Stellungnahme zum Ministerialentwurf 231/ME XXIII. GP Bundesgesetz über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2009 B-KHJG 2009) des Vereins I.S.I. Initiativen für soziale Integration, 4020 Linz, Steingasse 25,  Trägerverein von elf Streetworkstellen in Oberösterreich und fünf Jugendzentren im Raum Linz-Land.

 

Wesentlicher Bestandteil der offenen Jugendarbeit und von Jugendstreetwork ist es, den Besucherinnen und Klientinnen eine vertrauensvolle Beziehung zu Erwachsenen anzubieten. Oft dauert es längere Zeit, bis Jugendliche in den Jugendzentren oder bei Streetwork sich den Mitarbeiterinnen öffnen. Dabei ist ein wesentlicher Faktor die Zusicherung, dass Informationen des/der Jugendlichen vertrauensvoll behandelt werden und nur mit Einverständnis des/der Jugendlichen agiert wird.

Ob eine Meldung an die örtliche Jugendwohlfahrt zur Vermeidung einer weiteren Gefährdung hilfreich und notwendig ist, bedurfte auch bisher einer eingehenden Beratung mit anderen Fachkräften. Durch den Wortlaut „unverzüglich“ (§37 Absatz 1)wird diese Zeit, die es mit dem/r Jugendlichen und in der Beratung mit anderen Fachkräften braucht, eingeschränkt. Diese Zeit braucht es jedoch, um die Frage der Notwendigkeit einer Meldung abzuklären und die Meldung gut, im Sinne des Opferschutzes, vorzubereiten. Es besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass Jugendliche ihre Äußerungen zurücknehmen und aus der Meldung keine Hilfestellung erwächst. Die Beziehung zu Jugendleiterinnen oder Streetworkerinnen aber ist dann gefährdet und wird eventuell abgebrochen.

Analog dazu gefährdet die im §22 Absatz 4 vorgesehene Auskunftspflicht die Arbeit von Streetwork und offener Jugendarbeit, da sie die Vertraulichkeit aufhebt.

Im gemeinsam mit dem Land Oberösterreich erarbeiteten Leitbild aller Streetworkträger in Oberösterreich ist unter dem „Handlungsprinzip“ Vertraulichkeit/Anonymität zu lesen:

„Ohne ausdrückliches Einverständnis der KlientInnen werden keine sie betreffenden Informationen außerhalb des Streetworkteams weitergegeben. Die Kenntnis der Identität der KlientInnen ist keine Vorraussetzung für Inanspruchnahme des Angebots.“

Diese Zusicherung ist wesentlicher Bestandteil der Arbeit von Streetwork, die sich - wieder laut Leitbild – „an  Einzelpersonen und Gruppen richtet, die das bestehende Hilfesystem nicht in Anspruch nehmen können oder wollen, bzw. durch bestehende einrichtungsgebundene Angebote nicht oder nicht ausreichend erreicht werden.“

Durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz im vorliegenden Entwurf besteht unserer Ansicht nach die Gefahr, dass diese Jugendlichen auch von Streetwork oder offener Jugendarbeit nicht mehr erreicht werden können.

 

 

Linz am 18.11.2008

Lothar Jochade, David Hinderling Geschäftsführung Verein I.S.I.