Bundesministerium für

Gesundheit, Familie und Jugend

Radetzkystraße 2

1031 Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wirtschaftskammer Österreich

Wiedner Hauptstraße 63 | 1045 Wien

T  05 90 900-DW | F  05 90 900-5037

E  gesund@wko.at

W  http://wko.at

 

Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom            Unser Zeichen, Sacharbeiter               Durchwahl                        Datum

92401/0014-I/B/8/2008       SpG 149-11/2008/Kö/Br     5034                  28.11.2008

v. 20.10.2008                     DDr. Königshofer

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Blutsicherheitsgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden; Begutachtung

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Wirtschaftskammer Österreich dankt für die Zusendung des oben genannten Entwurfs und nimmt hiezu wie folgt Stellung:

 

 

Zu den vorgeschlagenen Änderungen im Arzneimittelgesetz

 

Zu Artikel 1 Z 21 und 22 (Neufassung des § 20 Abs. 2 und Abs. 3)

 

Nach dem vorgeschlagenen Text für die Neufassung des jeweils ersten Satzes in § 20 Abs. 2 bzw. Abs. 3 dürfte der Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer des Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides bereits ein Jahr nach dessen Rechtskraft gestellt werden. Dies dürfte nicht beabsichtigt sein. Gemeint sein dürfte, dass der Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer der Zulassung bzw. der Registrierung frühestens vier Jahre nach Rechtskraft des geltenden Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides und spätestens sechs Monate vor Ablauf der Geltungsdauer des geltenden Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides gestellt werden kann. 

 

Hiezu ist allerdings festzuhalten, dass nach Art. 24 Abs. 2 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2001/83/EG idgF der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen der zuständigen Behörde die notwendigen Unterlagen für die Verlängerung der Genehmigung spätestens sechs Monat vor deren Ablauf vorzulegen hat. Die im vorliegenden Entwurf genannte Frist von vier Jahren ist in dieser Richtlinienbestimmung nicht vorgesehen.

 

Zu Artikel 1 Z 29 (Ergänzung in § 24b Abs. 2)

 

Die vorgeschlagene Ergänzung hätte zur Folge, dass der Zulassungsinhaber bzw. Inhaber einer Registrierung für Zwecke der Pharmakovigilanz sowohl dem Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ - bzw. dem in Zukunft für den Bereich „Gesundheit“ zuständigen Bundesministerium) als auch dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) bestimmte Daten zur Verfügung zu stellen hätte. Während dem BMGFJ alle Daten im Zusammenhang mit dem Umsatz- und Absatzvolumen (somit sowohl Wert als auch Menge) zur Verfügung zu stellen sind, sollen dem BASG alle Daten im Zusammenhang mit dem Absatzvolumen (Menge) zur Verfügung zu stellen sein. Wir meinen, dass es genügen müsste, auch dem BMGFJ nur alle Daten im Zusammenhang mit dem Absatzvolumen zur Verfügung zu stellen. Daher sollte der Begriff „Umsatzvolumen“ aus § 24b Abs. 2 erster Satz gestrichen werden. 

 

Zu Artikel 1 Z 36 (Einfügung eines § 39a)

 

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt die Einfügung des vorgeschlagenen § 39a in das Arzneimittelgesetz. Sollte der vorgeschlagenen Text mit dem Datenschutzrecht nicht im Einklang stehen, so sollte dies nicht dazu führen, auf § 39a zu verzichten, sondern diese Bestimmung so zu formulieren, dass dagegen keine datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen.  

 

Zu Artikel 1 Z 71 (Einfügung eines § 81a)

 

Der vorliegende Entwurf sieht die Einfügung eines neuen § 81a in das Arzneimittelgesetz vor, der das BASG nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten ermächtigt, durch Verordnung vorzusehen, dass Anträge, Anzeigen und Meldungen nach dem Arzneimittelgesetz, dem Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, dem Blutsicherheitsgesetz und dem Gewebesicherheitsgesetz in elektronischer Form zu erfolgen haben. Aus dem zweiten Satz des vorgeschlagenen § 81a folgt, dass die elektronische Übermittlung der genannten Anträge, Meldungen und Anzeigen grundsätzlich obligatorisch ist und Ausnahmen hievon nur in Einzelfällen zulässig sein sollen.  

