen könnte. Die unmittelbare Beauftragung des Flugplatzhalters stünde somit in evidentem Widerspruch zu den vergaberechtlichen Verpflichtungen. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist darauf hin, dass nach der stRspr des EuGH die gemeinschaftlichen Vergaberegelungen so hinreichend genau und bestimmt sind, dass ihnen Vorrangwirkung gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht zukommt.

        Aufgrund der Ausführungen in den Erläuterungen zum Entwurf über die nach do Auffassung zulässige Verankerung eines Dienstleistungsmonopols durch die in Aussicht genommene Regelung, sieht sich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zu folgenden Ausführungen aus vergaberechtlicher Sicht veranlasst: Vorauszuschicken ist, dass das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst aufgrund der Definition eines „großen“ Flughafens (über 3 Mio. Passagiere/Jahr) davon ausgeht, dass de facto in Österreich derzeit allein der Flughafen Wien Schwechat dieses Kriterium erfüllt. Der Betreiber des Flughafens ist die Flughafen Wien AG, eine private Gesellschaft (vgl. dazu: http://www.viennaairport.com/jart/prj3/via/website.jart?rel=de&j-dummy=active&content-id=1148033718474&reserve-mode=active, wonach je 20% der Anteile vom Land NÖ bzw der Stadt Wien gehalten werden, die restlichen Anteile befinden sich im Streubesitz bzw werden durch die Mitarbeiterstiftung gehalten). Die gegenständliche Leistung ist im vergaberechtlichen Sinn als Dienstleistungsauftrag (bzw. als Konzession im vergaberechtlichen Sinn) zu qualifizieren (eine abschließende Beurteilung ist mangels näherer Unterlagen nicht möglich).

        Nach nunmehr ständiger Judikatur des EuGH steht die Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen ohne Transparenz (d.h. ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens) im Widerspruch zu den Art. 43 und 49 EG (vgl. dazu Rs C-231/03, CONAME, C- 410/04, ANAV, C-458/03, Parking Brixen, C-260/04, Kommission gegen Italien, und C-412/04, Kommission gegen Italien, C-220/06, AP). Nach stRspr des GH können Eingriffe in die Grundfreiheiten aber zulässig sein, falls dies aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist und die in Aussicht genommene Maßnahme (hier: Abschluss eines Vertrages ohne Beachtung der Vergabeverpflichtungen) zur Zielerreichung geeignet ist und nicht über das hinaus geht, was zur Erreichung des Zieles objektiv erforderlich ist (vgl für viele Rs C-393/05, Kommission gegen Österreich). Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst geht davon aus, dass Sicherheitskontrollen auf Flughäfen der (präventiven) Verbrechensbekämpfung und der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung dienen und dies einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt (so zutreffend auch die Erläuterungen des Entwurfes). Ferner ist aber nach der Rspr des EuGH weiters zu prüfen, ob ein Vertragsabschluss mit dem Flugplatzhalter eines großen Flughafens ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens (somit ohne Transparenz) geeignet ist, die Erreichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst ist aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht erkennbar, inwiefern der Abschluss eines Vertrages ohne Transparenz zwischen dem BMI und dem Flugplatzhalter eines großen Flughafens zur Durchführung der Sicherheitskontrollen die einzig mögliche Maßnahme zur (präventiven) Verbrechensbekämpfung und Sicherstellung der öffentlichen Ordnung in diesem Bereich darstellt (vgl. dazu auch die Argumentation des EuGH in der Rs C-260/04, Kommission gegen Italien). Dieser Befund wird dadurch unterstrichen, dass bisher diese Aufgaben durch gemäß § 4 LSG beauftragte Unternehmen wahrgenommen wurde und deren Beauftragung auch in Zukunft möglich wäre. Daraus folgt, dass das angestrebte Ziel auch durch weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden kann, sodass die in Aussicht genommene Maßnahme im Widerspruch zu den Grundfreiheiten stünde. [In diesem Zusammenhang weist das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst ergänzend darauf hin, dass wirtschaftliche Gründe (z.B. hohe Kosten durch erforderliche bauliche Maßnahmen für die Durchführung von Sicherheitskontrollen) nach stRspr des EuGH keine Rechtfertigung einer Beschränkung einer Grundfreiheit darstellen würden; vgl dazu etwa Rs C-260/04, Kommission gegen Italien].

