Ernst Berger, Univ. Prof. Dr. med.
PsychoSozialen Dienste in Wien Univ.-Klinik f. Psychiatrie
Steinbauergasse 36/15/4 d. Kindes- u. Jugendalters
1120 Wien Med. Univ. Wien
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An das
BMGFJ
Per e-mail
Wien, 17.11.08
Betr.: B-KHJG 2009
BMGFJ-421600/37-II/2/2008
STELLUNGNAHME
zum Entwurf
Positiv zu bewerten sind:
Die in der Gesetzesbezeichnung vorgenommen Begriffsänderung: Der veraltete Begriff der „Jugendwohlfahrt“ wird durch den zeitgemäßen Begriff der „Kinder- und Jugendhilfe“ ersetzt.
Die allgemeine Stärkung der Position der Kinder und Jugendlichen
Die in §10 Abs. 2 vorgesehene Eignungsfeststellung für private KJ-Hilfeträger
Kritische Anmerkungen:
Ad § 2
Unter Pkt. 1 sollten die Schaffung des Bewußtseins für Kinderrechte aufgenommen werden.
Ad §3
Unter den Aufgaben sollte die Prävention angeführt werden.
Ad §11
Abs. 2: Die Ausbildung der Fachkräfte ist zu konkretisieren: anerkannte Ausbildungen für DSA und Dipl. SozialpädagogInnen entsprechend den jeweils gültigen Standards.
Ad §12 und §13
Hier fehlt die Festlegung auf bundesweit einheitliche Standards von Planung und Forschung. Wünschenswert wäre überdies die Einrichtung einer bundesweiten Koordinationsplattform für Planung, Forschung und Evaluation sowie die Etablierung eines öffentlichen Berichtswesens (z.B. an das Parlament).
Ad §14
Die detailierte Aufzählung statistischer Daten scheint entbehrlich und kann keineswegs das wünschenswerte Berichtswesen ersetzen.
Ad §16
Abs. 2: Die potentielle Kostenpflichtigkeit sozialer Dienste sollte entfallen.
Ad §17
Als Zielsetzung der Tätigkeit sozialpädagogischer Einrichtungen sollte die Integration bzw. Reintegration festgeschrieben werden, wobei sowohl die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen als auch von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund anzuführen wäre.
Abs. 3: die hier angeführten Einrichtungen sollten nicht als kann – Bestimmung sondern dezidiert als Grundelemente angeführt werden. Weiters sollten Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen werden.
Ad §22
Abs. 3: Positiv ist die zentrale Einbeziehugn der betroffenen Kinder und Jugendlichen in die Gefährdungsabklärung. Allerdings reicht das Gespräch als Methode der Gefährdungsabklärung in vielen Fällen nicht aus; hier wäre zu ergänzen: "sowie weitere diagnostische Methoden im Bedarfsfall".
Abs. 5: Dieser Absatz ist grundsätzlich positiv im Sinne der Orientierung auf Teamarbeit zu verstehen; diese sollte allerdings nicht als kann – Bestimmung sondern als grundsätzliche Arbeitsform festgelegt werden.
Hier ist überdies einzufügen, dass die Gefährdungsabklärung auch im Zusammenwirken der verschiedenen Institutionen im psychosozialen Feld (z.B. medizinische Einrichtungen, Justiz etc.) zu erfolgen hat.
Der letztgenannte Punkt der Kooperation zwischen verschiedenen Institutionen hat insgesamt zu wenig Gewicht erhalten. Er ist aber ein zentraler Aspekt einer Verbesserung sowohl hinsichtlich Gefährdungsabklärung als auch hinsichtlich Qualitätserhöhung in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die verpflichtende Formulierung dieser Orientierung im Bundesgesetz ist die Voraussetzung für eine adäquate personelle Ressourcenplanung der Länder.
Univ. Prof. Dr. Ernst Berger