 

Das neue Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht auf Seite 243 vor, dass die Initiative „Verwaltungskosten senken für Unternehmen“ fortgeführt wird. Bis 2010 sollen 25 % der Verwaltungslasten auf der Grundlage von bundesrechtlichen Informationsverpflichtungen reduziert werden,  bis 2012 25 % der Informationsverpflichtungen mit EU-rechtlichem Hintergrund. Um Vorsorge dafür zu treffen, dass die Einführung der Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Anträgen, Anzeigen und Meldungen für pharmazeutische Unternehmen den Bemühungen zur Reduktion der Verwaltungslasten nicht zuwider läuft, wird dringend angeregt, dass eine Verordnung des BASG nach § 81a der Genehmigung durch das Gesundheitsministerium bedarf und vor Erteilung der Genehmigung die Wirtschaftskammer Österreich anzuhören ist.

 

Gemäß § 6a Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes (GESG) sind für verschiedene in dieser Bestimmung aufgezählte Tätigkeiten Gebühren vom BASG entsprechend den erfahrungsgemäß im Durchschnitt bei der Durchführung dieser Tätigkeiten anfallenden Kosten festzusetzen. Eine Aufwandsreduktion seitens des BASG auf Grund der Einführung von elektronischen Antragstellungen, Anzeigen und Meldungen müsste daher gemäß § 6a Abs. 6 GESG zu einer entsprechenden Korrektur der Tarifpositionen führen. Darüber hinaus ist dies auch aus Gründen der Fairness gegenüber den Unternehmen geboten, die durch die Umstellung auf einen elektronischen Workflow mit einem administrativen Mehraufwand zu rechnen haben. Es sollte daher in § 81a AMG ergänzend aufgenommen werden, dass nach Erlass der Verordnung über den elektronischen Verkehr das BASG eine Revision des Gebührentarifs gemäß GESG vorzunehmen hat.

 

 

Zu Artikel 1 Z 77 (Neufassung des § 84 Abs. 1 Z 21)

 

Nach diesem Vorschlag soll offenbar eine bestehende Lücke im Katalog der im Arzneimittelgesetz vorgesehenen Verwaltungsübertretungen geschlossen werden und die Nichtbestellung des Informationsbeauftragten bzw. die Bestellung einer Person, die nicht über die erforderliche Sachkenntnis verfügt, zum Informationsbeauftragten gemäß § 56 Abs. 2 eine Verwaltungsübertretung darstellen und als solche bestraft werden. Es erscheint jedoch unverhältnismäßig die Übertretung von § 56 Abs. 2 nach § 84 mit dem gegenüber § 83 deutlich höheren Strafrahmen unter Strafe zu stellen. Gemessen am Unrechtsgehalt der Übertretung des § 56 Abs. 2 wäre eine Bestrafung nach § 83 gerechter.

 

 

Zu den vorgeschlagenen Änderungen im Gewebesicherheitsgesetz

 

Zu Artikel 2 Z 3 (Änderung des § 5 Abs.6)

 

Nach der vorgeschlagenen Änderung sollen gewonnene Zellen und Gewebe mit dem Identifizierungscode ISBT 128 zu kennzeichnen sein; ausgenommen davon sollen Keimzellen sein, die im Rahmen einer Partnerspende gewonnen wurden.

 

Hiezu wurde im kammerinternen Begutachtungsverfahren gefordert, dass diese Ausnahme nicht nur für Keimzellen, die aus einer Partnerspende stammen, sondern auch für autologe Spenden gelten soll. Begründet wurde diese Forderung damit, dass die Kennzeichnung von Zellen und Geweben aus autologen Spenden derzeit nicht ausreichend geregelt sei und dies nach der vorgeschlagenen Regelung auch weiterhin so bleibe. Im Rahmen einer autologen Spende sei es erforderlich, dass das Material der Spende, jedoch besonders das Material der Implantation, unbedingt mit dem vollen Namen und dem Geburtsdatum des Spenders in Reinschrift und nicht als Code gekennzeichnet ist. Bei einer autologen Spende und Replantation sei das essentiell um Verwechslungen bei der Implantation auszuschließen, damit der implantierende Arzt erkennen kann, ob der Spender und der Empfänger identisch sind. Ein Code alleine zur Spenderidentifikation könne dies nie leisten und sei im Gegenteil gefährlich, wenn z.B. mehrere Implantationen am selben Tag vorgenommen werden sollen.

