GZ ● BKA-600.565/0001-V/8/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

mag Elisabeth tallafuss

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

elisabeth.tallafuss@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219 bzw 2767

Ihr Zeichen BMF-01000/0045-VI/A/2008

An das

Bundesministerium für

Finanzen

Gruppe VI/A

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

Betrifft:  Entwurf eines EU-Finanzvollsteckungsgesetzes (EU-FinStrVG);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Entwurf wie folgt Stellung:

Ersatzfreiheitsstrafen bei Uneinbringlichkeit (§ 7):

In § 7 des Entwurfs wird vorgeschlagen, dass bei Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist, wenn der Entscheidungsstaat keine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, aber eine solche Strafe in der Bescheinigung zugelassen hat.

Für eine solche Zuständigkeit ist im Hinblick auf Art. 6 EMRK die Entscheidung durch ein Tribunal erforderlich bzw. muss nach dem auch in den Erläuterungen zitierten BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit eine Anfechtung der Entscheidung bei einer unabhängigen Behörde möglich sein, wenn die Ersatzfreiheitsstrafe nicht von einer unabhängigen Behörde festgesetzt wird. Nachdem nicht ausgeschlossen sein dürfte, dass in bestimmten Fällen auch eine erstmalige Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe durch einen „Einzelbeamten“ getroffen werden kann – die Erläuterungen zu § 7 nehmen auf § 58 Abs. 2 FinStrG Bezug ‑, müsste daher in solchen Fällen ein Rechtsmittel an eine unabhängige Behörde zulässig sein. Es wird daher angeregt, im Interesse einer einfacheren Rechtsanwendung die Zulässigkeit eines Rechtsmittels für diesen Fall bereits im Gesetzestext zum Ausdruck zu bringen (dies sollte sich nicht nur aus einer Auslegung des allgemeinen Verweises auf die subsidiäre Anwendung des FinStrG in § 3 Abs. 1 in Verbindung mit den Garantien des Art. 3 Abs. 3 PersFrBVG ergeben). Weiters wird vorgeschlagen, den Rechtsschutz auch in den Erläuterungen näher darzustellen.

Vergleichend sei auch noch erwähnt, dass im EU-VStVG, BGBl. I Nr. 3/2008, gerade auch vor dem Hintergrund der Anforderungen der EMRK die Möglichkeit, bei der Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen, nicht vorgesehen ist. Insbesondere vor dem Hintergrund der Intention des Rahmenbeschlusses, eine zügige Vollstreckung zu ermöglichen (vgl. Art. 6 des Rahmenbeschlusses), wird daher angeregt, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des vorgeschlagenen § 7 nochmals zu prüfen.

 

Zu einzelnen Bestimmungen:

Der Vollständigkeit halber darf auf folgende Punkte vorwiegend redaktioneller Natur aufmerksam gemacht werden:

Auf eine einheitliche Setzung von Abkürzungspunkten (z.B. nach „BGBl“) wird hingewiesen.

In § 3 Abs. 1 sollte das Fundstellenzitat lauten: „BGBl. Nr. 129/1958“.

Im Interesse einer einheitlichen Schreibweise wird vorgeschlagen, jeweils den Ausdruck „Finanzstrafbehörden erster Instanz“ auszuschreiben (vgl. die Schreibweise im FinStrG).

In § 7 Abs. 1 müsste es lauten: „einer Ersatzfreiheitsstrafe“.

In § 10 wäre im Interesse der leichteren Verständlichkeit die Wendung „zu unterrichten“ als Schlussteil zu formatieren, da sie sich auf alle aufgezählten Tatbestände und nicht nur auf die Z 5 beziehen soll.

Der Ausdruck „Vollstreckungsbehörde“ für die Finanzstrafbehörde erster Instanz wird sowohl in Fällen verwendet, in denen Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich, als auch österreichische Entscheidungen im Ausland vollstreckt werden sollen. Dies erscheint für den Rechtsanwender zumindest auf den ersten Blick etwas irritierend. Eine andere Formulierung sollte erwogen werden.

Zu § 13 ist anzumerken, dass es in Art. 4 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses heißt: „sich in der Regel [aufhält]“ (so auch in § 13 EU-VStVG), während sich diese Einschränkung im Entwurf nicht widerspiegelt.

Nach § 15 Abs. 2 Z 2 soll die (österreichische) Vollstreckungsbehörde erst wieder vollstreckungsberechtigt sein, wenn die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat mangels Einbringlichkeit nicht möglich ist. Nach den Erläuterungen wird mit § 15 Art. 15 des Rahmenbeschlusses umgesetzt. Dieser Tatbestand ist im Rahmenbeschluss allerdings nicht enthalten. Auch das Verhältnis zu einer allenfalls im Vollstreckungsstaat angeordneten Ersatzfreiheitsstrafe erscheint nicht ganz klar und sollte jedenfalls in den Erläuterungen näher dargestellt werden.

Zur Anlage 2 wird empfohlen, die Kopfzeile mit dem Amtsblatthinweis zu entfernen, da in der kundzumachenden Fassung die Kopfzeile üblicherweise für das Zitat der Fundstelle im BGBl. verwendet wird (vgl. EU-VStVG, BGBl. I Nr. 3/2008).

 

 Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst ersucht im Interesse einer einheitlichen Praxis um eine weitere Anpassung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt, wie sie im Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ BKA-600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben – ausgeführt werden (insbesondere sollte noch der Teil „Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht“ ergänzt werden).


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

4. November 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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