        Da es sich um keine Leistungsvergaben mit einer nur „sehr geringfügigen wirtschaftlichen Bedeutung“ (vgl. dazu Rs C-231/03, CONAME, C-220/06, AP) handeln dürfte (vgl. dazu auch das ho Rundschreiben GZ BKA-VA.C-220/06/0010-V/7/2007, abrufbar unter: http://www.bundeskanzleramt.at/DocView.axd?CobId=27019), wäre das gemeinschaftliche Vergaberegime zu beachten. Der Vollständigkeit halber wird hinzugefügt, dass aus der Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst auch keine andere vergaberechtliche Ausnahmebestimmung schlagend werden könnte: ein quasi-in-house – Verhältnis zwischen dem beauftragenden Ressort und der Flughafen Wien AG scheidet aus, da nach der Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C-26/03, Stadt Halle) ein quasi-in-house – Verhältnis zu einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen jedenfalls nicht möglich ist. Die Ausnahmeregelung des § 10 Z 6 BVergG 2006 greift ebenfalls aufgrund des rein privaten Charakters der Flughafen Wien AG nicht.

        Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die beabsichtigte Ermächtigung des BMI zum Abschluss eines Vertrages ohne Transparenz mit dem Flugplatzhalter eines großen Flughafens zur Durchführung der Sicherheitskontrollen vergaberechtlich problematisch ist. Aufgrund der Vorrangwirkung des Gemeinschaftsrechtes könnte die in Aussicht genommene Regelung nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst gar keine rechtlichen Wirkungen entfalten. Alle Organe der Verwaltung (somit auch der BMI) hätten diese Bestimmung unangewendet zu lassen (vgl. dazu bereits EuGH Rs 103/88, Fratelli Costanzo, Slg 1989, 1839 Rz 28 bis 33 mwH der Judikatur). Außerdem bestünde das Risiko eines Vertragsverletzungsverfahrens.

        Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst bietet dem do Ressort seine Mitwirkung bei der Suche nach einer vergaberechtskonformen Lösung an.

 

Zu Z 5 (§ 5 Abs. 1 Z 1)

Gemäß der neu gefassten Bestimmung soll künftig die Weitergabe der Leistungserbringung der Sicherheitskontrolle an einen Subunternehmer unzulässig sein. Mit Blick auf die aus dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erfließende Privatautonomie sollte das öffentliche Interesse an dieser gesetzlichen Gestaltungsbeschränkung in den Erläuterungen dargelegt werden.

 

Aus vergaberechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass durch die beabsichtigte Regelung sowohl eine gänzliche wie auch eine teilweise Subvergabe für unzulässig erklärt wird (vgl. dazu die Erläuterungen). Aufgrund des Wortlautes der Regelung kann ein Unternehmer weder bei der Erstellung seines Angebotes noch nach Zuschlagserteilung auf Subunternehmer zurückgreifen.

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist darauf hin, dass jedenfalls das Verbot der Subvergabe in der Phase der Durchführung eines Vergabeverfahrens (d.h. das Verbot, bei der Erstellung des Angebotes auf Subunternehmer zurückzugreifen) nicht mit den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts im Einklang steht. Wie der EuGH im Erkenntnis C-314/01, Siemens gegen HVSV, EDS/ORGA, ausführte, „steht die Richtlinie 92/50/EWG [nunmehr 2004/18/EG] einem Verbot oder einer Einschränkung der Subvergabe für die Ausführung wesentlicher Teile des Auftrags [nur dann] nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber bei der Prüfung der Angebote und der Auswahl des Bestbieters die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Subunternehmer nicht hat prüfen können“ (Hervorhebungen und Ergänzungen nicht im Original). Der GH betonte im zit. Erkenntnis (unter Hinweis auf die Rs C-176/98, Holst Italia) „dass eine Person nicht allein deshalb vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags ausgeschlossen werden kann, weil sie zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die sie nicht selbst besitzt, sondern die einer oder mehreren anderen Einrichtungen gehören. Demnach steht es einem Dienstleistungserbringer, der nicht selbst die für die Teilnahme an dem Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, frei, sich gegenüber dem Auftraggeber auf die Leistungsfähigkeit Dritter zu berufen, die er in Anspruch nehmen will, wenn ihm der Zuschlag erteilt wird.