 

Bei einer autologen gerichteten Spende, bei der Spender und Empfänger immer identisch sein müssen, sei eine Codierung nach ISBT 128, genauso wie bei den Keimzellen einer Partnerspende, nicht sinnvoll. Es bestehe kein praktisches Erfordernis, die Entnahmeeinrichtung in einem Code zu erfassen, weil ja keine Charge entstehe und kein anderer als der Spender selbst das Implantat erhalte. Somit würde nie die Notwendigkeit entstehen, Material von anderen Stellen zurückzuholen oder zu sperren. Es bestehe auch kein Erfordernis bei autologen Spenden das Material in codierter Form zu erfassen, weil nur der Spender sein eigenes Material zurückerhalte und nie die Notwendigkeit entstehen würde, beispielsweise ein bestimmtes Material zu sperren. Die in der EU Richtlinie enthaltene Kennzeichnungsbestimmung sei vollkommen ausreichend und sinnvoll und sollte bei autologen Spenden nicht als Code, sondern in Reinschrift vorgenommen werden. Es entstünden nur Kosten ohne dass damit eine Erhöhung der Sicherheit verbunden wäre. Eine Codierung der Spenderidentität berge das Risiko der Verwechslung und wäre so, wie oben erwähnt, dem Sicherheitsgedanken gegenläufig!

 

Es wurde daher folgender Text vorgeschlagen:

„Gewonnene Zellen oder Gewebe – mit Ausnahme von im Rahmen einer Partnerspende gewonnene Keimzellen sowie von ausschließlich zur autologen gerichteten Verwendung vorgesehene Zellen und Gewebe – sind mit dem Identifizierungscode ISBT 128 zu kennzeichnen.“

 

Über den vorliegenden Entwurf hinausgehende Vorschläge

 

Im Rahmen des kammerinternen Begutachtungsverfahrens wurde auf ein Problem aufmerksam gemacht, das sich in der Praxis herauskristallisiert habe, für das aber das geltende Gewebesicherheitsgesetz (GSG) keine Lösung biete und für das auch im vorliegenden Entwurf keine Lösung vorgeschlagen wird. Es handelt sich dabei um Notfallentnahmen. So würden beispielsweise im Rahmen eines medizinischen Notfalleingriffes nach einem Schädelhirntrauma zur Entlastung eines Hirnödems Teile der Schädelkalotte entnommen. Medizinischer Standard sei, dass dieses Material eingefroren und später reimplantiert wird. Die Bestimmungen des GSG und der Gewebeentnahmeeinrichtungsverordnung (GEEVO) für die Entnahme seien jedoch so eng gefasst, dass sie diese medizinische Maßnahme praktisch verhindern, weil in einer Notsituation die Bestimmungen des GSG und der GEEVO nicht eingehalten werden könnten.

 

Einerseits sei nicht jede Unfallabteilung in Österreich automatisch eine Entnahmeeinrichtung, andererseits könne auch mit der Lösung, dass sich Unfallabteilungen als mobile Entnahmestellen einer Entnahmeeinrichtung verpflichten, nicht alles erfüllt werden. Es könnte beispielsweise der Fall eintreten, dass nicht alle Beteiligten entsprechend geschult sind, da nicht vorhersehbar sei, wann ein solcher Fall eintritt und wer gerade Dienst hat. Auch bei sehr seltenen Anwendungen biete das GSG keine ausreichenden Möglichkeiten, Patienten eine medizinisch notwendige Behandlung zu gewähren.

