8/SPET XXIII. GP

Eingebracht am 16.07.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

 

REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESMINISTERIUM FÜR JUSTIZ

BMJ-Pr4528/0004-Pr 1/2007

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

An die

Parlamentsdirektion

Dr.-Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien

 

 

stellungnahme.PETBI@paralment.gv.at

 

Briefanschrift

1016 Wien, Postfach 63

e-mail
post@bmj.gv.at

Telefon

(01) 52152-0*

Telefax

(01) 52152 2727

Sachbearbeiter(in):

Mag. Georg Stawa

*Durchwahl:

2280

 

 

Betrifft:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen;

Petition Nr. 8 „Änderung der Terminologie „Geistig abnorme Rechtsbrecher“ sowie „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“

 

 

zu Zl. 17010.0020/4-L1.3/2007 vom 24. Mai 2007

Zur Note vom 24. Mai 2007, mit der die in Vorbereitung befindliche Petition Nr. 8 „Änderung der Terminologie „Geistig abnorme Rechtsbrecher“ sowie „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ übermittelt wurde, beehrt sich das Bundesministerium für Justiz wie folgt Stellung zu nehmen:

Vorweggenommen sei, dass im vorliegenden Kontext bereits in der Vergangenheit Bereitschaft gezeigt wurde, zeitgemäßere Terminologie durch entsprechende gesetzliche Anpassungen in den Wortlaut der Bestimmungen einfließen zu lassen. So wurde etwa der Begriff „Anstalten für Geisteskrankheiten“ durch den Begriff „Psychiatrische Krankenanstalten“ ersetzt.

Den vorliegenden Anregungen kann jedoch in ihrer derzeitigen Form nicht beigetreten werden, da es sich dabei nicht bloß um terminologische, sondern auch um inhaltliche Fragen handelt.

Man könnte zwar darüber diskutieren, ob der Begriff „Straftäter“ oder „Rechtsbrecher“ diskriminierender erscheint. Die Begriffe „psychisch krank“ und „geistig abnorm“ decken sich jedoch nicht. Nun könnte man zwar die Bezeichnung „psychisch kranke Straftäter“ wählen und - sei es in einer authentischen Interpretation im Gesetzestext selbst, sei es in den Erläuterungen - festlegen, dass damit jener Personenkreis gemeint ist, der dem heutigen Begriffsverständnis von geistigen abnormen Rechtsbrechern entspricht. Dieser Weg scheint aber dadurch verwehrt, dass sowohl im Unterbringungsgesetz als auch im Heimaufenthaltsgesetz der Begriff der psychischen Erkrankung verwendet wird und sich dieser Begriff nicht mit der geistigen Abnormität im Sinne des StGB deckt. Die Konsequenz wäre, dass man von psychisch krank im strafrechtlichen Sinn und psychisch krank im zivilrechtlichen Sinn sprechen müsste, was ungeachtet des Umstands, dass es sich jedenfalls um Rechtsbegriffe handelt, tunlichst vermieden werden sollte.

In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch die Problematik der geistigen Behinderungen erwähnt, die eindeutig nicht in den Krankheitsbegriff des UbG fallen, weswegen sie im Heimaufenthaltsgesetz ausdrücklich neben den psychischen Erkrankungen genannt werden, sowie die Frage der einer Krankheit gleichwertigen (sonstigen) Persönlichkeitsstörung, wo offenbar umstritten ist, inwieweit sie dem unterbringungsrechtlichen Begriff der psychischen Erkrankung zu subsumieren sind. Bedeutsam sind derartige Fragen vor allem im Hinblick auf § 21 Abs. 2 StGB, der stets mitzubedenken ist und in Bezug auf den selbst jene strafrechtlichen Autoren, die im Kontext des § 21 Abs. 1 StGB von Geisteskrankheiten oder psychischen Erkrankungen sprechen, dies in Bezug auf § 21 Abs. 2 StGB nicht tun.

Schließlich weist die Einreicherin selbst darauf hin, dass es auch sogenannte Psychopathen gibt, die Teil eines breiten und heterogenen Spektrums von Störungs- und Krankheitsbildern seien. Warum sie vor dem Hintergrund dieser ihrer eigenen Ausführungen dann dennoch einem Begriff der psychisch kranken Straftäter verhaftet bleibt und nicht etwa den Begriff Straftäter mit psychischen Erkrankungen und (sonstigen) psychischen Störungen wählt, ist nicht nachvollziehbar.

Zum Begriff der „Justizanstalt für den Maßnahmenvollzug“ ist anzumerken, dass dieser zu kurz greifen würde, weil es ja zumindest vom Gesetz her noch die Anstalten nach den §§ 22 und 23 StGB gibt.

Schließlich sollte bedacht werden, dass bloße terminologische Änderungen ohne inhaltliche Änderungen in Bezug auf den Inhalt geradezu affirmativ wirken können. In diesem Sinn schiene eher eine Diskussion über den Inhalt des strafrechtlichen Maßnahmenrechtes angezeigt, die dann (auch) terminologische Änderungen zur Folge haben könnte.

 

Hinzuweisen ist weiters auf die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen der §§ 21 f StGB sowie §§ 158, 164 f StVG. Dort wird nicht nur von „geistig abnormen Rechtsbrechern“, sondern auch von „geistiger oder seelischer Abartigkeit höheren Grades“ gesprochen. Bei Änderung der Terminologie müssten daher wohl auch medizinische Experten herangezogen werden.

Ergänzend und im kurzen Wege wurde erhoben, wie die Terminologie im Nachbarland Deutschland lautet: Demnach spricht das deutsche StGB von „seelischer Störung“ und „seelischer Abartigkeit“ und nicht von „Rechtsbrechern“, sondern von „Straftätern“. Statt „Maßnahmenvollzug“ spricht man in Deutschland von „Maßregelvollzug“.

Schlussendlich wird auf die neue Formulierung des § 155 Abs. 1 Z 4 StPO (Nachfolgebestimmung zu § 151 Abs. 1 Z 3 StPO) hingewiesen: Als Zeugen dürfen Personen, die wegen einer psychischen Krankheit, wegen einer geistigen Behinderung oder aus einem anderen Grund unfähig sind, die Wahrheit anzugeben, bei sonstiger Nichtigkeit  nicht vernommen werden.

09. Juli 2007
Für die Bundesministerin:
Dr. Wolfgang Fellner

Elektronisch gefertigt