Vor diesem Hintergrund dürfte ein Verbot der gänzlichen Weitergabe eines Auftrages nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zulässig sein (vgl. dazu auch § 83 BVergG 2006). Zulässig ist es ferner, dass einem Zuschlagsempfänger untersagt wird, bei der Ausführung des Auftrages (ohne Zustimmung des Auftraggebers) auf die Ressourcen Dritter (deren Eignung und Zuverlässigkeit der Auftraggeber im Vergabeverfahren nicht prüfen konnte) zurückzugreifen.

Zu Z 8 (§ 7)

In der Novellierungsanordnung ist auch die Passage „und im Abs. 2 wird“ in kursiver Schrift zu fassen.

Zu Z 10 (§ 20)

1.         Aus Anlass der gegenständlichen Novellierung wird auf das Fehlen des Inkrafttretensdatums in § 20 Abs. 1b hingewiesen,

2.         Der zweiten Satz des Abs. 1d regelt hinsichtlich des geltenden § 15 Abs. 4 das Inkrafttreten mit 1. Jänner 2005. Die Intention dieser Anordnung ist zum einen unklar und wird auch nicht erläutert:

Soweit ersichtlich erhielt der hier fragliche und derzeit geltende § 15 Abs. 4 seine Fassung durch Art. 5 Z 10 des Budgetbegleitgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 136/2004, welches am 10. Dezember 2004 ausgegeben wurde. Eine ausdrückliche, das Inkrafttreten regelnde Bestimmung wurde im genannten Bundesgesetz in Z 11 getroffen, wonach Abs. 1c eingefügt wurde, demzufolge „… § 15 Abs. 2 bis 5 … in der Fassung des genannten Bundesgesetzes [BGBl. I Nr. 136/2004] treten mit 1. Jänner 2005 … in Kraft. … § 15 Abs. 2 bis 5 in der genannten Fassung sind erstmals auf nach dem 31. Dezember 2004 entstehende Abgabenschuldigkeiten anzuwenden.“

Eine Überprüfung des zweiten Satzes der Entwurfsbestimmung wird empfohlen.

Zu Z 11 (Inhaltsverzeichnis)

Auf die Ausführungen zu Z 3 betreffend die Anpassung der zweiten Abschnittsüberschrift wird hingewiesen.

III. Zum Vorblatt und zu den Erläuterungen

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt

Wie dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – (Pkt. 6.1. ua.) zu entnehmen ist, dient das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit und sollte daher nur eine Seite und keinesfalls mehr als zwei Seiten umfassen. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen sowie allenfalls den dafür vorgesehenen Anlagen zu den Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Die Ausführung im Abschnitt „Problem“, wonach, bedingt durch die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen auf großen Flughäfen, die derzeit vorgesehene Mitwirkungspflicht des Flugplatzhalters nicht mehr ausreichen ist, um das hohe Sicherheitsniveau beizubehalten, ist nicht nachvollziehbar.

Unter „Alternativen“ wären andere Wege zur Erreichung der angestrebten Ziele als die im Gesetzesentwurf gewählten Lösungen anzugeben (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007, Pkt. 7); in diesem Sinne kommt die Beibehaltung der geltenden Rechtslage nicht als zur Zielerreichung geeignete, und daher auch nicht als im Vorblatt anzugebende, Alternative in Frage.

Der Abschnitt „Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union“ hätte gemäß dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. März 2001, GZ BKA-600.824/0011-V/2/01, – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – spezifischere Aussagen zu enthalten.

Die verwiesene Verordnung „(EG) Nr. 300/2008“ ist entsprechend RZ 51ff des EU‑Addendums zu zitieren.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen

Ebenso sollten im Abschnitt „Hauptgesichtspunkte des Entwurfes“, Unterabschnitt „2. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben“ die verwiesenen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakte entsprechend RZ 51ff des EU‑Addendums zitiert werden.

Die Anführung des Abschnitts „Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens“ im Allgemeinen Teil der Erläuterungen sollte, da dieser Abschnitt – zutreffenderweise – bereits im Vorblatt berücksichtigt wurde, entfallen.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

5. September 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt


 



[1] Aus vergaberechtlicher Sicht.