 

So könnte es passieren, dass ein Verletzter nicht nach dem Stand der medizinischen  Wissenschaft behandelt wird, weil eine Entnahmeeinrichtung/Gewebebank eigentlich die Annahme eines solchen Materials ablehnen müsste. Dies gelte insbesondere für den Fall der autologen gerichteten Spende im Falle eines medizinischen Eingriffes. Im Rahmen der Entnahmebestimmungen werde durch das Gesetz in die Patientenselbstbestimmung und in die ärztliche Behandlungsfreiheit eingegriffen. Es könne durchaus vorkommen, dass Patienten in verschiedenen Regionen unterschiedlich behandelt werden. So könne ein Patient, der zufällig in einer Krankenanstalt behandelt wird, in der das Entnahmeproblem gelöst ist, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft behandelt werden, während ein Patient in einer anderen Krankenanstalt diese Behandlung nicht erhält, obwohl sie medizinischer Standard wäre. Dies könne in Zukunft haftungsrechtliche Probleme schaffen.

 

Grundsätzlich wäre es günstig im GSG zwischen einer ausschließlich autologen Spende, bei der der Empfänger und Spender ident sind, und einer heterologen Spende zu unterscheiden. Das Sicherheitsrisiko einer heterologen Spende ist für den Empfänger (andere Person) ungleich höher anzusetzen als bei der autologen Spende, daher ist die erhöhte Anforderung an die Sicherheit gerechtfertigt.

 

Es sollten demnach die Entnahmebestimmungen im Falle einer autologen Spende im Rahmen eines medizinischen Eingriffes unbedingt angepasst werden. Die übrigen Bestimmungen über die Lagerung und Verteilung von Geweben und Zellen könnten unverändert bleiben.

 

Es wurde daher vorgeschlagen, dass die Entnahme von Zellen und Geweben, die ausschließlich zur autologen, gerichteten Verwendung vorgesehen sind, im Rahmen eines medizinischen Eingriffes dann auch außerhalb einer Entnahmeeinrichtung durchgeführt werden können, wenn sie nach einem Verfahren und mit Material (z.B. vorbereitetes genehmigtes Entnahmeset) durchgeführt werden, welches ansonsten den Bestimmungen des GSG entspricht. So könnte eine Entnahmeeinrichtung eine dem GSG konforme Leistung in Form eines Fertigsets mit Arbeitsanleitungen anbieten, die weitestgehend den Sicherheitsanforderungen des GSG gerecht werden, jedoch solche besonderen Situationen berücksichtigt. Der entnehmende Arzt könnte formal als mobile Entnahmestelle wirken, wobei die Notwendigkeit zur allumfassenden Einschulung in Notfällen entfallen würde und das Ausmaß der Dokumentation und Kennzeichnung auf das mindest notwendige Maß reduziert werden könnte. Damit könnte österreichweit die Notfallversorgung für alle Patienten gewährleistet werden und der durch das GSG angestrebte Sicherheitsstandard weitgehend erfüllt werden.

 

Schließlich wollen wir im Rahmen dieser Stellungnahme noch eine weitere Anregung aus dem kammerinternen Begutachtungsverfahren zum vorliegenden Entwurf aufgreifen. Diese Anregung betrifft die Aufbewahrungszeit der Rückstellproben (der Spender), die zwar nicht im GSG sondern in § 9 Abs. 5 der Gewebebankenverordnung geregelt ist und 30 Jahre beträgt. Da es derzeit keine wissenschaftliche Methoden gebe, die nach 30 Jahren noch eine zuverlässige Analyse, der im GSG erwähnten Erkrankungen gewährleistet, erscheine es nicht sinnvoll, Rückstellproben 30 Jahre lang zu lagern. Weiters verursache dies hohe Kosten und einen immensen Platzbedarf. Es wurde daher vorgeschlagen, die Bestimmung über die Aufbewahrungsdauer von Rückstellproben auf insgesamt 5 Jahre zu verkürzen.

 

 

Dem Ersuchen des BMGFJ entsprechend senden wir eine Gleichschrift dieser Stellungnahme dem Präsidium des Nationalrates elektronisch an die Adresse begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at.

 

 

 

 

Freundliche Grüße

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.